Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. IX AR (VZ) 1/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2631

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
IX
AR([X.]) 1/12

vom

19. September 2013

in dem Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 [X.]

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] § 56 Abs. 1 Satz 1; [X.] Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
Eine juristische [X.] wird durch die [X.]eschränkung des Amts des Insolvenzverwal-ters auf natürliche [X.]en nicht in ihren Grundrechten auf Gleichbehandlung und auf [X.]erufsfreiheit verletzt.
[X.], [X.]eschluss vom 19. September 2013 -
IX AR([X.]) 1/12 -
OLG [X.]

AG [X.]aden-[X.]aden

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. [X.], [X.], Grupp und die
Richte-rin Möhring

am 19. September 2013
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]eschluss des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Oktober 2012 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird auf 3.000

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist eine in der Rechtsform einer GmbH geführte Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung, die in [X.] 35
Standorte mit insgesamt rund 300 Mitarbeitern, darunter 42 [X.]erufsträger, unterhält und ausschließlich auf dem Gebiet der Insolvenz-
und Zwangsverwal-tung tätig ist. Ihren Antrag auf Aufnahme in die [X.] für Insolvenz-verwalter hat das Amtsgericht abgelehnt. Der nach §
23 [X.] bei dem Ober-landesgericht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist ohne Erfolg ge-blieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr [X.]egehren weiter.

1
-

3

-
II.

Das [X.] hat ausgeführt, weil
es sich bei der Antragstelle-rin nicht um eine natürliche [X.] handele, gehöre sie nach §
56 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht zu dem Kreis derjenigen, welche die gesetzlichen Voraussetzungen einer [X.]estellung zum Insolvenzverwalter erfüllten. Die [X.]eschränkung des [X.] zur [X.]estellung als Insolvenzverwalter auf natürliche [X.]en sei weder offenbar sachwidrig noch unverhältnismäßig und stelle keinen Verstoß gegen den Grundsatz auf Gleichbehandlung dar. Auf eine etwaige Europawidrigkeit der Norm könne sich die Antragstellerin als inländische Gesellschaft nicht beru-fen.

III.

Die gemäß §
29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 [X.] statthafte Rechtsbe-schwerde ist zulässig. Der Antragsgegner ist nach Genehmigung der Verfah-rensführung durch die Generalstaatsanwaltschaft wirksam vertreten. In der [X.] ist das Rechtsmittel unbegründet. Die Antragstellerin kann als juristische [X.] nicht in die [X.] aufgenommen werden, weil gemäß §
56 Abs.
1 Satz
1 [X.] nur eine natürliche [X.] als Insolvenzverwalter in [X.] kommt. Die gesetzliche Regelung steht in Einklang mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 [X.].

1. Nach dem Inhalt des § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist zum Insolvenzverwal-ter eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige
natürliche [X.] zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von [X.] bereiten [X.]en auszuwählen ist. Der eindeutige, auf natürliche [X.]en bezogene Wortlaut der Regelung schließt es aus, juristische [X.]en zum In-2
3
4
-

4

-
solvenzverwalter zu bestellen (MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
56 Rn.
15). Diese Würdigung wird überdies durch die Gesetzesmaterialien bestä-tigt. Die ursprünglich erwogene Möglichkeit, juristische [X.]en zum [X.] zu ernennen ([X.]T-Drucks.
12/2443 S.
127), ist im weiteren Ge-setzgebungsverfahren mit Rücksicht auf Haftungs-
und Aufsichtsprobleme so-wie die Gefahr von Interessenkollisionen ([X.]T-Drucks. 12/7302
S.
161) aufgege-ben worden. Vor diesem Hintergrund verbietet sich eine erweiternde Auslegung des
§
56 Abs.
1 Satz
1 [X.] dahin, auch juristische [X.]en als Insolvenzver-walter einzusetzen.

2. Die Regelung des §
56 Abs.
1 Satz
1 [X.] steht mit Art.
3 Abs.
1 [X.] in Einklang.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleich-heitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder [X.] im Vergleich zu einer anderen an[X.] behandelt wird, obwohl zwi-schen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Ge-wicht bestehen, dass sie die unterschiedliche [X.]ehandlung rechtfertigen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemes-sen sind ([X.], NJW
2013, 847 Rn.
72 mwN).

b) Diesen Anforderungen genügt die [X.]estimmung des §
56 Abs.
1 Satz
1 [X.], soweit nur natürliche [X.]en als Insolvenzverwalter zugelassen wer-den. Gegen die Einbeziehung juristischer [X.]en in den Kreis der Insolvenz-verwalter sprechen mit der ganz überwiegenden Auffassung (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §
56 Rn.
15, [X.]/[X.], [X.], §
56 Rn.
35
f; Uhlen-bruck, [X.], 13.
Aufl., §
56 Rn.
11; [X.]., [X.].
1993, 453 ff; HmbKomm-[X.]/
5
6
7
-

5

-
Frind, 4.
Aufl., §
56 Rn.
1 b, 1 c; HK-[X.]/Eickmann, 6.
Aufl., §
56 Rn.
9; [X.]/
Uhländer/[X.], [X.], §
56 Rn.
13; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 56 Rn. 33; [X.] in Kübler/Prütting/[X.]ork, [X.], § 56 Rn.
6; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], §
56 Rn.
5; [X.], ZIP 1993, 737
ff; ebenso wohl [X.], Z[X.] 2009, 1641 Rn.
23; [X.], Z[X.] 2004, 937, 938; Kleine-Cosack, [X.], 791 ff; FK-[X.]/[X.], 7. Aufl., §
56 Rn.
8) im Interesse der ordnungsgemäßen Durchführung eines Insolvenzverfahrens gewichtige Sachgründe.

aa) [X.]ereits die höchstpersönliche Rechtsnatur des Amtes eines [X.]s (vgl. [X.], aaO) steht der [X.]estellung einer juristischen Per-son entgegen.

Es ist allgemein anerkannt, dass der Insolvenzverwalter sein Amt als [X.] nicht auf einen anderen übertragen kann; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut ([X.], aaO). Insolvenzverfahrensspezifische [X.] darf der Verwalter, wenn auch der Einsatz von Mitarbeitern in größeren Verfahren praktisch unvermeidbar oder gar geboten sein kann ([X.], aaO), nur persönlich vornehmen. Dazu gehören etwa die Führung eines Anfech-tungsprozesses oder die Aufnahme eines nach §
240 ZPO unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von [X.] sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die [X.]erichtspflicht gegen-über dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigeraus-schuss (§
58 Abs.
1 Satz
2, §§
69, 79, 152, 156 [X.]), seine Pflicht zur Erstel-lung eines Insolvenzplans nach §
218 [X.] auf entsprechenden [X.]eschluss der Gläubigerversammlung (§
157 [X.]) wie auch die Schlussrechnungsregelung (§
66 [X.]) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs-
und Hilfsarbeiten sei-8
9
-

6

-
ner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen ([X.], [X.], 301 Rn.
46).

Die Verfahrenskonzentration auf die [X.] des Insolvenzverwalters würde durch die Einsetzung einer juristischen [X.], die bei entsprechender Mitarbeiterausstattung eine unbegrenzte Zahl von [X.] über-nehmen kann, beseitigt. Die Antragstellerin könnte durch ihren Alleingeschäfts-führer als einzige Vertretungs-
und [X.] die an 35 [X.] durch 42 [X.]erufsträger übernommenen [X.] nicht ver-antwortlich führen. Die gebotene höchstpersönliche Amtsausübung wäre bei solchen tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr gewährleistet. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Aufgabe des Insolvenzverwalters ungeachtet ihrer höchst-persönlichen Rechtsnatur im jeweiligen Einzelfall stärker als vertretbar auf den nachgeordneten Mitarbeiterstab delegiert werden müsste (vgl. [X.], aaO; [X.], aaO S. 741).

bb) Würde eine juristische [X.] als Insolvenzverwalter eingesetzt, [X.] den Verfahrensbeteiligten und dem Gericht wegen der Verlagerung der [X.] auf verschiedene Entscheidungsträger zudem ein bestimmter, persönlich für die zweckentsprechende Aufgabenwahrnehmung Verantwortlicher
([X.]/
Uhländer/[X.], [X.],
§
56 Rn.
13).

Die sachdienliche Verfahrensdurchführung hängt von der [X.]efähigung und Zuverlässigkeit gerade der konkreten natürlichen [X.] ab, die das Insol-venzgericht als vertrauenswürdig erachtet und laufend beaufsichtigt (vgl. [X.], aaO S.
739 f; [X.]/Uhländer/[X.], aaO). Darum wird die Auswahl des Insolvenzverwalters vielfach als "Schicksalsfrage" des Insolvenzverfahrens be-zeichnet ([X.], aaO S. 453; [X.], aaO S.
737 jeweils mwN). Das Amts-verständnis des Gesetzes ist auf die [X.]estellung eines haftungsrechtlich und 10
11
12
-

7

-
strafrechtlich persönlich verantwortlichen, in eigener [X.] mit den [X.] und dem Gericht kommunizierenden, beständiger Aufsicht [X.] Insolvenzverwalters angelegt (vgl. [X.], aaO S. 739
f; [X.]/[X.]/[X.], aaO).

Juristische [X.]en lassen, zumal wenn sie wechselnde Organe haben, die für eine [X.] unabdingbare Gewähr vermissen. Eine weitgehende Anonymisierung der Insolvenzverwaltung innerhalb einer juristischen [X.] läuft
dem Interesse an einer verfahrensgemäßen, gedeihlichen Aufgabenwahr-nehmung zuwider. Die im Gesetz angelegte Ausrichtung des Insolvenzverfah-rens auf die [X.] des allzuständigen, vollverantwortlichen Verwalters würde ausgehöhlt, wenn die Insolvenzverwaltung entsprechend der Entscheidung der Geschäftsleitung einer juristischen [X.] auf bestimmte Organmitglieder oder Angestellte mit der Gefahr uneinheitlicher, mitunter sich wi[X.]prechender [X.] aufgespaltet
werden könnte. Die Konzentration des Verfahrens auf eine natürliche [X.] als Insolvenzverwalter verringert den für hierarchi-sche Organisationsformen typischen Koordinierungsbedarf und beugt zugleich etwaigen durch Störungen in der Zusammenarbeit bedingten, alle [X.] treffenden Nachteilen insbesondere vermögensmäßiger Art vor. Die existentiellen Interessen des Schuldners und seiner Gläubiger, die innerhalb eines Insolvenzverfahrens in Ausgleich zu bringen sind, verbieten eine Zerglie-derung der Insolvenzverwaltung auf verschiedene innerhalb einer Organisation tätige Entscheidungsträger.

[X.]) [X.]ei Einsetzung einer juristischen [X.] wäre auch die notwendige Kontinuität der Amtsausübung gefährdet, weil mit dieser Tätigkeit betraute [X.] abberufen (§ 38 Abs. 1 und 2 GmbHG, § 84 Abs. 3 [X.])
und
angestellte Mitarbeiter jederzeit gekündigt (§§ 620 ff [X.]G[X.]) werden können.

13
14
-

8

-

Selbst wenn die Aufgabe der Insolvenzverwaltung innerhalb der juristi-schen [X.] einem bestimmten Mitglied der Geschäftsleitung, etwa einem Geschäftsführer oder Vorstand, übertragen würde, könnte diese [X.] [X.] des Insolvenzverfahrens ohne weiteres (§ 38 Abs. 1 GmbHG) oder aus wichtigem Grund (§ 38 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, § 84 Abs. 3 [X.]) ab-berufen werden. Ein mit der Verwaltung betrauter Angestellter könnte grund-sätzlich jederzeit gekündigt werden (§§ 620 ff [X.]G[X.]). Ferner entspricht es den heutigen Gegebenheiten des Rechtslebens, dass nicht nur einzelne Partner, sondern ganze -
etwa mit Insolvenzverwaltung betraute
-
Abteilungen eine [X.] verlassen. Überdies ist die nie ausschließbare Möglichkeit in den [X.]lick zu nehmen, dass eine juristische [X.] aufgelöst wird (§§ 60 ff, §
262 [X.]) und nach Abwicklung und Vollbeendigung (§ 70 GmbHG, § 264 ff, §
273 [X.]) untergeht.

In all diesen Konstellationen wären [X.]eeinträchtigungen der ordnungsge-mäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens zu befürchten. Nach Ausscheiden des mit der Insolvenzverwaltung betrauten [X.] oder Angestellten wäre schon nicht ohne weiteres sichergestellt, dass überhaupt ein gleichwerti-ger Ersatz in der [X.] eines ebenso befähigten und erfahrenen Mitarbeiters zur Verfügung steht. Außerdem müssten sich neue Verantwortliche in die [X.] einarbeiten, was bei einem komplexen Verfahren einen erheblichen Zeitab-lauf erfordert und einen geordneten Verfahrensfortgang behindern, wenn nicht gar lähmen könnte. Auch wäre das Risiko nicht von der Hand zu weisen, dass wichtige, für eine fruchtbare Verwaltung notwendige Entscheidungen infolge des [X.] zum Nachteil der Masse verzögert oder gar

etwa we-gen Ablaufs einer Angebotsfrist

versäumt werden. Die Ablösung des innerhalb der juristischen [X.] Verantwortlichen birgt ferner die Unwägbarkeit, dass die nacheinander mit der Insolvenzverwaltung betrauten [X.]en unterschiedli-che, miteinander schwer oder gar nicht zu vereinbarende Strategien im Sinne 15
16
-

9

-
des § 1 Satz 1 [X.] verfolgen. Diese Nachteile wären gerade dann zu befürch-ten, wenn eine juristische [X.] im Vertrauen auf die [X.]efähigung eines

später ausgeschiedenen

bestimmten Geschäftsleiters oder Angestellten mit dem Amt des Insolvenzverwalters beauftragt worden ist. Würde die mit der In-solvenzverwaltung betraute juristische [X.] liquidiert, müsste gar ein neuer Insolvenzverwalter bestellt werden. Die notwendige Kontinuität der Amtsaus-übung ist bei Einsetzung einer juristischen [X.] somit nicht gewährleistet (ebenso [X.]/[X.], [X.], §
56 Rn. 35; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., § 56 Rn. 15; HmbKomm-[X.]/Frind, aaO Rn.
1
b; [X.]/Uhländer/[X.], [X.], §
56 Rn.
13; [X.], ZIP 1993, 737, 740; [X.], [X.]. 1993, 453, 457).

dd) Die [X.]estellung einer juristischen [X.] kann
überdies zu einer un-verhältnismäßigen Erschwernis der Willensbildung im Rahmen der ordnungs-gemäßen Ausübung des Amtes eines Insolvenzverwalters führen.

[X.]ei einer juristischen [X.] wird die Geschäftsführung von dem [X.] und nicht den einzelnen Geschäftsleitern wahrgenommen (§
37 Abs. 1, § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, § 77 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Deshalb bedarf die Ausübung der Geschäftsführung grundsätzlich einer Abstimmung innerhalb des Gesamtorgans ([X.]/Strohn/[X.], Gesellschaftsrecht, § 37 GmbHG Rn. 4; [X.]/Strohn/[X.], aaO § 77 [X.] Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, § 37 Rn. 24; [X.]/Witt, GmbH-Recht in der Praxis, 2. Aufl., [X.]. 5 Rn. 18). Dabei kann das aus § 77 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgende Einstimmigkeitsprinzip ([X.] in [X.]/[X.], aaO; [X.]/Witt, aaO; vgl. [X.]/Willerscheid, [X.], 3. Aufl., § 50 Rn. 5) in-nerhalb des [X.] unauflösbare Konflikte hervorrufen, die eine sachgemäße Insolvenzverwaltung schlimmstenfalls vollends blockieren.

17
18
-

10

-

Für die Rechtsform GmbH tritt als mögliche weitere Verzögerung bei
der Willensbildung hinzu, dass die Geschäftsführer gemäß § 37 Abs. 1, §
43 Abs.
2 GmbHG, an[X.] verhält es sich nach § 76 [X.] für die Vorstände einer AG, jedenfalls insoweit Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegen, als die Rechtmäßigkeit und wirtschaftliche Zweckmäßigkeit von Maßnahmen der Insolvenzverwaltung in Rede steht (vgl. [X.] in [X.]/[X.], aaO § 37 Rn. 11). In diesem Sinne wird auch die Regelung des § 59f Abs. 4 Satz 2 [X.] ([X.] in [X.]/Prütting, [X.], 3. Aufl., § 59f Rn. 26; [X.], [X.], 5. Aufl., § 59f Rn. 7) und des § 60 Abs. 2 [X.] ([X.]/Maxl, [X.], 3. Aufl., § 60 Rn. 22 ff) verstanden. [X.] gesetzlichen Weisungsbe-schränkungen innerhalb der als Gesellschaften organisierten Zusammen-schlüsse der
rechts-
und steuerberatenden [X.]erufe käme ohnehin keine aus-schlaggebende [X.]edeutung zu, weil aus anderen [X.]erufen stammende, als [X.] geeignete [X.]en sich der allgemeinen, mit den angeführten Nachteilen belasteten Gesellschaftsformen zu bedienen hätten.

Diese vielfältigen Abstimmungserfordernisse hemmen bereits im Falle einer Insolvenzverwaltung durch Geschäftsleiter, die sich fortwährend bei [X.] geringerer oder größerer Tragweite absprechen müssen, einen geregelten Verwaltungsablauf. Der Abstimmungsbedarf würde sich zusätzlich verschärfen, wenn die Insolvenzverwaltung durch eine Vielzahl von Angestell-ten ausgeübt wird, die an Vorgaben der Geschäftsleitung gebunden sind. In dieser Weise verhält es sich etwa, sofern der an der [X.]etriebsstätte des [X.] eingesetzte Mitarbeiter Anordnungen nur nach [X.]erichterstattung an die Geschäftsleitung mit deren Einverständnis treffen darf. Wenn es um eilbedürfti-ge Maßnahmen geht, kann dieses Abstimmungsgebot eine sachgerechte Insol-venzverwaltung mit dem Risiko erheblicher finanzieller Nachteile vereiteln.
19
20
-

11

-

Selbst wenn durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung (vgl. Henss-ler/Strohn/[X.], aaO § 77 [X.] Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.]
[X.], aaO § 37 Rn. 25) eine sich in einer Ressortverantwortung manifestie-rende Übertragung der einzelnen [X.] auf bestimmte Ge-schäftsleiter vorgesehen ist, würde dadurch die Gesamtverantwortung aller Ge-schäftsleitungspersonen einschließlich der Notwendigkeit einer wechselseitigen Informations-
und Kontrollpflicht nicht berührt ([X.]/Strohn/[X.], aaO §
37 GmbHG Rn. 4). Ebenso bliebe bei Delegation der Insolvenzverwaltung auf einen bestimmten Angestellten die Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung im Sinne einer Überwachungspflicht erhalten ([X.]/[X.], GmbHG, 11.
Aufl., § 37 Rn. 37; Urban, [X.], 106). Eine in jeder Situation uneinge-schränkt handlungsfähige Insolvenzverwaltung ist darum nur bei [X.]estellung einer natürlichen [X.] gesichert.

ee) Die durch den Einsatz von Organmitgliedern und Angestellten be-dingten
unklaren
Verantwortlichkeiten lösen bei Einsetzung einer juristischen [X.] als Insolvenzverwalter für eine effektive gerichtliche Aufsicht erhebliche Gefahren aus.

Der Insolvenzverwalter unterliegt gemäß §
58 [X.] der Aufsicht des [X.]. Fehlt es infolge der Organisationsstruktur der juristischen Per-son an einem unmittelbaren, in allen [X.]elangen allein entscheidungsbefugten Ansprechpartner, ist die Effektivität der Aufsicht in Frage gestellt ([X.] [X.]. 1993, 454, 456; [X.], ZIP 1993, 747, 741 f; [X.]/Uhländer/[X.]ornhei-mer, [X.], §
56 Rn.
13). Wegen der [X.]efugnis des [X.] einer juristischen [X.], ein konkretes Verfahren einem Geschäftsleiter oder einem Angestellten zu entziehen, können überdies gesellschaftsinterne und gerichtliche Aufsichtsmaßnahmen miteinander kollidieren. Insbesondere kann 21
22
23
-

12

-
die Geschäftsleitung geneigt sein, einer Entlassung der Gesellschaft aus dem Amt des Insolvenzverwalters durch eine Auswechslung der mit der Aufgabe betrauten [X.] zuvorzukommen ([X.], aaO; MünchKomm-[X.]/Grae-ber, 3.
Aufl., § 56 Rn. 15; [X.]/[X.], [X.], §
56 Rn.
35; [X.]/[X.]/[X.], aaO). Auch hätte das Gericht bei einem Wechsel des [X.] stets die Eignung der juristischen [X.] als Verwalter erneut zu prüfen (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], aaO
§ 56 Rn. 15). Nicht zuletzt wä-re die mit der Insolvenzverwaltung betraute [X.] einem die Qualität ihrer Tä-tigkeit möglicherweise beeinträchtigenden [X.] ausgesetzt, wenn sie sowohl der sich an kaufmännischen Erwägungen und damit auch einem etwaigen Vergütungsinteresse orientierenden gesellschaftsinternen Kontrolle als auch der die [X.] aller Verfahrensbeteiligter berücksichtigenden Aufsicht des [X.] unterläge ([X.], aaO S. 457).

ff) Würde eine juristische [X.] zum Insolvenzverwalter bestimmt, [X.] schließlich die Prüfung ihrer Unabhängigkeit (§ 56 Abs. 1 Satz 1 [X.]) be-sondere Schwierigkeiten aufwerfen.

Die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters von dem Schuldner und den Gläubigern ist für einen sachgerechten Verfahrensablauf von zentraler [X.]edeu-tung ([X.]/[X.], aaO Rn. 42). Nehmen für eine juristische [X.] eine Vielzahl von Mitarbeitern Aufgaben im [X.]ereich der Insolvenzverwaltung wahr, können etwaige wirtschaftliche oder sonstige Verflechtungen zu dem Schuldner oder anderen Verfahrensbeteiligten nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufge-deckt werden ([X.], ZIP 1993, 737, 741). Außerdem werden die Gesellschafter der juristischen [X.] dem Insolvenzgericht vielfach nicht bekannt sein. Selbst wenn das Insolvenzgericht über sie informiert ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass infolge einer

nur im [X.]ereich der Rechts-
und Steuerberatung untersagten (§ 59e Abs. 3 [X.], § 50a Abs. 1 Nr. 2 [X.], §
28 Abs. 4 Nr. 2 24
25
-

13

-
WPO)

Treuhandstellung oder eines im Laufe des Verfahrens stattfindenden

nur im [X.]ereich der Rechts-
und Steuerberatung anzuzeigenden (§
59m Abs. 1 Satz 1 [X.], § 49 Abs. 4 Satz 1 [X.]; großzügiger wohl §
30 Satz 1 WPO)

Gesellschafterwechsels eine bedenkliche Verbindung zu Verfahrensbeteiligten geknüpft wird ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., §
56 Rn. 33).

gg) Letztlich streiten auch haftungsrechtliche Erwägungen gegen die [X.]e-stellung einer juristischen [X.] als Insolvenzverwalter.

Der Insolvenzverwalter ist gemäß §
60 Abs.
1 Satz
1 [X.] allen [X.]eteilig-ten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Dabei hat er nach §
60 Abs.
1 Satz
2 [X.] für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwal-ters einzustehen. Dieser [X.] wäre auch auf eine juristische [X.] in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalter anzuwenden. Insoweit be-stünde jedoch die Gefahr, dass Haftpflichtansprüche ungedeckt blieben, weil die juristische [X.] nur mit dem gesetzlichen Mindestkapital ausgestattet ist ([X.], aaO S.
742; [X.], aaO). Hier fällt ins Gewicht, dass der [X.] keiner gesetzlichen
Versicherungspflicht unterliegt
([X.] in [X.]/[X.], Handbuch der Insolvenzverwalterhaftung, Teil 3 Rn. 1699). Die faktische Haftungsbeschränkung auf das (Mindest-) Stammkapital der juristi-schen [X.] wird mit Hilfe einer Haftpflichtversicherung, die auch zu [X.]n bestellte natürliche [X.]en abschließen, nicht ausgeglichen. Eine Deckungssumme von 2,5 Mio.

wie sie die Antragstellerin vorhält
-
wird in größeren Insolvenzen vielfach nicht ausreichen, entstandene Schäden voll aufzufangen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die [X.]erufshaftpflichtversiche-rung für Rechtsanwälte oder Steuerberater nicht sämtliche Risiken der [X.] erfasst ([X.], aaO Rn. 1705 ff; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.],
§
60 Rn.
52; [X.], aaO S. 743).
26
27
-

14

-

3. Aus vorstehenden Überlegungen befindet sich die Regelung des §
56 Abs.
1 Satz 1 [X.] auch in Einklang mit dem Grundrecht der [X.]erufsfreiheit (Art.
12 Abs. 1 [X.]), auf das sich die Antragstellerin als juristische [X.] (Art.
19 Abs. 3 [X.]) grundsätzlich berufen kann (vgl. [X.]E 97, 228, 253). Die vorgeschriebene Rechtsform stellt eine subjektive Zulassungsvorausset-zung dar (vgl. [X.]E 64, 72, 82), die zum Schutz eines beson[X.] wichtigen Gemeinschaftsguts,
der geordneten Durchführung eines Insolvenzverfahrens, gerechtfertigt ist (vgl. [X.]E 93, 213, 235; 97, 12, 26; 119, 59, 80). Die [X.] ist nicht unverhältnismäßig, zumal die einer [X.]eratungsgesellschaft angehörenden [X.]erufsträger persönlich zu Verwaltern ernannt werden können.

4. Soweit das [X.] ausgeführt hat, die Antragstellerin [X.] sich als inländische juristische [X.] auf einen etwaigen Verstoß der ge-setzlichen Regelung gegen die Richtlinie über Dienstleistungen im [X.]innenmarkt vom 12. Dezember 2006 ([X.] 2006/123/[X.], A[X.]l.
376/36 vom 27. Dezember 2006; nachfolgend Dienstleistungsrichtlinie) nicht berufen und werde darüber hinaus durch eine unterschiedliche [X.]ehandlung im Vergleich zu Gesellschaften aus anderen [X.] der [X.] unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 [X.] verletzt, werden dagegen von der [X.]eschwerde keine Einwendungen erhoben. Diese rechtliche Würdigung ist nicht zu beanstanden.

a) Nach den Feststellungen des [X.]s liegt dem Verfahren ein rein innerstaatlicher Sachverhalt zugrunde, weil sich die Antragstellerin als inländische Gesellschaft in ihrer nicht grenzüberschreitenden [X.]erufsausübung beschränkt sieht. Für das primäre Gemeinschaftsrecht ist geklärt,
dass es nicht auf [X.]etätigungen anwendbar ist, deren wesentliche Elemente sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen ([X.], Urteil vom 28
29
30
-

15

-
18.
März 1980

Rs. 52/79, [X.], Slg. 1980, 833 Rn. 9; vom 26.
Februar 1991

Rs.
[X.]/89, [X.], Slg. 1991, [X.] Rn. 9; vom 16. Januar 1997

Rs. [X.]/95, [X.]/[X.], Slg. 1997, [X.] Rn. 19 ff). Ebenso wenig soll die Dienstleistungsrichtlinie auf innerstaatliche Sachverhalte erstreckt werden (vgl. Handbuch der [X.] zur Umsetzung der [X.], [X.]), sondern gilt nach ihren Erwägungen (vgl. Nr. 5 und 116) ausdrücklich nur für Dienstleistungserbringer, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat Dienstleistungen erbringen wollen, ohne dort niedergelassen zu sein. Für die aktive Dienstlei-stungsfreiheit folgt das Erfordernis eines grenzüberschreitenden [X.]ezugs
auch aus der Formulierung des Art. 16 Abs. 1 Dienstleistungsrichtlinie (vgl. [X.]/
Korte, Dienstleistungsrecht in der [X.], 2011, § 6 Rn. 10).

b) Führt eine mangelnde Übereinstimmung von nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht dazu, dass [X.] nach nationalem Recht weniger weitgehende Rechte zustehen als Ausländern nach Gemeinschaftsrecht, so stellt die darin liegende Inländerdiskriminierung eine solche des nationalen Rechts und nicht des Gemeinschaftsrechts dar, die an denjenigen nationalen Normen zu messen ist, die eine Diskriminierung verbieten, also vor allem an Art. 3 Abs. 1 [X.] ([X.]VerwGE
126, 149 Rn. 60). Soweit das innerstaatliche Recht Inländer strenger als [X.]sangehörige behandelt, ist eine solche Ungleichbe-handlung hinzunehmen, wenn sie in Einklang mit dem Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 [X.] steht (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 28. Februar 1985

[X.], [X.], 886; [X.]VerwGE
129, 226 Rn. 40). Mit Rücksicht auf die Ausgestal-tung des nationalen Gesellschaftsrechts sind

wie dargelegt

hinreichend sachliche Gründe gegeben, die eine Ungleichbehandlung von inländischen Ge-sellschaften im Vergleich zu juristischen [X.]en aus dem [X.]ereich der Euro-päischen [X.] rechtfertigen, sofern diese zur Aufnahme in die [X.] zugelassen werden müssten. Dass dies bisher tatsächlich einmal geschehen 31
-

16

-
sei, wird überdies von der [X.]eschwerde nicht behauptet (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 18. September 1989

[X.] ([X.]) 24/89, [X.]Z 108, 342, 346 f; [X.]VerwGE 122, 130, 146 f; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., Art. 3 Rn. 74).

[X.] [X.]

Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG [X.]aden-[X.]aden, Entscheidung vom 28.08.2012 -
11 AR 14/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.10.2012 -
6 VA 10/12 -

Meta

IX AR (VZ) 1/12

19.09.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. IX AR (VZ) 1/12 (REWIS RS 2013, 2631)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2631

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX AR (VZ) 1/12 (Bundesgerichtshof)

Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Amts des Insolvenzverwalters auf natürliche Personen


IX ZB 42/14 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 42/14 (Bundesgerichtshof)

Pflichten des Treuhänders im Restschuldbefreiungsverfahren: Vollstreckungshindernis für ein Zwangsgeld zur Erzwingung des Schlussberichts


IX ZR 94/14 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: GmbH & Co. KG als nahestehende Person gegenüber einer GmbH


IX ZR 94/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.