Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021, Az. B 12 R 18/18 R

12. Senat | REWIS RS 2021, 8508

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosen- und Rentenversicherung - Versicherungspflicht bzw -freiheit - GmbH-Geschäftsführer - beherrschende Gesellschaft - Minderheitsgesellschafter - Sperrminorität - Rechtsmacht - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der zu [X.] (im Folgenden: beigeladene GmbH) in der [X.] vom 1.10.2014 bis zum [X.] der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Der Kläger ist seit 1.10.2014 Geschäftsführer der [X.]. Deren Stammkapital wird vollständig von der [X.] gehalten. Im November 2014 schlossen die (beherrschte) beigeladene GmbH und die (herrschende) [X.] einen [X.]. Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der [X.] wurden mit einfacher Mehrheit gefasst.

3

Am Stammkapital der [X.] ist der Kläger zu [X.] beteiligt. Beschlüsse deren Gesellschafterversammlung bedürfen einer Mehrheit von [X.] der Stimmen. Zu Geschäftsführern der [X.] waren zunächst die vier weiteren Gesellschafter, nicht aber der Kläger bestellt. Nach dem einstimmigen Beschluss der Gesellschafterversammlung der [X.] vom 2.10.2014 "zur Geschäftsführung" der [X.] "besteht Einigkeit darüber, dass grundsätzlich alle Entscheidungen nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % gefasst werden können" mit der "Folge, dass die Sperrminorität auch auf alle Entscheidungen" der [X.] Anwendung finde. Zudem wurde bestimmt, dass der Kläger "nicht durch einzelne Gesellschafter oder die Gesellschafterversammlung weisungsgebunden ist". Ihm wurde gestattet, die beigeladene GmbH "in der Funktion eines Hauptgeschäftsführers", insbesondere in näher bezeichneten Geschäftsfeldern, "alleinvertretungsberechtigt zu führen und nach außen zu vertreten".

4

Auf den Statusfeststellungsantrag des [X.] stellte die Beklagte dessen Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund Beschäftigung für die [X.] ab 1.10.2014 fest (Bescheid vom 8.12.2015, Widerspruchsbescheid vom [X.]). Nachdem der Kläger als weiterer Geschäftsführer der [X.] ins Handelsregister eingetragen worden war, stellte die Beklagte fest, dass ab [X.] keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter mehr bestehe (Bescheid vom 22.6.2016).

5

Das [X.] hat den Bescheid vom 8.12.2015 sowie den Widerspruchsbescheid vom [X.] aufgehoben und die Beklagte ua zur Feststellung verurteilt, dass die ausgeübte Tätigkeit in der [X.] vom 1.10.2014 bis zum [X.] nicht der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag (Urteil vom 8.11.2016). Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Gesamtbild der Tätigkeit des [X.] spreche für eine abhängige Beschäftigung. Er sei örtlich und fachlich weisungsgebunden gewesen. Diese Weisungsgebundenheit sei nicht durch seine Sperrminorität in der [X.] aufgehoben gewesen. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende [X.] oder Vetorechte zwischen [X.] sowie anderen Gesellschaftern der GmbH seien nicht zu berücksichtigen. Der Kläger habe an der [X.] keine Anteile gehabt. Eine maßgebliche Einflussnahme auf die Geschicke der [X.] habe ihm seine Sperrminorität bei der [X.] nicht ermöglicht, weil er nicht deren Geschäftsführer gewesen sei. Eine Beschränkung der Geschäftsführer der [X.] im Hinblick auf Weisungen an die beigeladene GmbH ergebe sich weder aus der Satzung der [X.] noch dem Gesellschafterbeschluss vom 2.10.2014. Der [X.] führe zu keinem anderen Ergebnis (Urteil vom [X.]).

6

Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, er habe in der Muttergesellschaft eine Sperrminorität und damit auch in der [X.] maßgeblichen Einfluss gehabt. Seine Stellung als Geschäftsführer der Tochter- oder der Muttergesellschaft sei nur von Zufälligkeiten abhängig gewesen. Auch seien die Geschäftsführer der [X.] durch den Beschluss vom 2.10.2014 an Weisungen ihm gegenüber gehindert gewesen. Im Fall einer ihm nicht genehmen Weisung hätte er sie abberufen können.

7

Der Kläger beantragt,
insoweit das Urteil des [X.] vom 16. Juli 2018 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. November 2016 zurückzuweisen, als der Bescheid vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2016 und des Änderungsbescheids vom 22. Juni 2016 aufgehoben und die Beklagte verurteilt worden ist, festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. in der [X.] vom 1. Oktober 2014 bis zum 2. Mai 2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

A. Die Revision des [X.] ist zulässig. Er hat sie insbesondere noch hinreichend begründet. Gemäß § 164 Abs 2 Satz 3 SGG muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Zwar hat der Kläger keine Rechtsnorm ausdrücklich als verletzt bezeichnet. Allerdings reicht es insoweit aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist. Vorliegend lässt das [X.] noch hinreichend deutlich erkennen, dass der Kläger die Auffassung des [X.] angreift, eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht in der [X.] liege nicht vor, und er deshalb § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht (vgl [X.] vom [X.] KR 25/10 R - [X.], 257 = [X.]-2400 § 7 [X.], RdNr 12).

B. Die Revision des [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat auf der Ermächtigungsgrundlage des § 7a Abs 2 SGB IV zu Recht die Versicherungspflicht des [X.] in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der [X.] in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt. Insoweit ist der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] und des Bescheids vom 22.6.2016 rechtmäßig, der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt und deshalb vom [X.] zu Recht die Klage abgewiesen worden. Der Kläger unterlag in der [X.] vom 1.10.2014 bis zum [X.] als beschäftigter Fremdgeschäftsführer der [X.] grundsätzlich der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung (dazu 1.). Eine die Versicherungspflicht ausschließende Rechtsmacht zur Verhinderung von Weisungen an sich als Geschäftsführer verlieh ihm weder seine Beteiligung an der [X.] (dazu 2.) noch der Beschluss der [X.]erversammlung der [X.] vom 2.10.2014 (dazu 3.) noch der zwischen der [X.] und der [X.] zustande gekommene [X.] (dazu 4.).

1. Der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlagen im streitigen [X.]raum Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 1 Satz 1 [X.] idF des [X.] vom [X.] ; § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009 ) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). [X.]altspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die abhängige Beschäftigung steht als rechtlicher Typus der selbstständigen Tätigkeit gegenüber, die vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeits[X.] und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Die hierzu für die Statusbeurteilung vom [X.] entwickelten [X.] (vgl [X.] vom 4.6.2019 - [X.] R 11/18 R - [X.]E 128, 191 = [X.]-2400 § 7 [X.], RdNr 14 f ) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei dem Geschäftsführer einer GmbH in erster Linie danach, ob er nach der ihm zukommenden, sich aus dem [X.]svertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (stRspr; zB [X.] vom 7.7.2020 - [X.] R 17/18 R - juris RdNr 16 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.]e vom 8.7.2020 - [X.] R 26/18 R - juris RdNr 12 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen, - [X.] R 2/19 R und [X.] R 4/19 R -, jeweils juris RdNr 13 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, sowie - [X.] R 6/19 R - juris RdNr 11 mwN).

Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit allerdings nur dann selbstständig ausüben, wenn er am [X.]skapital beteiligt ist (sog [X.]er-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet. Selbst ein [X.]er-Geschäftsführer ist aber nicht per se [X.] seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine [X.]erstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die [X.]erversammlung die Geschicke der [X.] bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem [X.]er gegeben, der [X.] der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem [X.]svertrag über eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt (stRspr; zB [X.]e vom 8.7.2020 - [X.] R 26/18 R - juris RdNr 13 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen, - [X.] R 2/19 R und [X.] R 4/19 R -, jeweils juris RdNr 14 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, sowie - [X.] R 6/19 R - juris RdNr 12 mwN).

Nach diesen Kriterien war der Kläger als Geschäftsführer der [X.] sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er war an deren Stammkapital nicht beteiligt. Alleinige [X.]erin war die [X.], deren Weisungsrecht der Kläger als geschäftsführendes Organ der [X.] unterlag. Geschäftsführer einer GmbH unterliegen nach § 6 Abs 3 des Gesetzes betreffend die [X.]en mit beschränkter Haftung (GmbHG; idF des Gesetzes zur Änderung des GmbHG und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4.7.1980 ), § 37 Abs 1, § 38 Abs 1 sowie § 46 [X.] und 6 GmbHG grundsätzlich zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit der nur durch entsprechende Satzungsregelungen einschränkbaren Weisungsbefugnis der [X.]erversammlung der GmbH (vgl zum Weisungsrecht [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 3, 14; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl 2020, § 37 RdNr 1; [X.]/Tieves, [X.], 3. Aufl 2019, § 37 RdNr 107). [X.] an ihn durch [X.]erbeschluss waren durch den [X.]svertrag der [X.] nicht ausgeschlossen (vgl hierzu [X.] Urteil vom 18.3.2019 - [X.] ([X.]) 22/17 - juris RdNr 18).

2. Der Kläger hatte auch über seine Beteiligung an der [X.] nicht die Rechtsmacht, jederzeit Weisungen der [X.]erversammlung der [X.] an sich zu verhindern. Er verfügte aufgrund der in der [X.]erversammlung der [X.] für eine Beschlussfassung notwendigen Mehrheit von [X.] der Stimmen und seines [X.]santeils von [X.] zwar über eine umfassende Sperrminorität. Da er während des hier streitigen [X.]raums nicht zum Geschäftsführer der [X.] bestellt war, konnte er aber ihm nicht genehme Weisungen der [X.]erversammlung der [X.] gleichwohl nicht verhindern.

Über eine die abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht verfügen nicht nur Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung von [X.] oder - bei geringerer Kapitalbeteiligung - einer umfassenden Sperrminorität in der von ihnen geführten GmbH. Die Rechtsmacht kann auch daraus resultieren, dass der ([X.] [X.] seiner Stellung als [X.]er einer anderen [X.] in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von [X.]n der von ihm geführten [X.] zu nehmen. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist aber auch eine solche von dieser Beteiligung an einer anderen [X.] abgeleitete Rechtsmacht nur beachtlich, wenn sie ihrerseits im [X.]srecht wurzelt, also durch [X.]svertrag eindeutig geregelt ist und unmittelbar auf das zu beurteilende Rechtsverhältnis durchschlägt. Entscheidend bleibt, dass der Geschäftsführer selbst und unmittelbar eine ausschlaggebende Einflussnahmemöglichkeit auf [X.] der von ihm geführten [X.] hat oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der [X.]erversammlung verhindern kann. Denn ein Geschäftsführer übt seine Tätigkeit nur dann selbstständig aus, wenn er zugleich [X.] seiner [X.]santeile über die Rechtsmacht verfügt, auf die Beschlüsse der [X.] einzuwirken, für die er die Geschäftsführung übernommen hat ([X.]e vom 8.7.2020 - [X.] R 26/18 R - juris RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen, - [X.] R 2/19 R - juris RdNr 20 und - [X.] R 4/19 R - juris RdNr 19, jeweils auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, sowie - [X.] R 6/19 R - juris RdNr 16 ).

Das ist zwar ua der Fall, wenn die Muttergesellschaft [X.] der Anteile an der (Tochter-)GmbH hält und dem an der Muttergesellschaft beteiligten Geschäftsführer durch deren [X.]svertrag die Möglichkeit eingeräumt ist, Beschlüsse der [X.]erversammlung der Tochtergesellschaft unmittelbar zu beeinflussen und damit zugleich ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern ([X.] vom 8.7.2020 - [X.] R 26/18 R - juris RdNr 19 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen). Allerdings kann die [X.]erversammlung einer Muttergesellschaft auf die Ausübung von [X.]errechten in einer Tochtergesellschaft regelmäßig nur durch Weisungen an ihre Geschäftsführung Einfluss nehmen. Denn Maßnahmen der Verwaltung bestehender Beteiligungen an anderen [X.]en einschließlich der Stimmabgabe in der [X.]erversammlung einer Tochtergesellschaft stellen eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit dar (vgl [X.] vom 8.7.2020 - [X.] R 4/19 R - juris RdNr 20 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.] in [X.][X.], GmbHG, § 37 RdNr 6), die in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung, nicht aber der [X.]erversammlung der Muttergesellschaft fallen (vgl § 45 GmbHG). [X.] auf [X.] einer Tochtergesellschaft erfordern regelmäßig keinen Zustimmungsbeschluss der [X.]er des Mutterunternehmens ([X.] in [X.], GmbHG, 12. Aufl 2018, [X.] § 13 RdNr 64a; [X.] in [X.], 4. Aufl 2016, § 116 RdNr 21). Sofern deren [X.]erversammlung die Wahrnehmung ihrer [X.]errechte in Tochtergesellschaften in einer bestimmten Weise erreichen möchte, bedarf es daher eines die Geschäftsführung [X.] Beschlusses (vgl § 37 Abs 1 GmbHG).

Nach diesen (gesellschaftsrechtlichen) Grundsätzen hatte der Kläger keinen sozialversicherungsrechtlich maßgeblichen Einfluss auf die [X.]erversammlung der [X.]. Nicht die [X.]erversammlung, sondern die Geschäftsführung der [X.] - welcher der Kläger in der hier streitigen [X.] nicht angehörte - übte die Beteiligungsrechte in der [X.]erversammlung der [X.] aus. Der [X.]svertrag der [X.] regelte weder eine abweichende Zuständigkeit für Maßnahmen der gewöhnlichen Geschäftsführung noch ein Zustimmungserfordernis zur Ausübung der [X.]errechte in der [X.] durch die Geschäftsführung der [X.]. An einer Weisung gegenüber der Geschäftsführung der [X.] (vgl § 37 Abs 1 Alt 2 GmbHG) war der Kläger als [X.] mit einer Kapitalbeteiligung von [X.] gehindert. Ein entsprechender Weisungsbeschluss der [X.]erversammlung der [X.] hätte einer Mehrheit von [X.] bedurft.

3. Der Beschluss der [X.]erversammlung der [X.] zur Geschäftsführung der [X.] vom 2.10.2014 änderte die Rechtsmachtverteilung nicht.

Dabei kann hinsichtlich der Feststellung, dass der Kläger "nicht durch einzelne [X.]er oder die [X.]erversammlung weisungsgebunden ist", dahinstehen, ob die [X.]erversammlung der [X.] als Muttergesellschaft gesellschaftsrechtlich überhaupt befugt war, die grundlegende Weisungsbefugnis der [X.]er der [X.] als Tochtergesellschaft gegenüber deren Geschäftsführung auszuschließen. Auch kann offenbleiben, ob dadurch sowie die weitere Regelung, "dass grundsätzlich alle Entscheidungen nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % gefasst werden können" und deshalb "die Sperrminorität auch auf alle Entscheidungen" der der [X.] Anwendung finde, die Geschäftsführer der [X.] generell verpflichtet worden sind, in der [X.]erversammlung der beigeladenen (Tochter-)GmbH keine Weisungen gegenüber dem Kläger zu beschließen. Der [X.] braucht nicht zu entscheiden, ob wegen des ohne nähere Konkretisierung an "einzelne [X.]er oder die [X.]erversammlung" anknüpfenden Wortlauts bereits nicht hinreichend deutlich wird, ob damit die [X.]er der Tochter- oder der [X.] angesprochen sind und deshalb nicht dem bei der [X.] zu beachtenden Grundsatz der Klarheit und Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände (vgl hierzu [X.] vom 7.7.2020 - [X.] R 17/18 R - juris RdNr 24, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) Rechnung getragen ist. Sowohl eine Beschränkung der Weisungsbefugnis der [X.]erversammlung der [X.] gegenüber dem Kläger (vgl § 37 Abs 1 GmbHG) als auch eine allgemeine Weisung der [X.]erversammlung der [X.] gegenüber ihren Geschäftsführern, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen oder zu unterlassen (§§ 45, 46 GmbHG), hätte eine Übertragung der [X.] der Geschäftsführung auf die [X.]erversammlung bedeutet. Diese hätte einer notariell beurkundeten (§ 53 Abs 2 GmbHG idF des Beurkundungsgesetzes vom 28.8.1969 ) und ins Handelsregister eingetragenen 54 Abs 1 und 3 GmbHG idF des [X.] ) Änderung des jeweiligen [X.]svertrags bedurft (vgl Rauch/[X.], Die [X.]erversammlung der GmbH, 2013, [X.]; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 14), an der es vorliegend fehlt.

Der Einwand des [X.], er habe Geschäftsführer der [X.], die sich an den Beschluss vom 2.10.2014 nicht gehalten hätten, [X.] seiner Sperrminorität abberufen können, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Abberufung von Geschäftsführern unterliegt der Bestimmung der [X.]er (§ 46 [X.] GmbHG), die nach dem [X.]svertrag der [X.] eine qualifizierte Mehrheit von [X.] voraussetzt. Dem steht nicht ein Stimmverbot nach § 47 Abs 4 GmbHG zur Verhinderung von "Insichgeschäften" oder dem "Richten in eigener Sache" entgegen. Die ordentliche Abberufung eines Geschäftsführers fällt nicht unter die Tatbestände der Entlastung eines [X.]ers oder seiner Befreiung von einer Verbindlichkeit (Satz 1), die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem [X.]er (Satz 2; [X.] vom 8.7.2020 - [X.] R 26/18 R - juris RdNr 21 f, auch zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen). Dass im Falle einer Abberufung aus wichtigem Grund der betroffene [X.]er nicht stimmberechtigt sein soll (vgl [X.] Urteil vom [X.] - juris RdNr 25; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl 2020, § 47 RdNr 45), vermag allein die eine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht nicht zu begründen. Die Möglichkeit der außerordentlichen Abberufung betrifft auch [X.], deren für ihre Selbstständigkeit hinreichende Weisungsfreiheit dadurch nicht in Zweifel steht (vgl [X.] aaO RdNr 23 mwN).

Auch die im Beschluss vom 2.10.2014 festgestellte Funktion als alleinvertretungsberechtigter Hauptgeschäftsführer räumte dem Kläger nicht die Rechtsmacht ein, Weisungen an sich zu verhindern. Auch insoweit ist bereits zweifelhaft, ob der [X.]erversammlung der [X.] die Kompetenz zukam, diese Entscheidung mit Bindung für die beigeladene GmbH zu treffen. Jedenfalls führt die Alleinvertretungsbefugnis eines Geschäftsführers lediglich dazu, dass die GmbH gerichtlich und außergerichtlich ohne Beteiligung der übrigen Geschäftsführer vertreten werden kann (§ 35 Abs 1 Satz 1 und [X.], § 37 [X.] GmbHG), sie lässt aber dessen Weisungsgebundenheit gegenüber den [X.]ern im Innenverhältnis (§ 37 Abs 1 GmbHG) unberührt. Die mit der Tätigkeit des [X.] als "Hauptgeschäftsführer", insbesondere in näher bezeichneten Geschäftsbereichen, möglicherweise verbundene Aufteilung in Haupt- und [X.] innerhalb der Geschäftsführung würde nichts an der unentziehbaren und unverzichtbaren Verantwortung jedes einzelnen Geschäftsführers für die Führung der Geschäfte im Ganzen ändern ([X.] vom 8.7.2020 - [X.] R 26/18 R - juris RdNr 25 mwN, auch zur Veröffentlichung in [X.]E und [X.] vorgesehen).

4. Schließlich führte auch der [X.] zwischen der [X.] und der [X.] zu keiner sozialversicherungsrechtlich maßgeblichen Änderung der Weisungsgebundenheit des [X.]. Mit einem [X.] unterstellt eine GmbH ihre Leitung einem anderen Unternehmen (vgl § 291 Abs 1 Satz 1 Aktiengesetz und zur Anwendbarkeit im Recht der GmbH: [X.] Beschluss vom 24.10.1988 - [X.] - [X.]Z 105, 324; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, [X.] § 13 Rd[X.]). Die Geschäftsführung des herrschenden Unternehmens ist berechtigt, der Geschäftsführung der beherrschten [X.] hinsichtlich deren Leitung unmittelbar ohne Umweg über die [X.]erversammlung Weisungen zu erteilen (§ 308 Abs 1 Satz 1 AktG in entsprechender Anwendung; vgl [X.] aaO RdNr 26). Der Kläger als Geschäftsführer der [X.] war damit unverändert den Weisungen der Geschäftsführung der [X.] unterworfen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 12 R 18/18 R

23.02.2021

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Würzburg, 8. November 2016, Az: S 14 R 483/16, Urteil

§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 S 1 SGB 4, § 7a Abs 1 SGB 4, § 7a Abs 2 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6 vom 24.04.2006, § 6 GmbHG, § 37 Abs 1 GmbHG, § 38 Abs 1 GmbHG, § 46 Nr 5 GmbHG, § 46 Nr 6 GmbHG, § 291 Abs 1 S 1 AktG, § 308 Abs 1 S 1 AktG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021, Az. B 12 R 18/18 R (REWIS RS 2021, 8508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8508

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