Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2017, Az. VIII ZR 215/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 16718

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[X.]:[X.]:BGH:2017:250117UVIIIZR215.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 215/15
Verkündet am:

25. Januar 2017

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterinnen Dr.
Hessel und Dr.
Fetzer sowie die Richter Dr.
Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 8.
Juni 2016 wird [X.].
Die Entscheidung über die durch den Einspruch verursachten [X.] Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem
Berufungsge-richt
vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Vergütung von Stromlieferungen, die nach ihrer Behauptung im
Rahmen der Grundversorgung erfolgt sind; in der [X.] steht nur noch ein Teil der Zinsforderung im Streit.
Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, belieferte den [X.] mit Allgemein-
und Heizstrom für seinen Haushalt. Mit Schreiben vom 6.
September 2010 erteilte sie ihm eine "Schlussrechnung"
in Höhe eines Ge-samtbetrags von 6.312,05

In dem Rechnungsschreiben vom 6. September 2010 heißt es:
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-
3
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"

zum 21.09.2010 u

Die Zusammensetzung des [X.] wird auf den nachfolgenden Seiten erläutert. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Ihren An-sprechpartner in unserem Hause.

"
Die Klägerin hat ihre Forderung mit am 1.
Februar 2011 dem Beklagten zugestellten Mahnbescheid geltend gemacht, gegen den der Beklagte [X.] eingelegt hat.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Dies hat die Klägerin in Hö-rklärten Aufrechnung [X.] und im Übrigen Berufung eingelegt. Das [X.] hat die erst-instanzliche Entscheidung abgeändert und der Klage unter deren Abweisung im

Februar 2011 stattge-geben. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Kläge-rin die Verzinsung der ihr zugesprochenen Vergütungsforderung bereits ab dem 22.
September 2010 erstrebt hat, hat der Senat durch Versäumnisurteil vom 8.
Juni 2016 das Urteil des Berufungsgerichts im Kostenpunkt und insoweit auf-gehoben, als hinsichtlich der Zinsforderung zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist und im Umfang der Aufhebung die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das [X.] zurückverwiesen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form-
und fristgerecht Einspruch eingelegt.
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4
-
Entscheidungsgründe:
Das Versäumnisurteil des Senats ist aufrechtzuerhalten (§ 555 Abs. 1, §
343 Satz 1 ZPO).

I.
Der Senat (Urteil vom 8.
Juni 2016 -
VIII
ZR 215/15, [X.], 1439
[vollständig abgedruckt in juris]) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung könne ein An-spruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen (§
280 Abs.
1, 2, §
288 Abs.
1, §
286 BGB) für den noch im Streit stehenden [X.]raum vom 22.
September 2010 bis zum 31.
Januar 2011 nicht verneint werden. Das [X.] habe verkannt, dass dem Grundversorger durch §
17 Abs.
1 Satz
1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus
dem Nie-derspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung -
StromGVV) vom 26.
Oktober 2006 ([X.]
I S.
2391) ein einseitiges Recht zur Bestimmung der Leistungszeit im Sinne des §
286 Abs.
2 Nr.
1 BGB eingeräumt werde.
Das [X.] habe daher rechtsfehlerhaft angenommen, der Beklagte könne nicht gemäß §
286 Abs.
2 Nr.
1 BGB wegen einer nach dem Kalender bestimm-ten Leistungszeit ohne Mahnung in Verzug geraten sein.
Wegen der Einzelhei-ten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des vorbezeich-neten [X.] Bezug genommen.

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II.
Die mit seinem Einspruch erhobenen Ausführungen des Beklagten recht-fertigen
keine anderweitige Beurteilung; das Versäumnisurteil
des Senats
vom 8.
Juni 2016 ist daher aufrechtzuerhalten (§ 555 Abs. 1, §
343 Satz 1 ZPO). Denn die Regelung in
§
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV ist -
auch unter Berück-sichtigung der vom Beklagten in der Einspruchsbegründung vorgebrachten [X.] -
dahin auszulegen, dass sie
dem Grundversorger ein einseitiges Recht im Sinne des §
315 BGB zur Bestimmung der Fälligkeit und damit auch der Leistungszeit (§
271 BGB)
gewährt.
1. § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV bestimmt, dass Rechnungen und Ab-schläge zu dem vom Grundversorger angegebenen [X.]punkt, frühestens [X.] zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig werden. [X.] der Auffassung des Beklagten spricht jedoch nicht bereits
der Wortlaut des §
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV gegen ein einseitiges Leistungsbestim-mungsrecht. Abgesehen davon, dass eine reine Wortinterpretation schon [X.] ausscheidet, weil der Wortlaut eines Gesetzes im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze zieht (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
April 2016, 1
BvR 1147/12, juris Rn.
7; [X.]E
88, 145, 166
f.; [X.]E
118, 212, 243), will die Vorschrift des §
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV nach ihrem Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte erkennbar nicht im buchstäblichen Sinne des Wor-tes "Fälligkeit"
dem Grundversorger allein die Bestimmung des [X.]punkts über-lassen, von dem ab er die Zahlung fordern kann, sondern auch das Recht ein-räumen, den [X.]punkt zu bestimmen, zu dem der Kunde leisten soll. Auf die Ausführungen im Versäumnisurteil des Senats (Rn. 29 ff.) wird Bezug genom-men.

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2. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich auch aus der -
von ihm unter dem Gesichtspunkt der Gesetzessystematik angeführten -
Formulie-rung "frühestens"
in § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV nicht ableiten, dass dann, wenn zwischen dem angegebenen Zahlungszeitpunkt und dem Zugang der Zahlungsaufforderung nicht mindestens zwei Wochen liegen, die Fälligkeit "eben"
erst zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung eintrete, so dass dann die Leistungszeit
nicht gemäß §
286 Abs.
2 Nr.
1 BGB wirksam nach dem Kalender bestimmt sei, sondern nur bestimmbar sei (so [X.]/[X.], Recht der Energie-
und Wasserversorgung, Band
5, Stand August 2003, §
27 [X.] Rn. 57).
Hierfür bestünde im Hinblick auf § 271 Abs. 1 BGB und § 17 Abs. 1 Satz
1 StromGVV kein Bedürfnis. Denn wenn es nur darum gegangen wäre, die Fälligkeit um zwei Wochen hinauszuschieben, hätte
es nahe gelegen,
die [X.] in § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV dahin abzufassen, dass Forderungen des Grundversorgers erst zwei Wochen nach Zugang der Rechnung fällig wer-den;
die Angabe eines Zahlungszeitpunkts durch den Versorger wäre dann ent-behrlich gewesen. Vor diesem Hintergrund kommt der genannten Regelung die weitergehende Bedeutung einer [X.] zu. Allerdings hält der Grundversorger die durch §
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV vorgegebene (Er-messens-)Grenze bei der Bestimmung der Leistungszeit nicht ein, wenn
der von ihm in der Rechnung angegebene [X.]punkt für die Fälligkeit nicht [X.] zwei Wochen nach dem Zugang der Rechnung
liegt. Die [X.] ist
dann unbillig und
-
wie im Versäumnisurteil des Senats (Rn. 34) näher ausgeführt -
insgesamt unwirksam, so dass der Kunde in diesem Fall keine Verzugszinsen zu zahlen hätte.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der Revisionsver-handlung meinte, aus dem in § 17 Abs. 2 StromGVV genannten Begriff "Zah-11
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lungsverzug"
sei im Umkehrschluss herzuleiten, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV keine den Verzug begründende Regelung enthalten könne, weil dort diese Formulierung nicht verwendet wird, trifft dies schon im Ansatz nicht zu. Vielmehr setzt §
17 Abs. 2 StromGVV nach seinem Regelungsgehalt umge-kehrt gerade einen nach § 17 Abs. 1 StromGVV eingetretenen Zahlungsverzug voraus.
3. Entgegen der Auffassung des Beklagten spricht auch nicht die Entste-hungsgeschichte des §
27 Abs.
1 [X.] -
der Vorgängervorschrift, die in §
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV übernommen wurde
-
gegen die vom Senat vorge-nommene Auslegung. Aus dem Umstand, dass anstelle der ursprünglich vom Verordnungsgeber vorgesehenen Formulierung, dass Rechnungen zu dem an-gegebenen [X.]punkt "zu zahlen sind",
die Worte "fällig
werden"
gewählt [X.], kann -
anders als der
Beklagte meint -
nicht geschlossen werden, dass
die
Fälligkeit im Sinne von §
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV nicht mit dem Eintritt des [X.] verbunden sei (vorausgesetzt, dass der angegebene [X.]-punkt für die Fälligkeit wenigstens zwei Wochen nach dem Zugang der Rech-nung liegt). Denn eine inhaltliche
Veränderung sollte
nach dem Willen des [X.] mit dieser rein redaktionellen Änderung nicht verbunden sein.
Insoweit wird auf die Ausführungen des Senats im Versäumnisurteil (Rn.
31) verwiesen.
4. Der Beklagte verkennt zudem, dass §
17 Abs.
1 Satz
1 StromGVV
nach dem Willen des Verordnungsgebers ([X.]. 76/79, S.
63) nicht nur den Kundenbelangen dadurch Rechnung tragen
soll, dass der Versorger bei seiner einseitigen [X.] zu beachten hat, dass dem Kunden eine Zahlungsfrist von wenigstens zwei Wochen ab Zugang der Rechnung ver-bleibt, um seinerseits ausreichend [X.] zur Prüfung der Rechnung und zur [X.] Disposition zu haben.
Im Interesse der Allgemeinheit an einer mög-14
15
-
8
-
lichst kostengünstigen Elektrizitätsversorgung soll sie vielmehr -
wie im Ver-säumnisurteil des Senats (Rn. 32 f.) näher ausgeführt -
auch ein zügiges Inkas-so für den
Grundversorger ermöglichen. Ein zügiges Inkasso wird aber gerade dadurch gefördert, dass der
Kunde bereits ohne das Erfordernis einer Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verzug gerät und die damit verbun-denen Verzugsfolgen ihn zur baldigen Zahlung für die bereits erhaltene Stromlieferung anhalten.

III.
Nach alledem verbleibt es bei der im Versäumnisurteil des Senats aus-gesprochenen Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung des Verfahrens zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht

562 Abs.
1, § 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr.
Fetzer

Dr. Bünger
Kosziol

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.11.2014 -
13 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 31.08.2015 -
3 U 103/14 -

16

Meta

VIII ZR 215/15

25.01.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2017, Az. VIII ZR 215/15 (REWIS RS 2017, 16718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16718

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VIII ZR 215/15

VIII ZR 42/10

VIII ZR 236/10

VIII ZR 162/09

VIII ZR 119/14

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