Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2002, Az. 2 StR 402/02

2. Strafsenat | REWIS RS 2002, 97

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BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEIL2 StR 402/02vom18. Dezember 2002in der Strafsachegegenwegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u. a.- 2 -Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Dezem-ber 2002, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin am BundesgerichtshofDr. Rissing-van Saan,die Richterin am BundesgerichtshofDr. Otten,die Richter am BundesgerichtshofRothfuß,Prof. Dr. Fischer,die Richterin am BundesgerichtshofRoggenbuck,Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des LandgerichtsBonn vom 25. Juni 2002 wird mit der Maßgabe als unbegründetverworfen, daß das angefochtene Urteil im Schuldspruch dahinberichtigt wird, daß das Wort —schwerenfi vor den Worten —sexu-ellen Mißbrauchs eines Kindesfi entfällt.Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels unddie dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fischweren sexuellenMißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Schutz-befohlenen in vier Fällen ..., davon in zwei Fällen weiter tateinheitlich mit sexu-eller Nötigungfi unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des AmtsgerichtsNürnberg vom 11. Dezember 2001 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von siebenJahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hatkeinen Erfolg.- 4 -Nach den Feststellungen entschloß sich der Angeklagte im Jahre 1997,sich seinem damals etwa viereinhalb Jahre alten Sohn A. sexuell zu nä-hern. An einem Wochenende begab er sich mit A. zu einem stillgelegtenEisenbahnwaggon, wo sich der Junge auf eine Couch legen mußte. Der Ange-klagte klemmte die Arme des Jungen in die Polsterzwischenräume, um seinenWiderstand zu brechen, und vollzog sodann ungeschützten Analverkehr biszum Samenerguß. An weiteren Wochenenden hatte er mit dem Kind einmal imelterlichen Schlafzimmer und einmal in dessen Kinderzimmer ungeschütztenAnalverkehr bis zum Samenerguß. Ein anderes Mal drückte der Angeklagteden Rücken des Kindes im Badezimmer der elterlichen Wohnung nach vornüber den Badewannenrand, um in dieser Stellung den Analverkehr auszuüben.Ein Entkommen des Kindes verhinderte der Angeklagte, indem er dessen Armean den Handgelenken ergriff und über dem Rücken verschränkt zusammen-hielt. In dieser Position vollzog er wiederum den ungeschützten Analverkehr biszum Samenerguß, wobei das Kind weinte und schrie. A. erlitt durch die-sen Analverkehr eine blutende Verletzung am After.1. Die Überprüfung des Urteils führt lediglich zur Berichtigung desSchuldspruchs. Nach dem hier zur Anwendung kommenden § 176 Abs. 3 a. F.StGB war der schwere sexuelle Mißbrauch von Kindern nicht als eigenständi-ger Tatbestand ausgestaltet, sondern nach dem Prinzip der besonders schwe-ren Fälle mit Regelbeispielen. Die Bewertung der Tat als schwerer Fall ist des-halb nicht in den Urteilsspruch aufzunehmen (vgl. BGHSt 23, 254, 256; 27,287, 289; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 260 Rdn. 25 m.w.N.). Imübrigen hat die Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch keinen Rechtsfehlerzum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).- 5 -2. Auch der Strafausspruch hält der rechtlichen Überprüfung stand. DerErörterung bedarf nur Folgendes:Die Strafkammer hat strafschärfend gewertet, daß der Angeklagte denAnalverkehr mit A. ohne Verwendung eines Kondoms vollzogen und ihndamit der Gefahr der Übertragung von Krankheiten ausgesetzt hat. DieseWertung ist entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts, der im UrteilFeststellungen zu eigenen Erkrankungen des Angeklagten oder zu Kontaktenzu Partnern mit übertragbaren Krankheiten sowie zu den Vorstellungen desAngeklagten hinsichtlich der Möglichkeiten einer Übertragung vermißt, nicht zubeanstanden.a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daßbei einer Vergewaltigung der Vollzug des Geschlechtsverkehrs ohne Verwen-dung eines Kondoms und mit Samenerguß in die Scheide straferschwerendberücksichtigt werden kann (vgl. BGHSt 37, 153; BGHR StGB § 46 Abs. 3 Ver-gewaltigung 5; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Strafzumessung 10 und 11; BGHNStZ 1999, 505). Erschwerend wirkt sich dabei insbesondere die Gefahr einerunerwünschten Schwangerschaft aus oder der Umstand, daß eine solche Tat-ausführung mit der erhöhten Gefahr einer Infektion verbunden sein kann.Bei der Ausübung des ungeschützten Analverkehrs besteht zwar nichtdie Gefahr einer unerwünschten Schwangerschaft, die Gefahr einer Übertra-gung von sexuell übertragbaren Krankheiten besteht jedoch in erhöhtem Maße,weil es in diesem Bereich besonders leicht zu blutenden Verletzungen kommenkann. Auch in diesen Fällen trifft den Täter daher grundsätzlich ein erhöhter- 6 -Schuldvorwurf, der vom Tatrichter straferschwerend berücksichtigt werdenkann.b) Dies gilt gerade auch im vorliegenden Fall. Denn die Gefahr, daß derAngeklagte seinen Sohn mit einer sexuell übertragbaren Krankheit infizierenkonnte, ist schon nach den Feststellungen zur Person des Angeklagten und zurVorgeschichte der Taten ausreichend belegt. Der Angeklagte spritzte im Jahre1997 Heroin; sein Verbrauch steigerte sich auf bis zu einem Gramm täglich.Seine Ehefrau, die tablettenabhängig war, starb im Jahr 2001 an einer Überdo-sis Rauschgift. Im Drogenmilieu, dem beide Eheleute zur Tatzeit angehörten,sind HIV-Infektionen und andere über Blutkontakte übertragbare Krankheitenweit verbreitet. Die Eheleute waren mit der Pflege und Versorgung ihrer Kinder,auch der Gesundheitsvorsorge, überfordert, so daß ihnen bereits im Jahre1995 die elterliche Sorge für F. , A. und J. entzogen wordenwar. Der Angeklagte sah A. nur bei Wochenendbesuchen. Angesichtsdieser Familienverhältnisse lag eine Fallgestaltung, wonach die Ansteckungmit einer Krankheit durch den Angeklagten ausgeschlossen war, so fern, daßder Tatrichter dem nicht näher nachzugehen brauchte.- 7 -Die Umstände, die die Gefahr der Übertragung einer Krankheit begrün-deten, waren dem Angeklagten bekannt; der ungeschützt ausgeübte Analver-kehr ist ihm deshalb schulderhöhend vorzuwerfen.Rissing-van Saan Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck

Meta

2 StR 402/02

18.12.2002

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2002, Az. 2 StR 402/02 (REWIS RS 2002, 97)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 97

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