Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2006, Az. 3 StR 366/06

3. Strafsenat | REWIS RS 2006, 648

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 366/06 vom 23. November 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen erpresserischen Menschenraubs u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 23. November 2006, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.]als Vorsitzender, die [X.] am [X.] Pfister, von [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.], [X.] als Vertreter der [X.]schaft, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten B. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 10. Mai 2006 dahin geändert, dass a) die Angeklagten statt wegen versuchter schwerer [X.] Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körper-verletzung und mit Freiheitsberaubung wegen erpresse-rischen Menschenraubs in Tateinheit mit versuchter [X.] schwerer räuberischer Erpressung und mit ge-fährlicher Körperverletzung verurteilt werden; b) bei den Angeklagten [X.]und [X.] die Ein-beziehung des Urteils des [X.] vom 19. April 2005 entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Die Staatskasse hat die Kosten des Revisionsverfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: [X.] Das [X.] hatte die Angeklagten mit Urteil vom 19. April 2005 in einem ersten Durchgang im Fall I[X.] 2 der Urteilsgründe ([X.] - 4 - versuch zum Nachteil des [X.]am 19. Januar 2003) der versuch-ten räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Es hatte wegen dieser und einer weiteren abgeurteilten Tat unter Einbeziehung verschiedener Vorverurteilungen gegen den [X.]eine Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und gegen den Ange-klagten [X.] eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Mona-ten verhängt. Der Angeklagte [X.] , dem lediglich die Tat vom 19. Januar 2003 zur Last liegt, hatte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Mona-ten erhalten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat mit Urteil vom 6. Oktober 2005 den Schuldspruch wegen der Tat vom 19. Januar 2003 sowie die hierdurch betroffenen Strafaussprüche aufgehoben und die Sache in [X.] Umfang zurückverwiesen. Dabei hat er insbesondere beanstandet, dass die Voraussetzungen der Qualifikationstatbestände des § 250 Abs. 1 Nr. 1 a und Abs. 2 Nr. 1 StGB und des Tatbestands des erpresserischen Menschen-raubs nach § 239 a StGB unzureichend geprüft worden waren. 2 Im zweiten Durchgang hat eine andere [X.] des [X.] nunmehr eine versuchte schwere räuberische Erpressung nach §§ 253, 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung angenommen, jedoch das Vorliegen eines erpresseri-schen Menschenraubs verneint. Die verhängten Strafen hat es ermäßigt, und zwar bei [X.]auf drei Jahre und sechs Monate, bei [X.] auf drei Jahre und drei Monate und bei [X.]auf ein Jahr und vier Monate. 3 Hiergegen richtet sich die erneute Revision der Staatsanwaltschaft, die sich mit der Sachrüge insbesondere gegen die Verneinung des Tatbestandes 4 - 5 - des § 239 a StGB, die Beweiswürdigung hinsichtlich des Tatmotivs und gegen die Annahme eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB richtet. I[X.] Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs, im Übrigen ist es unbegründet. 5 1. Die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung des [X.]s zum festgestellten Tatmotiv zeigen keinen Rechtsfehler auf. [X.] war die [X.] nicht gehalten, sich mit den - aufgehobenen und [X.] rechtlich nicht mehr existenten - Feststellungen des [X.] im ersten Durchgang beweiswürdigend auseinanderzusetzen. Dies wäre im Gegenteil rechtsfehlerhaft gewesen. Im Übrigen finden sich auf [X.] durchaus [X.] dazu, weshalb das [X.] dem Zeugen V. teilweise nicht geglaubt hat. 6 2. Dagegen hält die rechtliche Würdigung im Hinblick auf den Tatbestand des erpresserischen Menschenraubs nach § 239 a Abs. 1 StGB erneut der Nachprüfung nicht stand. Die [X.] hätte die Angeklagten wegen die-ses Delikts auf der Grundlage des von ihr festgestellten Sachverhalts verurtei-len müssen. 7 a) Dass eine stabile [X.] im Sinne des § 239 a Abs. 1 StGB bereits in der Wohnung des [X.] gegeben war, in die die Angeklagten das Opfer mit einer List gelockt, es geschlagen, bedroht, mit der Geldforderung konfrontiert und längere Zeit festgehalten haben, hat das [X.] nicht in Frage gestellt. Allerdings hat es die Voraussetzungen dieses Tatbestandes ver-neint, weil die Angeklagten sich nicht vorgestellt hätten, dass das Opfer den gesamten Betrag von 270 • bei sich hat, und somit die erstrebte [X.] - 6 - verfügung nicht während der [X.] erfolgen sollte. [X.] davon, dass eine solche - hier auch nicht belegte - Feststellung bei einem Drogenhändler nicht gerade nahe liegt, setzt sich die [X.] nicht [X.] auseinander, ob die Angeklagten sich nicht vorgestellt hatten, auf ihre For-derung noch an Ort und Stelle wenigstens einen Teilbetrag zu bekommen (den das Opfer tatsächlich bei sich hatte, jedoch vor den Angeklagten verbergen konnte). Denn bereits dann wäre der erforderliche funktionale und zeitliche Zu-sammenhang zwischen der [X.] und der beabsichtigten Erpres-sung ([X.], 2171 f.) gegeben. b) Einer Aufhebung des Urteils zur Klärung dieser Frage bedarf es [X.] nicht, da die Voraussetzungen des erpresserischen Menschenraubs nach § 239 a Abs. 1 StGB jedenfalls im Hinblick auf das festgestellte nachfolgende Verschleppen des Opfers zu einem Geldautomaten gegeben sind. Denn [X.], dass die Angeklagten das Opfer durch den mit einem Messer [X.] Mitangeklagten [X.] haben begleiten lassen, sollte nach ihrer Vor-stellung die [X.] bis zur erfolgreichen Abhebung des geforder-ten Betrags am Geldautomaten aufrechterhalten und nicht - wie das [X.] meint - "aufgelöst" werden. Denn auch in der Begleitung eines Opfers durch einen physisch überlegenen Bewacher, der wie hier entschlossen ist, et-waige Fluchtversuche zu unterbinden, liegt eine solche [X.] ([X.], 448). Diese setzt entgegen der Auffassung des [X.] keine so umfassende Sicherung voraus, dass eine Schutz- oder Fluchtmöglichkeit "ausgeschlossen" ist. Deshalb besagt auch der Umstand, dass dem Opfer beim Verlassen des Aufzugs wegen der zufälligen Anwesenheit von hilfsbereiten [X.] die Flucht gelungen ist, nicht, dass vorher keine physische Beherrschung durch den mit einem Messer bewaffneten Bewacher vorgelegen hätte. 9 - 7 - 3. Da die Feststellungen zur Tatphase der Verschleppung des Opfers zum Geldautomaten rechtsfehlerfrei getroffenen worden sind und für eine Ver-urteilung wegen erpresserischen Menschenraubs nach § 239 a Abs. 1 StGB ausreichen, hat der Senat den Schuldspruch selbst entsprechend geändert. Dem steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen, da der erforderliche rechtliche Hinweis bereits in der Entscheidung des Senats vom 6. Oktober 2005 enthalten war. 10 Der Schuldspruch wegen Freiheitsberaubung entfällt, weil durch den [X.] des § 239 a Abs. 1 StGB der des § 239 StGB verdrängt wird. Den Qualifikationstatbestand der §§ 253, 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat der Senat in der Entscheidungsformel als besonders schwere räuberische Erpres-sung bezeichnet, damit der gegenüber der milderen Qualifikation des § 250 Abs. 1 StGB höhere Unrechtsgehalt deutlich wird (vgl. [X.]R StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; [X.], 328 f.). 11 4. Soweit die Revision die Annahme eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB beanstandet, erschöpft sie sich in der bloßen Behauptung der Fehlerhaftigkeit. 12 5. Der Senat sieht trotz der vorgenommenen Schuldspruchänderung von der Aufhebung des Strafausspruchs ab. Die [X.] hat zwar relativ milde Strafen verhängt, diese aber insbesondere mit den im zweiten Durchgang "unumwunden und ohne massive Entlastungstendenzen" abgelegten [X.], der gezeigten Reue, der zwischenzeitlichen positiven Entwicklung und der langen Verfahrensdauer rechtsfehlerfrei begründet. Bei einer erneuten Auf-hebung im Strafausspruch würden im dritten Durchgang der höheren [X.] aus § 239 a Abs. 1 StGB die dann noch weiter verlängerte [X.] - 8 - dauer und die damit verbundene zusätzliche Belastung gegenüber stehen. [X.] diesen Umständen schließt der Senat aus, dass eine neu entscheidende [X.] einen minder schweren Fall nach § 239 a Abs. 2 StGB vernei-nen und im Ergebnis höhere Strafen verhängen würde. II[X.] Soweit das [X.] bei den Angeklagten [X.]und [X.]

in die Schuldsprüche die bereits nach dem ersten Durchgang rechtskräftig gewordene Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tatein-heit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat vom 2. Januar 2003) aufgenommen hat, war dies ausreichend. Eine zusätzliche "Einbeziehung" dieses bereits [X.] rechtskräftig gewordenen Teils nach § 55 StGB bzw. § 31 JGG war dage-gen nicht veranlasst, da es sich insgesamt um ein einheitliches Verfahren han-delt (vgl. [X.], [X.]. vom 25. Juni 2004 - 2 [X.]; zit. bei [X.], StGB 53. Aufl. § 55 Rdn. 3). [X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Da das Strafmaß unverändert bleibt, erscheint es unbillig, die Angeklagten mit einem Teil der Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu belasten. 15 [X.] Pfister von [X.] [X.] [X.]

Meta

3 StR 366/06

23.11.2006

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2006, Az. 3 StR 366/06 (REWIS RS 2006, 648)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 648

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.