Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.07.2010, Az. 5 StR 271/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 4498

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Gegenstand

Inverkehrbringen von Falschgeld: Lückenhafte Beweiswürdigung zur Feststellung bedingten Vorsatzes


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Februar 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen [X.] verurteilt worden ist und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.] und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt ([X.] ein Jahr und sechs Monate sowie drei Jahre). Die Revision hat hinsichtlich der Verurteilung wegen [X.] Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Das [X.] hat hinsichtlich der Verurteilung wegen [X.] festgestellt:

3

"Spätestens seit dem 6. Juli 2009 verfügte der Angeklagte über mindestens 20 Falsifikate von 50-Euro-Scheinen in guter Qualität. Die Fälschungen waren nur bei genauerer Prüfung als Falschgeld zu erkennen. Der Angeklagte beabsichtigte, das Falschgeld in der Wechselstube 'Exchange' in [X.] einzuzahlen" ([X.]), wozu sich der Angeklagte seines Freundes [X.] bediente. Beim Einzahlen wurde entdeckt, dass die Geldscheine unecht waren.

4

2. Hierdurch ist der Tatbestand des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erfüllt. Das [X.] hat keine Feststellungen getroffen, die belegen, dass sich der Angeklagte die 20 unechten Geldscheine in der Absicht verschafft hatte, diese als echt in den Verkehr zu bringen. Auf die Umstände des Verschaffungsvorgangs und das notwendige Vorstellungsbild des Angeklagten zu diesem Zeitpunkt (vgl. BGHR StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2 Sichverschaffen 7) geht das [X.] nicht ein.

5

3. Der Senat ist nicht in der Lage, auf den [X.] des § 147 Abs. 1 StGB durchzuentscheiden. Zwar liegen die objektiven Umstände des Inverkehrbringens von Falschgeld vor. Indes ist die Beweiswürdigung des [X.]s, mit der die notwendige Kenntnis des Angeklagten hinsichtlich der Unechtheit der Geldscheine [X.], StGB 57. Aufl. § 147 Rdn. 2) begründet wird, wegen nicht erschöpfender Würdigung der im Urteil dargelegten Tatumstände fehlerhaft (vgl. [X.], 384, 387, insoweit in [X.], 144 nicht abgedruckt).

6

Das [X.] hat dem Angeklagten zugebilligt, dass er wegen seiner verminderten Augenleistung nicht erkennen konnte, dass die 50-Euro-Scheine nicht echt waren, und hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Angeklagte über die Fälschung von einem Dritten informiert worden ist. Seine Überzeugung von der Kenntnis der Unechtheit der Geldscheine hat das [X.] vielmehr auf verdachtsbegründende Verhaltensweisen (Vorschicken des Freundes und dessen Nichtbegleitung wegen plötzlichen Hungergefühls; Hinzufügen eines eigenen echten Geldscheins zur Begleichung der Einzahlungsgebühr) und unglaubhaften, wechselnden und widersprüchlichen Einlassungen des Angeklagten gestützt. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese eher sehr allgemeinen belastenden Erwägungen geeignet sind, eine tatsachengestützte Überzeugungsbildung des [X.]s zu begründen (vgl. [X.], 235).

7

Das [X.] hat das zentrale Verteidigungsargument des Angeklagten, er habe gewusst, dass in der [X.] jeder Schein unter Licht auf seine Echtheit geprüft werde, nicht hinreichend in seine Erwägungen zum Vorliegen der Voraussetzungen eines bedingten Vorsatzes einbezogen (vgl. BGHR StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2 Sichverschaffen 7, dort zur Absicht des Inverkehrbringens bei noch ausstehender Echtheitsprüfung unechter Wertpapiere). Es hat ein dieser Einlassung entsprechendes Vorstellungsbild des Angeklagten – für das nach der Aussage des Zeugen [X.] Anhaltspunkte vorhanden waren ([X.]) – für möglich gehalten ([X.]), aber nicht, was geboten gewesen wäre, mit auf den Fall bezogenen Argumenten überwunden (vgl. [X.], 121, 122).

8

4. Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. Der Senat hatte auch die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufzuheben, weil diese mit auf der Aussage des Zeugen [X.]  beruhen, dessen Angaben als Tatbeteiligter im weiteren Sinne – er ist beschäftigt bei einer anderen [X.] – einer kritischen Würdigung zu unterziehen sein wird. Der Wegfall der Einzelstrafe bedingt die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe.

Brause                               Raum                            Schneider

                     [X.]

Meta

5 StR 271/10

22.07.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 17. Februar 2010, Az: (506) 1 Mü Js 693/09 KLs (31/09), Urteil

§ 147 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.07.2010, Az. 5 StR 271/10 (REWIS RS 2010, 4498)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4498

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