Bundessozialgericht, Beschluss vom 11.08.2020, Az. B 12 R 20/20 B

12. Senat | REWIS RS 2020, 2409

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 12. März 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 12 109,24 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um eine Nachforderung von [X.] in Höhe von 12 109,24 Euro aufgrund einer Betriebsprüfung.

2

Der Beigeladene zu 1. verfügt über eine Fahrlehrererlaubnis, jedoch nicht über eine [X.]. Er schloss mit der Klägerin, einer Fahrschule, einen "Mietvertrag", wonach er ab [X.] als "freiberuflicher Fahrlehrer" für die Klägerin arbeitete und dabei sein privates Fahrschulfahrzeug gegen Pauschalbeträge für verschiedene Einsätze zur Verfügung stellte. Nach einer Betriebsprüfung forderte die Beklagte für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für April 2013 bis Dezember 2014 Sozialversicherungsbeiträge in bezeichneter Höhe nach, weil dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden habe. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.3.2019). Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Ob über die berufsrechtlichen Regelungen der §§ 1 Abs 4 Satz 1 und 10 Abs 1 Satz 1 Fahrlehrergesetz ([X.]) aF hinaus auch zwingend sozialversicherungsrechtliche Rahmenvorgaben begründet werden könnten, könne dahinstehen. Denn jedenfalls spreche die Gesamtabwägung aller relevanten Umstände für eine abhängige Beschäftigung (Urteil vom 12.3.2020).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

4

II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

5

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur [X.] vom 17.4.2012 - [X.] R 347/11 B - [X.] 4-2600 § 72 [X.] Rd[X.]7, Beschluss vom 28.1.2019 - [X.] KR 94/18 B - juris Rd[X.] mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl [X.] vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - [X.] 1500 § 160a [X.], [X.] vom 28.1.2019 - [X.] KR 94/18 B - juris Rd[X.]).

6

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

7

Die Klägerin hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:

        

"a) Ist es nach § 1 Abs. 4 [X.] möglich, einen Fahrlehrer mit Fahrerlaubnis aber ohne [X.] als freien Mitarbeiter einzustellen oder liegt in diesem Fall ein Anstellungsverhältnis vor?
b) Umfasst der Begriff des 'Beschäftigungsverhältnisses' in § 1 Abs. 4 [X.] auch freie Mitarbeit von Fahrlehrern oder nur Anstellungsverhältnisse?"

        

8

Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit setzt sich die Klägerin nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere zum Einfluss regulatorischer Vorgaben auf die Statusbeurteilung auseinander (vgl [X.] - [X.] R 6/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen - [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]5). Außerdem fehlt es an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit. Denn die Klägerin zeigt nicht auf, ob über die aufgeworfenen Fragen ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des [X.] (vgl § 163 SGG) in einem späteren Revisionsverfahren überhaupt tragend entschieden werden könnte. Insoweit hätte sie sich damit auseinandersetzen müssen, weshalb allein die Möglichkeit einer freien Mitarbeit nach § 1 Abs 4 [X.] für die Statusbeurteilung nach § 7 SGB IV im konkreten Fall entscheidungserheblich sein soll und aus welchen Gründen das [X.] die freie Mitarbeit in der angegriffenen Entscheidung verneint hat. Hierzu fehlt es im Übrigen auch an einer hinreichenden Sachverhaltsschilderung, denn eine solche gehört zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes. Eine umfassende Bezugnahme auf den Akteninhalt genügt den [X.] nicht; es ist nicht Aufgabe des [X.], sich die maßgebenden Umstände selbst aus den Akten zusammenzusuchen (zB [X.] vom 9.10.2014 - [X.] R 157/14 B - juris Rd[X.]0).

9

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das [X.] seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das [X.], der [X.] oder das [X.] entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das [X.] diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl [X.] Beschlüsse vom [X.] - B 3 P 13/04 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] Rd[X.] und vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.], jeweils mwN).

Eine solche Abweichung hat die Klägerin nicht dargetan. Sie zitiert bereits keine einzelnen Rechtssätze, sondern fasst die "Auffassungen" des [X.] und des [X.] in der Entscheidung vom 28.5.2008 ([X.] KR 13/07 R - juris) selbst zusammen. Dem [X.] komme es demnach bei Beschäftigungsverhältnissen "auch auf den Parteiwillen" an und das Fehlen einer Lohnfortzahlung und einer Urlaubsabrede spräche für eine freie Mitarbeit. Die Klägerin legt mit dieser Zusammenfassung aber schon nicht dar, ob die herangezogene Entscheidung eine Fallkonstellation betrifft, die mit derjenigen der Klägerin vergleichbar ist. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Darstellung des Kontextes, in dem die angeblich divergierenden Rechtssätze jeweils stehen ([X.] vom 13.12.2017 - [X.] R 256/17 B - juris RdNr 8).

Soweit die Klägerin das Urteil des [X.] dahingehend zitiert, es komme nicht auf den Willen der Parteien an, zeigt sie nicht auf, ob das Berufungsgericht zu diesem Ergebnis im Rahmen einer Gesamtwürdigung gekommen ist oder ob es insoweit einen vom [X.] abweichenden abstrakten Rechtssatz formuliert hat. Für einen [X.] spricht das weitere von der Klägerin angeführte Zitat von Seite 8 des Urteils, dass die fehlenden Regelungen zu Urlaub und Entgeltfortzahlung "aus einem tatsächlich bestehenden Beschäftigungsverhältnis" keine selbstständige Tätigkeit machen würden. Denn das [X.] bezieht sich auf Seite 8 selbst auf Rechtssätze aus der Entscheidung des [X.] vom 28.5.2008, wonach maßgebend die Rechtsbeziehung so sei, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte Rechtsbeziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei ([X.] KR 13/07 R - juris Rd[X.]7). Im [X.] rügt die Klägerin daher eine unrichtige Gesamtabwägung - eine bloße Subsumtionsrüge kann aber von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl [X.] vom [X.] - [X.] KR 62/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 9).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

4. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3, § 162 Abs 3 VwGO.

5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das [X.].

Meta

B 12 R 20/20 B

11.08.2020

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Regensburg, 11. März 2019, Az: S 3 BA 81/18, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 11.08.2020, Az. B 12 R 20/20 B (REWIS RS 2020, 2409)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2409

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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