Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.01.2011, Az. V ZR 147/10

5. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9953

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Gegenstand

Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe des überbauten Teils seines Grundstücks; Berechnung einer Überbaurente für einen vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet erfolgten Überbau


Leitsatz

1. Der Anspruch des Eigentümers nach § 985 BGB auf Herausgabe des unrechtmäßig und unentschuldigt überbauten Teils seines Grundstücks hängt nicht von der Durchsetzbarkeit seines Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung des Überbaus ab .

2. Maßgebend für die Berechnung einer Überbaurente nach § 912 Abs. 2 BGB für einen vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet erfolgten Überbau ist der Bodenwert eines im gleichen Zustand und in vergleichbarer Lage belegenen Grundstücks in den alten Ländern in dem Zeitpunkt der Grenzüberschreitung .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 29. Juni 2010 wird zurückgewiesen, soweit die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Klageantrags auf Beseitigung des auf ihrem Grundstück, H. weg 7, [X.], befindlichen Überbaus im Urteil des [X.] vom 11. Juni 2009 zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin und die [X.] der [X.] aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist seit 2004 Eigentümerin eines Grundstücks in [X.] ([X.]). Die Beklagten sind Eigentümer eines benachbarten Grundstücks, auf dem sie 1976 ein Gebäude (Garage mit Aufenthaltsraum) errichteten, das an der Straßenseite 0,5 m und an der gegenüberliegenden Seite 1,63 m auf das Grundstück der Klägerin überbaut worden ist. Die überbaute Fläche beträgt insgesamt 10,11 m

2

Die Klägerin hat mit der Klage von den Beklagten die Beseitigung des Überbaus und die Herausgabe der überbauten Fläche, hilfsweise die Zahlung einer Überbaurente von 1.920 € für die Jahre 2006 bis 2009 verlangt.

3

Die Beklagten haben sich unter anderem auf Verjährung berufen. Im Wege der Widerklage haben sie verlangt, dass die Klägerin ihnen zur Behebung von Schäden an der Garagenwand das Betreten ihres Grundstücks gestatte.

4

Das Amtsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und der Widerklage - soweit hier von Interesse - stattgegeben. Das [X.] hat die Beklagten nach dem Hilfsantrag zur Zahlung verurteilt; im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision will die Klägerin die Verurteilung der Beklagten nach ihrem Hauptantrag und die Abweisung der Widerklage erreichen. Die Beklagten wenden sich mit der [X.] gegen die dem Hilfsantrag entsprechende Verurteilung zur Zahlung einer Überbaurente.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das [X.]erufungsgericht meint, die Klage sei mit ihrem Hauptantrag unbegründet, weil ein etwaiger Anspruch auf [X.]eseitigung des Überbaus nach § 1004 [X.] verjährt sei. Der Anspruch [X.] nach §§ 195, 199 Abs. 1 [X.]. § 902 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei auf den [X.]eseitigungsanspruch nicht anzuwenden, weil er sich nicht aus dem Inhalt des Grundbuchs ergebe. Damit sei auch der von der Klägerin gleichzeitig verfolgte Anspruch auf Herausgabe der überbauten Fläche unbegründet. Zwar sei der Anspruch nach § 985 [X.] auf Grund der auf ihn anzuwendenden Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht verjährt; er könne jedoch - wenn der Anspruch auf [X.]eseitigung wegen Eintritts der Verjährung nicht mehr durchzusetzen sei - nicht verwirklicht werden.

6

Die Verjährung sei eingetreten. Da die Klägerin nach eigenem Vorbringen im Jahre 2004 Kenntnis von dem Überbau gehabt habe, sei die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2007 abgelaufen und habe durch die im Juli 2008 erhobene Klage nicht mehr gehemmt werden können.

7

[X.]egründet sei dagegen der Hilfsantrag auf Zahlung einer Überbaurente, deren Höhe entsprechend den von der [X.]eklagten nicht substantiiert bestrittenen Angaben zur Größe der überbauten Fläche und über einen Quadratmeterpreis von 4 € zu berechnen sei.

8

Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrecht sei begründet, da die Außenwand der Garage saniert werden müsse, wozu das [X.]etreten des Grundstücks der Klägerin erforderlich sei.

II.

9

Das hält rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.

A.

Zur Revision der Klägerin

1. Das gegen die Abweisung des [X.] (Abriss des Überbaus und Herausgabe der überbauten Fläche) gerichtete Rechtsmittel ist nur zum Teil begründet.

a) Rechtsfehlerfrei ist die Abweisung der Klage wegen eines [X.]eseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf Grund der von den [X.]eklagten erhobenen Verjährungseinrede.

aa) Die [X.] nach § 1004 Abs. 1 [X.] [X.]n nach dem [X.]ürgerlichen Gesetzbuch grundsätzlich in der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 [X.] von drei Jahren. Die 30jährige Frist in § 197 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gilt nur für die Ansprüche auf Herausgabe aus Eigentum (§ 985 [X.]) und anderen dinglichen Rechten, jedoch nicht für die [X.] nach § 1004 [X.] ([X.]T-Drucks. 16/6040, [X.] f.; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 197 Rn. 7; [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 12. Aufl., § 197 Rn. 5; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 197 Rn. 3).

bb) Der Verjährung unterliegt auch der Anspruch des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers auf Abwehr von Störungen in der Ausübung seiner [X.]efugnisse. Die Vorschrift des § 902 Abs. 1 Satz 1 [X.], nach der Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht [X.]n, ist auf den geltend gemachten Anspruch nicht anzuwenden.

(1) Die Auffassung des [X.]erufungsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]: Urteile vom 23. Februar 1973 - [X.], [X.], 235, 239; vom 22. Juni 1990 - [X.], NJW 1990, 2555, 2556; vom 1. Februar 1994 - [X.], [X.], 56, 63; vom 7. Juli 2000 - [X.], [X.], 2054, 2055; vom 12. Dezember 2003 - [X.], [X.], 1035, 1036 und vom 16. März 2007 - [X.], NJW 2007, 2183, 2184; [X.], Urteil vom 18. September 1986 - [X.], [X.]Z 98, 235, 241). § 902 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfasst nur die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts, jedoch nicht die der Abwehr von Störungen bei dessen Ausübung dienenden Ansprüche ([X.], Urteil vom 22. Oktober 2010 - [X.], Rn. 19, juris).

(2) An dieser Rechtsprechung wird auch unter [X.]erücksichtigung der im Schrifttum (vgl. Picker, [X.], 357, 358; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 1004 Rn. 317; [X.]/[X.], [X.], [2008], § 902 Rn. 9 und [2006], § 1004 Rn. 201 mwN; [X.], [X.] 1999, 86, 87; [X.], Sachenrecht, 4. Aufl., Rn. 1180) vorgebrachten Einwände festgehalten. Der [X.] hat dies in einem am Tage dieser Entscheidung ergangenen Urteil in der Sache [X.]/10 näher begründet; auf die dortigen Ausführungen wird [X.]ezug genommen.

cc) Nichts anderes gilt, wenn die [X.]eseitigung eines Überbaus des Nachbarn Gegenstand des Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 [X.] ist. Dieser Anspruch des Eigentümers gegen den überbauenden Nachbarn ist - anders als die Revision meint - keine unverzichtbare Voraussetzung für die Verwirklichung des dinglichen [X.] des eingetragenen Eigentumsrechts am überbauten Grundstück. Die [X.]efugnisse des Eigentümers nach § 903 [X.] sind nicht ausgeschlossen, wenn der Eigentümer den Anspruch auf [X.]eseitigung des von ihm nicht nach § 912 Abs. 1 [X.] zu duldenden Überbaus gegen den überbauenden Nachbarn nach abgelaufener Verjährungsfrist nicht mehr durchzusetzen vermag.

Dem überbauenden Nachbarn steht auch kein Recht zum [X.]esitz nach § 986 [X.] an dem überbauten Teil des Grundstücks zu (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 1958 - [X.], [X.]Z 27, 204, 206). Der auf dem Grundstück des Eigentümers errichtete Teil des [X.] ist überdies nach § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] ein wesentlicher [X.]estandteil des überbauten Grundstücks ([X.], Urteile vom 30. April 1958 - [X.], [X.]Z 27, 204, 208, vom 22. Februar 1974 - [X.], [X.]Z 62, 141, 143 und vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1982, 756), mit dem der Eigentümer gemäß § 903 [X.] grundsätzlich nach seinem [X.]elieben verfahren kann.

Dem Eigentümer verbleiben auch nach der Verjährung des [X.]eseitigungsanspruchs der nicht der Verjährung unterliegende Anspruch auf Herausgabe nach § 985 [X.] und die Ansprüche auf die durch den Nachbarn auf Grund des Überbaus gezogenen Nutzungen nach §§ 987, 988 [X.] ([X.], Urteil vom 30. April 1958 - [X.], [X.]Z 27, 204, 209). Er hat lediglich die Ausübung des Wegnahmerechts des Nachbarn nach §§ 997, 258 [X.] zu dulden ([X.], Urteil vom 26. Februar 1964 - [X.], [X.]Z 41, 157, 164). Der Nachteil für den Eigentümer, der den Anspruch auf [X.]eseitigung des Überbaus nach § 1004 Abs. 1 [X.] [X.]n lässt, besteht im Wesentlichen darin, dass er, wenn er den überbauten Teil des Grundstücks anders nutzen will und der Nachbar sein Wegnahmerecht nicht ausübt, selbst den auf seinem Grundstück befindlichen Teil des Gebäudes abzureißen hat (insofern zutreffend [X.], NJW-RR 1990, 338, 339). Die Folgen der Verjährung des [X.]eseitigungsanspruchs reichen daher nicht weiter als die der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs.

dd) Die Verjährung ist eingetreten.

(1) Die Ausführungen in dem [X.]erufungsurteil zum [X.]eginn und zum Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 [X.] sind rechtsfehlerfrei. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

(2) Der [X.], dass die Klägerin im Jahre 2004 Kenntnis von dem Überbau hatte, unter Hinweis auf schriftsätzliches Parteivorbringen bleibt ohne Erfolg. Der Einwand ist im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein das aus dem [X.]erufungsurteil und aus dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen der [X.]eurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt und die tatrichterlichen Feststellungen nach § 314 Satz 1 ZPO [X.]eweis für das mündliche Parteivorbringen erbringen ([X.], Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435 Rn. 11). Eine etwaige Unrichtigkeit der tatbestandlichen Darstellungen hätte die Klägerin in einem [X.]erichtigungsverfahren nach § 320 ZPO geltend machen müssen ([X.], Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, aaO; [X.], Urteil vom 22. Oktober 2010 - [X.], Rn. 9, juris). Das ist jedoch nicht geschehen.

b) [X.] ist jedoch die Abweisung des [X.], soweit eine Herausgabe nach § 985 [X.] verlangt wird.

aa) Der Anspruch auf Herausgabe des überbauten Teils des Grundstücks hängt nicht von der Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf [X.]eseitigung ab. Die Herausgabe des überbauten Teils des Grundstücks kann der Eigentümer auch dann verlangen, wenn der Überbau nicht entfernt wird (vgl. [X.], Urteil vom 16. Januar 2004 - [X.], [X.]Z 157, 301, 306). [X.]ei einem rechtswidrigen, nicht entschuldigten Überbau stehen die Ansprüche auf [X.]eseitigung des Überbaus nach § 1004 Abs. 1 [X.] und auf Herausgabe der überbauten Fläche nach § 985 [X.] in Anspruchskonkurrenz nebeneinander (vgl. [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 912 Rn. 10; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 912 Rn. 3; NK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 912 Rn. 75; [X.]/[X.], [X.] [2009], § 912 Rn. 74).

bb) Der Herausgabeanspruch nach § 985 [X.] hat allerdings nicht den Inhalt, den die Revision ihm beilegen will. Der Anspruch beschränkt sich darauf, dass der Nachbar seinen [X.]esitz an dem Überbau aufgibt und dem Eigentümer den [X.]esitz an dem auf seinem Grundstück stehenden Teil des Gebäudes überlässt ([X.], Urteil vom 16. Januar 2004 - [X.], aaO). Die über die Übertragung des [X.]esitzes hinausgehende Entfernung der von dem [X.]esitzer errichteten [X.]auwerke oder [X.]auwerksteile (Räumung) ist nicht Inhalt des Herausgabeanspruchs nach § 985 [X.], sondern des [X.]eseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 16. März 2007 - [X.], [X.], 1940, 1941 Rn. 14; NK-[X.]-Schanbacher, 2. Aufl., § 985 Rn. 43; [X.]/[X.], [X.] [2006], § 985 Rn. 65).

cc) Der Herausgabeanspruch der Klägerin aus ihrem im Grundbuch eingetragenen Eigentumsrecht ist nicht verjährt. Der Herausgabeanspruch nach § 985 [X.] gehört zu den in § 902 Abs. 1 Satz 1 [X.] bezeichneten Ansprüchen ([X.], Urteile vom 7. Juli 2000 - [X.], [X.], 2054 und vom 16. März 2007 - [X.], [X.], 1940 Rn. 7). Die Verjährung des Herausgabeanspruchs ließe ein aller [X.]efugnisse entkleidetes Recht zurück und führte zu einem dauernden Widerspruch zwischen der Grundbucheintragung und dem [X.]esitz, der auch nicht durch eine Ersitzung nach § 900 Abs. 1 [X.] behoben werden könnte (vgl. [X.], vom 16. März 2007 - [X.], [X.], 1940, 1941 Rn. 10).

Eine Verjährung konnte auch nicht in der [X.] vom 1. Januar 1976 bis zum 3. Oktober 1990 eintreten, da der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum nach § 33 Abs. 2 Satz 1 ZG[X.] ebenfalls zu den nach § 479 Abs. 1 Satz 1 ZG[X.] nicht [X.]nden Ansprüchen aus den im Grundbuch eingetragenen Rechten gehörte ([X.], Urteile vom 7. Juli 2000 - [X.], [X.], 2054 und vom 16. März 2007 - [X.], [X.], 1940 Rn. 7).

2. Auf demselben Rechtsfehler beruht die von der Revision ebenfalls angegriffene Entscheidung über die Widerklage.

Die [X.]eklagten können das [X.]etreten des Grundstücks der Klägerin in Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts nach § 24 Abs. 1 [X.] zur Sanierung der Garagenwand nicht schon deshalb verlangen, weil die Klägerin ihren Anspruch auf [X.]eseitigung des Überbaus infolge der von den [X.]eklagten erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchzusetzen vermag. Die Ausübung von Hammerschlags- und Leiterrechten steht dem Nachbarn nur zur Durchführung solcher Arbeiten zu, zu deren Vornahme er gegenüber dem Eigentümer berechtigt ist ([X.], [X.] 1984, 847; [X.], Nachbarrecht, 7. Aufl., § 28 Nr. 2 c, [X.]; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 24 Rn. 4). Daran fehlt es, wenn die [X.]eklagten die auf Grund eines unberechtigten Überbaus auf dem Grundstück der Klägerin stehenden und dieser gehörenden Teile des [X.]auwerks instand setzen wollten, die diese auf ihrem Grundstück weder hinzunehmen verpflichtet noch bereit ist.

[X.].

Zur [X.] der [X.]eklagten

1. Die form- und fristgerecht (§ 554 ZPO) eingelegte [X.] ist zulässig. Die für die [X.] erforderliche [X.]eschwer ([X.], Urteil vom 31. Mai 1995 - [X.], NJW 1995, 2563, 2565) ergibt sich hier daraus, dass die den [X.]eklagten ungünstige Entscheidung über den Hilfsantrag andernfalls in der Revisionsinstanz nicht anfiele (vgl. Musielak/[X.]all; ZPO, 7. Aufl., § 528 Rn. 6 - zur Anschlussberufung).

2. Die [X.] ist auch begründet.

a) Für die [X.]emessung der Überbaurente ist der Verkehrswert der überbauten [X.]odenfläche im [X.]punkt der Grenzüberschreitung die maßgebliche Grundlage ([X.], Urteil vom 26. November 1971 - [X.], [X.]Z 57, 304, 306); daraus ist die Rente als angemessene Verzinsung zu ermitteln ([X.], [X.], 101; NK-[X.]-[X.], 2. Aufl., § 913 Rn. 19)

b) Dieser Wert ist nicht festgestellt und auch nicht von der Klägerin vorgetragen worden. Die im [X.]erufungsurteil mitgeteilte Angabe eines Quadratmeterpreises von 4 € kann sich nicht auf den [X.]odenwert (die [X.]eklagten hätten dann nach dem [X.]erufungsurteil jedes Jahr das 12 fache des [X.] als Überbaurente zu zahlen), sondern nur auf die Höhe eines üblichen Nutzungsentgelts beziehen.

Da die Klägerin für die der Rentenberechnung zugrunde zu legenden Umstände darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1986 - [X.], [X.]Z 97, 292, 298), zu der maßgeblichen [X.]emessungsgrundlage aber nichts vorgetragen hatte, genügte das einfache [X.]estreiten der Angabe einer Rentenhöhe seitens der Klägerin durch die [X.]eklagten der in § 138 Abs. 2 ZPO bestimmten verfahrensrechtlichen Pflicht, sich zu dem Vorbringen des Gegners zu erklären (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 1995 - [X.], NJW 1995, 3311, 3312).

III.

Das [X.]erufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:

1. Für die Entscheidung über den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Herausgabeanspruch nach § 985 [X.] wird den [X.]eweis- und Gegenbeweisangeboten zu dem bestrittenen Vortrag der [X.]eklagten über eine Einwilligung zu einer grenzüberschreitenden [X.]ebauung durch die Eltern der Klägerin nachzugehen sein, die bei der Errichtung der Garage Eigentümer des überbauten Grundstücks waren.

a) Eine - nicht formbedürftige - Gestattung durch den Eigentümer des überbauten Grundstücks schließt die Rechtswidrigkeit des Überbaus aus. Die Zustimmung schafft den Rechtsgrund dafür, dass der Grundstückseigentümer den dem Nachbarn gehörenden Gebäudeteil ([X.], Urteil vom 22. Februar 1974 - [X.], [X.]Z 62, 141, 143) auf seinem Grundstück dulden muss ([X.], Urteil vom 16. Januar 2004 - [X.], [X.]Z 157, 301, 304). Der Grundstückseigentümer, der vorbehaltlos und unbefristet den Überbau gestattet hat, kann weder dessen [X.]eseitigung nach § 1004 Abs. 1 [X.] noch die Herausgabe der überbauten Fläche nach § 985 [X.] von seinem Nachbarn verlangen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 912 Rn. 27).

b) Die Klägerin könnte auch dann nicht die Herausgabe verlangen, wenn sie nicht als Erbin, sondern auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrags das Eigentum an dem Grundstück erworben haben sollte. Sie wäre dann zwar nicht nach § 1922 Abs. 1 [X.] an die behauptete Zustimmung zum Überbau gebunden, hätte diesen jedoch nach § 912 Abs. 1 [X.] zu dulden (vgl. [X.], Urteile vom 21. Januar 1983 - [X.], NJW 1983, 1112, 1113 und vom 25. Februar 1983 - [X.], NJW 1983, 2022, 2023). Die Duldungspflicht in § 912 Abs. 1 [X.] gilt nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EG[X.] auch für vor dem 3. Oktober 1990 errichtete Überbauten ([X.], Urteil vom 22. Mai 2008 - 5 U 58/07, juris, Rn. 46, [X.], Nachbarrecht, 7. Aufl., [X.] § 24 [X.] V, S. 39; juris; [X.]/[X.], [X.] [2009], § 912 Rn. 82).

2. Für die Entscheidung über den mit der Widerklage verfolgten Anspruch auf ein Hammerschlags- und Leiterrecht käme es (siehe oben unter II.A.2.) ebenfalls auf die Tatfrage an, ob ein auf Grund der behaupteten Gestattung rechtmäßiger Überbau vorliegt oder nicht.

3. Einer Entscheidung über den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente gemäß § 912 Abs. 2 [X.] bedürfte es nur dann, wenn der Hauptantrag auch wegen des Herausgabeanspruchs nach § 985 [X.] abzuweisen wäre und die Klägerin den Überbau dulden müsste.

In diesem Falle wäre die Rente jedoch nicht - wie die [X.] meint - auf der Grundlage eines von ihr nach den in der [X.] gezahlten Preisen ermittelten [X.] zu bemessen, den sie mit 1,20 Mark/m

Ist - wie hier - erstmals eine Rente für einen vor dem 3. Oktober 1990 im [X.]eitrittsgebiet erfolgten Überbau zu berechnen, bestimmt sich der nach § 912 Abs. 2 Satz 2 [X.] maßgebende Grundstückswert weder nach den in der [X.]-[X.] gemäß einem gesetzlichen Preisstopp gezahlten Preisen noch nach einem (angesichts des erst beginnenden Übergangs zur Marktwirtschaft uneinheitlichen und schwer zu ermittelnden) [X.]odenwert in dem [X.]punkt der Wiedereinführung des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs am 3. Oktober 1990 (so aber [X.], Nachbarrecht, 7. Auflage, [X.] 23 [X.] V, S. 39; Ruhwinkel, [X.] beim Überbau, [X.]5).

Mangels einer besonderen Regelung dieser Fälle im Übergangsrecht ist die allgemeine Übergangsvorschrift in Art. 233 § 2 Abs. 1 EG[X.] so auszulegen, dass vom Tage des Wirksamwerdens des [X.]eitritts in [X.]ezug auf die aus dem Eigentum folgenden Rechte, also auch für den Rentenanspruch nach § 912 Abs. 2 [X.], in allen Teilen [X.] dieselben Rechtswirkungen eintreten sollen. Dem entspricht es, für die nach dem 3. Oktober 1990 erstmals nach § 912 Abs. 2 [X.] zu bemessenden Renten für die zuvor erfolgten Überbauungen im [X.]eitrittsgebiet nicht an die auf einer gänzlich anderen Rechts- und Wirtschaftsordnung beruhenden Grundstückspreise in der ehemaligen [X.] anzuknüpfen, sondern diese Fälle den in der gleichen [X.] in den alten Ländern erfolgten Überbauungen gleichzustellen. Maßgebend für die Rentenberechnung ist danach der [X.]odenwert, der sich für ein im gleichen Zustand und vergleichbarer Lage belegenes Grundstück in den alten Ländern in dem [X.]punkt der Grenzüberschreitung (1976) ergibt. Dieser Wert wird – erforderlichenfalls unter Anwendung des § 287 ZPO - zu ermitteln und daraus unter Ansatz eines üblichen Zinssatzes die Rente zu bestimmen sein.

[X.]                                        Czub

                   [X.]                                              [X.]rückner

Meta

V ZR 147/10

28.01.2011

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Görlitz, 29. Juni 2010, Az: 2 S 56/09, Urteil

§ 195 BGB, § 912 Abs 2 BGB, § 985 BGB, § 1004 Abs 1 S 1 BGB, Art 233 § 2 Abs 1 BGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.01.2011, Az. V ZR 147/10 (REWIS RS 2011, 9953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9953

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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