Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2003, Az. VI ZR 161/02

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3759

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:25. März 2003Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] §§ 823 C, [X.], 254 Cb; StVG §§ 7, 17 Abs. 1 S. 2; StVO 1970 §§ 3 Abs. 3Nr. 2 c, 9 Abs. 3a) Der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zuläs-sigen Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall ist zu bejahen, wenn [X.] der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kriti-schen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre.b) Die kritische Verkehrssituation beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann, [X.] ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, daß eine Ge-fahrensituation unmittelbar entstehen kann.c) Gibt der [X.] dem [X.] durch einen [X.], die Wartepflicht - namentlich infolge einer Fehleinschätzung der Verkehrs-situation - zu verletzen, so kann die kritische Verkehrssituation bereits vor der ei-gentlichen Vorfahrtsverletzung eintreten.d) Der [X.] kommt regelmäßig demjenigen nicht zugute, der sichselbst über Verkehrsregeln hinwegsetzt, die auch dem Schutz des unfallbeteiligtenVerkehrsteilnehmers dienen.[X.], Urteil vom 25. März 2003 - [X.]/02 - [X.] -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 25. März 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. [X.] und die [X.]. [X.], Wellner, Pauge und Stöhrfür Recht erkannt:Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] [X.] vom 12. März 2002 wird mit der [X.] zurückgewiesen, daß sich der Feststellungsausspruch nurauf zukünftige Schäden des [X.] bezieht und die Klage im üb-rigen abgewiesen wird.Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallvom 19. Mai 1998 auf einer Landstraße im Bereich der [X.] geltend,bei dem er als Motorradfahrer von dem ihm entgegenkommenden [X.] zu1 (künftig: der Beklagte), der mit seinem bei der [X.] zu 2 haftpflichtversi-cherten Pkw nach links in eine Autobahnauffahrt abbiegen wollte, beim [X.] erfaßt und schwer verletzt wurde. Vor der Annäherung an die [X.] durchfuhr der Kläger eine ansteigende Linkskurve. Der Beklagte hattesich vor dem Abbiegen auf eine hierzu bestimmte Linksabbiegespur eingeord-net.Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine vom Sachverständigenermittelte Geschwindigkeit von 120 bis 150 km/h sei für den Unfall nicht mitur-sächlich gewesen, weil er auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwin-digkeit von 100 km/h den Unfall nicht mehr hätte vermeiden können, als [X.] durch den [X.] für ihn erkennbar geworden sei. [X.] habe er keine Veranlassung gehabt, seine Geschwindigkeit zu reduzieren,sondern darauf vertrauen können, daß der Beklagte sein Vorfahrtsrecht be-achten werde.[X.] bezahlte die Beklagte zu 2 an den Kläger 120.000 DM,von denen sie in der Klageerwiderung 80.000 DM auf den Schmerzensgeldan-spruch und 40.000 DM auf die Sachschäden des [X.] verrechnete.Das [X.] hat dem Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in [X.] 40.000 DM zuerkannt, den Anspruch auf Ersatz der geltend [X.] dem Grunde nach zu 80 % für gerechtfertigt erklärt und [X.], daß die [X.] dem Kläger zum Ersatz seiner zukünftigen immateriel-len Schäden zu 100 % sowie seiner zukünftigen materiellen Schäden zu 80 %- 4 -verpflichtet sind, soweit kein Forderungsübergang auf [X.] stattfindet. Die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] hat das Oberlan-desgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der [X.] hat es das landge-richtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung [X.] festgestellt, daß die [X.] verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche [X.] zu 2/3 und sämtliche immateriellen Schäden unter Berück-sichtigung eines Mitverschuldens von 1/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüchenicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, so-weit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht geht davon aus, daß der Verkehrsunfall vom19. Mai 1998 von beiden Fahrzeugführern schuldhaft mitverursacht worden sei.Die unfallursächliche schuldhafte Vorfahrtsverletzung des [X.] stehe [X.] außer Streit. Aber auch den Kläger treffe ein Mitverschulden an der [X.], da er die an der Unfallstelle zugelassene Höchstge-schwindigkeit von 100 km/h um mindestens 20 km/h überschritten habe [X.] als kausal für das Unfallgeschehen zu bewerten sei. Zwar sei nach demeingeholten Gutachten der Unfall auch bei einer Geschwindigkeit von 100 km/hnicht zu vermeiden gewesen, wenn man eine Reaktion des [X.] erst zu [X.] verlange, in dem er habe erkennen können, daß der Unfallgegner [X.] Vorfahrt nicht gewähren und in seine Fahrspur hineinfahren werde. [X.] im Hinblick auf das dem Kläger erkennbare Verkehrsgeschehen eine [X.] Reaktion von ihm zu fordern gewesen. Im Regelfall dürfe der [X.] -rechtigte auf die Beachtung seines [X.] vertrauen. In der [X.] hätten jedoch besondere Umstände vorgelegen, aufgrund derer [X.] schon im Zeitpunkt des ersten Sichtkontakts mit einer [X.] durch den [X.] habe rechnen müssen, falls er seine überhöhte [X.] beibehalte, so daß er schon aus diesem Grunde spätestens zudiesem Zeitpunkt seine Geschwindigkeit auf 100 km/h hätte reduzieren müs-sen. Er habe nämlich aufgrund der Besonderheiten der Unfallörtlichkeit damitrechnen müssen, daß er im Falle einer weiteren Annäherung mit seiner über-höhten Geschwindigkeit vom [X.] nicht rechtzeitig wahrgenommen, die-ser seine Geschwindigkeit falsch einschätzen und abbiegen werde. Ein frühzei-tiges Verlangsamen sei vom Kläger umso mehr zu fordern gewesen, als [X.] eigenem Bekunden die Stelle gekannt und gewußt habe, daß es [X.] viele gleichartige Unfälle gegeben habe. Deshalb könne er sich vorlie-gend nicht auf den [X.] berufen. Hätte der Kläger seine [X.] beim ersten Sichtkontakt zum Pkw des [X.] auf 100 km/hverringert, so wäre der Unfall bei der vom Sachverständigen angenommenenAbbiegegeschwindigkeit des Pkw des [X.] von 18 km/h vermieden [X.].Bei der Abwägung der Verursachungsanteile liege die [X.] im [X.] des [X.]. Sein Verschulden [X.] deshalb nicht allzu schwer, weil zu seinen Gunsten davon [X.], daß sich der Kläger mit 150 km/h der Unfallstelle genähert und deshalb erstdirekt vor dem Anfahrtbeginn für den [X.] sichtbar geworden sei. Da dieGeschwindigkeit des [X.] für den [X.] nicht sofort erkennbar [X.], sei darin, daß er den begonnenen Abbiegevorgang nicht wieder abgebro-chen habe, noch keine grobe Fahrlässigkeit zu sehen. Unter [X.] erhöhten Betriebsgefahr beim Linksabbiegen sei eine Haftungsquote [X.]/3 zu Lasten des [X.] [X.] 6 -Auf dieser Grundlage sei bei Abwägung aller Gesichtspunkte, [X.] beiderseitigen Ausmaßes der Unfallverursachung und der Schwere [X.] Kläger erlittenen Unfallverletzungen, ein Schmerzensgeld von 80.000 [X.]. Die Zahlung der [X.] zu 2 habe deshalb das Schmerzens-geld und alle vom Kläger geltend gemachten materiellen Schäden abgegolten,weshalb nur noch die Haftung beider [X.] für zukünftige Schäden des[X.] im Raum stehe.[X.] Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnisstand.1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der [X.], für dessen Haftpflicht die Beklagte zu 2 einzustehen hat, den Verkehrs-unfall und den daraus entstandenen Schaden des [X.] schuldhaft dadurchverursacht hat, daß er entgegen § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO nach links abbog, [X.] entgegenkommenden Kläger durchfahren zu lassen, der sein Vorrechtnicht deshalb verloren hatte, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr ([X.]surteile vom 11. Januar 1977 - [X.] - VersR 1977, 524, 525 undvom 21. Januar 1986 - [X.] - VersR 1986, 579).2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Be-rufungsgerichts, der Kläger habe durch Überschreiten der außerhalb [X.] Ortschaften nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 c StVO vorgeschriebenen Höchstge-schwindigkeit von 100 km/h um mindestens 20 km/h den Unfall schuldhaft mit-verursacht.- 7 -a) Allerdings kann ein späterer Unfall einer Geschwindigkeitsüberschrei-tung nicht allein schon deshalb zugerechnet werden, weil das Fahrzeug [X.] der vorgeschriebenen Geschwindigkeit erst später an die [X.] wäre, vielmehr muß sich in dem Unfall gerade die auf das zu [X.] zurückzuführende erhöhte Gefahrenlage aktualisieren. Der rechtlicheUrsachenzusammenhang zwischen Geschwindigkeitsüberschreitung und [X.] zu bejahen, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeit-punkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewe-sen wäre (vgl. Senatsurteile vom 22. Dezember 1959 - [X.]/58 - [X.], 183, 184; vom 27. November 1962 - [X.] - VersR 1963, 165,166; vom 11. Januar 1977 - [X.] - aaO und vom 7. April 1987 - [X.]/86 - [X.], 821, 822; vgl. auch [X.]St 33, 61, 63 f. m.w.[X.]) Die kritische Verkehrslage beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann,wenn die ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, daßeine Gefahrensituation unmittelbar entstehen kann (vgl. Senatsurteile vom27. November 1962 - [X.] - aaO; vom 11. Januar 1977 - [X.]/74 - aaO; vom 25. September 1990 - [X.] - VersR 1990, 1366,1367 und vom 5. Mai 1992 - [X.] - [X.], 890; vgl. auch VGS[X.]Z 14, 232, 239 = [X.]St 7, 118, 124; [X.], Urteil vom 26. Juli 1963 - 4 StR258/63 - [X.], 262, 263 f.; [X.]St 24, 31, 34 m.w.[X.]; [X.], Urteil [X.] - [X.], 436, 437; [X.]St 33, 61, 63 ff.; [X.], 72, 73; [X.] VRS 70, 373, 374 f.; [X.] 1994,77, 78 m. [X.] [X.]; [X.] VRS 88, 268 f.; [X.] VersR 2001,1577, 1578; [X.] VRS 100, 460, 461). Für einen vorfahrtsberechtig-ten Verkehrsteilnehmer ist dies in Bezug auf seinen Vorrang zwar nicht bereitsder Fall, wenn nur die abstrakte, stets gegebene Gefahr eines Fehlverhaltensanderer besteht, vielmehr müssen erkennbare Umstände eine bevorstehendeVerletzung seines [X.] nahelegen. Von Bedeutung sind hierbei neben der- 8 -Fahrweise des [X.] alle Umstände, die sich auf dessen Fahrweiseauswirken können, also auch die Fahrweise des Bevorrechtigten selbst. Gibt erdem [X.] durch einen Verkehrsverstoß Anlaß, die Wartepflicht- namentlich infolge einer Fehleinschätzung der Verkehrslage - zu verletzen, [X.] die kritische Verkehrslage bereits vor der eigentlichen [X.]) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht aufgrund dervon ihm im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler da-von ausgehen, daß der Kläger bereits beim ersten möglichen Sichtkontakt zumPkw des [X.] konkret damit rechnen mußte, daß der Beklagte sein [X.] verletzen könnte. Die überhöhte Geschwindigkeit des [X.] warauch im Hinblick auf die Besonderheit der Unfallörtlichkeit geeignet, den [X.]n die Verkehrslage falsch einschätzen zu lassen und ihn zu veranlassen,noch vor dem Kläger abzubiegen, obgleich ihm dies nicht mehr gefahrlos mög-lich war (vgl. VGS [X.]Z 14, 232, 234 = [X.]St 7, 118, 120). Das [X.] hat sich verfahrensfehlerfrei aufgrund des eingeholten [X.] und der diesem beigefügten Lichtbilder die Überzeugung gebildet,daß der vor einem Wald auf seinem Motorrad aus einer ansteigenden [X.] nähernde Kläger für den [X.] als schmale Silhouette nur schwer er-kennbar war. Zwar habe der Beklagte während der [X.] zum [X.] den Kläger erstmals sehen, jedoch noch nicht dessen gefahrene [X.] erkennen können, wofür er nochmals einige Sekunden benötigthabe. Dies hätte sich auch der Kläger sagen und deshalb damit rechnen müs-sen, daß der Pkw, der sich für ihn erkennbar auf der Linksabbiegerspur befand,den Abbiegevorgang einleiten und durchführen werde.Hiergegen ist aus Rechtsgründen auch deshalb nichts zu erinnern, weilder Kläger - worauf das Berufungsgericht mit Recht abhebt (vgl. [X.]St 15,- 9 -191, 193) - nach seinem eigenen Vortrag wußte, daß es an der späteren [X.] zuvor bereits viele Unfälle infolge falschen Linksabbiegens gegeben hat-te.d) Entgegen der Auffassung der Revision kann sich der Kläger vorlie-gend - was die Vermeidbarkeit des Verkehrsunfalls anbelangt - nicht auf den[X.] berufen.Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] darf zwarein Verkehrsteilnehmer, der sich selbst regelgerecht verhält, grundsätzlich dar-auf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer ebenfalls die Verkehrsregelneinhalten, z.B. sein Vorfahrtsrecht beachten (vgl. Senatsurteile vom 15. Mai1973 - VI ZR 62/72 - [X.], 765, 766 und vom 3. Dezember 1991 - [X.]/91 - [X.], 203, 204; VGS [X.]Z 14, 232, 235 f. = [X.]St 7, 118, 122;[X.], Urteil vom 19. September 1974 - [X.] - [X.], 37, 38m.w.[X.]; [X.]St 9, 92, 93 f.; [X.]St 12, 81, 83; [X.]St 13, 169, 172 f.).Der [X.] kommt jedoch regelmäßig demjenigen nichtzugute, der sich selbst über die Verkehrsregeln hinwegsetzt (Senatsurteil vom15. November 1966 - [X.] - VersR 1967, 157, 158; vom 15. Mai 1973- VI ZR 62/72 - aaO und vom 3. Dezember 1991 - [X.]/91 - aaO; [X.],Urteile vom 19. September 1974 - [X.] - aaO S. 38 f. m.w.[X.]; vom21. Februar 1985 - [X.]/83 Œ VersR 1985, 637, 639 und vom 6. [X.] - 4 StR 687/57 - bei juris; [X.]St 9, 92, 93 f.; [X.]St 13, 169, 172 f.;[X.]St 15, 191, 193; [X.] 1994, 77 mit [X.] Lampe; OLG Karls-ruhe VRS 100, 460, 461). Dies gilt freilich nicht uneingeschränkt. Dient eineVerkehrsregel nur dem Schutz vor bestimmten Gefahren des Straßenverkehrs,so zeigt ein Verkehrsverstoß gegen diese Regel nur die Vorhersehbarkeit der-jenigen Gefahr an, zu deren Abwehr die verletzte Vorschrift bestimmt ist. Dem-- 10 -entsprechend büßt der Verletzer den Schutz des [X.]es nurgegenüber solchen Verkehrsteilnehmern ein, die an dem [X.] sind, dessen typischen Gefahren die verletzte Vorschrift begegnen soll([X.], Urteil vom 19. September 1974 - [X.] - aaO m.w.[X.] vom Kläger übertretene allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung [X.] schützt jeden Verkehrsteilnehmer; sie dient insbesondere auchdazu, Quer- und Kreuzungsverkehr ohne die aus hohen [X.] besonderen Gefahren zu ermöglichen (vgl. Senatsurteile vom11. Januar 1977 - [X.] - aaO; vom 14. Februar 1984 - VI ZR 229/82 -VersR 1984, 440 und vom 25. September 1990 - [X.] - aaO; vgl. auchVGS [X.]Z 14, 232, 234 und 238 = [X.]St 7, 118, 120 f. und 126; [X.]St 33,61, 65; [X.] VersR 1990, 1021 mit [X.] des [X.] 20. März 1990 - [X.]). Indem der Kläger die zulässige Höchstge-schwindigkeit an der ihm wegen einschlägiger Unfälle bekannten Stelle um- wovon insoweit zu seinen Gunsten auszugehen ist - 20 km/h überschritt,durfte er sich auf ein regelgerechtes Verkehrsverhalten des [X.] nichtmehr verlassen.c) Im Ergebnis mit Recht geht das Berufungsgericht ferner davon aus,daß der Kläger den Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeithätte vermeiden können.aa) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei ohne konkreteFeststellungen hinsichtlich der angenommenen Abbiegegeschwindigkeit des[X.] verfahrensfehlerhaft von einem rechnerischen Mittelwert von 18 km/hausgegangen, hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat diese Geschwindig-keit nicht lediglich unterstellt, sondern hat sich aufgrund der Angaben [X.] in Verbindung mit den sonstigen Umständen des [X.] in tatrichterlicher Würdigung verfahrensfehlerfrei eine entsprechendeÜberzeugung gebildet, indem es darauf hinweist, daß es weder gegenteiligenVortrag der Parteien, noch Spuren auf der Fahrbahn noch sonstige Anhalts-punkte für eine andere als die vom Sachverständigen angenommene mittlereAbbiegegeschwindigkeit gebe, etwa infolge eines [X.]) Darüber hinaus käme dem Kläger vorliegend entgegen der [X.] im Rahmen der Vermeidbarkeitsprüfung keine Zeit füreine Verringerung der Geschwindigkeit auf 100 km/h bei Beginn der [X.] zugute. Anders als bei der Verletzung einer situationsbedingtenBeschränkung der zulässigen Geschwindigkeit, etwa nach § 3 Abs. 2 a StVO,bei der erst das Vorliegen bestimmter Umstände eine Verminderung der [X.] unter das bis dahin zulässige Maß gebietet (vgl. Senatsurteil vom23. April 2002 - [X.]/01 - [X.], 911, 912 m.w.[X.]) und dem [X.] Fahrenden deshalb bei Eintritt der kritischen Verkehrslage eineReaktions- und Bremszeit zuzubilligen ist, ist der Verkehrsteilnehmer, der [X.] zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ständig gehalten,seine Geschwindigkeit auf das zulässige Maß zu reduzieren. Deswegen [X.] diesen das rechtmäßige Alternativverhalten, welches (fiktiv) der [X.] zugrunde zu legen ist, nicht in einem sofortigen Abbremsen auf dievorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit, sondern in der Einhaltung dieser [X.] bereits bei Beginn der kritischen Verkehrslage (vgl. [X.] 11. Januar 1977 - [X.] - aaO; [X.]St 33, 61, 63 f.). Diese Be-trachtungsweise ist auch deshalb geboten, weil ansonsten die [X.] Zurechnung eines Schadens zu einer Geschwindigkeitsüberschreitungdesto eher entfiele, je stärker die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschrit-ten wurde. Hi[X.] folgt aus den Feststellungen des Berufungsgerichts für denvorliegenden Fall, daß der Kläger den Unfall erst recht hätte vermeiden können,- 12 -wenn er bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrslage [X.] als 100 km/h gefahren [X.] [X.] nicht zu beanstanden ist schließlich die vom [X.] vorgenommene Haftungsverteilung.a) Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § [X.] oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im [X.] nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in [X.] Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägungrechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom12. Juli 1988 - [X.] - [X.], 1373 und vom 5. März 2002- [X.]/00 - [X.], 613, 615 f.; jeweils m.w.[X.]; [X.], Urteile vom20. Juli 1999 - [X.] - NJW 2000, 217, 219 m.w.[X.] und vom14. September 1999 - [X.] - NJW 2000, 280, 281 f.). In erster Linie [X.] nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] das [X.] Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehungbeigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwä-gung (Senatsurteil vom 20. Januar 1998 - [X.] - [X.], 474, 475m.w.[X.]). Die Abwägung kann nicht schematisch erfolgen. Sie ist aufgrund allerfestgestellten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Diese Maßstäbe hatdas Berufungsgericht nicht verkannt.b) Die Revision rügt insoweit erfolglos, das Berufungsgericht habe [X.] des [X.] zu Unrecht nicht als grob fahrlässig gewertet. Die tat-richterliche Beurteilung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zumachen ist, ist mit der Revision ebenfalls nur beschränkt angreifbar. Der Nach-prüfung unterliegt, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit ver-kannt oder bei der Beurteilung des [X.] wesentliche Umstände- 13 -außer Betracht gelassen hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 30. Januar 2001- VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985; [X.]Z 145, 337, 340 jeweils m.w.[X.]).Daß das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen ein grobfahrlässiges Verhalten des [X.] verneint hat, läßt keinen Rechtsfehler er-kennen. [X.] fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt inungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet läßt, was im [X.] jedem hätte einleuchten müssen.Zwar beging der Beklagte einen objektiv schweren Verkehrsverstoß, in-dem er abbog und dadurch das Vorrecht des [X.] verletzte, was bei [X.]em Verhalten des [X.] angesichts des Schutzcharakters des§ 9 Abs. 3 Satz 1 StVO zugunsten des Gegenverkehrs ein starkes Anzeichenfür ein schweres Verschulden ergeben hätte. Jedoch begegnet die [X.], der Beklagte könne die Verkehrslage diesbezüglich le-diglich fahrlässig falsch eingeschätzt haben, nach den getroffenen [X.] keinen rechtlichen Bedenken. Insoweit konnte das Berufungsgericht [X.] der vom Sachverständigen im Bereich zwischen 120 bis 150 km/h an-gegebenen Geschwindigkeit des [X.] zugunsten des [X.] ohneRechtsfehler davon ausgehen, daß der Kläger mit einer Geschwindigkeit von150 km/h fuhr, als der Beklagte seinen Abbiegevorgang einleitete. Denn [X.], aus denen sich eine grobe Fahrlässigkeit des [X.] ergebenkönnte, stehen zur Beweislast des [X.]. Eine Fehleinschätzung des [X.] hat das Berufungsgericht angesichts einer derartigen Geschwindig-keitsüberschreitung nicht für ausgeschlossen erachten [X.] 14 -III.Nach alledem muß der Revision der Erfolg versagt bleiben. Das [X.] ist lediglich nach § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen durch den [X.] ([X.], Urteil vom 10. Juli 1991 - [X.] - NJW-RR 1991, 1278m.w.[X.]) entsprechend den diesbezüglich eindeutigen Entscheidungsgründendahin zu berichtigen, daß sich der Feststellungsausspruch nur auf zukünftigematerielle und immaterielle Schäden des [X.] bezieht und die Klage im üb-rigen abgewiesen wird.[X.][X.]WellnerPaugeStöhr

Meta

VI ZR 161/02

25.03.2003

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2003, Az. VI ZR 161/02 (REWIS RS 2003, 3759)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3759

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