Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2018, Az. X ZR 44/17

X. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15620

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:160118UXZR44.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X [X.]
Verkündet am:
16. Januar 2018
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 651a Abs. 5, § 308 Nr. 4
a)
Abgesehen von geringfügigen, nach [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) auch ohne [X.] vertragliche Grundlage vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen ist eine nach-trägliche Leistungsänderung nur zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reise-vertrag rechtswirksam vorbehalten hat, wofür regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Reisebedingungen des Veranstalters in Betracht kommt. Der [X.] kann sich hiernach nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berück-sichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind.
b)
[X.] sind nur Leistungsänderungen, die den Gesamtcharakter der Reise nicht verän-dern und aufgrund von Umständen notwendig werden, die nach Vertragsschluss eintreten und dem Reiseveranstalter bei Vertragsschluss nicht bekannt und für ihn bei [X.] Prüfung der Durchführbarkeit der Reiseplanung auch nicht vorhersehbar waren.
c)
Das Kündigungsrecht des Reisenden nach § 651a Abs. 5 Satz 2 [X.] setzt voraus, dass eine wesentliche Reiseleistung vom Reiseveranstalter erheblich geändert wird. Es ist grund-sätzlich nicht davon abhängig, ob der Reiseveranstalter zur Änderung der Reiseleistung be-rechtigt ist.
d)
Eine erhebliche Änderung einer Reiseleistung ergibt sich nicht bereits daraus, dass sich die geänderte Reiseleistung als mangelhafte Erbringung der (ursprünglich) vereinbarten Reise-leistung darstellt. Für die Frage, ob die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung erheblich ist, kann es jedoch von Bedeutung sein, ob der Reiseveranstalter zu der Änderung berech-tigt ist. Die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung kann, wenn sie sich mangels vertrag-licher Grundlage zugleich als Mangel der Reise darstellt, schon dann als erheblich anzuse-hen sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart [X.] wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt.
[X.], Urteil vom 16. Januar 2018 -
X [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
[X.]:[X.]:[X.]:2018:160118UXZR44.17.0
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
Januar 2018 durch [X.] Dr.
Meier-Beck, die
Richter Dr.
Grabinski, Hoffmann
und Dr.
Deichfuß
sowie
die Richterin Dr.
Marx
für
Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 22.
Zivilkammer des [X.] vom 21.
April 2017 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger begehren von dem beklagten Reiseveranstalter die
Erstattung des gezahlten
Reisepreises
nach erklärtem Rücktritt vom Vertrag.
Sie
buchten bei der Beklagten eine [X.] für den Zeitraum vom 30.
August bis 13.
September 2015 zum Preis von 3.298

lagen die Allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten zugrunde, die in Ab-schnitt
15 in Absatz
1 Satz
1 folgende Regelung enthielten:
"Wenn die bestätigten Angebote oder Dienstleistungen nicht mehr vor der Abreise oder nach der Ankunft am Zielort möglich sind, behält S.

sich das Recht vor, vergleichbare Angebote oder Dienstleistungen
(z.B. Flug durch Hochgeschwindigkeitszug) zur Verfügung zu stellen."
Nach dem Reiseverlauf waren nach der Ankunft in [X.] am 31.
August 2015 für den
1. bis 3.
September verschiedene Besichtigungen in und bei Pe-king vorgesehen. Am 1.
September sollten der [X.]
und die [X.]
besichtigt werden; für den Abend war eine [X.]-1
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-
Oper vorgesehen. Für den Folgetag standen die Große Mauer
sowie die
Ming-Gräber
auf dem Programm. Am 3.
September sollten die Reisenden nach der Besichtigung des
Sommerpalastes und einer Rikscha-Tour
durch die Hutongs am Nachmittag nach [X.] weiterfliegen.
Mit E-Mail vom 23.
August 2015 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass aufgrund einer Militärparade am 3.
September 2015 die [X.] und der [X.] in [X.] nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels
angeboten. Die Kläger erklärten daraufhin
mit Schreiben vom 25.
August 2015 den Rücktritt vom [X.]. Mit der Klage haben sie die Rückzahlung des Reisepreises, Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa und die Erstattung vorgericht-licher Rechtsanwaltskosten
geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Verurteilung zur Erstattung des Reisepreises bestätigt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt, die Klage abzuweisen, soweit sie zur Erstattung von mehr als 10
% des Reisepreises nebst Zinsen und außergerichtlichen
Rechtsanwaltskosten verurteilt worden ist. Die Kläger treten dem Rechtsmittel entgegen.
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5
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-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die von den Klägern bean-standete Änderung der Reiseplanung rechtfertige den erklärten
Rücktritt vom Vertrag. Auf die Frage der Wirksamkeit des vereinbarten [X.] komme es nicht an. Der Wegfall der beiden Sehenswürdigkeiten, welche zu den bekanntesten in [X.] gehörten, stelle jedenfalls eine erhebli-che Änderung einer wesentlichen
Reiseleistung dar. Zwar sei der Umfang der Beeinträchtigung im Verhältnis zur [X.] nicht erheblich. Auch geringfü-gige Auswirkungen einer Planänderung erfüllten aber die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts, sofern sie
bei Durchführung der Reise einen Mangel darstell-ten. So verhalte es sich hier; die ausgefallenen
Reiseleistungen seien den [X.] bei Vertragsschluss zugesichert worden.
II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das
Berufungsgericht ein Rücktrittsrecht der Kläger nach §
651a Abs.
5 Satz
2 [X.] bejaht.
1.
Nach dieser Vorschrift kann der Reisende bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5
% oder einer erheblichen Änderung einer wesentli-chen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten.
a)
Dem liegt zugrunde, dass der
Reiseveranstalter die Reise grundsätz-lich so durchzuführen hat, wie sie vereinbart ist, mithin an die vertraglich zuge-sagten einzelnen Reiseleistungen und ihre Ausgestaltung
gebunden ist, soweit
sie vertraglich festgelegt sind. §
651a Abs.
5 [X.] geht jedoch davon aus, dass gleichwohl Änderungen des Reisepreises oder der Reiseleistungen möglich sind, denn
nach seinem Satz
1 hat der Reiseveranstalter eine Änderung des Reisepreises nach Absatz
4, eine zulässige Änderung einer wesentlichen Rei-7
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5
-
seleistung oder eine zulässige Absage der Reise dem Reisenden unverzüglich nach Kenntnis von dem Änderungs-
oder [X.] zu erklären. Während §
651a Abs.
4 [X.] die Voraussetzungen einer Erhöhung des Reisepreises re-gelt, enthält das [X.] keine Bestimmung zu den Voraus-setzungen einer Änderung der vereinbarten Reiseleistungen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass solche Änderungen ohne weiteres zulässig sind, denn dies wäre weder mit der Bindung des Reiseveranstalters an den geschlossenen [X.] noch mit der ausdrücklichen Unterscheidung zwischen zulässigen und [X.] Änderungen wesentlicher Reiseleistungen in §
651a Abs.
5 Satz
1 [X.] vereinbar.
Abgesehen von geringfügigen, nach [X.] und Glauben (§
242 [X.]) auch ohne ausdrückliche vertragliche Grundlage vom Reisenden hinzuneh-menden Abweichungen ist daher eine nachträgliche Leistungsänderung nur zulässig, wenn der Reiseveranstalter
sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, wofür
regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den [X.] in Betracht kommt. Für die Wirksamkeit vereinbarter Leistungsänderungsvorbehalte gelten somit
die Schranken der §§
307, 308 Nr.
4 [X.]; der Reiseveranstalter kann sich [X.] insbesondere nur solche
Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Be-rücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zu-mutbar sind.
b)
Das Kündigungsrecht des Reisenden setzt voraus, dass
eine we-sentliche Reiseleistung vom Reiseveranstalter erheblich geändert wird. Es ist damit grundsätzlich nicht davon abhängig, ob der Reiseveranstalter zur Ände-rung der Reiseleistung berechtigt ist. Weder kann aus dem Kündigungsrecht in Fällen erheblicher Änderungen wesentlicher Reiseleistungen geschlossen wer-den, dass solche Änderungen (in [X.]) nicht wirksam vereinbart werden können, denn dann regelte das Gesetz praktisch nur Fälle unzulässiger Leistungsänderungen, noch wäre es gerechtfertigt, dem 12
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6
-
Reisenden das Kündigungsrecht zu versagen, wenn eine solche erhebliche Än-derung nicht durch ein vereinbartes Leistungsänderungsrecht gedeckt ist

unbeschadet der weiteren Rechte, die sich in einem solchen Fall für den [X.] ergeben können.
Entgegen der
auch in der Literatur vertretenen ([X.][X.], 6.
Aufl., §
651a Rn.
117
f.; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2016, §
651a Rn.
182; [X.], Reiserecht, 7.
Aufl., §
5 Rn.
167
ff.; Steinrötter in [X.]/[X.] u.a., [X.], 8.
Aufl., §
651a Rn.
80)
Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich eine erhebliche Änderung einer Reiseleistung nicht bereits daraus, dass sich die geänderte Reiseleistung als mangelhafte Erbringung der (ursprünglich) vereinbarten Reiseleistung darstellt. Damit würde das Kriterium der Erheblichkeit der Änderung weitgehend seines Inhalts beraubt und entstünde ein Wertungswiderspruch zu den Voraussetzungen des Kündi-gungsrechts nach § 651e [X.], das nicht nur einen Mangel, sondern eine man-gelbedingte erhebliche Beeinträchtigung der Reise voraussetzt ([X.], Urteil
vom 14.
Mai 2013

X
ZR
15/11, [X.], 218 Rn.
33; Urteil vom 17.
April 2012

X
ZR
76/11, [X.], 2107 Rn.
32; Urteil vom 7.
Oktober 2008

X
ZR
37/08, [X.], 287 Rn.
15) und auch bereits vor Reiseantritt ausge-übt werden kann, wenn feststeht, dass
der Reiseveranstalter die Reise nicht mangelfrei erbringen wird (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Dezember 2012

X
ZR
2/12, [X.], 108 Rn.
19; Urteil vom 11.
Januar 2005

X
ZR
118/03, [X.]Z 161, 389, 391;
[X.]/[X.], [X.], 77.
Aufl., §
651e Rn.
3).
Für die Frage, ob die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung erheb-lich ist, kann es jedoch von Bedeutung sein, ob der Reiseveranstalter zu der Änderung berechtigt ist. Nicht jede
Änderung einer wesentlichen Reiseleistung genügt für das Kündigungsrecht. Auch
wenn sie dem Reisenden unter Abwä-gung der beiderseitigen Interessen zumutbar und damit zulässig ist, kann sie gleichwohl das ursprünglich vereinbarte Leistungsspektrum so stark
verändern, dass dem Reisenden trotz des Interesses des Reiseveranstalters, den
Reisen-14
15
-
7
-
den an dem zulässigerweise geänderten Vertrag festzuhalten (oder ihn auf das freie Rücktrittsrecht nach §
651i [X.] zu verweisen), das Recht zuzubilligen ist, von der

veränderten

Reise Abstand zu nehmen. Ist hingegen die Änderung nicht (wirksam) vereinbart und damit dem Reisenden grundsätzlich auch nicht zuzumuten, hat das Interesse des Reiseveranstalters, den Reisenden am [X.] festzuhalten, deutlich geringeres Gewicht. Dem kann und muss dadurch Rechnung getragen werden, dass in diesem Fall geringere Anforderungen an die Erheblichkeit der Änderung der Reiseleistung gestellt werden. Die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung kann, wenn sie sich mangels vertraglicher Grundlage zugleich als Mangel der Reise darstellt, schon dann als erheblich anzusehen
sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise
wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt. Die Beurtei-lung, ob dies der Fall ist, obliegt dem Tatrichter, der hierbei auch die
Bedeutung der nicht vertragsgemäß erbrachten Reiseleistung für die Reise insgesamt zu berücksichtigen hat. Je größer der Stellenwert der geänderten Reiseleistung
für die Reise insgesamt, desto eher können auch kleinere Abweichungen von der Planung als erheblich anzusehen sein.
2.
Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass das [X.] im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reise-leistung angenommen hat.
a)
Der
für den 1.
September 2015 vorgesehene Besuch des Platzes des [X.] und der [X.] stellte bereits für sich ge-nommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Die [X.] ist, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat,
mit dem vorgelagerten [X.] eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten [X.]s und [X.]. Der vorgesehene Besuch war ein zentrales Element des [X.]aufenthalts, denn er nahm, abgesehen von dem für den Abend vorgesehenen Besuch einer [X.]-Oper den gesamten ersten Tag des dreitägigen Aufenthalts in [X.] ein, für dessen zweiten Tag ein Ausflug zur [X.] und zu den [X.] 16
17
-
8
-
vorgesehen war und dessen dritter Tag schon teilweise für den Transfer nach [X.] genutzt wurde. Die Reiseplanung ist mithin in einem die Reise (mit)prägenden Element geändert worden.
b)
Zu dieser Änderung war die Beklagte nicht berechtigt.
aa)
Die Beklagte hat sich in Abschnitt
15 der Allgemeinen Reisebedin-gungen eine Leistungsänderung für den Fall vorbehalten, dass die [X.] bestätigter Angebote oder Dienstleistungen vor oder nach Reiseantritt nicht möglich sind. Bei dieser von den Klägern angegriffenen Bestimmung han-delt es sich um eine für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Vertragsbedin-gung, die die Beklagte ihren Vertragspartnern bei Abschluss eines Vertrags stellt (§
305 Abs.
1 Satz
1 [X.]). Diese Bestimmung unterliegt nach dem [X.] (Rn. 12) nach §
307 Abs.
3 Satz
1 [X.] der Inhaltskontrolle.
bb)
Dieser Inhaltskontrolle hält die Regelung nicht stand. Die Klausel verstößt gegen §
308 Nr.
4 [X.]. Nach dieser Vorschrift
kann sich der [X.] nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berück-sichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind. Das
durch die angegriffene Klausel dem Reiseveranstalter eingeräumte
Leistungsänderungsrecht
ist unter Berücksichtigung der Interessen des [X.] für den Vertragspartner nicht zumutbar.
(1)
Ob Änderungen des vertraglichen [X.] zumutbar sind, ist aufgrund einer Abwägung der Interessen der [X.] zu beurteilen. Dieser Abwägung ist wegen der Geltung der Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen eine für den Reisevertrag typi-sche Betrachtungsweise zugrunde zu legen. Daher richtet sich die Klausel nicht nach den Umständen eines konkreten Einzelfalles, sondern nach dem
objekti-ven Maßstab eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsreisenden ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 2013
X
ZR
24/13, NJW 2014, 1168 Rn.
39 zu
Flug-zeitänderungen). Aus dem Erfordernis der
[X.]keit ergeben sich nicht nur 18
19
20
21
-
9
-
sachliche Grenzen möglicher Änderungen; [X.]keit erfordert
vielmehr auch, dass die Voraussetzungen eines Eingriffs in das vertraglich vereinbarte Leistungsspektrum
in der Klausel hinreichend konkretisiert werden ([X.], Urteil vom 17.
Februar 2004
XI
ZR
140/03, [X.]Z 158, 149, 154
f.; Urteil vom 21.
September 2005
VIII
ZR
284/04, NJW 2005, 3567, 3569).
(2)
Der Reiseveranstalter mag, insbesondere bei frühzeitig geschlosse-nen Verträgen, typischerweise darauf angewiesen sein, eine gewisse Flexibilität bei der Planung und Festlegung des Reiseablaufs zu behalten. Dadurch kann zum Beispiel dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Veranstalter, wie die Revision geltend macht, in seiner Planung von der tatsächlichen Durch-führbarkeit
der angebotenen Besichtigungen abhängig ist. Änderungen unwe-sentlicher Reiseleistungen müssen, wie die Revision zu Recht ausführt, vom Reisenden in der Regel
hingenommen werden, da sie den Gesamtzuschnitt der Reise unberührt lassen. Änderungen von Leistungen können aber auch dann hinnehmbar sein, wenn
die vereinbarten
Leistungen

wie hier

für den Fall der Unmöglichkeit durch jedenfalls im wesentlichen gleichwertige ("vergleichbare") Leistungen
ersetzt werden sollen.
(3)
Entsprechende Regelungen tragen
jedoch dem Interesse des [X.], grundsätzlich nur die von ihm gebuchten Reiseleistungen als vertrags-gemäße Erfüllung (§
651a Abs.
1, §
362 Abs.
1 [X.]) annehmen zu müssen, nicht in jedem Fall Rechnung. Auch wenn die Änderung sachlich zumutbar ist, muss der
Reisende nicht voraussetzungslos Abweichungen von dem vertraglich vereinbarten Reiseablauf hinnehmen (vgl. [X.], NJW 2005, 3567, 3569; NJW 2014, 1168 Rn.
40).
Zum einen sind
nur
Leistungsänderungen
zulässig, die den [X.] der Reise nicht
verändern. Reisende entscheiden sich bei einer Rundrei-se oder Kreuzfahrt regelmäßig bewusst für die Reiseroute
und ein bestimmtes mit dieser verbundenes Besichtigungsprogramm. Zum anderen darf der [X.] Änderungen dieses Programms
nur dann vornehmen, wenn der Reise-22
23
24
-
10
-
vertrag nicht nur einen entsprechenden Vorbehalt enthält, sondern die Ände-rung auch notwendig ist, weil der unveränderten Durchführung dem [X.] nicht bekannte und für ihn
auch nicht vorhersehbare Hindernisse [X.]
(vgl. [X.]/[X.], [X.], Neubearb.
2016, §
651a Rn.
175; Erman/[X.],
aaO,
§
651a
Rn.
44
ff., 47; [X.], Reiserecht, 7.
Aufl., §
5 Rn.
161, 169; Steinrötter in [X.]/[X.] u.a., ju-risPK-[X.], 8.
Aufl., §
651a Rn.
80; [X.][X.], 6.
Aufl., §
651a Rn.
124; [X.]/[X.], [X.], 77.
Aufl., §
651a Rn.
18, 22). [X.] sind
nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und dem Reiseveranstalter bei Vertragsschluss nicht bekannt und für ihn bei ord-nungsgemäßer Prüfung der Durchführbarkeit der Reiseplanung
auch nicht vor-hersehbar sind ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 12.
Aufl., §
308 Rn.
9; [X.][X.],
aaO,
§
651a Rn.
124; [X.]/[X.],
aaO,
§
651a Rn.
176).
(4)
Beide Schranken kommen in der Klausel nicht zum Ausdruck, die den Ersatz nicht mehr möglicher Reiseleistungen durch vergleichbare andere zulassen.
Die Klausel enthält zum einen keinerlei sachliche Grenzen für Leistungs-h-

erfasst zum anderen nach ihrem
Wort-laut nicht nur den Fall nach Vertragsschluss notwendig werdender
Änderungen wesentlicher Reiseleistungen, sondern auch den Fall, dass der [X.] den Änderungsgrund schon bei
Vertragsschluss kannte oder jedenfalls hätte kennen müssen. Die sprachlich unklar formulierte Voraussetzung, dass die [X.] "nicht mehr vor der Abreise oder nach der Ankunft am Zielort mög-lich" sein muss, ist jedenfalls nach der möglichen und kundenfeindlichsten Aus-legung dahin zu verstehen, dass es genügt, dass die Reiseleistung vor oder nach Reiseantritt unmöglich wird; dies schließt eine bereits vor Vertragsschluss eintretende und dem Reiseveranstalter bekannte Unmöglichkeit ein.
25
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-
11
-
c)
Hiernach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vorlag.
Das Programm für den 1.
September 2015 ist ohne vertragliche Grund-lage wesentlich geändert worden. Der vorgesehene Besuch der [X.] und des Platzes des [X.] ist nicht nur in zeitlicher oder sachlicher Hinsicht geändert worden, sondern vollständig entfallen und durch den Besuch einer anderen, deutlich weniger bekannten Sehenswürdigkeit er-setzt worden. Nach den
aufgezeigten Grundsätzen (Rn. 24) hat das Berufungs-gericht ohne Rechtsfehler angenommen, dass hierdurch das Interesse der [X.] daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wurde, mehr als gering-fügig beeinträchtigt worden ist.
3.
Eine Vorlage an den [X.] nach Art.
267 Abs.
3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982

283/81, Slg. 1982, 3415 Rn.
21

C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1.
Oktober 2015

452/14, [X.]. 2015, 1152 Rn.
43
[X.], mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unions-rechts, die nicht zweifelsfrei zu
beantworten ist.
27
28
29
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12
-
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
Grabinski
Hoffmann

Deichfuß
Marx
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.08.2016 -
22 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 21.04.2017 -
22 [X.]/16 -

30

Meta

X ZR 44/17

16.01.2018

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2018, Az. X ZR 44/17 (REWIS RS 2018, 15620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15620

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 44/17

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