Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. III ZR 204/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1769

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 204/12
vom

31. Oktober 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

ZPO §§ 240, 250, 303; [X.] §§ 179, 180

a)
War zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über eine Forderung an-hängig, der vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger widersprochen wurde, und verfolgt der die Forderung [X.] seinen Widerspruch nicht, ist der Gläubiger der Forderung zur Aufnahme des
Rechtsstreits auch dann befugt, wenn für die Forderung ein voll-streckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorlag (im [X.] an [X.], Urteil vom 29. Juni 1998 -
II ZR 353/97, [X.], 3121).

b)
Ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist ein Rechtsstreit im Sinne von §
180 Abs. 2 [X.], durch dessen Aufnahme die Feststellung der bestrittenen Forderung zu betreiben ist. Über ei-nen Zwischenstreit über die Wirksamkeit der Aufnahme des Nichtzulassungsbeschwerdeverfah-rens ist entsprechend §
303 ZPO durch Beschluss zu entscheiden.

c)
Gegner des die Feststellung seiner zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung betreibenden Gläubigers ist derjenige, der der Forderung im Insolvenzverfahren widersprochen hat. Er tritt an die Stelle des Schuldners in den aufgenommenen Rechtsstreit ein.

d)
Der an die Stelle des Schuldners in den aufgenommenen Rechtsstreit eintretende [X.] ist an die bisherigen Ergebnisse des Rechtsstreits gebunden (im [X.] an [X.], Beschluss vom 28.
September 2006 -
IX ZB 312/04, [X.], 104).

e)
Die uneingeschränkte Aufnahme eines Rechtsstreits durch den Gläubiger einer zur [X.] angemeldeten Forderung ist, wenn der Forderung mehrere Personen im Sinne von §
178 Abs. 1 Satz 1 [X.] widersprochen haben, nur wirksam, wenn der Rechtsstreit gegenüber allen Widersprechenden aufgenommen wird (im [X.] an [X.], Beschluss vom 14. Mai 1998 -
IX ZR 256/96, [X.], 2364).

[X.], Beschluss vom 31. Oktober 2012 -
III ZR 204/12 -
OLG [X.]

LG [X.] I
-

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-

Der III. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2012 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.], Seiters
und Dr.
Remmert

beschlossen:

Das Verfahren ist weiterhin unterbrochen.

Gründe:

I.

Die beklagte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
wurde
in zweiter Instanz
zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe Klägerin wegen nicht hinreichender Aufklärung über "regelwidrige Auffälligkei-ten"
im Zusammenhang mit einer Beteiligung der Klägerin an der C.

G.

mbH & Co.

KG
verurteilt. Das [X.] ließ die Revision nicht zu. Dagegen legte
die Beklagte
Beschwerde ein. Das
beim Senat anhängige Beschwerde-verfahren ([X.]) wurde gemäß § 240 Satz 2 ZPO dadurch unterbrochen, dass das
Amtsgericht
-
Insolvenzgericht
-
M.

der Beklagten durch Be-schluss vom 5. August 2010 ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegte. Am 10.
Dezember 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Be-klagten
eröffnet.

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Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2011 trat
die H.

AG auf Seiten der Beklagten
dem Rechtsstreit bei. Im Insolvenzverfahren wi-dersprach
sie als Gläubigerin der Beklagten
der von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten streitgegenständlichen Forderung. Ein weiterer Widerspruch wurde -

-
vom Insolvenzverwalter erho-ben.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2012 hat die Klägerin das unterbrochene
Verfahren ausdrücklich nur gegen die Streithelferin der Beklagten als wider-sprechende Gläubigerin gemäß § 250 ZPO i.V.m. § 179 Abs. 1 und § 180 Abs.
2 [X.] aufgenommen. Die Streithelferin der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 29. August 2012 beantragt, die Aufnahme des Verfahrens durch die Kläge-rin durch Beschluss abzulehnen.

II.

Der Antrag der Streithelferin der Beklagten, die Aufnahme des Verfah-rens durch die Klägerin durch Beschluss abzulehnen, ist zulässig und begrün-det. Das Verfahren ist durch die Erklärung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 25. Juni 2012 nicht wirksam aufgenommen worden und daher weiterhin unter-brochen.

1.
Der Antrag der Streithelferin der Beklagten ist zulässig. Sie und die Klä-gerin streiten über die Frage, ob das vor dem Senat anhängige, gemäß § 240 ZPO unterbrochene Verfahren über die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.]s
vom 24.
Februar 2009
mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2012 gegen die 2
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Streithelferin aufgenommen werden konnte und damit fortzusetzen ist. Es [X.] sich somit um einen Zwischenstreit über die Wirksamkeit der von der Klä-gerin erklärten Aufnahme, über den im Beschwerdeverfahren entsprechend §
303 ZPO durch Beschluss zu entscheiden ist (zum Zwischenurteil über die Fortsetzung des Revisionsverfahrens vgl. [X.], Urteil vom 24.September 1982 -
V [X.], [X.], 1170; zur Entscheidung durch Zwischenurteil bei Streit über die Wirksamkeit der Aufnahme gemäß §
250 ZPO vgl. Musielak/
[X.], ZPO, 9. Aufl., § 250 Rn. 2 mwN; zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 303 ZPO im Beschwerdeverfahren vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 303 Rn. 2).

2.
Der Antrag der Streithelferin ist auch begründet. Das Verfahren ist mit der Erklärung der Klägerin vom 25. Juni 2012 nicht wirksam aufgenommen worden und daher weiterhin unterbrochen.

a)
Ist -
wie hier
-
in einem Insolvenzverfahren eine Forderung vom Insol-venzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es gemäß § 179 Abs. 1 [X.] dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den [X.]n zu betreiben. War zur [X.] der Eröffnung des [X.] ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 [X.] durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Zwar obliegt es gemäß § 179 Abs. 2 [X.] dem [X.]n, den Widerspruch
zu verfolgen,
wenn für eine Forderung -
wie hier
-
ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt. Es ist aber auch der Gläubiger der Forderung zur Aufnahme befugt, wenn -
wie bisher vorliegend -
der [X.] seinen
Widerspruch nicht verfolgt (vgl. zu § 146 KO: [X.], Urteil vom 29.
Juni 1998
-
II ZR 353/97, [X.], 3121, 3122; zu §§ 179, 180 [X.]: MünchKomm
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-

[X.]/[X.],
2. Aufl., § 179 Rn. 43 mwN; Graf-[X.]er in Graf-[X.]er, [X.], 3. Aufl., § 179 Rn. 13; [X.]/[X.], ZPO, 29. Aufl., § 240 Rn. 13).

b)
Die Aufnahme des Rechtsstreits ist auch möglich, wenn der [X.] zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Revisionsinstanz anhängig war ([X.], Beschluss vom 29. April 2004 -
IX ZR 265/03, [X.]R [X.] § 180 Abs. 2 -
Aufnahme 1;
[X.] aaO § 180 Rn. 24; Graf-[X.]er aaO §
180 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], § 180 Rn. 68). Dies gilt auch für den Fall einer in der Revisionsinstanz anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde (vgl. zu § 116 FGO: [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2003 -
II B 31/00, [X.] 2004, 362; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 180 Rn. 21; [X.] in HK-[X.], 6. Aufl., § 180
Rn. 3).

c)
Die Aufnahme des vor dem Senat anhängigen [X.] ist nicht schon deshalb unwirksam, weil die Klägerin als Beschwerdegegnerin das Verfahren nicht gegen die Beklagte und Beschwerde-führerin, sondern gegen die Streithelferin der Beklagten als widersprechende [X.] aufgenommen hat.

aa) [X.] ist der [X.], wenn der Gläubiger die Fest-stellung betreibt. Der [X.] tritt an Stelle des Schuldners in den aufge-nommenen Rechtsstreit ein ([X.], aaO, § 180 Rn. 21 f; Graf-[X.]er aaO § 180 Rn. 8; [X.]/[X.] aaO § 180 Rn. 75; [X.]/[X.] aaO §
180 Rn. 22).

(1) Einer Aufnahme des Verfahrens gegen eine bisher nicht am [X.] beteiligte Partei -
der frühere Streitbeitritt der Streithelferin bleibt insofern ohne Bedeutung, maßgeblich ist ihre Rolle als widersprechende Insolvenzgläu-8
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widerspricht entgegen der Auffassung der Streithelferin der Beklagten nicht den Vorschriften der Zivilprozessordnung und der [X.]. [X.] werden das nach § 250 ZPO aufzunehmende "Verfahren"
bezie-hungsweise der nach § 180 Abs. 2 [X.] aufzunehmende "Rechtsstreit"
nicht durch die Verfahrensbeteiligten zum [X.]punkt der Unterbrechung bestimmt und auf Dauer festgelegt mit der Folge, dass das Verfahren beziehungsweise der Rechtsstreit auch nur zwischen diesen Beteiligten wieder aufgenommen wer-den
kann. Auch ein gemäß § 263 ZPO zulässiger Parteiwechsel führt nicht zur Beendigung des bisherigen Verfahrens und zu einem neuen Verfahren. [X.] tritt die neue Partei in den bisherigen Rechtsstreit ein. Die bisherigen [X.] bleiben bestehen
([X.], Urteil vom 16. Dezember 2005 -
V [X.], [X.], 1351, 1353 f; [X.]/[X.] aaO
§ 263 Rn. 25). Nichts [X.] gilt für die Aufnahme eines gemäß § 240 ZPO unterbrochenen [X.]s gemäß § 180 Abs. 2 [X.] gegen einen widersprechenden Insolvenz-gläubiger. Auch hier wird das bisherige Verfahren fortgesetzt. An die Stelle des Schuldners tritt der widersprechende Insolvenzgläubiger.

(2) Dem Eintritt des widersprechenden Insolvenzgläubigers in den Rechtsstreit steht im Falle des Revisions-
beziehungsweise Nichtzulassungs-beschwerdeverfahrens auch nicht entgegen, dass ein gewillkürter Parteiwech-sel im Revisionsverfahren nicht zulässig ist (vgl. zu letzterem [X.], Urteil vom 24. September 1982 -
V [X.],
[X.], 1170; Beschluss vom 17. März 1997 -
II ZB 3/96, NJW 1997, 1855; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 559 Rn. 3). Die Regeln der Zivilprozessordnung betreffend den gewillkürten Parteiwechsel sind im Fall der Aufnahme des Rechtsstreits gemäß § 180 Abs. 2 [X.] nicht anwendbar ([X.]/[X.], aaO, § 240 Rn. 14). Vielmehr folgt aus der besonde-ren, durch die Bestimmungen der §§ 179 ff [X.] begründeten prozessualen Verflechtung von anhängigem Zivilprozess einerseits und Insolvenzverfahren 12
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andererseits, dass die Aufnahme eines Rechtsstreits gegen eine bisher nicht daran beteiligte Person auch dann zulässig ist, wenn ein gewillkürter Partei-wechsel unzulässig wäre. Nach § 180 Abs. 2 [X.] ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Die Feststellung kann aber vom Gläubiger der Forderung gemäß § 179 Abs. 1 [X.] nur gegen den [X.] betrieben werden. Verfolgt der [X.] gemäß § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 2 [X.] seinen Widerspruch, so kann dies ebenfalls nur im Wege seines Eintritts in den anhängigen Rechtsstreit erfolgen. Die
Anerkennung der [X.] (siehe [X.]) bedeutet damit zwin-gend, dass nach Aufnahme der [X.] in den Rechtsstreit eintritt und zwar auch dann, wenn -
wie zumeist -
er zuvor an diesem Verfahren nicht betei-ligt war.

bb) Die Klägerin verfolgt entgegen der Auffassung der Streithelferin der Beklagten mit der Aufnahme des Beschwerdeverfahrens auch ein sinnvolles Rechtsschutzziel. Für den Fall der Revisionszulassung durch den Senat hat sie angekündigt, ihren Antrag auf
Feststellung der Unbegründetheit des [X.] zu ändern. Dieser Antrag dient der Beseitigung des Widerspruchs der Streithelferin der Beklagten gemäß § 178 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Nach Beseitigung des Widerspruchs gilt die Forderung der Klägerin gemäß § 178 Abs. 1 Satz 1 [X.] als festgestellt. Die Eintragung der Forderung der Klägerin in die Tabelle wirkt in diesem Fall gemäß § 178 Abs. 3 [X.] wie ein rechtskräftiges Urteil ge-genüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

Sollte der Senat dagegen die Revision nicht zulassen und die [X.] zurückweisen, würde das Berufungsurteil rechtskräftig. Auch dies ist aus Sicht der Klägerin ein sinnvolles Rechtsschutzziel. Ihr [X.] ist insgesamt auf eine rechtskräftige Titulierung ihrer Forderung gerichtet. Ob 13
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sie dieses Ziel im Wege der Beseitigung eines Gläubigerwiderspruchs oder des Eintritts der Rechtskraft eines von ihr bereits erstrittenen Urteils erreicht, ist aus ihrer Sicht nachrangig.

cc) Gegen die Wirksamkeit der Aufnahme sprechen auch nicht Rechte der Streithelferin der Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein faires Ver-fahren, weil sie nach § 67 ZPO darauf verwiesen würde, den Rechtsstreit in der Lage anzunehmen, in der er sich zu der [X.] ihres Beitritts befand.

(1) Der Beitritt der Streithelferin der Beklagten zu dem vorliegenden Rechtsstreit ist nicht der prozessuale Grund für die Aufnahme des Verfahrens gegen sie. Dementsprechend gilt im Hinblick auf ihre prozessualen Rechte auch nicht § 67 ZPO. Die
Aufnahme des Verfahrens gegen sie erfolgt vielmehr unabhängig von ihrer bisherigen Beteiligung am Rechtsstreit allein in [X.] ihres Widerspruchs gegen die von der Klägerin zur Insolvenztabelle an-gemeldete Forderung.

(2) Zutreffend ist allerdings, dass der an Stelle des Schuldners in den aufgenommenen Rechtsstreit eintretende widersprechende Insolvenzgläubiger an die bisherigen Prozessergebnisse einschließlich der Fristversäumnisfolgen gebunden ist ([X.], Beschluss vom 28. September 2006 -
IX ZB 312/04, [X.], 104; [X.] aaO § 180 Rn. 22; [X.]/[X.] aaO § 180 Rn.
75; [X.]/[X.] aaO
§ 180 Rn. 22). Das gilt indes nicht nur für das Revisions-
beziehungsweise Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Auch erst-
oder zweit-instanzlich kann das Verfahren bis zu seiner Unterbrechung bereits in ein [X.] gelangt sein, in dem nach Aufnahme gegen den widersprechenden [X.] von letzterem gemäß §§ 296, 530, 531 ZPO bestimmte Angriffs-
oder Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden können.
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Die Bindung des widersprechenden Insolvenzgläubigers an die bisheri-gen Prozessergebnisse ist die notwendige Folge der gesetzgeberischen Ent-scheidung, aus Gründen der [X.] eine Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle gegen einen widersprechenden Insolvenzgläubiger nicht ausschließlich gemäß § 180 Abs. 1 [X.] im Wege eines neuen Rechtsstreits zu ermöglichen, sondern -
bei Rechtshängigkeit der streitgegenständlichen Forde-rung -
vorrangig durch Aufnahme eines gemäß § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits (vgl. hierzu [X.]/[X.] aaO Rn. 20). Könnte ein über die bestrittene Forderung anhängiger Rechtsstreit inhaltlich gleichsam neu begon-nen werden, wäre der gesetzliche Vorrang der Aufnahme dieses Prozesses gegenüber einem neuen Rechtsstreit nicht gerechtfertigt. Auch darf dem Kläger und Gläubiger der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung allein aus dem Umstand, dass über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren [X.] worden ist, in dem über die Forderung anhängigen Rechtsstreit kein pro-zessualer Nachteil erwachsen. Andernfalls hätte es ein Schuldner, hinsichtlich dessen ein Insolvenzgrund gegeben ist, in der Hand, seine Position in einem bisher für ihn ungünstig verlaufenen Prozess durch eine "Flucht ins Insolvenz-verfahren"
und anschließende Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenz-verwalter (oder einen "befreundeten"
Insolvenzgläubiger) erheblich zu verbes-sern und den Prozess -
entgegen dem Grundgedanken von § 180 Abs. 2 [X.] -
gleichsam von Neuem beginnen zu lassen.

Speziell für den vorliegenden Fall ist schließlich zu bedenken, dass es der Streithelferin der Beklagten freistand, den gegen sie aufgenommenen Rechtsstreit bereits durch einen früheren Streitbeitritt in ihrem Sinne zu beein-flussen. Gründe,
die einem früheren Streitbeitritt entgegengestanden hätten, hat sie nicht vorgetragen.
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(3) Gegen die Wirksamkeit der Aufnahme spricht des Weiteren nicht, dass die Streithelferin der Beklagten in dem fortgesetzten Beschwerdeverfahren nur gegen ihre eigenen Interessen handeln könnte. Letzteres trifft nicht zu. Wird die Revision zugelassen, wird die Klägerin zwar in die Lage versetzt, ihr [X.] gemäß § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 [X.] zu verfolgen. In ei-nem Revisionsverfahren oder -
nach Aufhebung und Zurückverweisung der Sa-che an das Berufungsgericht -
in einem neuen Berufungsverfahren kann jedoch ebenso die Streithelferin der Beklagten als widersprechende Insolvenzgläubige-rin obsiegen und die auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtete
Klage ab-gewiesen werden. In diesem Fall hätte die Streithelferin der Beklagten ihren Widerspruch gegen die streitgegenständliche Forderung erfolgreich verfolgt.

(4) In der Umstellung des Klagebegehrens der Klägerin auf Feststellung der geltend gemachten Forderung zur Insolvenztabelle liegt schließlich entge-gen der Auffassung der Streithelferin der Beklagten auch keine Klageänderung mit der Folge, dass der Streithelferin der Beklagten möglicherweise schon des-halb -
gegebenenfalls nach Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] -
Gelegenheit zu geben wäre, zu dem neuen Streitgegenstand [X.] neu vorzutragen.

Denn die Umstellung von einer Leistungsklage in eine Klage auf Feststel-lung der Forderung zur Insolvenztabelle beinhaltet keine
Klageänderung im Sinne von §
263 ZPO. Sie ist vielmehr wegen einer "später eingetretenen Ver-änderung"
gemäß § 264 Nr. 3 ZPO zulässig ([X.], [X.], 444;
Graf-[X.]er aaO § 180 Rn. 10; [X.] aaO § 180 Rn. 23; [X.]/[X.], aaO, § 264 Rn. 5) und lässt die Identität des geltend gemachten Anspruchs un-berührt. Es handelt sich lediglich um eine verfahrensrechtliche Anpassung des 20
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Antrags an die insoweit maßgebenden Vorschriften der [X.], der die aus § 559 ZPO folgende Unzulässigkeit einer Klageänderung in der [X.] nicht entgegen steht (so zur Konkursordnung und § 561 ZPO a.F.: [X.], Urteil vom 21.
November 1953 -
VI [X.], LM Nr. 4 zu § 146 KO; zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht
nach Aufnahme gemäß § 180 Abs.
2 [X.], wenn -
wie vorliegend nicht -
erstmals im [X.] in-solvenzspezifische Einwendungen der Anmeldbarkeit oder der Rangfrage erho-ben werden vgl. [X.]/[X.] aaO Rn. 69).

dd) Die von der Klägerin erklärte Aufnahme des Verfahrens ist jedoch deshalb nicht wirksam, weil sie nur gegen die Streithelferin der Beklagten und nicht gegen alle der Feststellung zur Insolvenztabelle Widersprechenden erfolgt ist. Vorliegend hat neben der Streithelferin der Beklagten (als Gläubigerin der Beklagten im Insolvenzverfahren) ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Auszuges aus der Insolvenztabelle auch der Insolvenzverwalter die Forderung

Haben mehrere Personen dem Anspruch im Prüfungstermin widerspro-chen, so ist der Rechtsstreit gegenüber allen aufzunehmen (so zur -
mit § 180 Abs. 2 [X.] inhaltsgleichen -
Vorschrift des § 146 Abs. 3 KO a.F.: [X.], Urteile vom 13. März 1980 -
II ZR 239/78, [X.]Z 76, 206, 209 f und vom 9. Juli 1990
-
II ZR 69/89, [X.]Z 112, 95, 99; Beschluss vom 14. Mai 1998 -
IX ZR 256/96, [X.], 2364, 2365; zu § 179 [X.]: Kießner in FK-[X.], 6. Aufl., § 179 Rn.
12). Für den Fall, dass -
wie hier -
schon ein Rechtsstreit über die Forde-rung anhängig ist, folgt aus der Regelung des § 180 Abs. 2 [X.], die [X.] und Kosten sparen und den Rechtsstreit rasch zu Ende bringen will -
wie schon zu-vor aus § 146 Abs. 3 KO -, dass der [X.] gegenüber allen Wider-sprechenden aufzunehmen ist ([X.], Urteil vom 13. März 1980, aaO). Dies gilt 23
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auch für den Fall, dass der zur Tabelle angemeldeten Forderung -
wie vorlie-gend -
von einer oder mehreren Personen nur teilweise widersprochen worden ist, wenn das Verfahren -
wie hier
-
uneingeschränkt aufgenommen wird (zur Zulässigkeit einer Teilaufnahme vgl. [X.], Beschluss vom 7. Juli 1994 -
V [X.], NJW-RR 1994, 1213; [X.], ZPO, 3. Aufl., §
240 Rn.
24; Musielak/[X.], aaO, § 240 Rn. 9).

Soweit dagegen in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten wird, es sei keine Notwendigkeit erkennbar, den Gläubiger zu zwingen, den Prozess gegen alle Widersprechenden gemeinsam
aufzunehmen ([X.]/[X.] aaO § 180 Rn. 64; [X.] aaO
§ 179 Rn. 18; [X.]/[X.] aaO
§ 179 Rn.
14), vermag dies nicht zu überzeugen. Sollte ein Teil der [X.]n für eine außergerichtliche Einigung offen sein, hindert eine Aufnahme des [X.]s auch gegen sie eine solche Einigung nicht. Im Übrigen folgt aus der [X.], seitens des aufnehmenden Gläubigers den [X.] ge-genüber allen Widersprechenden aufzunehmen, nicht, dass im umgekehrten Fall auch alle Widersprechenden gemeinsam den Prozess
aufnehmen müssten mit der Folge, dass die Passivität eines einzelnen zu einer Rechtsschutzsperre für die übrigen führen würde (so [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO). Die Aufnahme gegenüber allen Widersprechenden im Sinne von § 178 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist deshalb geboten, weil -
anders als im Fall des Bestreitens der Forderung durch den Schuldner nach § 178 Abs. 1 Satz 2 [X.] -
der Widerspruch die Feststellung der Forderung zur Insolvenzta-belle hindert; die vom Gläubiger begehrte Feststellung setzt damit voraus, dass vorher sämtliche Widersprüche, die ihr entgegenstehen, beseitigt sind (so zu §
146 Abs. 3 KO: [X.], Beschluss vom 14. Mai 1998, aaO). Dagegen hat die Aufnahme des Rechtsstreits durch einen Widersprechenden das Ziel, mittels des Antrags, den Widerspruch für begründet zu erklären (vgl. hierzu [X.]
-

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[X.]er, aaO, § 179 Rn. 12), die Feststellungswirkung des § 178 Abs. 1 Satz
1, Abs. 3 [X.] zu verhindern. Hierzu genügt die erfolgreiche Verfolgung des Widerspruchs durch einen Widersprechenden im Wege der Aufnahme ei-nes anhängigen Rechtsstreits gemäß § 180 Abs. 2 [X.].

3.
Angesichts der seitens der Klägerin nicht wirksam erfolgten Aufnahme des Verfahrens war auf den entsprechend auszulegenden Antrag der Streithel-ferin der Beklagten festzustellen, dass das Verfahren weiterhin unterbrochen ist.

[X.]

[X.]

[X.]

Seiters

Remmert
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 12.06.2007 -
10 O 13172/05 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.02.2009 -
5 U 5552/07 -

26

Meta

III ZR 204/12

31.10.2012

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. III ZR 204/12 (REWIS RS 2012, 1769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1769

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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