Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2011, Az. V ZB 255/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10025

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 255/10 vom 27. Januar 2011 in dem Rechtsstreit - 2 -

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 27. Januar 2011 durch [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.], [X.] Czub und [X.] und die Richterin Dr. [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 18. August 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die außer-gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.600 •. [X.] Den Klägern gehören 8,92/1.000stel Anteile an einer Tiefgarage. Die [X.] sind die übrigen [X.]. Die Tiefgarage ist Teil einer Gesamtan-lage von drei jeweils in Wohnungseigentum aufgeteilten Wohnhäusern. Eine dieser Wohnungseigentümergemeinschaften beschäftigte bis Ende 2006 einen eigenen Hausmeister, der zu dieser Zeit kündigte. Die übrigen drei Gemein-schaften hatten einen gemeinsamen Hausmeister. Dieser wurde ab dem [X.] - 3 -

nuar 2007 für alle vier Gemeinschaften als Hausmeister eingestellt, und zwar durch einen zwischen ihm und der Verwalterin der vier Gemeinschaften sowie den vier Verwaltungsbeiratsvorsitzenden geschlossenen Vertrag. Die Eigentü-merversammlung der [X.]gemeinschaft vom 24. Juni 2008 stimmte unter [X.] 6 a diesem Vertrag und unter [X.] 6 b der in dem Anstellungsvertrag vorgesehenen Kostenverteilung unter den vier Gemeinschaften zu. Auf die [X.]gemeinschaft entfallen etwa 3.000 • jährlich, nämlich 7,13 % der Hausmeisterkosten von insgesamt 45.000 • jährlich. Gegen diese Beschlüsse wenden sich die Kläger mit der Anfechtungs-klage und machen geltend, das Gehalt des Hausmeisters sei überhöht, es fehle an einer Ausschreibung und der Vertrag sei wegen der Beteiligung von vier Ar-beitgebern insgesamt streitträchtig. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das [X.] als unzulässig verworfen. Hierge-gen wenden sich die Kläger mit der Rechtsbeschwerde. 2 I[X.] Das Berufungsgericht meint, die Beschwer der Kläger übersteige 600 • nicht. Selbst wenn man die gesamten auf die [X.]gemeinschaft ent-fallenden Hausmeisterkosten für maßgeblich halte, liege der 3,5-fache Jahres-betrag des Anteils der Kläger unter diesem Betrag. Die Gesamtkosten des Hausmeisters in Höhe von 45.000 • könnten nicht als Bemessungsgrundlage dienen. Ob die [X.]gemeinschaft insoweit als Gesamtschuldnerin hafte, könne offen bleiben. Denn eine Heranziehung für die Hausmeisterkosten der gesamten Wohnanlage sei insbesondere deshalb theoretischer Natur, weil der mit dem Hausmeister geschlossene Vertrag die Möglichkeit der Teilkündi-gung einer Gemeinschaft vorsehe. 3 - 4 -

II[X.] [X.] hat Erfolg. Ein Zulassungsgrund ist gegeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Entscheidung des [X.] erfordert. Das Berufungsgericht hat den Klägern den Zugang zu dem von der Zivilpro-zessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. [X.] 77, 275, 284) und eröffnet die Rechts-beschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (Senat, Beschluss vom 23. Ok-tober 2003 - [X.], [X.], 367, 368 mwN). 4 1. Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Berufungsgericht die Beschwer in entsprechender Anwendung von § 9 ZPO ermittelt. Maßgeblich ist das [X.] der Kläger an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat, [X.] vom 17. September 1992 - [X.], [X.], 216; Suilmann, in: [X.], WEG, 2. Aufl., § 49 a GKG Rn. 1). Gemäß § 2 ZPO bemisst sich die Beschwer auch im Beschlussanfechtungsverfahren nach den §§ 3 bis 9 ZPO. Die Kläger wenden sich insgesamt gegen die Zustimmung der [X.]-gemeinschaft zu dem Vertrag wegen der Beteiligung von mehreren Arbeitge-bern, nicht nur wegen der aus ihrer Sicht überhöhten Kosten. Weil der Vertrag Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen begründet, ist die Zustimmung zu dem Vertragsschluss den von § 9 ZPO geregelten Fällen gleichzusetzen. 5 2. In Anwendung von § 9 ZPO durfte das Berufungsgericht nicht offen lassen, ob der Vertrag eine gesamtschuldnerische Haftung oder nur eine [X.] der [X.]gemeinschaft begründet. Im Falle einer [X.] ist nämlich der Anteil der Kläger an dem 3,5-fachen Jahresbetrag des gesamten [X.] maßgeblich. Dann errechnet sich eine 600 • [X.] - 5 -

bersteigende Beschwer im Sinne von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beschwer kann nicht, wie das Berufungsgericht meint, wegen der vertraglich vorgesehe-nen Möglichkeit der Teilkündigung auf den Anteil der [X.]gemein-schaft im Innenverhältnis reduziert werden. Unbefristete Dienstverträge sind nämlich regelmäßig kündbar; gleichwohl erklärt § 9 Satz 1 ZPO den 3,5-fachen Jahresbetrag der Dienstbezüge für maßgeblich. Ebenso wenig kann die [X.] Wahrscheinlichkeit der gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme zu einer geringeren Bemessung der Beschwer führen. § 9 ZPO eröffnet nicht in gleicher Weise wie § 3 ZPO einen richterlichen Ermessensspielraum in wirtschaftlicher Hinsicht. Die darin enthaltene normative Streitwertbestimmung soll eine aus-schließlich auf die konkreten Interessen des [X.] bezogene Bewertung [X.] vermeiden (vgl. Musielak/[X.], ZPO, 7. Aufl., § 3 Rn. 2 und § 9 Rn. 1). Der Gesetzgeber hat zum Zwecke der Vereinfachung unter anderem eine typi-sierende Bewertung von bestimmten Rechtsstreitigkeiten vorgenommen, die sich aus Dauerschuldverhältnissen ergeben. 3. Der Senat kann über die Zulässigkeit der Berufung abschließend [X.], weil das Berufungsgericht die erforderliche Auslegung des [X.] unterlassen hat und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Die Verwerfung der Berufung erweist sich auch im Ergebnis als rechtsfeh-lerhaft. Die durch den gemeinsamen Verwalter vertretenen und einheitlich als —[X.] bezeichneten Gemeinschaften sind mit dem Vertrag eine gemein-schaftliche vertragliche Verpflichtung eingegangen. Nach der Auslegungsregel des § 427 BGB begründet dies eine Gesamtschuld, weil die Auslegung des Vertrags gemäß §§ 133, 157 BGB keine ausdrückliche Vereinbarung einer [X.] ergibt. Dagegen spricht aus Sicht des Vertragspartners schon, dass das Gehalt in einem Gesamtbetrag zugesagt wurde und die Rechte und Pflichten des —Arbeitgebersfi ohne Rücksicht auf die Aufspaltung in mehrere Gemein-schaften geregelt wurden, wie zum Beispiel der vereinbarte Abschluss einer 7 - 6 -

Haftpflichtversicherung durch —den [X.] in § 1 Nr. 6 des Vertrages. Vor diesem Hintergrund erlaubt auch die Vereinbarung des Verteilungsschlüssels zwischen den Gemeinschaften in § 4 Nr. 3 i.V.m. Anlage III des Vertrags nicht den Schluss auf eine Teilschuld. Sie bezieht sich, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht ausführt, nach dem Gesamtzusammenhang lediglich auf die Kostenver-teilung im Innenverhältnis zwischen den Gemeinschaften. Es gibt keinen An-haltspunkt dafür, dass die Vertragsparteien eventuelle Änderungen dieses Schlüssels von einer Zustimmung des Arbeitnehmers abhängig machen woll-ten. 4. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung über die Berufung der Kläger an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Über die Gerichtskos-ten für das Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Senat gemäß § 21 GKG ent-schieden. Die [X.] beruht auf §§ 47, 49 a GKG. 8 [X.] [X.] Czub
Roth [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.03.2009 - 3 [X.]/08 - [X.], Entscheidung vom 18.08.2010 - 11 S 73/09 -

Meta

V ZB 255/10

27.01.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2011, Az. V ZB 255/10 (REWIS RS 2011, 10025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10025

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