Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.06.2019, Az. V R 51/17

5. Senat | REWIS RS 2019, 6512

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Gegenstand

Fortgesetzte Tätigkeit in der Insolvenz


Leitsatz

Ist bei einer Tätigkeit ohne Wissen und Billigung des Insolvenzverwalters unklar, ob es sich umsatzsteuerrechtlich um eine solche des Insolvenzschuldners handelt, entsteht keine Masseverbindlichkeit .

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11.10.2017 - 9 K 3566/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Antrag, [X.] zum Verfahren beizuladen, wird abgelehnt.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]er Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Insolvenzverwalter in dem im Juli 2012 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des früheren Steuerberaters [X.], der seitdem rechtskräftig mit einem [X.]erufsverbot belegt war. Für seine frühere Kanzlei wurde Steuerberater [X.] im Oktober 2012 als Vertreter und später als [X.]raxisabwickler bestellt.

2

Im Rahmen einer bei der [X.]-[X.] ([X.]) durchgeführten [X.] kam das Finanzamt [X.] zu dem [X.]rgebnis, dass die [X.] keinen Geschäftsbetrieb entfaltet habe und steuerpflichtige Umsätze dem [X.] als [X.]inzelunternehmer, nicht aber der [X.], zuzurechnen seien. Hiervon abweichend war das Finanzamt für [X.] und Steuerfahndung [X.] der Auffassung, dass diese Umsätze nicht dem [X.], sondern der [X.] zuzuordnen seien, weil diese im Außenverhältnis gegenüber den Mandanten als Vertragspartner aufgetreten sei.

3

[X.]a weder der Kläger als Insolvenzverwalter noch der Kanzleivertreter des Insolvenzschuldners im Streitjahr Umsätze ausführten, gab der Kläger keine Umsatzsteuererklärung 2012 ab. [X.]ine Freigabe von Vermögen i.S. des § 35 Abs. 2 der Insolvenzordnung ([X.]) erklärte der Kläger gegenüber dem Insolvenzschuldner nicht.

4

[X.]ntsprechend der Rechtsauffassung der [X.] des Finanzamts [X.] ging der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass nicht die [X.], sondern der Insolvenzschuldner [X.] die streitigen Umsätze ausgeführt habe. Auf der Grundlage der für die [X.] eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen schätzte das [X.] die Umsatzsteuer 2012 mit [X.]escheid vom 15.10.2014 auf 6.330,41 € und ging vom Vorliegen einer Masseverbindlichkeit aus.

5

Nach erfolglosem [X.]inspruchsverfahren gab das Finanzgericht ([X.]) der Klage statt. Nach dem in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2018, 149 veröffentlichten Urteil habe das [X.] zu Unrecht eine Masseverbindlichkeit gegen den Kläger festgesetzt. Aus § 35 Abs. 1 [X.] folge nicht, dass ein Umsatzsteueranspruch des [X.] gegen die [X.] oder gegen [X.] eine Masseverbindlichkeit darstelle. Nach der Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) liege eine Masseverbindlichkeit nach § 55 [X.] bei einem Unterlassen des Insolvenzverwalters nur vor, wenn er eine Amtspflicht zum Tätigwerden verletzt habe. [X.]abei könne es dahinstehen, ob die Umsätze der [X.] oder aber dem Insolvenzschuldner [X.] persönlich zuzurechnen seien. Sollten die Umsätze entsprechend der Rechtsauffassung der Steuerfahndung der [X.] zuzurechnen sein, wäre diese Gesellschaft Steuersubjekt der Umsatzsteuer, so dass ein [X.]escheid gegen den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des [X.] rechtswidrig wäre. Lägen Leistungen des [X.] vor, begründeten diese keine Masseverbindlichkeit. [X.]er Insolvenzschuldner habe eine selbständige Tätigkeit ohne Wissen und [X.]illigung durch den Insolvenzverwalter ausgeübt, wobei die [X.]rträge nicht zur Masse gelangt seien. [X.]s sei nicht feststellbar, dass der Kläger die selbständige Tätigkeit des [X.] geduldet habe. Mit seinen Aufklärungsmaßnahmen habe der Kläger den Sachverhalt feststellen wollen. [X.]s lägen keine Maßnahmen vor, mit denen der Kläger [X.]rträge aus einer selbständigen Tätigkeit zur Masse gezogen oder dies pflichtwidrig unterlassen habe. [X.]er Kläger habe aufgrund des Verschweigens durch [X.] keine Möglichkeit gehabt, einen Massezuwachs zu erlangen. Gegenteiliges folge auch nicht aus § 35 Abs. 2 [X.]. Hierdurch erweitere sich der Umfang der Masseverbindlichkeiten nach § 55 [X.] nicht in der Weise, dass Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit des Insolvenzschuldners automatisch und in jedem Falle zu Masseverbindlichkeiten werden, wenn der Insolvenzverwalter die in § 35 Abs. 2 [X.] vorgesehene [X.]rklärung nicht abgibt. In diesem Fall bleibe es bei der bereits früher bestehenden Rechtslage, nach der es zu einer Masseverbindlichkeit nur bei einer positiven Kenntnis des Insolvenzverwalters komme. [X.]iese sei nicht feststellbar. [X.]ie vom [X.] vorgebrachten Tatsachen rechtfertigten keine nach § 96 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) für eine Klageabweisung ausreichende Überzeugung, dass dem Kläger eine selbständige Tätigkeit des [X.] als [X.]inzelunternehmer bekannt war. Selbst dem [X.], das anders als der Kläger auf die [X.]rkenntnisse zweier [X.]rüfungsdienste zurückgreifen konnte, sei es nicht gelungen, herauszufinden, wer als leistender Unternehmer hinsichtlich der streitigen Umsätze anzusehen sei. [X.]em Kläger allein wegen seiner im [X.]rgebnis nicht zielführenden Aufklärungsmaßnahmen eine positive Kenntnis hiervon zu unterstellen, entbehre jeglicher Grundlage. [X.]aher führe das Unterbleiben einer [X.]rklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.], die mangels Kenntnis auch nicht abgegeben werden konnte, entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht zu einem pflichtwidrigen Unterlassen, mit der Folge, dass allein aus diesem Grunde losgelöst von den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] das Vorliegen einer Masseverbindlichkeit zu bejahen sei. Auf dieser Grundlage komme es auf eine weitere [X.]eweiserhebung und [X.]eiladungen nicht an.

6

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision. Aufgrund einer unterbliebenen Freigabe nach § 35 Abs. 2 [X.] seien Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] entstanden, wie sich aus der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs ([X.]GH) ergebe. [X.]er Insolvenzverwalter habe eine ausreichende Kenntnis von der Tätigkeit des Insolvenzschuldners gehabt. Insoweit habe das [X.] auch zu Unrecht Zeugenvernehmungen unterlassen. Insolvenzakten hätten beigezogen werden müssen. Auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Insolvenzverwalter komme es nicht an. [X.]ine Freigabeerklärung wäre nicht unzulässig gewesen. Im Übrigen lägen auch massebezogene Verwaltungsmaßnahmen vor. Auf die [X.]raxisabwicklung komme es nicht an. Masseverbindlichkeiten würden auch bei fehlendem Massezufluss begründet. Insolvenzschuldner und [X.]raxisabwickler hätten nach § 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung [X.]) beigeladen werden müssen. [X.]er Kläger hätte eventuell auch später Gelder aus der Tätigkeit zur Masse ziehen können.

7

[X.]as [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise Herrn [X.] zum Verfahren beizuladen.

8

[X.]er Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

[X.]ie [X.] habe die Umsätze ausgeführt. [X.] sei ohne Wissen und ohne [X.]illigung des Insolvenzverwalters tätig geworden. [X.]ine [X.]flicht zum Tätigwerden habe für ihn nicht bestanden. Neuerwerb begründe nur dann eine Masseverbindlichkeit, wenn er zur Masse gelange. Alle [X.] hätten keine Klarheit gebracht. [X.] sei im Rahmen einer [X.]uldungsvollmacht für die [X.] tätig geworden. [X.]r habe kein Geld zur Masse gezogen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass keine Masseverbindlichkeit vorliegt. Ist bei einer Tätigkeit ohne Wissen und Billigung des Insolvenzverwalters unklar, ob es sich umsatzsteuerrechtlich um eine solche des Insolvenzschuldners handelt, entsteht keine Masseverbindlichkeit. Der erkennende [X.] kann dabei wie das [X.] offenlassen, ob umsatzsteuerrechtlich Leistungen der [X.] oder Leistungen des [X.] vorliegen. Denn für die der [X.] zuzurechnenden Leistungen kann kein Steuerbescheid zu Lasten der Insolvenzmasse des [X.] ergehen, während bei durch [X.] erbrachten Leistungen die Voraussetzungen für eine Steuerfestsetzung als Masseverbindlichkeit nicht vorliegen. Auch die Voraussetzungen für eine Beiladung liegen nicht vor.

1. Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

Verbindlichkeiten werden nach der Rechtsprechung des [X.] ohne Handlung des Insolvenzverwalters "in anderer Weise" begründet, wenn eine Amtspflicht zum Tätigwerden besteht ([X.]-Urteil vom 18.05.2010 - X R 11/09, [X.]/NV 2010, 2114). Wird daher eine zu steuerpflichtigen [X.]inkünften führende Tätigkeit ohne Wissen und Zutun des Insolvenzverwalters ausgeübt und gelangen die [X.]rträge nicht zur Masse, entsteht der Steueranspruch nicht als Masseverbindlichkeit ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2010, 2114). Dem schließt sich der erkennende [X.] für den Bereich der Umsatzsteuer an.

Danach hat das [X.] zu Recht entschieden, dass im Streitfall keine Masseverbindlichkeit "in anderer Weise" nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] begründet wird, wenn der Schuldner eine Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausübt und die [X.]ntgelte nicht zur Masse gelangten.

2. Abweichendes ergibt sich entgegen der Auffassung des [X.] nicht aus § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.].

a) Übt der Schuldner eine selbständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.

b) Hält der Insolvenzverwalter eine selbständige Tätigkeit des Schuldners für ertragreich, wird er sich für die Zugehörigkeit des hieraus erlangten Vermögens zur Masse entscheiden und erklären, dass Ansprüche gegen den Schuldner aus selbständiger Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Da der Verwalter mit einer (Positiv-)[X.]rklärung zugleich einer Haftung zustimmt, stellen die im Rahmen der [X.]rwerbstätigkeit des Schuldners neu begründeten Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] dar. [X.]ntscheidet sich der Verwalter gegen eine Massezugehörigkeit des Vermögenserwerbs aus freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit des Insolvenzschuldners, verzichtet er hinsichtlich des sog. Neuerwerbs endgültig auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Durch seine ausdrückliche Freigabeerklärung verhindert der Verwalter, dass weitere mit der selbständigen Tätigkeit des Schuldners verbundene Belastungen für die Masse entstehen. Falls der Insolvenzverwalter entgegen seiner [X.]rklärungspflicht keine ausdrückliche Wahl trifft, die selbständige Tätigkeit des Schuldners aber wissentlich duldet, kann sein pflichtwidriges Unterlassen ebenfalls zu Ansprüchen gegen die Masse führen. Zur Abgabe der [X.]rklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist der Verwalter allerdings verpflichtet, sobald er von der selbständigen Tätigkeit des Schuldners Kenntnis erlangt. Solange dieser allerdings ohne Wissen und Billigung des Verwalters Geschäfte tätigt, werden lediglich Neuverbindlichkeiten des Schuldners, nicht aber Masseverbindlichkeiten begründet (MünchKomm[X.]/Hefermehl, Aufl. 2013, § 55 [X.] Rz 111 ff.). [X.]in pflichtwidriges Unterlassen des Insolvenzverwalters setzt somit Kenntnis oder zumindest [X.]rkennbarkeit voraus. [X.]s entsteht daher keine Masseverbindlichkeit bei Unkenntnis des Insolvenzverwalters vom Handeln des Schuldners ([X.], in [X.], [X.], 19. Aufl. 2016, § 35 Rz 51).

c) Nach diesen Maßstäben sind durch eine selbständige Tätigkeit begründete Steuerforderungen nicht von vornherein bis zur Freigabeerklärung durch den Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] Masseverbindlichkeiten. Gleichfalls entgegen der Auffassung des [X.] steht eine unterbliebene [X.]rklärung des Insolvenzverwalters auch nicht einer "konkludenten Positiverklärung" gleich.

Stattdessen scheitert die Annahme einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unter Berücksichtigung der Wertungen des § 35 Abs. 2 [X.] im Streitfall daran, dass der Kläger als Insolvenzverwalter trotz seiner Aufklärungsmaßnahmen keine Kenntnis von umsatzsteuerrechtlich durch [X.] erbrachte Leistungen hatte, so dass für ihn keine Pflicht bestand, eine [X.]rklärung nach § 35 Abs. 2 [X.] abzugeben. Der Kläger hat weder gewusst noch gebilligt, dass [X.] umsatzsteuerrechtlich ihm zuzurechnende Leistungen erbracht hat. [X.]ine derartige Leistungstätigkeit hat er auch nicht wissentlich geduldet. Die Kenntnis von einer Tätigkeit, die der [X.] oder [X.] zuzurechnen sein könnte, reicht nach Maßgabe der im Streitfall bestehenden Besonderheiten nicht aus. Das bloße Wissen von der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des [X.] an der [X.] im Zusammenhang mit dem Berufsverbotsverfahren genügt nicht für die Annahme einer Kenntnis von einer dem [X.] umsatzsteuerrechtlich zuzurechnenden Leistungstätigkeit.

Auch aus dem vom [X.] zitierten [X.] vom 09.02.2012 - IX ZR 75/11 ([X.], 322) ergibt sich nichts Gegenteiliges, da sich der [X.] dort zur Frage von Masseverbindlichkeiten nicht äußert.

3. Auch die weiteren [X.]inwendungen des [X.] greifen nicht durch.

Soweit das [X.] vorträgt, dass für den Kläger ausreichende Anhaltspunkte für eine eigene umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit des Insolvenzschuldners vorgelegen hätten, wendet es sich gegen die für den erkennenden [X.] bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

[X.]in Verstoß gegen das Gesamtergebnis des Verfahrens nach § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O liegt nicht vor. Denn aus den vom [X.] in Bezug genommenen Aktenteilen ergibt sich nichts zu der entscheidenden Frage, ob der Insolvenzschuldner persönlich oder die [X.] umsatzsteuerrechtlich die Leistungen, für die das [X.] eine Masseverbindlichkeit geltend macht, erbracht hat und welche Vorstellung der Kläger hiervon haben musste.

Aus diesem Grund liegt auch keine entgegen § 76 [X.]O unterlassene Zeugenvernehmung vor, da die Zeugen nach den [X.] des [X.] nichts zur umsatzsteuerrechtlichen Zurechnung der Leistungen zum Insolvenzschuldner oder zur [X.] beitragen konnten. Dementsprechend waren auch nicht die Insolvenzakten beizuziehen.

Das [X.] übersieht bei seinem Vortrag, mit dem es sich insbesondere auf die einkommensteuerrechtliche Zurechnung bezieht, dass diese für die Zurechnung von Umsätzen zum leistenden Unternehmer im Umsatzsteuerrecht, die sich nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis richtet ([X.]-Urteil vom 22.11.2018 - V R 65/17, [X.][X.] 263, 90, Rz 19 f.), ohne Bedeutung ist. [X.]s ist daher unerheblich, dass der Insolvenzschuldner [X.] für Mandanten tätig geworden ist, solange nicht festgestellt werden kann, ob er diese Tätigkeit auf der Grundlage der zu den Mandanten bestehenden Rechtsverhältnisse im eigenen Namen oder im Namen der [X.] ausgeübt hat. Von danach dem Insolvenzschuldner [X.] umsatzsteuerrechtlich zuzurechnenden Umsätzen hatte der Kläger auf der Grundlage der verfahrensfrei zustande gekommenen Feststellungen des [X.] keine Kenntnis. Im Hinblick auf die unterschiedliche Würdigung durch die Finanzbehörden müsste er hiervon auch keine Kenntnis haben. [X.] ist dabei, dass er insoweit erfolglos versucht hat, Mittel zur Masse zu ziehen. Den Überlegungen des [X.] zum Vorliegen einer rückwirkenden Genehmigung durch den Kläger fehlt daher jegliche Grundlage.

4. Der Insolvenzschuldner [X.] war weder nach § 60 Abs. 3 [X.]O noch auf der Grundlage von § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zum Verfahren beizuladen. Denn im Streitfall kann die vom Insolvenzschuldner [X.] ausgeübte Tätigkeit, die nicht zur Begründung von Masseverbindlichkeiten geführt hat (s. oben [X.] und 2.), umsatzsteuerrechtlich entweder diesem oder aber der [X.] zuzurechnen sein, wie das [X.] hierzu bereits zutreffend entschieden hat. Im Streitfall ist hierüber aber nicht zu entscheiden, da unabhängig von dieser Zurechnung jedenfalls die Voraussetzungen für eine durch Steuerbescheid festzusetzende Masseverbindlichkeit nicht vorliegen (s. oben [X.] und 2.). Daher hätte nicht einmal eine Beiladung des [X.] und der [X.] dazu geführt, dass gegenüber auch nur einer dieser Personen steuerliche Folgerungen hätten gezogen werden können (vgl. hierzu Loose in Tipke/ [X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 55b). Dementsprechend fehlt es auch an einer [X.]ntscheidung, die im hier vorliegenden Verfahren gegenüber Dritten i.S. von § 60 Abs. 3 [X.]O nur einheitlich ergehen kann. Dabei hat der [X.] nicht zu entscheiden, ob der Insolvenzschuldner in einem vom Insolvenzverwalter geführten Klageverfahren überhaupt Dritter sein kann.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 51/17

06.06.2019

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 11. Oktober 2017, Az: 9 K 3566/14, Urteil

§ 174 Abs 5 S 2 AO, § 35 Abs 2 S 1 InsO, § 55 Abs 1 Nr 1 InsO, § 60 Abs 3 FGO, § 2 Abs 1 UStG 2005, UStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.06.2019, Az. V R 51/17 (REWIS RS 2019, 6512)

Papier­fundstellen: WM2020,241 REWIS RS 2019, 6512

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 75/11

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