Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.07.2020, Az. IV ZR 4/19

4. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1083

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Gegenstand

Berufsunfähigkeitsversicherung: Auslegung als Versicherung für fremde Rechnung; Widerruflichkeit des Bezugsrechts


Leitsatz

1. Zur Auslegung einer Berufsunfähigkeitsversicherung als Versicherung für fremde Rechnung (hier: minderjährige Tochter als versicherte Person).

2. Die Widerruflichkeit eines Bezugsrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung entfällt mit Eintritt des Versicherungsfalles auch hinsichtlich aller erst zukünftig fällig werdenden Rentenzahlungen.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird der Beschluss des [X.] - 25. Zivilsenat - vom 11. Dezember 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, der als überörtlicher Sozialhilfeträger der Tochter des Beklagten Leistungen nach [X.] gewährt, macht gegen den Beklagten aus übergeleitetem Recht seiner Tochter Ansprüche geltend.

2

Der Beklagte schloss im Jahr 2002 als Versicherungsnehmer eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Der Versicherungsschein, in dem die damals siebzehnjährige Tochter des Beklagten als "versicherte Person" bezeichnet ist, weist die bei Berufsunfähigkeit monatlich zu zahlende Rente unter der Überschrift "Leistungen für [die Tochter des Beklagten]" aus. Weiter heißt es im Versicherungsschein, dass ein "Bezugsrecht" als vereinbart gelte, nach dem die Versicherungsleistung im Erlebensfall an die versicherte Person zu zahlen sei.

3

Im Mai 2009 stellte der Versicherer mit Wirkung zum November 2006 die Berufsunfähigkeit der Tochter des Beklagten fest. Nachdem er die Versicherungsleistungen zunächst an diese und später an den Kläger erbracht hatte, zahlte der Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente auf dessen Intervention ab März 2013 an den Beklagten aus.

4

Mit Bescheid vom 18. April 2016 leitete der Kläger gemäß § 93 [X.]

"den Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung bzw. den [X.] aus dem versicherungsrechtlichen Treuhandverhältnis ab 01.03.2013 von [der Tochter des Beklagten] gegen [den Beklagten] in Höhe der Versicherungsleistung von mtl. [X.] 1.224,80 bzw. in der jeweiligen Höhe auf sich über".

5

Mit der Ende 2016 eingereichten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten Zahlung von insgesamt 56.340,80 € für die Monate März 2013 bis Dezember 2016 (46 x 1.224,80 €) nebst Zinsen und erhebt wegen des ihm unbekannten konkreten Verlaufs einer vereinbarten Dynamisierung der Versicherungsleistung darüber hinaus eine Stufenklage.

6

Der Beklagte hat geltend gemacht, das Bezugsrecht seiner Tochter zwischenzeitlich widerrufen zu haben. Ferner hat er die Verjährungseinrede erhoben.

7

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

8

[X.]ie Revision hat [X.]rfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

9

I. [X.]as Berufungsgericht hat einen Bereicherungsanspruch der Tochter des [X.]n gegen diesen ebenso verneint wie einen Auskehrungsanspruch aus einem versicherungsrechtlichen Treueverhältnis oder Ansprüche aus einem [X.] gemäß § 1624 Abs. 1 BGB.

[X.]s hat den Versicherungsvertrag dahin ausgelegt, dass es sich nicht um einen [X.] handele. Für diese Annahme reiche die Bezeichnung der Tochter als versicherte Person nicht aus. [X.]a sich der [X.] zur Prämienzahlung verpflichtet habe, sei entsprechend der Regel des § 80 Abs. 1 [X.] a.F. davon auszugehen, dass er sein eigenes Interesse versichert habe, zumal er gegenüber seiner Tochter grundsätzlich unterhaltsverpflichtet sei und die Leistung bei [X.]intritt des Versicherungsfalles verwenden könne, um entsprechende Ansprüche zu erfüllen. Zudem habe er als Versicherungsnehmer jederzeit ohne [X.]inschränkung über die Bezugsberechtigung verfügen können.

Für die Auslegung komme es entscheidend auf den [X.]n und sein bei Vertragsschluss erkennbares Interesse an. Maßgeblicher Zeitpunkt sei der des Vertragsschlusses, zu dem die Tochter noch minderjährig und in Ausbildung gewesen sei. [X.]s liege daher nicht nahe, dass er ihr ein eigenes Verfügungsrecht habe schaffen wollen; auch nach [X.]intritt der Volljährigkeit habe er ihr kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, was er ohne weiteres hätte tun können, wenn er ihr die Versicherung endgültig hätte zuwenden wollen.

Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Versicherungsvertrag bis zum 60. Lebensjahr der Tochter abgeschlossen worden sei. Schließlich habe sich der [X.] auch nicht sittenwidrig verhalten.

[X.]in etwaiger Anspruch der Tochter aus einem Schenkungs- oder einem - ohnehin nicht ausreichend dargelegten - [X.] sei nicht auf den Kläger übergeleitet. Auch würde sich der geltend gemachte unmittelbare Zahlungsanspruch hieraus nicht ergeben.

II. [X.]ies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Vorliegen einer Fremdversicherung und damit einen Auskehrungsanspruch der Tochter des [X.]n gegen diesen verneint.

1. Richtig erkannt hat das Berufungsgericht, dass für die Abwicklung des in der Person der Tochter des [X.]n eingetretenen Versicherungsfalles gemäß Art. 1 Abs. 2 [X.]G[X.] das [X.] in der bis zum 31. [X.]ezember 2007 gültigen Fassung (im Folgenden: [X.] a.F.) anzuwenden ist, da der Versicherungsfall, die Berufsunfähigkeit der Versicherten, nach den Feststellungen der Vorinstanzen im Jahre 2006 eingetreten ist.

2. Zu Unrecht hat es jedoch das Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung und das Bestehen eines daraus folgenden Auskehrungsanspruchs aus einem zwischen der Versicherten und dem Versicherungsnehmer bestehenden Treuhandverhältnis verneint.

Zwar ist die tatrichterliche Auslegung einer Individualabrede für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. [X.]ies gilt aber unter anderem dann nicht, wenn wesentlicher Auslegungsstoff außer [X.] gelassen ist ([X.], Urteil vom 3. [X.]ezember 1992 - [X.], [X.]R BGB § 676 Anlagevermittler 3 unter II 1 [juris Rn. 12 m.w.N.]). [X.]as ist hier der Fall. [X.]ie Versicherung eines fremden Interesses ergibt sich im Streitfall aus dem Inhalt des Vertrages, nach dem als Gegenstand der Versicherung durch die Bestimmung der versicherten Person der Schutz der Tochter des [X.]n vor gesundheitsbedingten [X.]inbußen ihrer Fähigkeit, die bisherige [X.]rwerbstätigkeit auszuüben, und eben nicht der entsprechende Schutz des Versicherungsnehmers vereinbart ist. [X.]iesen Vertragsinhalt hat das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung nicht hinreichend beachtet.

a) Für die Abgrenzung zwischen einer [X.]igenversicherung des Versicherungsnehmers, in der die versicherte Person lediglich [X.] ist, und einer Versicherung für fremde Rechnung kommt es entscheidend auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und die nach diesen Vereinbarungen geschützten Interessen an.

aa) [X.]abei bleibt es den Parteien des Versicherungsvertrages zwar überlassen, die Rechtsstellung der versicherten Person näher zu bestimmen, und es kann danach die [X.]inbeziehung eines [X.]ritten in den Versicherungsschutz auch als reine [X.]igenversicherung des Versicherungsnehmers gewollt sein. [X.]avon ist auszugehen, wenn dieser sich nur gegen eigene wirtschaftliche [X.]inbußen schützen will, die für ihn mit dem [X.]intritt des Versicherungsfalles verbunden sind. In einem solchen Fall bleibt die versicherte Person nur [X.], der aus dem Versicherungsvertrag keine eigenen Rechte erwachsen (vgl. [X.]surteil vom 8. Februar 2006 - [X.], [X.], 686 Rn. 23 f.). [X.]ine Versicherung für fremde Rechnung liegt aber vor, wenn mit dem Vertrag ausschließlich oder jedenfalls neben dem [X.]igeninteresse des Versicherungsnehmers auch das eigene Interesse der versicherten Person versichert werden soll. Hier sollen der versicherten Person, soweit ihr Interesse versichert ist, direkt aus dem Versicherungsvertrag Versicherungsleistungen zugewendet werden. In einem solchen Fall liegt ein echter Vertrag zugunsten [X.]ritter im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB vor ([X.]surteil vom 8. Februar 2006 aaO Rn. 25). Soweit die Versicherung daneben möglicherweise auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Versicherungsnehmers, im Streitfall z.B. wegen denkbarer [X.]rsparnis von Unterhaltsleistungen, gelegen haben kann, schließt das zusätzliche Vorhandensein eines solchen Interesses das Bestehen einer Fremdversicherung nicht aus ([X.], 273 unter 3.d) [juris Rn. 65]; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 30. Aufl. § 43 Rn. 3).

bb) In der Berufsunfähigkeitsversicherung, in der versichertes Interesse regelmäßig der Schutz des Versicherten vor gesundheitsbedingten [X.]inbußen seiner Fähigkeit, die bisherige [X.]rwerbstätigkeit auszuüben, und den damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken und Statusverlusten ist (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 172 Rn. 1; HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 172 Rn. 5; Rixecker in [X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 46 Rn. 1), ist die Frage, ob der Versicherte lediglich als [X.] oder aber als Versicherter im Sinne des § 43 Abs. 1 [X.] bzw. § 74 Abs. 1 [X.] a.F. zu betrachten ist, in der Vergangenheit vor allem beim Abschluss derartiger Versicherungen durch den Arbeitgeber der versicherten Person diskutiert worden. [X.]abei ist vornehmlich danach differenziert worden, ob die Versicherung vom Arbeitgeber zur Rückdeckung einer Versorgungszusage und aus diesem Grunde ausschließlich im [X.]igeninteresse genommen war ([X.], Urteil vom 3. Juni 2011 - 20 U 168/10, juris Rn. 21) oder ob auch das Interesse des Versicherten an der [X.]rfüllbarkeit der Pensionsverpflichtung seines Arbeitgebers gesichert werden sollte (OLG Saarbrücken [X.], 778 unter [X.] [juris Rn. 26]; [X.]/[X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. Teil [X.] Rn. 11 f.; [X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Teil [X.] Rn. 58 f.; Rixecker in [X.]/[X.], [X.] 1. Aufl. § 46 Rn. 255 und 3. Aufl. § 46 Rn. 236).

b) Nach diesen Maßstäben, die in gleicher Weise beim Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen zugunsten naher Familienangehöriger zugrunde zu legen sind, liegt - was das Berufungsgericht verkannt hat - im Streitfall eine Versicherung für fremde Rechnung vor.

Bei der Absicherung von Familienmitgliedern vor den Folgen gesundheitlicher Beeinträchtigungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese nur im Interesse des Versicherungsnehmers liege, mögen diese Beeinträchtigungen auch wegen unterhaltsrechtlicher Pflichten finanzielle Folgen für ihn haben. [X.]ies hat der [X.] bereits für die private Krankenversicherung entschieden und insoweit ausgeführt, dass die mitversicherte [X.]hefrau nicht nur als [X.] einer allein im [X.]igeninteresse ihres [X.]hemannes abgeschlossenen Versicherung anzusehen ist. [X.]ine solche Sichtweise rückte alleine die Unterhaltsverpflichtung des Versicherungsnehmers in den Vordergrund; dessen Interesse zielt aber - für den Versicherer erkennbar - generell nicht lediglich darauf, Vorsorge für einen bei Krankheit des Versicherten drohenden Unterhaltsanspruch zu treffen ([X.]surteil vom 8. Februar 2006 - [X.], [X.], 686 Rn. 33-36). [X.]as ist für eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit naher Familienangehöriger, denen der Versicherungsnehmer unterhaltspflichtig werden könnte, nicht anders zu beurteilen (vgl. auch [X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 4. Aufl. [X.]. 4 Rn. 69). Nicht entscheidend ist insoweit entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung, ob der Familienangehörige einen wirtschaftlichen Beitrag zu einem gemeinsamen Haushalt leistet.

Im Streitfall gilt dies umso mehr im Hinblick auf die Laufzeit der Versicherung bis zum 60. Lebensjahr der Tochter des [X.]n. [X.]ass Letzterer sich auch für diesen Zeitraum ausschließlich gegen etwaige gegen ihn gerichtete Unterhaltsansprüche absichern wollte, liegt fern.

3. Auf die streitgegenständliche Versicherung finden die §§ 74 ff. [X.] a.F. entsprechende Anwendung, wodurch ein Auskehrungsanspruch des Versicherten gegen den Versicherungsnehmer begründet wird.

a) Zwar stehen die §§ 74 ff. [X.] a.F. im Abschnitt über die [X.], während es sich bei der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht um eine [X.], sondern um eine hiervon zu unterscheidende Summenversicherung handelt (vgl. [X.]surteile vom 13. [X.]ezember 2000 - [X.], [X.], 601 unter 2 [juris Rn. 7]; vom 24. September 1969 - [X.], [X.]Z 52, 350b unter II [juris Rn. 8 ff.]), die zudem als Lebensversicherung im Sinne des [X.] a.F. zu qualifizieren ist (vgl. [X.]surteile vom 5. [X.]ezember 1990 - [X.], [X.], 289 unter III [juris Rn. 19]; vom 5. Oktober 1988 - [X.], [X.], 1233 unter 3 [juris Rn. 25]); sie steht aber inhaltlich einer [X.] so nahe, dass eine entsprechende Anwendung der §§ 74 ff. [X.] a.F. gerechtfertigt ist.

aa) [X.]er [X.] hat bereits ausdrücklich die Auffassung des [X.] gebilligt, das zur Krankentagegeldversicherung entschieden hatte, bei der Versicherung der [X.]hefrau des Versicherungsnehmers habe es sich zwar um eine Versicherung für fremde Rechnung gehandelt und diese sei auch Summenversicherung und keine [X.], habe aber wirtschaftlich den Charakter einer [X.] und rücke insbesondere wegen der Beziehung der Versicherungsleistung zum Nettoeinkommen derart in die Nähe der [X.], dass eine entsprechende Anwendung des § 75 Abs. 2 [X.] a.F. gerechtfertigt sei ([X.]surteil vom 19. [X.]ezember 1973 - [X.], [X.], 184 unter I 3 [juris Rn. 22]; [X.] VersR 1972, 968 unter I 2).

[X.]ine in gleicher Weise vorliegende Nähe zur [X.] ist auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung gegeben, da sie ebenso wie die Krankentagegeldversicherung einen Ausgleich für gesundheitsbedingte [X.]rwerbseinbußen bezweckt und sich die Höhe der vereinbarten Rente regelmäßig jedenfalls auch am [X.]inkommen des Versicherten orientiert.

bb) [X.]as Vorliegen einer die Analogie rechtfertigenden planwidrigen Lücke im [X.] a.F. wird dabei auch dadurch erhellt, dass der Gesetzgeber bei der [X.]-Reform mit der Neuregelung in §§ 43 ff. [X.] die [X.]rstreckung der Regelungen betreffend die Versicherung für fremde Rechnung über die [X.] hinaus auf alle Versicherungszweige vornahm (BT-[X.]rucks. 16/3945 S. 72 re. [X.]. zu § 43), die Vorschriften dabei aber inhaltlich unverändert gelassen und sich im Wesentlichen auf Klarstellungen beschränkt hat.

b) [X.]as Vorliegen einer Fremdversicherung zugunsten der versicherten Person bei gleichzeitiger Anwendbarkeit der §§ 74 ff. [X.] a.F. führt zunächst dazu, dass im Versicherungsfall materiell dem Versicherten die Versicherungsleistung zusteht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.; heute § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]), er dieses Recht jedoch gegenüber dem Versicherer im Regelfall nicht durchzusetzen vermag, weil die Verfügungsbefugnis beim Versicherungsnehmer liegt (§ 75 Abs. 2 [X.] a.F.; heute § 44 Abs. 2 [X.]). [X.]ieses Verfügungsrecht über die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag steht dem Versicherungsnehmer aber nur zu treuen Händen zu; es handelt sich um ein gesetzliches Treuhandverhältnis ([X.]surteile vom 12. [X.]ezember 1990 - [X.], [X.]Z 113, 151, 154 f. [juris Rn. 15 f.]; vom 7. Mai 1975 - [X.], [X.]Z 64, 260, 264 [juris Rn. 12]).

[X.]iese Treuhänderstellung verbietet es dem Versicherungsnehmer, die ihm nicht zustehende Versicherungsleistung für sich zu behalten, und verpflichtet ihn, diese an den sachlich berechtigten Versicherten auszukehren ([X.]surteile vom 7. Mai 1975 aaO [juris Rn. 13]; vom 4. April 1973 - [X.], [X.], 634 [juris Rn. 9]; vgl. auch [X.]surteil vom 12. [X.]ezember 1990 aaO [juris Rn. 17]). [X.]r muss dem Versicherten die ihm gebührende Leistung zur [X.]rfüllung des Versicherungszwecks dabei auch dann zukommen lassen, wenn er ihm den Versicherungsschutz durch eigenen [X.]ntschluss und auf eigene Kosten verschafft hat ([X.]surteil vom 4. April 1973 aaO).

c) [X.]em so begründeten Auskehrungsanspruch des Versicherten gegen den Versicherungsnehmer, der die Versicherungsleistung in [X.]mpfang genommen hat, steht - anders als die Revisionserwiderung meint - nicht entgegen, dass sich der [X.] ein Widerrufsrecht bezüglich der Bezugsberechtigung vorbehalten und dieses Widerrufsrecht in späteren [X.]rklärungen zum Bezugsrecht nach [X.]intritt des Versicherungsfalles ausgeübt hat.

Zum einen besteht der Auskehrungsanspruch gemäß den vorstehenden Ausführungen unabhängig von einem eingeräumten Bezugsrecht.

Zum anderen war das der Tochter des [X.]n eingeräumte Bezugsrecht nach [X.]intritt des Versicherungsfalles im Jahre 2006 ohnehin nicht mehr widerruflich, weil diese den Anspruch auf die Versicherungsleistung gegen den Versicherer mit dem [X.]intritt des Versicherungsfalles entsprechend § 166 Abs. 2 [X.] a.F. (heute §§ 176, 159 Abs. 2 [X.]) bereits erworben hatte. Mit [X.]intritt des Versicherungsfalles entfällt das bis dahin widerrufliche Bezugsrecht (vgl. [X.]surteil vom 27. Juni 2018 - [X.], [X.]Z 219, 142 Rn. 16). [X.]ies gilt auch im Hinblick auf die erst nach [X.]intritt des Versicherungsfalles fällig werdenden Rentenzahlungen, weil die Ansprüche auf die wiederkehrenden [X.]inzelleistungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem eigenständigen Stammrecht folgen (vgl. [X.]surteil vom 3. April 2019 - [X.]/18, [X.], 669 Rn. 14 f. und 18 f.). [X.]iese bereits im Leistungsversprechen auf [X.]auer angelegte Rechtsposition kann dem Berechtigten nach [X.]intritt des Versicherungsfalles nicht mehr durch Widerruf entzogen werden (im [X.]rgebnis ebenso [X.], 1428 unter 1 b [juris Rn. 21]; [X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 4. Aufl. [X.]. 4 Rn. 90 und 106; [X.]/[X.], Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. § 13 ALB 2008 Rn. 45; [X.] in [X.]rnst/Rogler, Berufsunfähigkeitsversicherung § 12 [X.] Rn. 57, 59; [X.] in Looschelders/Pohlmann, [X.] 3. Aufl. § 176 Rn. 3; [X.] in [X.], [X.]. § 26 Rn. 314; Rixecker in [X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 46 Rn. 238). [X.]ie Gegenauffassung (Gramse in [X.]/[X.], Versicherungsrecht 2. Aufl. § 16 [X.] 2008 Rn. 4; [X.] in MünchKomm-[X.], 2. Aufl. § 176 Rn. 22; unklar Lücke in [X.]/[X.], [X.] 30. Aufl. § 176 [X.] Rn. 6 a.[X.]. einerseits und § 12 BU Rn. 3 andererseits) berücksichtigt nicht ausreichend die Bedeutung des Stammrechts und auch den Umstand, dass ein bloßes Bezugsrecht als bloße Anwartschaft auf die Versicherungsansprüche nach [X.]intritt des Versicherungsfalles schon begrifflich nicht mehr eingeräumt werden kann (zutreffend [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO Rn. 90).

4. Auf Weiteres kommt es für den Grund des Auskehrungsanspruchs der Tochter des [X.]n gegen diesen nicht mehr an. [X.]iesen Anspruch hat der Kläger in Höhe seiner Aufwendungen gemäß § 93 [X.] auf sich übergeleitet.

III. [X.]er Rechtsstreit ist nicht zur [X.]ntscheidung reif, weil das Berufungsgericht bislang Feststellungen weder zur Höhe der Sozialhilfeaufwendungen des Klägers und damit zum Umfang des übergeleiteten Anspruchs noch zur Verjährungseinrede des [X.]n getroffen hat. [X.]ies wird es nach der Zurückverweisung der Sache nachzuholen haben.

[X.]     

      

Prof. [X.]r. Karczewski     

      

Lehmann

      

[X.]r. Brockmöller     

      

[X.]r. Bußmann     

      

Meta

IV ZR 4/19

15.07.2020

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 11. Dezember 2018, Az: 25 U 1410/18

§ 43 VVG, §§ 43ff VVG, § 74 aF VVG, §§ 74ff aF VVG, § 80 Abs 1 aF VVG, § 159 Abs 2 VVG, § 166 Abs 2 VVG, § 176 VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.07.2020, Az. IV ZR 4/19 (REWIS RS 2020, 1083)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 991-992 WM2020,1487 REWIS RS 2020, 1083


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IV ZR 4/19

Bundesgerichtshof, IV ZR 4/19, 15.07.2020.


Az. 25 U 1410/18

OLG München, 25 U 1410/18, 11.12.2018.

OLG München, 25 U 1410/18, 09.10.2018.


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Referenzen
Wird zitiert von

IV ZR 4/19

Zitiert

IV ZR 222/16

IV ZR 90/18

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