Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2014, Az. VII ZR 203/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5750

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 203/11
Verkündet am:

8. Mai 2014

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 634, § 311a
Ist die vereinbarte Funktionalität einer Glasfassade (hier: uneingeschränkte Bruchsicherheit) technisch nicht zu verwirklichen, steht dem Auftraggeber als Mängelrecht ausschließlich ein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 [X.] zu.
[X.], Urteil vom 8. Mai 2014 -
VII ZR 203/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2013 durch [X.]
Dr.
[X.], die Richterin Safari
Chabestari und die Richter [X.], Dr.
Kartzke und Prof.
Dr.
Jurgeleit
für Recht erkannt:
Auf die von der Streithelferin zu 1 für die Beklagte geführte [X.] wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
Juli 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgeho-ben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen einer vorgeblich [X.] erstellten Glasfassade
Mängelrechte geltend.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte durch Generalunternehmervertrag ([X.]) vom 7.
April
2005, einen gebrauchs-
und schlüsselfertigen Bürohauskom-plex mit Kraftfahrzeugstellplätzen und Außenanlagen zu errichten. Die Fassade 1
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war im Bereich von [X.], Stahlbetonbrüstungen und der Stahlbe-tonaufkantung im Dachbereich mit emaillierten, thermisch vorgespannten Glas-scheiben
zu verkleiden (über 3000 Scheiben auf 5.352
qm). In der Leistungs-beschreibung heißt es dazu unter Ziffer 2.3.1:
"Durch den [X.] ist nachzuweisen, dass die zur Verwendung [X.] vorgespannten Glasscheiben keine zerstörenden Einschlüsse (z.B. [X.]) haben. Alle [X.] sind einem fremdüberwachten Heißlagerungstest ([X.]) als
[X.] gemäß Bauregelliste zu unterziehen. Die Durchführung des [X.]s ist über eine Werksbescheinigung zu bestä-tigen. Die [X.] müssen für jede einzelne Scheibe nach-vollziehbar sein."
Zusätzlich vereinbarten Klägerin und Beklagte unter § 1.8.7 des [X.]:
"Der Auftragnehmer garantiert die Verwendung ausschließlich
fabrikneuer,
mängelfreier und einwandfreier Baustoffe und Materi-alien in der vereinbarten Qualität, auch soweit ihm diese vom [X.] zur Verfügung gestellt werden, da er zu deren [X.] vor Verarbeitung verpflichtet ist."
Die Streithelferin zu 3 der Beklagten
plante die Glasfassade. Das Glas für die Fassade lieferte die Streithelferin zu 4 der Beklagten. Die Streithelferin zu 1 der Beklagten erstellte die Glasfassade.
Die Klägerin
nahm das Bürogebäude am 28.
September
2006 ab.
Am 26.
Februar
2007, 18.
Mai
2007, 29.
Mai
2007, 6.
Juli
2008, 31.
August
2008 und 10.
Juni
2009 gingen Scheiben an verschiedenen Stellen der Fassadenverkleidung zu Bruch, wobei Bruchstücke herabfielen.
Vor diesem Hintergrund hält die Klägerin die Glasfassade insgesamt für mangelhaft
und hält den Austausch sämtlicher Glasscheiben für erforderlich, um den Mangel zu beseitigen. Sie verlangt die Zahlung eines Mangelbeseiti-3
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gungskostenvorschusses von 240.000

verpflichtet ist, über 240.000

l-len, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Kosten zur Beseitigung von [X.] zu ersetzen, die infolge des Mangels "erhöhte Bruchanfälligkeit der [X.]" und der notwendigen Mangelbeseitigung auftreten.
Das sachverständig beratene Berufungsgericht hat diesen Anträgen stattgegeben. Dagegen wendet sich die Streithelferin zu 1 der Beklagten mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist.

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die [X.] einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die voraus-sichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 240.000

die Verglasung der Fassade wegen der gehäuft
auftretenden Glasbrüche ins-gesamt mangelhaft sei. Aufgrund der Untersuchung des Sachverständigen S. sei erwiesen, dass bis zur letzten mündlichen Verhandlung mindestens sechs Scheiben der Glasfassade infolge von [X.]-Einschlüssen geborsten seien.
[X.]-Einschlüsse seien technisch unvermeidbar und führten ins-8
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besondere bei thermischer Einwirkung zu Spontanbrüchen. Durch den von den Parteien vereinbarten [X.] könne diese Gefahr nicht ausgeschlos-sen, sondern nur verringert werden, weil
bei dem Test die Scheiben mit [X.]-Einschlüssen
in der Regel zu Bruch gingen. Derart getestetes Glas ([X.])
weise deswegen ein deutlich geringeres Spontanbruchrisiko auf. Ent-sprechend den Feststellungen des Sachverständigen S. sei davon auszugehen, dass nach durchgeführtem [X.] lediglich ein [X.]-Einschluss bei 20.000
qm [X.] mit einer Dicke von 8
mm auftrete. Bei der im Streitfall verglasten Fläche von 5.352
qm dürften deswegen rechnerisch nur 0,27
Brüche auftreten. Aufgrund des Umstandes, dass bereits bis zur letzten mündlichen Verhandlung sechs Scheiben aufgrund eines [X.]-Einschlusses gebrochen seien und bei zwei weiteren Scheiben eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, ein [X.]-Einschluss sei die [X.] gewesen, habe sich an der Glasfassade ein erheblich höheres [X.] ver-wirklicht, als das, welches bei [X.]-Scheiben zu erwarten gewesen wäre. Eine derartig erhebliche Überschreitung der statistischen Bruchhäufigkeit der Scheiben einer Fassade führe bei der gebotenen ganzheitlichen Betrachtung zu der Annahme der Mangelhaftigkeit der gesamten Fassade, weil diese ihre Funktion nicht mehr erfüllen könne. Dieser Feststellung stehe nicht entgegen, dass nicht feststehe und auch nicht ohne Zerstörung der Fassade festgestellt werden könne, ob noch weitere Scheiben brechen werden. Zwar nehme die Bruchwahrscheinlichkeit ab, je länger die Scheiben Temperaturschwankungen ausgesetzt seien. Möglicherweise könnten deshalb mittlerweile alle Scheiben mit [X.]-Einschluss gebrochen sein. Hierüber ließen sich allerdings nach den Ausführungen des Sachverständigen S. keine verlässlichen Angaben tref-fen. Da sich aber bereits ein erheblich höheres [X.] verwirklicht habe, könne von einer funktionsfähigen Fassade nicht gesprochen werden, was es rechtfertige, eine mit einem solchen Risiko belastete Fassade insgesamt als -
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mangelhaft einzustufen. Vor diesem Hintergrund könne dahingestellt bleiben, ob der [X.] ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
Des
Weiteren könne dahinstehen, ob der Klägerin das generelle Restbruchrisiko von [X.]-Scheiben bekannt gewesen sei. Denn hier seien Scheiben eingesetzt worden, die ein wesentlich höheres [X.] in sich trügen.
Die Beklagte sei daher verpflichtet, die gesamte [X.]. Dies führe zur Begründetheit des [X.] und der bean-tragten Feststellung, dass die Beklagte zusätzliche Kosten der Mängelbeseiti-gung zu tragen
hat.
Darüber hinaus sei auch der Feststellungsantrag begründet, wonach die Beklagte der Klägerin die Kosten zur Beseitigung von Schäden zu ersetzen ha-be, die infolge des Mangels "erhöhte Bruchanfälligkeit der [X.]" entstehen. Für solche Mangelfolgeschäden hafte die Beklagte verschul-densunabhängig nach Ziffer 1.8.7 des [X.].

II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar hat das Beru-fungsgericht
im Ergebnis zu Recht eine Mangelhaftigkeit der Fassade ange-nommen. Eine Beseitigung des Mangels ist aber unmöglich, so dass die Kläge-rin die von ihr geltend gemachten Rechtsfolgen nicht beanspruchen kann.

1. a) Nach §
633 Abs.
2 Satz
1 [X.] ist ein Werk mangelhaft, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat. Welche Beschaffenheit des Werkes die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrages zu ermit-teln. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von §
633 Abs. 2 Satz
1 [X.] gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Partei-11
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en den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Dieser bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder [X.], sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine be-stimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ist die [X.] für den vertrag-lich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den aner-kannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte [X.] ([X.], Urteil vom 8.
November 2007 -
VII ZR 183/05, [X.]Z 174, 110 Rn.
15).
b) Soweit das Berufungsgericht als Mangel der Glasfassade ein
statis-tisch deutlich erhöhtes
[X.] der verwendeten [X.]-Scheiben annimmt, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
Die Parteien haben nicht vereinbart, dass die Leistung schon dann mangelhaft ist, wenn mehr Scheiben zerbrechen als der statistischen Wahrscheinlichkeit entspricht. Das kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Parteien die Durchführung eines [X.]s vereinbart haben. Dieser senkt zwar das [X.], ändert aber nichts daran, dass sich dieses an einem Gebäude mehr und an einem Gebäude weni-ger verwirklichen kann. Die bloße Bruchwahrscheinlichkeit
sagt deshalb nichts darüber aus, welche Vertragspartei das Risiko zu tragen hat, wenn die Anzahl der tatsächlich zerbrochenen Glasscheiben oberhalb eines statistischen Mittel-maßes liegt.
c) Es kommt vielmehr
darauf an, welche Funktion des in Auftrag [X.] die Parteien nach dem Vertrag vereinbart oder vorausgesetzt haben. Das ist durch Auslegung nach den allgemein anerkannten Auslegungs-regeln zu ermitteln, §§ 133, 157 [X.]. Dabei sind alle Umstände zu berücksich-15
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tigen, insbesondere der zum Ausdruck gekommene Wille des Bestellers, für welchen Zweck er das Bauwerk nutzen will und welchen Anforderungen es nach diesem Zweck genügen muss.
Diese Auslegung des [X.] kann der Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die [X.] die Verwendung von Glasscheiben vereinbarten, bei denen kein Risiko eines [X.] aufgrund von [X.]-Einschlüssen besteht.
[X.]) Die Parteien haben zur Beschaffenheit der Glasscheiben in der Leis-tungsbeschreibung unter Ziffer 2.3.1 Satz 1 vereinbart, dass die zur Verwen-dung kommenden vorgespannten Glasscheiben keine zerstörenden Einschlüs-se (z.B. [X.]) haben dürfen. Darin kommt der für die Beklagte erkennba-re Wille der Klägerin zum Ausdruck, die erheblichen Gefahren
für Leib und Le-ben
von Passanten, die durch berstende und herabfallende Glasscheiben ent-stehen können, vollständig auszuschließen.
bb) Anderes folgt nicht aus Ziffer 2.3.1 Satz 2 der Leistungsbeschrei-bung, wonach alle [X.] einem fremd überwachten Heißlagerungstest ([X.]) zu unterziehen sind. Zwar kann der [X.] nach den
nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Freiheit der Glas-scheiben von [X.]-Einschlüssen nicht garantieren. Das bedeutet aber nicht, dass damit auch die klar zum Ausdruck gebrachte [X.] des Bauwerks anders vorausgesetzt oder vereinbart werden sollte. Vielmehr verbleibt die nahe liegende Möglichkeit, dass die Klägerin eine Ausführung wählte, die nicht in der Lage war, die von ihr erkennbar gewünschte Funktion zu erreichen.
Birgt die ausgeschriebene Variante ein Risiko, das der Besteller erkenn-bar nicht übernehmen will, muss der Unternehmer, wenn er dieses Risiko auch 17
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nicht tragen will, diesen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats darauf hinweisen und mit ihm vertraglich einen Ausschluss des Risikos vereinbaren ([X.], Urteil vom 17. Mai 1984

VII ZR 169/82, [X.]Z 91, 206, 213; Urteil vom 11. November 1999

[X.], [X.], 411, 413 = NZBau 2000, 74). Das hat der Senat gerade in den Fällen entschieden, in denen es darum ging, ob die vereinbarte Ausführung in der Lage ist, die nach dem Vertrag vorausge-setzte Funktion zu erfüllen ([X.], Urteil vom 16.
Juli
1998

VII
ZR
350/96, [X.]Z 139, 244, 247; Urteil vom 4. Juni 2009

VII ZR 54/07, [X.]Z 181, 225, 230). Ist durch die beschriebene Ausführung die nach dem Vertrag vorausge-setzte Funktion erkennbar gefährdet oder nicht erreichbar, kann der [X.] den Besteller nicht im Ungewissen lassen und für den Fall der Risikover-wirklichung die Auffassung vertreten, die Wahl einer bestimmten [X.] führe dazu, dass die vereinbarte [X.] eine andere sei als der Besteller sich vorgestellt habe.
cc) Auf dieser Grundlage kommt es nicht darauf an, ob der [X.] ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Zudem ist es für die Feststellung eines Mangels unerheblich, ob in Fachkreisen, und damit den von der Klägerin hinzugezogenen fachkundigen Mitarbeitern oder externen Beratern, das [X.], das trotz eines ordnungsgemäßen [X.]s besteht, bekannt war.
d) Ausgehend von der vereinbarten Funktionalität der Fassade, eine Ge-fährdung durch [X.]-Einschlüsse vollständig auszuschließen, ist die von der Beklagten erstellte Fassade mangelhaft, da jede der über 3.000 montierten Glasscheiben das Risiko birgt, aufgrund eines [X.]-Einschlusses zu bersten. Zwar ist es möglich, dass keine der noch nicht ausgetauschten [X.] über einen [X.]-Einschluss verfügt. Das könnte aber nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nur durch Zerstörung der Glasscheiben festgestellt werden. Es verbleibt deshalb eine Unsicherheit hin-20
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sichtlich der Bruchfestigkeit der Fassade, die nach der vereinbarten Funktionali-tät in den Risikobereich der Beklagten fällt. Der
Klägerin kann
zudem
nicht zu-gemutet werden abzuwarten, ob noch weitere Scheiben zu Bruch gehen, da ein erhebliches Risiko für Leib und Leben der Passanten besteht, für welches sie verantwortlich ist.
2. Aufgrund des festgestellten Mangels stehen der Klägerin die geltend gemachten Mängelrechte aber nicht zu,
da die Beseitigung des Mangels un-möglich ist.
a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann der vollständige Ausschluss von [X.]-Einschlüssen technisch nicht gewährleistet
werden. Die vereinbarte Funktionalität ist deshalb nicht erreich-bar. Daher liegt ein Fall der dauerhaften objektiven Unmöglichkeit im Sinne von §
275 Abs.
1 2.
Fall [X.] vor. Für diese Beurteilung ist grundsätzlich der Zeit-punkt des Eintritts des Hindernisses maßgeblich ([X.], Urteil vom 11.
März
1982

VII [X.], [X.]Z 83, 197, 200). Der Umstand, dass eine Bruchwahrscheinlichkeit entsprechend den Ausführungen des Sachverständi-gen nach Ablauf von zehn Jahren praktisch ausgeschlossen ist, steht deshalb der Annahme einer dauerhaften Unmöglichkeit nicht entgegen. Ein zeitweiliges Erfüllungshindernis ist einem dauernden gleichzustellen, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch die vorübergehende Unmöglichkeit in Frage gestellt wird und deshalb dem Vertragspartner nach dem Grundsatz von [X.] und Glauben unter billiger Abwägung der Belange beider Vertragsteile die Einhal-tung des Vertrages nicht zugemutet werden
kann ([X.], Urteil vom 11.
März
1982

VII
[X.], [X.]O). Diese Voraussetzungen liegen vor. Da
es der Klägerin darauf ankam, Bruchgefahren durch Einschlüsse in den Glas-scheiben auszuschließen, um keine Gefahrenquelle für die das Gebäude nut-zenden
Menschen und Fußgänger zu schaffen,
ist es ihr unzumutbar, zehn 22
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-
Jahre zu warten, bis ein solcher Zustand eintritt. Berechtigte Belange der [X.], die diesem [X.] entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
b) Die Folge der Unmöglichkeit ist das Entfallen des [X.] und damit ebenso des Nacherfüllungsanspruches (§
634 Nr.
1, § 635 Abs.
1
[X.]) und des Selbstvornahmerechts einschließlich des [X.] gemäß §
634 Nr.
2, § 637 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 23. November 2000

VII ZR 242/99, [X.], 425, 426
= NZBau 2001, 97). Die Klägerin kann daher keinen Austausch der Glasscheiben gegen andere verlangen, die auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem [X.] einer Bruchgefahr unterlägen und deshalb der vereinbarten Funktionalität nicht genügten. Eine andere Art der Erfüllung bzw. Nacherfüllung, die den Interessen der Parteien gerecht wird, kommt auf Grundlage der getroffenen Feststellungen
nicht in [X.].
3.
Der Klägerin steht aber ein Schadensersatzanspruch unter den [X.] von
§ 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 [X.] zu. Da das Berufungsge-richt die notwendigen Feststellungen zu einem Schaden im Sinne von
§ 634 Nr.
4, § 311a Abs. 2 [X.] nicht getroffen hat, ist das Berufungsurteil insgesamt, also auch hinsichtlich
des Feststellungsantrags bezüglich der Mangelfolge-schäden, aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist,
und die Sache
ist insoweit an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der [X.] auf Folgendes hin:
a) Den Parteien
ist Gelegenheit zu geben, zu den Voraussetzungen des
§ 311a Abs. 2 [X.] vorzutragen. Dabei ist zu beachten:

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-
12
-
[X.]) Die in § 311a Abs. 2 [X.] geregelte Schadensersatzpflicht umfasst auch die Erstattung von Folgeschäden ([X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2013, § 311a Rn. 40; MünchKomm[X.]/[X.], [X.],
6. Aufl., §
311a Rn. 65; [X.]/Kindl, [X.], 13. Aufl., § 311a Rn. 8; Ball, [X.] 2002, 49, 51 f.; a.A. [X.]/[X.], [X.],
15. Aufl., § 311a Rn. 13; [X.], [X.] 2002, 160, 161 f.; Ehmann/Sutschet, [X.], 62, 70).
Nach dem mit der Konzeption des §
311a Abs.
2 [X.] einhergehenden Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 14/6040 S.
166, linke Spalte)
tritt § 311a Abs. 2 [X.] als eigenständige An-spruchsgrundlage an die Stelle von § 280 [X.], so dass es für Folgeschäden eines Rückgriffs auf diese Norm nicht bedarf.
bb) Damit gilt für alle Schadenspositionen einheitlich der Verschuldens-maßstab des § 311a Abs. 2 Satz 2 [X.]. Eine Haftung der Beklagten ist [X.] nur ausgeschlossen, wenn sie das verbleibende Risiko von [X.]-Einschlüssen nicht kannte und diese Unkenntnis nicht zu vertreten hat. Sollte es vor diesem Hintergrund noch auf die Frage ankommen, ob die Beklagte ver-schuldensunabhängig haftet, gibt die weitere Verhandlung und Entscheidung dem Berufungsgericht Gelegenheit, erneut darüber zu befinden, ob aus §
1.8.7
[X.] eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten für die ver-einbarte Qualität der Glasfassade abgeleitet werden kann. Dabei wird es im Rahmen der Auslegung stärker als bisher den Umstand zu berücksichtigen ha-ben, dass die Voraussetzungen des Schadensersatzes wegen Mängeln
in §
13.7 [X.] geregelt sind und ein Verschulden der Beklagten voraussetzen. Eine Ausnahme unter Bezugnahme auf § 1.8.7 [X.] enthält § 13 [X.] nicht. Es liegt deshalb fern, § 13.7 [X.] in einem zentralen Bereich, der Haftung für Mängel der verwendeten Baustoffe und Materialien, nicht anzuwenden. Ein solcher Zu-sammenhang wäre zudem für die Beklagte, der das Vertragswerk der Klägerin vorgegeben wurde, kaum erkennbar gewesen.
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13
-
b) Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten, den Beratern der Klä-gerin sei bekannt gewesen, dass
auch
bei einem ordnungsgemäß durchgeführ-ten
[X.]
ein Restrisiko verbleibe, wird das
Berufungsgericht
zu er-wägen haben, ob der Klägerin ein Mitverschulden (§ 254 [X.]) zuzurechnen ist (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S.
165, linke Spalte; [X.]/[X.], [X.]O, §
311a Rn.
55; MünchKomm[X.]/[X.], [X.]O, § 311a Rn. 68; [X.]/
Kindl, [X.], [X.]O, § 311a Rn.
10).
[X.]
[X.]
[X.]

Frau Richterin am Bundesgerichtshof

Safari Chabestari kann wegen ihres

Urlaubs nicht unterschreiben

Kartzke
Jurgeleit
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.08.2009 -
1 [X.]/08 -

O[X.], Entscheidung vom 14.07.2011 -
I-5 U 106/09 -

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Meta

VII ZR 203/11

08.05.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2014, Az. VII ZR 203/11 (REWIS RS 2014, 5750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5750

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6 O 4952/08 (LG Augsburg)

Neubau, Architektenvertrag, Mangelbeseitigung


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VII ZR 203/11

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