Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2008, Az. VIII ZR 282/07

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2789

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL [X.] Verkündet am: 16. Juli 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 580a Abs. 2 Mietet eine juristische Person ein Reihenhaus an, um es teils als Büroraum für ihren Geschäftsbetrieb zu nutzen und teils ihrem Geschäftsführer als Wohnung zur Verfü-gung zu stellen, handelt es sich um einen der Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB unterliegenden Mietvertrag über Geschäftsräume. [X.], Versäumnisurteil vom 16. Juli 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2008 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das Urteil der 5. Zivil-kammer des [X.] vom 23. Oktober 2007 aufge-hoben und das Urteil des [X.] vom 13. April 2007 bezüglich der Widerklage und im Kostenpunkt abgeändert. Die Widerklage wird abgewiesen. Die [X.] trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die beklagte GmbH hatte vom Kläger ab dem 1. Mai 2002 ein Reihen-haus gemietet. Bei Abschluss des [X.] waren sich die Parteien [X.] einig, dass der Geschäftsführer der [X.]n das Haus bewohnen und die Geschäfte der [X.]n von dort aus betreiben würde. Das Mietverhältnis wurde vom Kläger mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 zum 30. Juni 2007 und von der [X.]n mit Schreiben vom 31. Januar 2007 zum 30. April 2007 1 - 3 - gekündigt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Kündigungsfristen von § 573c Abs. 1 und § 580a Abs. 2 BGB streiten die Parteien darüber, ob es sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum oder über Geschäftsräume handelt. 2 Der Kläger hat rückständige Miete in Höhe eines - von der [X.]n an-erkannten - Betrags von 550 • geltend gemacht. Im Wege der Widerklage hat die [X.] die Feststellung begehrt, dass das Mietverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30. April 2007 beendet ist. Das Amtsgericht hat die [X.] zur Zahlung entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt und der Widerklage [X.]. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Hier-gegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.], mit der er die Abweisung der Widerklage erstrebt. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die [X.] in der mündlichen Verhand-lung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.] 37, 79, 81 f.). 3 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 4 Der von der [X.]n im Wege der Widerklage begehrte Feststellungs-antrag sei zulässig, weil der Kläger die Beendigung des Mietverhältnisses zum 5 - 4 - 30. April 2007 nicht anerkannt, sondern sich auf die Gültigkeit des [X.] bis zum 30. Juni 2007 berufen habe. 6 Der Feststellungsantrag sei auch begründet, weil auf den Mietvertrag Wohnraummietrecht anzuwenden sei. Bei der Zuordnung eines Mietverhältnis-ses komme es darauf an, welche Nutzung im Vordergrund stehe. Angesichts der Vermietung eines typischerweise zu Wohnzwecken dienenden [X.] und der Vereinbarung einer Staffel- bzw. Indexmiete sei davon auszuge-hen, dass die gewerbliche Tätigkeit gegenüber dem Wohnen von [X.] Bedeutung gewesen sei. Hierfür spreche auch der Umstand, dass der ehe-malige Geschäftsführer der [X.]n die Absetzbarkeit der Miete als Be-triebsausgabe als —[X.] bezeichnet habe; auch habe er das Haus trotz des Umzugs der [X.]n nach [X.]weiter bewohnt. Der Umstand, dass auf Seiten des Mieters eine juristische Person den Vertrag abgeschlossen habe, stehe der Einordnung als Wohnraummiete nicht entgegen, da nicht auf diesen formalen Aspekt, sondern auf den tatsächlichen Nutzungszweck abzustellen sei. 7 I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 8 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Zulässigkeit des mit der Widerklage geltend gemachten Feststellungsantrags bejaht. Die [X.] hat ein berechtigtes Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der alsbaldigen Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob das Mietverhältnis bereits zum 30. April 2007 beendet worden ist. Entgegen der Ansicht des [X.] kommt es deshalb nicht darauf an, ob (auch) die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO vorliegen. 9 - 5 - 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass die Kündigung der [X.]n vom 31. Januar 2007 das Mietverhältnis der Parteien zum 30. April 2007 beendet hat. Anders als das Berufungsgericht meint, [X.] es sich bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag nicht um einen - nach § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB bis zum dritten Werktag eines Kalen-dermonats zum Ende des übernächsten Monats kündbaren - Wohnraummiet-vertrag, sondern um einen Mietvertrag über Geschäftsräume, der gemäß § 580a Abs. 2 BGB nur bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres durch ordentliche Kündigung beendet werden kann. 10 a) Bei der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des [X.] auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt. Geht der Zweck des Vertrages dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst [X.] - auch zu Wohnzwecken - überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-) Mietverhältnis nicht anwendbar ([X.] 94, 11, 14; 135, 269, 272 m.w.N.; [X.]surteil vom 11. Februar 1981 - [X.] ZR 323/79, NJW 1981, 1377, unter 2 b cc). Entscheidend ist mithin, ob der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet ([X.] in: Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.]. [X.]. 83). Dies war hier nicht der Fall. Darauf, ob die [X.] das vom Kläger gemietete Reihenhaus nach dem Vertragszweck vorwiegend als Geschäfts-räume für sich selbst oder als Wohnung für ihren Geschäftsführer nutzen wollte, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an. 11 b) Auch die Überlassung der Räume als Wohnräume an den [X.] persönlich ist aus der maßgeblichen Sicht der [X.]n als Mieterin kein Wohnzweck, sondern geschäftliche Nutzung. Wie die Revision zutreffend gel-12 - 6 - tend macht, kann eine juristische Person Räume schon begrifflich nicht zu (ei-genen) Wohnzwecken anmieten; ebenso kann sie als Vermieterin nicht geltend machen, dass sie von ihr vermietete Räume als Wohnung für sich oder Ange-hörige im Rahmen von Eigenbedarf benötige (vgl. zur [X.] als Vermieterin Se-natsurteile vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 122/06, NJW-RR 2007, 1460 und [X.] ZR 113/06, NJW-RR 2007, 1516). c) Gegenstand des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietver-trags sind Geschäftsräume im Sinne des § 580a Abs. 2 BGB, denn das von der Klägerin angemietete Reihenhaus dient ihrem Geschäftsbetrieb, indem sie es teils als Büroraum für ihren Geschäftsbetrieb nutzt und teils ihrem [X.] als Wohnung am unmittelbaren Ort ihres Geschäftsbetriebs zur Verfü-gung stellt. Die [X.] konnte deshalb das Mietverhältnis nur mit der Frist des § 580a Abs. 2 BGB jeweils bis zum 3. Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres kündigen. Die Kündigung der [X.] vom 31. Januar 2007 hätte das Mietverhältnis daher erst zum 30. Sep-tember 2007 beendet, wenn es nicht schon zuvor durch die Kündigung des [X.] vom 11. Dezember 2006 zum 30. Juni 2007 aufgelöst worden wäre. 13 II[X.] Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 14 - 7 - ZPO). Die Widerklage ist in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuwei-sen. [X.][X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.04.2007 - 4 C 216/07 - [X.], Entscheidung vom 23.10.2007 - 5 S 104/07 -

Meta

VIII ZR 282/07

16.07.2008

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2008, Az. VIII ZR 282/07 (REWIS RS 2008, 2789)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2789

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