Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2021, Az. VI R 52/18

6. Senat | REWIS RS 2021, 9538

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.01.2021 - VI R 15/19: Aufwendungen für einen sog. Schulhund als Werbungskosten)


Leitsatz

NV: Aufwendungen für einen sog. Schulhund können bis zu 50 % als Werbungskosten bei den Einkünften einer Lehrerin aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden. Ein hälftiger Werbungskostenabzug ist nicht zu beanstanden, wenn der Hund innerhalb einer regelmäßig fünftägigen Unterrichtswoche arbeitstäglich in der Schule eingesetzt wird.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14.09.2018 - 1 K 2144/17 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für einen sog. "Schulhund" Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind.

2

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2015) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin erzielte als Lehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie ist an einer weiterführenden Schule tätig und wird dort auch in Inklusionsklassen eingesetzt.

3

[X.] erwarb die Klägerin eine [X.]ündin mit Namen [X.] und legte mit ihr 2011 die Begleithundeprüfung ab. Seit 2013 setzt die Klägerin die [X.]ündin [X.] während des Unterrichts als "Schulhund" ein. Die Schulleitung hat die Anwesenheit und den Einsatz von [X.] im Rahmen des Projekts "Schulhund [X.]" genehmigt. Das [X.] des [X.] hat eine "[X.]andreichung - Rechtsfragen zum Einsatz eines Schulhundes" herausgegeben.

4

Im Streitjahr nahm die Klägerin den [X.]und an allen Schultagen mit zur Schule, wo er sich während ihres Unterrichts in der jeweiligen Klasse aufhielt. Das Projekt begann zunächst mit der reinen Anwesenheit von [X.], sodass sich die Kinder und der [X.]und aneinander gewöhnen konnten. Im weiteren Verlauf wurde der [X.]und aktiv in den Unterricht und auch in die Pausengestaltung einbezogen.

5

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin folgende Aufwendungen für den [X.]und als Werbungkosten geltend:

Tierarzt

594,37 €

Futter

152,20 €

Pflege

 46,15 €

Transportbox

189,00 €

[X.]alsband

 33,85 €

Beschäftigung

 93,67 €

        

          1.109,24 €

6

Im finanzgerichtlichen Verfahren legte die Klägerin eine Bescheinigung der Schule folgenden Inhalts vor:

"[X.]iermit bestätigen wir, dass Frau … die [X.]ündin … [[X.]] angeschafft und entsprechend ausgebildet hat, um sie als Schulhund einzusetzen. Seitens der Schule wurden keine Erstattungen hinsichtlich der Aufwendungen für [X.]ündin … [[X.]] vorgenommen."

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erkannte die Aufwendungen für den [X.]und nicht als Werbungskosten an.

8

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen nach im Streitpunkt erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage teilweise statt und berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für den [X.]und zur [X.]älfte als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit.

9

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt,
das Urteil des [X.] 1 K 2144/17 E aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Aufwendungen der Klägerin für [X.] zu Recht teilweise als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

1. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind (z.B. Senatsurteil vom 23.03.2001 - VI R 175/99, [X.], 225, [X.] 2001, 585). Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (Senatsurteile vom 17.12.2002 - VI R 137/01, [X.], 211, [X.] 2003, 407, und vom 19.01.2017 - VI R 37/15, [X.], 58, [X.] 2017, 526, Rz 12, m.w.N.).

a) Ergibt die Prüfung, dass Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie grundsätzlich als Werbungskosten abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --[X.]-- vom 21.09.2009 - GrS 1/06, [X.], 1, [X.] 2010, 672).

Ist der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung, kann eine Aufteilung und ein Abzug des beruflich veranlassten Teils der Aufwendungen in Betracht kommen, sofern der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt (Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.], 1, [X.] 2010, 672; Senatsbeschluss vom 24.09.2013 - VI R 35/11; Senatsurteile vom 08.07.2015 - VI R 46/14, [X.]E 250, 392, [X.] 2015, 1013, und vom 16.01.2019 - VI R 24/16, [X.]E 263, 449, [X.] 2019, 376). Bestehen keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung, § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O; Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.], 1, [X.] 2010, 672).

b) Zu den Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Arbeitsmittel sind alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich oder doch nahezu ausschließlich und unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen (Senatsurteile vom [X.], [X.]E 169, 350, [X.] 1993, 193, und vom 08.11.1996 - VI R 22/96, [X.]/NV 1997, 341; Senatsbeschluss vom 30.06.2010 - VI R 45/09, [X.]E 230, 348, [X.] 2011, 45).

Bei Gegenständen, die auch im Rahmen der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) genutzt werden können, ist für die Einordnung als Arbeitsmittel der tatsächliche Verwendungszweck im Einzelfall entscheidend (Senatsurteile vom 19.02.2004 - VI R 135/01, [X.]E 205, 220, [X.] 2004, 958; vom 20.07.2005 - VI R 50/03, [X.]/NV 2005, 2185, und vom 20.05.2010 - VI R 53/09, [X.]E 230, 317, [X.] 2011, 723). Die Güter müssen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich zur Einnahmeerzielung genutzt werden. Eine geringfügige private Mitnutzung ist unschädlich (Senatsurteil vom 21.10.1988 - VI R 18/86, [X.]E 155, 310, [X.] 1989, 356). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist unter Würdigung aller Umstände nach der tatsächlichen Zweckbestimmung, d.h. nach der Funktion des Wirtschaftsguts im Einzelfall, festzustellen (Senatsentscheidungen in [X.]E 155, 310, [X.] 1989, 356, und in [X.]E 230, 348, [X.] 2011, 45).

Diese Grundsätze gelten auch für die Nutzung von Tieren (vgl. § 90a des Bürgerlichen Gesetzbuchs; Senatsurteil vom 10.09.1990 - VI R 101/86, [X.]/NV 1991, 234; Senatsbeschluss in [X.]E 230, 348, [X.] 2011, 45). Dient ein Hund neben beruflichen in nicht unerheblichem Umfang auch privaten Zwecken, handelt es sich nicht um ein Arbeitsmittel. Dies gilt auch, falls der Anlass für die Anschaffung im beruflichen Bereich gelegen haben sollte und er nicht angeschafft worden wäre, wenn nur eine private Nutzung beabsichtigt gewesen wäre. Liegt keine ausschließliche oder weitaus überwiegende berufliche Nutzung vor, ist auch unbeachtlich, ob die berufliche Nutzung besonders erfolgreich ist (Senatsurteil in [X.]/NV 1991, 234; s.a. Senatsurteil vom 29.01.1960 - VI 9/59 U, [X.]E 70, 435, [X.]I 1960, 163).

2. Nach diesen Maßstäben hält die Vorentscheidung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Ausgehend von den angeführten Rechtsgrundsätzen ist die Würdigung des [X.], wonach die Hälfte der Aufwendungen für den Hund beruflich veranlasst sei, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Bei der [X.] handelt es sich um ein Haustier, das im Streitjahr mit im Haushalt der Kläger lebte und --wie das [X.] bindend (§ 118 Abs. 2 [X.]O) festgestellt [X.] nicht nahezu ausschließlich beruflich, sondern in nicht unerheblichem Umfang auch privat Verwendung fand. Entsprechend hat das [X.] die [X.] zu Recht nicht als Arbeitsmittel der Klägerin [X.] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG angesehen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanz nutzte die Klägerin den Hund aber auch beruflich, indem sie ihn an den Unterrichtstagen, mithin nahezu arbeitstäglich, im Rahmen des Schulhundkonzepts in der Schule einsetzte. Angesichts des Umfangs von regelmäßig fünf Arbeitstagen pro Woche war die berufliche Nutzung des Hundes nicht von untergeordneter Bedeutung. Da die berufliche Verwendung des Hundes in der Regel anhand der Unterrichtstage bemessen werden kann und damit nach objektiven Maßstäben in nachprüfbarer Weise abgrenzbar ist, waren die Aufwendungen für die Haltung des Hundes aufzuteilen. Die durch das [X.] vorgenommene Schätzung des beruflichen Anteils der angefallenen Aufwendungen mit 50 % ist nach den Gegebenheiten des Streitfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es erscheint nach Auffassung des Senats vertretbar, bei einer erheblichen beruflichen Nutzung eines Schulhundes bis zu 50 % der Aufwendungen für das Tier zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Aus Vereinfachungsgründen ist ein hälftiger Werbungskostenabzug jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn der Hund --wie vorliegend-- innerhalb einer regelmäßig fünftägigen [X.] arbeitstäglich in der Schule eingesetzt wird.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 52/18

14.01.2021

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 14. September 2018, Az: 1 K 2144/17 E, Urteil

§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG 2009, § 12 Nr 1 S 2 EStG 2009, EStG VZ 2015

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2021, Az. VI R 52/18 (REWIS RS 2021, 9538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9538

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