Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.11.2019, Az. NotSt (Brfg) 1/19

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2019, 1484

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Gegenstand

Disziplinarmaßnahme gegen einen Notar: Entfernung aus dem Amt auf bestimmte Zeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten


Leitsatz

Zu der Entfernung eines Notars aus dem Amt auf bestimmte Zeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Notarsenats des [X.] vom 9. April 2019 geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte ist eines Dienstvergehens wegen Verletzung der in § 93 Abs. 4 Satz 1 [X.] normierten Dienstpflicht schuldig.

2. Der Beklagte wird befristet vom 1. Februar 2020 bis zum 30. April 2020 aus dem Amt entfernt.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

1. Der im Jahr 1963 geborene und seit dem [X.] zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Beklagte wurde 2002 zum Notar bestellt.

2

2. Er ist disziplinarrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten: Mit Disziplinarverfügung vom 4. April 2006 wurde gegen ihn wegen einer Mitwirkungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der erstmaligen Prüfung seiner Amtsgeschäfte im [X.] eine Geldbuße in Höhe von 300 € verhängt. Mit weiteren Disziplinarverfügungen vom 21. April 2008, 17. Mai 2010, 19. Oktober 2011 und 17. Juni 2013 wiederum wegen vorsätzlicher Verletzung der Mitwirkungspflicht und anderer Amtspflichten wurden Geldbußen in Höhe von 4.000 € (diese verbunden mit einem Verweis), 10.000 €, 7.500 € und 5.000 € (die letzten beiden erneut verbunden mit einem Verweis) verhängt. Zu den Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Als Rechtsanwalt ist der Notar ebenfalls bereits wegen verschiedener Pflichtverletzungen in Erscheinung getreten. Wegen der Einzelheiten wird auch insoweit auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

3

3. Nachdem am 21. November 2017 bei dem Notar eine Prüfung der Amtsgeschäfte stattgefunden hatte, wurden ihm mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 die Prüfungsniederschriften mit der Bitte um Erledigung der erhobenen Beanstandungen und anschließenden Bericht übersandt. Die dem Notar hierfür gesetzte Frist von einem Monat ließ er ungenutzt verstreichen. Auf die Erinnerung an die Erledigung der vorgenannten Verfügung mit Schreiben vom 29. Januar 2018, dem Notar zugestellt am 31. Januar 2018, reagierte er nicht. Einer weiteren Erledigungsbitte vom 27. Februar 2018, zugestellt am 1. März 2018, kam der Notar ebenfalls - trotz eines Hinweises auf seine Amtspflichten gemäß § 93 Abs. 4 [X.] und trotz der Ankündigung disziplinarrechtlicher Maßnahmen - nicht nach.

4

4. Gegen den Notar wurde deshalb mit Verfügung vom 4. April 2018 durch das [X.] ein Disziplinarverfahren eingeleitet wegen des Vorwurfs, gegen seine Mitwirkungspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde gemäß § 93 Abs. 4 [X.] verstoßen zu haben. Von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme machte der Notar gegenüber dem [X.] keinen Gebrauch. Mit Verfügung vom 23. Mai 2018 legte das [X.] das Disziplinarverfahren dem [X.] mit der Bitte um Übernahme vor, die am 12. Juni 2018 erfolgte. Auf eine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme mit der Ankündigung der Absicht, die Entfernung aus dem Amt für eine Dauer von mindestens vier Jahren zu beantragen, teilte der Notar zwar zunächst mit Schreiben vom 29. Juni 2018 mit, sich innerhalb der gesetzten Frist äußern zu wollen. Eine anschließende Stellungnahme erfolgte jedoch nicht.

5

5. Die Klägerin erhob mit [X.] vom 29. August 2018 [X.] gegen den Beklagten mit dem Ziel seiner befristeten Entfernung aus dem Amt. Sie legt dem Beklagten zur Last, vorsätzlich die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten aus § 93 Abs. 4 [X.] verletzt und damit ein (einheitliches) Dienstvergehen im Sinne der §§ 95 ff. [X.] begangen zu haben. Der Zeitraum der Nichterledigung betrage bereits neun Monate; das Verhalten des Notars komme mithin einer vollständigen Mitwirkungsverweigerung gleich. Der Beklagte ist der Klage nicht entgegengetreten. Nach Zustellung der Klageschrift am 12. September 2018 hat er zu der [X.] nicht Stellung genommen und ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen.

6

6. Das [X.] hat die Klage gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 52 Abs. 1 [X.] für zulässig und begründet erachtet und hat den Notar für die Dauer von vier Jahren aus dem Amt entfernt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es erachte nach Abwägung aller zugunsten und zulasten des Beklagten sprechenden Umstände und in Anbetracht der Schwere und des Umfangs der ihm anzulastenden Dienstvergehen sowie unter Berücksichtigung der Belange der [X.] Bevölkerung eine befristete Entfernung aus dem Amt für eine Dauer von vier Jahren für erforderlich und geboten. Der Verstoß gegen die Pflicht des Notars, bei der Prüfung seiner Geschäftstätigkeit durch die Aufsichtsbehörden mitzuwirken, sei als schwerwiegender Amtspflichtverstoß anzusehen, der jedenfalls dann den Kernbereich der notariellen Tätigkeit betreffe, wenn er einer vollständigen Mitwirkungsverweigerung gleichkomme und eine effektive und funktionierende Dienstaufsicht nahezu unmöglich mache.

7

So liege der Fall hier, weil der Beklagte sich durch seine zahlreichen Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht seit vielen Jahren der Notaraufsicht fast vollständig entziehe. Indem der Beklagte über Jahre hinweg hartnäckig die Zusammenarbeit mit der Dienstaufsichtsbehörde verweigere, habe er mit Blick auf den Sinn und Zweck der Mitwirkungspflicht, eine effektive und funktionierende Notaraufsicht (auch) durch Mitarbeit und Mithilfe des Notars zu ermöglichen, vorsätzlich einen schwerwiegenden Amtspflichtverstoß begangen. Ferner falle ins Gewicht, dass der Beklagte bereits vielfach einschlägig disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei. Nachdem das [X.] und die Klägerin die jeweils verhängten Disziplinarmaßnahmen in der Vergangenheit stufenweise gesteigert hätten, ohne dass damit eine Veränderung des Verhaltens des Notars habe herbeigeführt werden können, erscheine die befristete Entfernung aus dem Amt trotz ihrer erheblichen Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit des Beklagten erforderlich und angemessen. Eine erneute Geldbuße - selbst im oberen Bereich - reiche in Anbetracht des [X.] und des darin zum Ausdruck gekommenen Amtsverständnisses des Beklagten mit Blick auf seine Vorbelastung nicht aus und biete auch keine genügende Gewähr gegen künftige [X.]. Innerhalb weniger Jahre seien gegen den Beklagten in dem Zeitraum von April 2006 bis Juni 2013 eine Vielzahl von Geldbußen bis in den fünfstelligen Bereich hinein verhängt worden, die sich insgesamt auf einen Betrag von 26.800 € summierten. Diese erheblichen Geldbußen und die damit verbundenen finanziellen Belastungen sowie die Hinweise, dass bei Begehung weiterer Dienstvergehen ein disziplinarrechtliches Vorgehen nicht zu vermeiden sein werde, hätten bisher nicht zu einem Umdenken des Beklagten geführt. Dies spreche dafür, dass er auch durch die Verhängung einer weiteren, höheren Geldbuße im vorliegenden Fall nicht erreicht und zu einer Verhaltensänderung bewegt werden könne. Gesundheitliche Einschränkungen des Beklagten, die eine Erklärung für sein Verhalten darstellten, hätten nicht festgestellt werden können.

8

Nach Lage der Akten sei zwar zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass die bei ihm durchgeführten Notarprüfungen - sowie diese unter den o.g. Umständen möglich gewesen seien - zuletzt zu keinen Beanstandungen geführt hätten, sondern als letztes Prüfungsergebnis sogar vermerkt worden sei: "Die Führung des Notariats ist exzellent und macht einen hervorragenden Eindruck". Ferner sei nicht zu verkennen, welche erhebliche wirtschaftliche Bedeutung das Notariat mit den von der Klägerin mitgeteilten leicht überdurchschnittlichen Beurkundungszahlen für den Beklagten habe, und dass ihm im Falle einer - auch befristeten - Amtsenthebung als "Einzelkämpfer“ der Verlust von wesentlichen Teilen seiner Mandantschaft drohe. Gleichwohl komme nach Abwägung aller Gesamtumstände eine mildere Maßnahme als die befristete Entfernung des Beklagten aus dem Amt nicht in Betracht.

9

Die vierjährige Entfernung aus dem Amt trage einerseits der Schwere des Dienstvergehens unter Berücksichtigung der Vorbelastungen des Beklagten Rechnung, andererseits gebe sie dem heute 55-jährigen Beklagten noch Gelegenheit, sein Amt vor Erreichen des 60. Lebensjahres wiederaufzunehmen, so dass ihm bis zur Altersgrenze ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren verbleibe, um sich in seinem Beruf als Notar neu zu etablieren. Der Zeitraum von vier Jahren sei auch noch nicht so lang, dass zu befürchten sei, dass es dem Beklagten nicht gelingen könne, in theoretischer und praktischer Hinsicht wieder an seine frühere Tätigkeit anknüpfen zu können.

7. Mit der von ihm am 9. Mai 2019 eingelegten Berufung macht der Beklagte geltend, das Dienstvergehen rechtfertige seine befristete Entfernung aus dem Amt nicht. Diese sei unangemessen, weil sie angesichts der von ihm mit seiner Rechtsanwaltstätigkeit erzielten vergleichsweise geringen Umsätze und dem Umstand, dass er eine [X.] führe und nicht in einer Sozietät tätig sei, zu einer Schließung der Kanzlei führen müsse. Die befristete Entfernung aus dem Amt habe daher die wirtschaftliche Wirkung eines (unangemessenen) [X.]. Der Beklagte beantragt,

das Urteil aufzuheben und auf einen Verweis nebst angemessener Geldstrafe zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

8. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Akten des disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens sowie die bei dem [X.] und [X.] geführten Personalakten nebst [X.] ([X.] 369 nebst [X.] 1, 3-7, 7a, 7b, 8-12 sowie 7 L 14 nebst [X.] 1-9) verwiesen. Die Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

1. Der Beklagte hat - was von dem [X.] als weiterer Tatsacheninstanz im Rahmen der [X.] (§ 129 VwGO) ohne Bindung an den Vortrag der Beteiligten grundsätzlich im selben Umfang wie durch das Gericht erster Instanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nachzuprüfen ist, § 109 [X.], § 65 Abs. 1, § 3 [X.], § 128 VwGO ([X.]sbeschluss vom 28. August 2019 - [X.]([X.]) 1/18, z.[X.]., Rn. 38) - vorsätzlich gegen die sich aus § 93 Abs. 4 Satz 1 [X.] ergebenden Verhaltenspflichten verstoßen und dadurch ein (einheitliches) Dienstvergehen begangen (§ 95 [X.]). Die dazu getroffenen Feststellungen des [X.] hat der [X.] überprüft und bestätigt gefunden. Das Dienstvergehen stellt der Beklagte im Übrigen auch nicht in Abrede; er macht mit der Berufung vielmehr (nur) geltend, es rechtfertige nicht die getroffene disziplinarrechtliche Maßnahme.

2. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere der Amtspflichtverletzung unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Notars und des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit zu bemessen ist, § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 13 Abs. 1 [X.]. Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen wiegt schwer und verlangt eine strenge Ahndung. Das folgt nicht nur aus dem objektiven Eigengewicht des Amtspflichtverstoßes, sondern vor allem auch daraus, dass sich der Beklagte durch die vielfachen und bereits schwerwiegenden vorausgegangenen disziplinarrechtlichen Maßnahmen wegen gleichartiger Amtspflichtverletzungen völlig unbeeindruckt gezeigt hat. Zu Recht hat das [X.] daher angenommen, dass die Voraussetzungen für die befristete Entfernung des Beklagten aus dem Amt vorliegen (§ 97 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Die Dauer der Entfernung war aber bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände auf drei Monate vom 1. Februar bis 30. April 2020 zu beschränken.

a) Notarinnen und Notare nehmen im Bereich [X.] Rechtspflege Staatsaufgaben wahr, die richterlichen Funktionen nahe kommen, und werden mithin typischerweise in sachlich bedingter Nähe zum öffentlichen Dienst tätig. Insbesondere sind ihnen Zuständigkeiten übertragen, die nach der Rechtsordnung hoheitlich ausgestaltet sind ([X.], [X.]E 131, 130, 141 mwN; [X.], Beschluss vom 23. April 2018 - [X.]([X.]) 6/17, D[X.] 2018, 930 Rn. 16). Mit der in §§ 92, 93 [X.] geregelten Dienstaufsicht nimmt der Staat seine Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege wahr ([X.] aaO S. 146 f). Die Dienstaufsicht soll ein ordnungsgemäßes Funktionieren sowie einen sachgerechten Ablauf der überwachten [X.] sicherstellen und gewährleisten, dass der Notar als unabhängiger Träger des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes (§ 1 [X.]) seine Tätigkeit im Einklang mit den bestehenden Vorschriften ausübt ([X.], Beschlüsse vom 11. Juli 2005 - [X.] 8/05, [X.], 2693; vom 14. Februar 2019 - [X.]([X.]) 4/18, juris Rn. 10).

b) Die in Bezug auf die Erledigung der Beanstandungen aus den Prüfungsberichten des richterlichen Prüfers und der Bezirksrevisorin vom 21. und 22. November 2017 vollständige und bis heute andauernde Mitwirkungsverweigerung des Notars macht eine effektive und funktionierende Dienstaufsicht in Bezug auf die Beanstandungen unmöglich.

Zwar betreffen die Beanstandungen als solche keine schwerwiegenden fehlerhaften Sachbehandlungen. So wird dem Notar in dem Prüfungsbericht des richterlichen Prüfers vielmehr im Ergebnis bescheinigt, die Führung des Notariats sei exzellent und mache einen hervorragenden Eindruck.

Hierauf kommt es indessen nur in untergeordneter Hinsicht an, denn vorliegend maßgeblich sind nicht die Beanstandungen selbst, sondern, dass der Beklagte hartnäckig seine Mitwirkung daran verweigert, der Notaraufsicht die Klärung zu ermöglichen, ob die Beanstandungen behoben worden bzw. diese gerechtfertigt sind.

c) Der [X.] hält es wegen dieser Verfehlung in Übereinstimmung mit dem [X.] für geboten, den Beklagten für eine bestimmte Zeit aus dem Amt des Notars zu entfernen. Sein Dienstvergehen wiegt insbesondere deshalb schwer, weil sich der Beklagte gegenüber den zahlreichen vorausgegangenen Disziplinarmaßnahmen wegen gleichartiger Verfehlungen völlig unbeeindruckt gezeigt hat.

aa) Der Beklagte ist seit Beginn seiner Bestellung zum Notar seinen Mitwirkungspflichten gegenüber der Dienstaufsicht nahezu durchgängig nicht nachgekommen. Gegen ihn mussten seit dem [X.] bereits fünf Geldbußen in Höhe von insgesamt 26.800 € wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht verhängt werden, ohne dass ein Bewusstseinswandel eingetreten ist und er sein Verhalten geändert hat. Selbst die vorliegende Disziplinarklage hat ihn bis heute nicht veranlasst, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen; im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ist er unentschuldigt nicht erschienen. Eine nachvollziehbare Erklärung für sein Verhalten hat der Notar auch in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] nicht abgegeben und ist nicht ersichtlich.

bb) In diesem Verhalten wird eine ausgeprägte Interesselosigkeit, Gleichgültigkeit und Geringschätzung gegenüber den ihm obliegenden Verpflichtungen und den Belangen der Dienstaufsicht sichtbar. Die nunmehrigen erneuten Amtspflichtverstöße zeigen daher einen solch schwerwiegenden Mangel an dienstlicher Verantwortung und Einsicht, dass der [X.] die Würdigung des [X.] teilt, der Notar werde durch weitere, auch höhere Geldbußen nicht mehr zu beeindrucken sein (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1992 - [X.]([X.]) 3/91, BGHR [X.] § 97 Abs. 3 Amtsenthebung 1 mwN).

d) Zur Ahndung des Dienstvergehens ist unter Zugrundelegung des eingangs genannten Maßstabs und nach Abwägung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände die Entfernung des Beklagten aus dem Amt für drei Monate erforderlich, aber auch ausreichend. Der [X.] hat die Dauer der Entfernung aus dem Amt deutlich kürzer bemessen, als das [X.] es getan hat. Der Notar erhält so Gelegenheit, sein Verhältnis zu seinen Amts- und Dienstpflichten zu überdenken. Ihm werden durch die Entfernung aus dem Amt eindringlich die Schwere des Dienstvergehens und die dadurch verursachten Folgen hinsichtlich des [X.] geführt. Angesichts des Umfangs seiner Notartätigkeit und des Umstands, dass er nicht in einer Sozietät tätig ist, wird ihn die Entfernung aus dem Amt auch mit kürzerer Dauer empfindlich treffen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 22. Juli 1963 - [X.]([X.]) 2/62, juris Rn. 85 - in BGHSt 19, 90 nicht abgedruckt; Urteil vom 16. Februar 1987 - [X.]([X.]) 1/86, juris Rn. 32). Durch die kürzere Dauer wird aber verhindert, dass die Maßnahme wegen ihrer Auswirkungen auf die [X.] und längerfristig ausbleibender Einkünfte einer hier noch nicht verhältnismäßigen dauerhaften Entfernung aus dem Amt gleichkommt (vgl. [X.] in Schippel/[X.], [X.], 9. Aufl., § 97 Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.], 4. Aufl., § 97 [X.] Rn. 34; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl. § 97 Rn. 41). Der Beklagte erhält so die Chance, an seine bisherige notarielle Tätigkeit anzuknüpfen und zu einem möglichen neuen Anfang und einem neuen Verhältnis zu seinen Amts- und Dienstpflichten zu finden. Der [X.] verbindet die Milderung der Disziplinarmaßnahme mit der Erwartung, dass der Beklagte nunmehr unverzüglich, spätestens bis zum 31. Januar 2020 seiner Mitwirkungspflicht nachkommt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109, § 96 Abs. 1 [X.], § 77 [X.], § 154 Abs. 1 VwGO (vgl. [X.]/Hüren in [X.]/[X.] aaO § 99 [X.] Rn. 27, § 109 [X.] Rn. 12; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 77 Rn. 2). Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2010, 166; [X.] aaO § 78 Rn. 1; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 78 Rn. 3).

[X.]     

      

Roloff     

      

Müller

      

Strzyz     

      

[X.]     

      

Meta

NotSt (Brfg) 1/19

18.11.2019

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Celle, 9. April 2019, Az: Not 10/18

§ 93 Abs 4 S 1 BNotO, § 95 BNotO, § 97 Abs 3 S 1 BNotO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.11.2019, Az. NotSt (Brfg) 1/19 (REWIS RS 2019, 1484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1484

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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