Landgericht Wuppertal, Beschluss vom 21.01.1994, Az. 6 T 35/94

6. Zivilkammer | REWIS RS 1994, 7

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Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Gründe

Gründe:

Die Beteiligten sind die Eltern des nichtehelichen geborenen Kindes xx.

Bereits mit Schrift seiner früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 17. August 1992 hatte der Vater beantragt, ihm die Befugnis zum persönlichen Umgang mit xx dergestalt einzuräumen, dass  er an jedem ersten Samstag im Monat mit dem Kind von 13.00 - 18.00 Uhr zusammen sein könne. Diesen Antrag hatte das Amtsgericht mit Beschluss vom 4. Dezember 1992, der nicht angefochten worden ist, zurückgewiesen.

Erneut mit Schrift seiner nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten vom 3.September 1993 hat der Vater beantragt, der Beteiligten zu 1. aufzugeben, ihre Zustimmung zur Durchführung einer Familientherapie durch einen kinderpsychologisch geschulten Therapeuten unter Beteiligung des Kindes und des Vaters zu erteilen, das Kind zu den von dem Therapeuten festgelegten Terminen zu bringen oder ihn zur Abholung durch den Kindesvater bereitzuhalten sowie dem Kindesvater nach erfolgreicher Wiederanbahnung der Vater-Kind-Kontakte den persönlichen Umgang mit dem Kind zu gestatten und der Beteiligten zu 1. aufzugeben, xx zu den noch zu bestimmenden Umgangszeiten zur Abholung durch den Kindesvater bereitzuhalten.

Das Amtsgericht hat das Jugendamt der yy  angehört sowie das Kind am 8. Dezember 1993 und die Beteiligten zu 1. und 2. in der Sitzung vom 15. Dezember 1993 persönlich angehört.

Durch die angefochtene Entscheidung, auf die verwiesen wird, hat das Amtsgericht die vorbezeichneten Anträge des Vaters zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Vater mit der am  13.Januar 1994 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittelschrift seiner Verfahrensbevollmächtigten, auf die verwiesen wird und mit der er beantragt, den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben, ein  psychologisches Sachverständigengutachten über die Fragen einzuholen, ob Umgangskontakte des Kindes mit dem Vater dem Kindeswohl förderlich sind und ob die Wiederanbahnung der Kontakte von Kind und Vater den wirklichen Willen des Kindes entsprechen sowie dem Kindesvater sodann die Befugnis zum persönlichen Umgang mit xx in noch näher zu bezeichnender Art und Weise einzuräumen und der Beteiligten zu 1. aufzugeben, xx zu den noch zu bestimmenden Zeiten zur Abholung bereitzuhalten.

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akte der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 19 ff FGG als Beschwerde eröffnet. Ob es überhaupt zulässig ist, kann letztlich dahinstehen; denn jedenfalls ist es nicht begründet.

Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels ergeben sich zum einen daraus, dass der Vater persönlich mit seiner Schrift vom 12. Januar 1994 an den amtierenden Amtsrichter unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung erklärt hat, er "respektiere diese Entscheidung", wenn er sie auch nicht verstehen könne. Er hat diese Erklärung verbunden mit der Anfrage an den amtierenden Amtsrichter, wer seiner Auffassung zufolge dem Kind und ihm unter den obwaltenden Umständen noch weiterhelfen könne und schließlich den amtierenden Amtsrichter um Mithilfe gebeten, "eine einvernehmliche Lösung" zu finden. Solcher Art Erklärungen lassen darauf schließen, dass es dem Beteiligten zu 2. an einem Beschwerdewillen überhaupt fehlt. Denn wer erklärt, er respektiere eine gerichtliche Entscheidung, nehme sie also so, wie sie getroffen worden ist, hin und mit dieser Erklärung das Ansinnen verbindet, ihm möge Hilfe zu teil werden, um die bestehenden Konflikte auf andere (als gerichtliche) Art und Weise zur Lösung zu bringen, gibt damit zu erkennen, dass ihm an einer Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens und an einer Überprüfung der getroffenen (amtsgerichtlichen) Entscheidung durch das im Instanzenzug übergeordnete Gericht nicht gelegen ist und setzt sich zumindest in Widerspruch zu einer ungeachtet dessen durch seine Verfahrensbevollmächtigten eingelegten Beschwerde, die das Ziel der Abänderung der getroffenen Entscheidung verfolgt.

Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels ergeben Sich auch daraus, dass die mit der Beschwerde begehrte Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht mit dem erstinstanzlichen Begehren des Beteiligten zu 2. in voller Übereinstimmung steht. Denn während er erstinstanzlich in erster Linie die Zustimmung der Beteiligten zu 1. zur Durchführung einer Familientherapie und, so diese erfolgreich sei, das Umgangsrecht mit xx begehrt hat, verfolgt er nunmehr mit der Beschwerde die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens über die Förderlichkeit des Umgangs mit sowie die Einräumung der Befugnis zum persönlichen Umgang entsprechend den Feststellungen des einzuholenden Sachverständigengutachtens. Ob sich solcher Art Antragsänderung im Beschwerdeverfahren als zulässig erweist, kann letztlich ebenso wie die Zulässigkeit der Beschwerde im übrigen dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls erweist sich das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. als nicht begründet.

Denn weder ist ihm ein Umgangsrecht mit xx zu gewähren noch ist die Beteiligte zu 1. zu verpflichten, quasi zur Vorbereitung eines Umgangsrechts ihre Zustimmung zur Durchführung einer Familientherapie zu erteilen noch sind sonst weitere amtswegige Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens veranlasst.

Gemäß §§ 1705, 1711 BGB bestimmt die Mutter als Inhaberin des Personensorgenrechtes den Umgang des nichtehelich geborenen Kindes mit dem Vater. Nach § 1711 Abs. 2 BGB kann das Vormundschaftsgericht dann, wenn ein persönlicher Umgang mit dem Vater dem Wohle des Kindes dient, entscheiden, dass dem Vater die Befugnis zum persönlichen Umgang zusteht. Das Umgangsrecht des Kindes mit dem Vater dient dem Kindeswohl nicht schon dann, wenn es ihm "entspricht" oder nur "nicht widerspricht", sondern es muss im eigentlichen Sinne dem Kindeswohl nützlich und förderlich und für das Kind seelisch notwendig sein. Maßgebend hierfür ist stets eine Betrachtung aus der Situation des Kindes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Zu berücksichtigen ist z.B., aus welchen Gründen der Vater den Kontakt mit dem Kinde erstrebt, ob er also aus innerer Anteilnahme und echter Zuneigung gesucht wird oder ob sachfremde Motive eine Rolle spielen wie insbesondere auch das Verhältnis der Eltern zueinander nicht unberücksichtigt bleiben kann (vgl. zu Vorstehendem Münchener Kommentar-Hinz, BGB, § 1711 Anm. 7; Palandt-Diederichsen, BGB, 50. Aufl., g 1711 Anm. 3 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Vormundschaftsgericht zu Recht den - letztlich im Vordergrund stehenden - Antrag des Vaters, ihm ein Umgangsrecht mit xx zu gewähren, zurückgewiesen. Auch nach Ansicht der Kammer kann nicht gesagt werden, dass ein Umgangsrecht bzw. auch schon nur eine ein solches Umgangsrecht vorbereitende Therapie dem Wohle des Kindes dienen würde. Zur Vermeidung von bloßen Wiederholungen nimmt die Kammer, Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die sie in vollem Umfang für zutreffend erachtet. Zusammenfassend lassen sich die Gründe, die die Feststellung rechtfertigen, dass ein Umgangsrecht des Vaters dem Wohle von xx nicht dient, wie folgt darstellen:

Ins Gewicht fallend ist, dass das Verhältnis zwischen den Kindeseltern in erheblicher Weise spannungs- und emotionsgeladen sowie von einer tiefen Abneigung der Beteiligten zu 1. zu dem Beteiligten zu 2. geprägt ist. Das hat sich nicht nur bei der vom Amtsgericht durchgeführten persönlichen Anhörung gezeigt, sondern tritt zudem in den Schriftsätzen der Beteiligten deutlich zutage. Beziehungen der Kindeseltern bestehen seit mehr als fünf Jahren nicht mehr, nennenswerte persönliche Kontakte haben in diesem Zeitraum zwischen ihnen nicht mehr stattgefunden: Es liegt nahe, dass eine derartige gestörte Beziehung zwischen den Kindeseltern, wie sie hier gegeben ist, auch negative Auswirkungen auf das Kindeswohl im Falle eines Umgangsrechts des Vaters hat. Das findet seine Bestätigung in dem Ergebnis der persönlichen Anhörungen des Kindes durch das Amtsgericht am 8. Dezember 1993 und 9. November 1992. Andererseits fällt entscheidungserheblich ins Gewicht, dass der Beteiligte zu 2. faktisch seit ca. 2 1/2 Jahren keinen Kontakt mehr zu xx gehabt hat, wobei es auf die näheren Umstände, die diese Tatsache begründen, jedenfalls aus der Sicht des Kindeswohls entscheidend nicht ankommt. Nicht zuletzt auch vor diesem Hintergrund ist die Kammer durchaus davon überzeugt, dass ein Umgangsrecht nicht nur dem Kindeswohl nicht dient, sondern gar mit dem Wohl von              xx nicht vereinbar ist. Die Kammer vermag diese Überzeugung schon aus den sämtlichen Umständen des vorliegenden Falles zu gewinnen, ohne dass es der Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens noch bedürfte., Der Vater selbst hat zumindest im erstinstanzlichen Verfahren solcher Art Einschätzung geteilt, indem er in erster Linie die Beteiligte zu 1. verpflichtet sehen wollte, zur "erfolgreichen Wiederanbahnung der Vater-Kind-Kontakte" der Durchführung einer Familientherapie zuzustimmen. Solches Begehren erweist sich indes als nicht begründet, es steht mit der derzeitigen Gesetzeslage (§ 1711 Abs. 1 BGB), wonach die Mutter als Inhaberin des Personensorgerechtes den Umgang des nichtehelichen geborenen Kindes mit dem Vater bestimmt, entgegen. Andererseits gibt § 1711 Abs. 2 BGB dem Kindesvater keinen Anspruch darauf, dass das Kind familientherapeutisch auf einen späteren Umgang mit dem Vater dergestalt und so lange vorbereitet wird, bis Schäden für das Kindeswohl nicht mehr zu befürchten stehen.

Welche Umstände im Einzelnen schließlich die Spannungen und Störungen in dem Verhältnis zwischen den Kindeseltern begründet haben, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Belang, wie es auch nicht entscheidend darauf ankommt, an welchem Ort, in welchem zeitlichen Umfang und unter welchen Voraussetzungen ein Umgangsrecht ausgeübt werden könnte, so dass es auch insoweit der Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens nicht bedarf.

Bei dieser Sachlage hatte es bei dem angefochtenen Beschluss zu verbleiben und war das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2., wie geschehen, zurückzuweisen.

Die Kammer sah keine Veranlassung, die Beteiligten erneut anzuhören. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine erneute Anhörung der Kindeseltern sowie des Kindes neue, insbesondere dem Beteiligten zu 2. günstigere Erkenntnisse erbringen könnte, nachdem das Amtsgericht die Beteiligten und das Kind zuletzt erst in vorangegangenen Monat angehört hat.

Die Verpflichtung des Vaters zur Tragung der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens folgt unmittelbar aus § 131 Abs. 1 KostO. Es bestand kein Anlass, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000,-- DM.

Meta

6 T 35/94

21.01.1994

Landgericht Wuppertal 6. Zivilkammer

Beschluss

Sachgebiet: T

Zitier­vorschlag: Landgericht Wuppertal, Beschluss vom 21.01.1994, Az. 6 T 35/94 (REWIS RS 1994, 7)

Papier­fundstellen: REWIS RS 1994, 7

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