Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.02.2014, Az. IX ZB 114/12

9. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8095

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Gegenstand

Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung: Nachholung der unterbliebenen Zulassung durch Berichtigungsbeschluss


Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 18. Oktober 2012, berichtigt durch Beschluss vom 1. November 2012, wird auf Kosten des [X.] als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 2.175,78 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

[X.]chtsanwalt [X.]war in vielen Insolvenzverfahren zum Insolvenzverwalter bestellt, auch in dem vorliegenden Verfahren über das Vermögen des [X.](Schuldner). In zahlreichen Verfahren hatte er an die [X.] und an die B[X.]              GmbH, über deren Vermögen inzwischen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, sowie an die [X.].                              Darlehen ausgereicht. Gesellschafterin der [X.] war die [X.]C                                    GmbH, die im [X.] zur B[X.]                            GmbH umfirmierte und deren einziger Gesellschafter [X.]chtsanwalt [X.] selbst war. Gleichzeitig war [X.]chtsanwalt [X.]      geschäftsführender Gesellschafter der [X.]. Die [X.].                     ist infolge des Ausscheidens des vorletzten Partners zum 31. Dezember 2006 aufgelöst worden, alle Anteile sind [X.]chtsanwalt [X.] als letztem verbliebenen Partner zugewachsen.

2

Die Darlehensvaluta floss nicht an die jeweiligen Massen zurück. Der Verbleib des Geldes ist unbekannt. Nach staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auf Eigenanzeige hin war [X.]chtsanwalt [X.]      seit 30. Dezember 2008 mit über 8 Mio. € überschuldet. Dennoch gewährte er aus den von ihm verwalteten Insolvenzmassen weiterhin Darlehen.

3

Im vorliegenden Verfahren ist [X.]chtsanwalt [X.]am 4. November 2010 zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Auf eigenen Antrag vom 17. Januar 2011 wurde er aus wichtigem Grund entlassen und der gegenwärtige Verwalter bestellt. Über das Vermögen von [X.]chtsanwalt [X.]      wurde am 15. Februar 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet und [X.]chtsanwalt [X.]als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser beantragte im vorliegenden Verfahren die Festsetzung einer Verwaltervergütung für die Tätigkeit von [X.]chtsanwalt [X.]in Höhe von 2.969,51 €.

4

Das Amtsgericht hat die Vergütung auf 793,73 € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) hat das [X.] mit Beschluss vom 18. Oktober 2012 zurückgewiesen. Der Anspruch auf die Insolvenzverwaltervergütung sei verwirkt, weshalb auf die sofortige Beschwerde keine höhere als die vom Insolvenzgericht festgesetzte Vergütung zugesprochen werden könne. In dem Beschluss ist die [X.]chtsbeschwerde nicht zugelassen worden. Die Gründe des Beschlusses äußern sich nicht zur Frage der Zulassung. Mit Beschluss vom 1. November 2012 hat das [X.] den Beschluss vom 18. Oktober 2012 "gemäß § 4 [X.], § 319 Abs. 1 ZPO" dahin berichtigt, dass die [X.]chtsbeschwerde zugelassen werde. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Sache vom Einzelrichter auf die Kammer übertragen worden sei, weil sie nicht nur besondere Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweise, sondern auch grundsätzliche Bedeutung habe. Versehentlich sei die beratene und beschlossene Zulassung der [X.]chtsbeschwerde nicht in den Beschluss vom 18. Oktober 2012 aufgenommen worden.

5

Mit der [X.]chtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter über das Vermögen des vormaligen Insolvenzverwalters sein Festsetzungsbegehren weiter.

II.

6

Die [X.]chtsbeschwerde ist nach § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Sie ist in Insolvenzsachen seit der mit Wirkung vom 27. Oktober 2011 erfolgten Aufhebung des § 7 [X.] gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO nur noch unter der Voraussetzung statthaft, dass sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist ([X.], Beschluss vom 19. Juli 2012 - [X.], Rn. 2 mwN). Daran fehlt es hier.

7

Das Berufungsgericht hat in seinem sachentscheidenden Beschluss vom 18. Oktober 2012 eine Zulassung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen ausgesprochen. Die später ausgesprochene Zulassung im Beschluss vom 1. November 2012 ist wirkungslos.

8

1. Bei dem Beschluss vom 1. November 2012 handelt es sich der Sache nach - ungeachtet seiner äußeren Form als Berichtigungsbeschluss - um eine Ergänzungsentscheidung entsprechend § 321 ZPO, die jedoch unzulässig ist. Der [X.] hat für § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO entschieden, dass eine im [X.] unterbliebene Zulassung der [X.]chtsbeschwerde nicht durch einen Ergänzungsbeschluss nachgeholt werden kann. Enthält der Beschluss keinen Ausspruch der Zulassung, so heißt das, dass die [X.]chtsbeschwerde nicht zugelassen wird. Eine nachträgliche Zulassung holt nicht eine unterbliebene Entscheidung nach, wie § 321 ZPO voraussetzt, sondern widerspricht entgegen § 318 ZPO der bereits getroffenen Entscheidung und ändert diese ab ([X.], Beschluss vom 24. November 2003 - [X.], NJW 2004, 779; vom 12. März 2009 - [X.] 193/08, [X.], 1058 Rn. 7).

9

2. Nach der [X.]chtsprechung des [X.]es kann allerdings eine Berichtigung des Beschlusses, in den eine beschlossene Zulassung versehentlich nicht aufgenommen wurde, nach § 319 ZPO erfolgen. Dass die Zulassung der [X.]chtsbeschwerde beschlossen und nur versehentlich nicht in dem Beschluss ausgesprochen war, muss sich dann aber aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung ergeben, weil nur dann eine offenbare Unrichtigkeit vorliegen kann ([X.], Beschluss vom 24. November 2003, aaO; vom 12. März 2009, aaO Rn. 8 mwN).

Diese Umstände müssen nach außen hervorgetreten sein. Ein nur gerichtsintern gebliebenes Versehen, das meist nicht ohne weitere Beweiserhebung überprüft werden könnte, ist keine "offenbare" Unrichtigkeit im Sinne von § 319 ZPO. Da diese Vorschrift erlaubt, dass die Entscheidung durch einen Beschluss berichtigt werden kann, der von keinem der an der ersten Entscheidung mitwirkenden [X.] gefasst wird, wird deutlich, dass die Unrichtigkeit der Entscheidung für die anderen [X.] ohne weiteres erkennbar sein muss. Ist dies nicht der Fall, hat ein auf § 319 ZPO gestützter Berichtigungsbeschluss keine bindende Wirkung ([X.], Urteil vom 8. Juli 1980 - [X.], [X.]Z 78, 22 f; vom 12. Januar 1984 - [X.], [X.], 1351, 1352; Beschluss vom 11. Mai 2004 - [X.], NJW 2004, 2389 und ständige [X.]chtsprechung des [X.]; vgl. auch HK-ZPO/[X.], 5. Aufl. § 319 Rn. 6, 13; [X.]/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 319 Rn. 4, 16; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 5. Aufl., § 319 Rn. 8).

An derartigen, nach außen getretenen Umständen, die den gerichtsinternen Bereich verlassen hätten, fehlt es hier. Die Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf die Kammer erfolgte ohne nähere Begründung gemäß § 568 Satz 2 ZPO. Auch wenn in drei Parallelfällen ebenso verfahren wurde, besagt dies nichts darüber, welches Ergebnis die Kammerberatung hinsichtlich einer Zulassung hatte.

Ausreichende nach außen tretende Umstände können sich zwar durchaus auch aus der Handhabung in Parallelverfahren ergeben, so wenn in solchen Verfahren das [X.]chtsmittel zugelassen wurde, in einem Verfahren, das ersichtlich gleichbehandelt werden sollte, jedoch nicht ([X.], Urteil vom 8. Juli 1980, aaO S. 23). Vorliegend sind jedoch alle Parallelverfahren gleich behandelt worden. In allen Verfahren ist die [X.]chtsbeschwerde zunächst nicht zugelassen worden. Später ergingen in allen Verfahren Berichtigungsbeschlüsse. Nach außen ist zuvor gerade nicht erkennbar geworden, dass die [X.]chtsbeschwerde zugelassen werden sollte.

3. Auf die Entscheidung des [X.] des [X.]es vom 22. November 2001 ([X.], NJW-RR 2002, 712, 713) beruft sich die [X.]chtsbeschwerde ohne Erfolg. Dort ging es schon nicht um die Zulassung eines [X.]chtsmittels. Davon abgesehen wurde in dieser Entscheidung letztlich offengelassen, ob sich aus dem Grundsatz der [X.]chtsstaatlichkeit eine weitergehende Berichtigungsmöglichkeit, als sie § 319 ZPO vorsieht, von [X.] wegen ergeben könnte. Dies wurde nur für den Fall erwogen, dass das Gericht eine in keiner Weise begründete Sachentscheidung mit einem in sich schlüssigen Tenor verkündet hatte, der mit dem vom Gericht Gewollten jedoch nicht im Einklang stand. Um den Inhalt der Sachentscheidung geht es hier nicht. Der III. Zivilsenat hat seinerzeit letztlich nur entschieden, dass gegen einen unter den genannten besonderen Umständen erlassenen Berichtigungsbeschluss keine außerordentliche Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzwidrigkeit" gegeben sei. Eine solche Beschwerde, auch als [X.]chtsbeschwerde, ist nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das [X.] ohnehin nicht mehr eröffnet ([X.], Beschluss vom 30. November 2011 - [X.], [X.] 2011, 403 mwN).

Kayser                        Vill                         Lohmann

                Fischer                     Pape

Meta

IX ZB 114/12

06.02.2014

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Gießen, 18. Oktober 2012, Az: 7 T 367/11, Beschluss

§ 4 InsO, § 319 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.02.2014, Az. IX ZB 114/12 (REWIS RS 2014, 8095)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8095

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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