Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.10.2013, Az. 26 W (pat) 70/12

26. Senat | REWIS RS 2013, 1527

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "COSMOTY/COSMO TV (IR-Marke)/COSMOPOLITAN (Gemeinschaftsmarke)/COSMO (Gemeinschaftsmarke)" – zur Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 023 911

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I

1

Gegen die Eintragung der Marke 30 2008 023 911

2

[X.][X.]

3

für die Waren und Dienstleistungen

4

„03: Parfümserie, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer

5

16: [X.]

6

35: Werbung

7

38: Telekommunikation“

8

ist – von ein und derselben Widersprechenden - Widerspruch erhoben worden aus

9

1. der für die Dienstleistungen

„38: [X.], notamment diffusion de programmes de télévision; transmission de programmes de télévision par satellites et par cables“

 international registrierten Marke 673 905

[X.] TV

2. der Gemeinschaftsmarke 5 014 972

[X.]

und

3. der Gemeinschaftsmarke 5 014 998

[X.],

die [X.] zu 2. und 3. jeweils eingetragen für die Waren und Dienstleistungen

„9 (herunterladbare) elektronische Veröffentlichungen; elektronische Veröffentlichungen, nämlich auf [X.] und in elektronischem Format gespeicherte Zeitschriften und Magazine einschließlich [X.] ([X.]), CD-ROMs und DVDs (! Im Verzeichnis der Widerspruchsmarke zu 2.: statt „([X.])“ „([X.])“ und statt „CD-ROMs“ „[X.] (Nur-Lese-Speicher)“ !)

16 Veröffentlichungen, Zeitschriften und Zeitungen

41 Bereitstellung von elektronischen Online-Veröffentlichungen, nicht zum Herunterladen; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften, Magazinen und Texten; Online-Veröffentlichung von elektronischen Zeitschriften, Magazinen und Mitteilungsblättern; Veröffentlichung von elektronischen Magazinen; elektronische [X.], nämlich Veröffentlichung von Zeitschriften und Magazinen in elektronischem Format und online; Tätigkeit eines Verlags, bestehend in der Verarbeitung von zur Veröffentlichung bestimmten Texten und Artikeln; Veröffentlichung von Magazinen“.

Die [X.]stelle für [X.] des [X.] hat die Widersprüche zu 1. und 2. vollumfänglich zurückgewiesen und auf den Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 3. ([X.]) die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Ware „[X.]: [X.]“ angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.

Zur Begründung hat die [X.]stelle in Bezug auf den Widerspruch 1 ausgeführt, die Widerspruchsmarke sei zwar für identische Dienstleistungen der [X.] eingetragen wie die angegriffene Marke. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei jedoch von Haus aus gering, weil sie an eine beschreibende Angabe angelehnt sei. Das erste [X.]wort „[X.]“ entspreche dem [X.]“ mit den Bedeutungen „Welt“ und „Weltall“ bzw. „die Welt/das Weltall betreffend“. Das weitere [X.]wort „TV“ sei die Abkürzung für „Television“, also Fernsehen. Deshalb liege bei der Widerspruchsmarke „[X.] TV“ ein [X.] Verständnis dahingehend nahe, dass es sich um Fernsehsendungen handele, die sich thematisch mit der Welt (und/oder dem Weltall) befassten. Die von der Widersprechenden dargelegte Benutzung der Widerspruchsmarke 3 sowie die in der [X.] 4174/04 vom 13. Dezember 2004 festgestellte Bekanntheit des Zeichens „[X.]“ in [X.] seien nicht geeignet, die originäre Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke 1 in [X.] zu überwinden, auch weil das [X.] die Bekanntheit der Widerspruchsmarke in [X.] nur für die Waren „magazines, [X.], journals, [X.] in class 16“ festgestellt habe, für die  Widerspruchsmarke 1 jedoch nicht eingetragen sei. Auch wenn es sich bei diesen Waren ebenfalls um Kommunikationsmittel handele, bestehe dennoch kein enger Zusammenhang mit den Telekommunikationsdienstleistungen der [X.]. Auch aus dem vorgelegten demoskopischen Gutachten zur Bekanntheit von „[X.]“ als Zeitschriftentitel ließen sich keine Rückschlüsse auf die Bekanntheit der Widerspruchsmarke 1 bzw. ihres Bestandteils „[X.]“ ziehen, da die Widersprechende keine Angaben zur Intensität, geografischen Verbreitung, Dauer der Verwendung der Marke, den aufgewendeten Werbemitteln und der dadurch erreichten Bekanntheit der Widerspruchsmarke 1 in den beteiligten inländischen Verkehrskreisen gemacht habe. Ausgehend von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand ein. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der [X.] sei ihrem maßgeblichen Gesamteindruck nach zu verneinen. Zwar stimmten „[X.][X.]“ und „[X.] TV“ in sechs von sieben Buchstaben überein. Auf Grund der räumlichen Absetzung Bestandteils „TV“ seien die [X.] jedoch in schriftbildlicher Hinsicht unübersehbar unterschiedlich. Klanglich fielen die Unterschiede deutlich ins Gewicht. Insbesondere wirke der allseits bekannte Begriffsgehalt des Bestandteils „TV“ in der Widerspruchsmarke  klanglichen und auch begrifflichen Verwechslungen entgegen. Die angegriffene Marke werde auch nicht durch ihren Anfangsteil „[X.]“ geprägt, da „[X.][X.]“ ein einheitliches Phantasiewort sei. Der Anfangsteil „[X.]“ weise aus dem gleichen Grund auch keine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb der angegriffenen Marke auf. Auch die Gefahr mittelbarer [X.]verwechslungen bestehe nicht. Selbst wenn zu Gunsten der Widersprechenden davon ausgegangen werde, dass diese die Benutzung einer [X.]serie mit dem Stammbestandteil „[X.]“ glaubhaft gemacht habe, weise die angegriffene Marke so deutliche Unterschiede in der Zeichenbildung gegenüber den von der Widersprechenden verwendeten Zeichen auf, dass der Verkehr die angegriffene Marke nicht als zur [X.]serie der Widersprechenden gehörendes Zeichen ansehen werde; denn bei sämtlichen von der Widersprechenden benutzten „[X.]“-Zeichen ([X.]GIRL, [X.]S[X.]LE, [X.]TRENDS, [X.] und OH SO [X.]) sei der Bestandteil „[X.]“ mit einem weiteren, eigenständigen Substantiv verbunden bzw. zu einer Aussage ergänzt, was bei „[X.][X.]“ ersichtlich nicht der Fall sei. Die angegriffene Marke bilde zudem eine Einheit, in der der Bestandteil „[X.]“ weder schriftbildlich noch klanglich oder begrifflich erkennbar hervortrete. Da selbst bei identischen Dienstleistungen der gebotene [X.]abstand gewahrt sei, liege auch bei [X.] übrigen, weiter entfernten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke keine Verwechslungsgefahr vor.

In Bezug auf den Widerspruch 2 hat die [X.]stelle ausgeführt, die angegriffene Marke „[X.][X.]“ halte gegenüber dieser, obwohl sie über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und damit über einen erweiterten Schutzumfang verfüge, selbst im Bereich der identischen Waren der [X.] den erforderlichen deutlichen Abstand ein. Eine unmittelbare klangliche oder schriftbildliche Verwechslungsgefahr bestehe trotz der identischen Wortanfänge „[X.]“ dem Gesamteindruck nach  wegen der deutlich unterschiedlichen Zeichenlänge und [X.] nicht. Auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, weil die angegriffene Marke ein Phantasiewort ohne erkennbaren Sinngehalt sei. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde nicht durch ihren Anfangsbestandteil „[X.]“ geprägt. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide aus den bereits zur Widerspruchsmarke 1 dargelegten Gründen ebenfalls aus.

In Bezug auf den Widerspruch 3 hat die [X.]stelle ausgeführt, die [X.] „[X.][X.]“ und „[X.]“ seien ähnlich, weil die Widerspruchsmarke in  die angegriffene Marke übernommen und dieser lediglich die Silbe „[X.]“ angehängt worden sei. Die Widerspruchsmarke verfüge für die Waren der [X.] über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft, weil das [X.] in seiner Entscheidung 4174/04 vom 13. Dezember 2004 festgestellt habe, dass die Widerspruchsmarke für Waren der [X.] in [X.] bekannt sei und deshalb gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke auch in [X.] von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft dieser Widerspruchsmarke für die fraglichen Waren auszugehen sei. Der Abstand der übrigen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke von den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke sei jedoch so groß, dass ausgeschlossen werden könne, der Verkehr werde annehmen, sie stammten aus denselben oder miteinander verbundenen Unternehmen, selbst wenn sie mit identischen [X.] gekennzeichnet seien. Es fehle deshalb insoweit bereits an der erforderlichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen.

Gegen die vollständige bzw. teilweise Zurückweisung ihrer Widersprüche, soweit sie sich gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 richten, wendet sich die Widersprechende mit der insoweit eingeschränkten Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor:

a. bezüglich des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke zu 3 ([X.]):

Zwischen dieser Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke „[X.][X.]“ bestehe, wie die [X.]stelle zu Recht festgestellt habe, eine hochgradige schriftbildliche [X.]ähnlichkeit wegen der identischen Übernahme der Widerspruchsmarke unter bloßer Anfügung der „nichtssagenden“ Endung „[X.]“. Auch klanglich seien beide [X.] sehr ähnlich, weil die zusätzliche Silbe „[X.]“ sich am unbetonten Wortende finde. Die Widerspruchsmarke sei im Verlagsbereich und insbesondere im Zeitschriftenbereich bekannt, wie das [X.] wiederholt festgestellt habe. Es würden unter ihr monatlich im Durchschnitt 300.000 Exemplare verkauft, was zu einem erweiterten Schutzumfang der Marke führe. Entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht bestehe auch Ähnlichkeit zwischen der Dienstleistung der Klasse 35 „Werbung“, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, und den Waren der [X.] und den Dienstleistungen der [X.], für die die Widerspruchsmarke geschützt ist. Bei den [X.] der Klasse 35 handele es sich um solche, die für Dritte erbracht würden und darin bestünden, für diese Werbeinhalte zu gestalten und/oder Werbeflächen zur Verfügung zu stellen, indem Anzeigenplätze vermietet oder vermittelt bzw. Sendezeit für Werbung zur Verfügung gestellt werde. Zeitungs- und Zeitschriftenverlage stellten Dritten Werbeflächen in ihren Druckerzeugnissen und den Online-Versionen hiervon zur Verfügung. Diese [X.] seien hochgradig ähnlich mit den [X.] in [X.], aber auch mit der Dienstleistung der [X.] „Telekommunikation“ und den Verlagsprodukten der [X.]. Ausgehend von erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer hochgradigen Ähnlichkeit der Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 mit den Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 reiche die akustische und visuelle Ähnlichkeit der [X.] aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

b. bezüglich des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke zu 1. ([X.] TV):

Die [X.] seien für identische Dienstleistungen der [X.] „Telekommunikation“ eingetragen. Die beiderseitigen [X.] seien entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht hochgradig ähnlich. Sie stimmten in sechs von sieben Buchstaben überein. Die abweichenden letzten Buchstaben „V“ und „[X.]“ wiesen nur geringe schriftbildliche Unterschiede auf. Der Verkehr achte bei [X.] grundsätzlich stärker auf die Übereinstimmungen als auf die Unterschiede. Ein Abstellen darauf, dass es sich bei der angegriffenen Marke um ein Wort, bei der Widerspruchsmarke hingegen um zwei Wörter handele, sei „künstlich“. Auch die Widersprechende verwende die beiden Wörter der Widerspruchsmarke in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang. Für die Prüfung der Verwechslungsgefahr sei zudem, anders als von der [X.]stelle angenommen, von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Diesbezüglich verweist die Widersprechende auf ihr Vorbringen gegenüber der [X.]stelle.

Die Widersprechende beantragt (Beschwerdeschrift, [X.]. 8 d. A.),

den Beschluss der [X.]stelle für [X.] des [X.] vom 16. Mai 2012 insoweit aufzuheben, als ihre gegen die Eintragung der Marke 30 2008 023 911 für Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 gerichteten Widersprüche zurückgewiesen worden sind, und die Löschung der angegriffenen Marke auch für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 anzuordnen.

Die [X.]inhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Beschluss der [X.]stelle, soweit die Widersprüche zurückgewiesen worden sind, für zutreffend, bestreitet jedoch die von der [X.]stelle angenommene erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 3, weil die Anforderungen an eine gesteigerte Kennzeichnungskraft höher seien als die Anforderungen an die Bekanntheit von [X.] i. S. v. Art. 9 Abs. 1 S. 2 Buchst. [X.]. Die in [X.] und [X.] erreichte Bekanntheit der Widerspruchsmarke 3 habe deshalb keine Auswirkungen auf deren Kennzeichnungskraft in [X.]. Die Kennzeichnungskraft sei vielmehr auf Grund der Eintragung von 117 „[X.]“-[X.] für Dritte im [X.]register des [X.], von denen einige für ähnliche Waren und Dienstleistungen wie die Widerspruchsmarke 3 eingetragen seien, nur unterdurchschnittlich. Die Widerspruchsmarke 3 weise auch deshalb von Haus aus nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf, weil „[X.]“ – oder auch „[X.]“ – ein gebräuchliches Wortelement mit der Bedeutung „Welt“ bzw. „Weltall“ sei, das auf ein modernes und weltliches Leben hinweise. Es sei deshalb unzutreffend, dass bei „[X.]“ jede Frau an die Zeitschrift „[X.]“ und an die Widersprechende denke. Auch die dargelegten Absatzzahlen der Zeitschrift „[X.]“ seien als Nachweis für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 3 ungeeignet. Deshalb komme der Widerspruchsmarke „[X.]“ nur eine unterdurchschnittliche, [X.]falls aber eine normale Kennzeichnungskraft zu. Eine nähere Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft dieser Widerspruchsmarke sei letztlich entbehrlich, weil die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sowie die beiderseitigen [X.] sich so deutlich unterschieden, dass eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Waren und Dienstleistungen seien nur unter besonderen Umständen ähnlich. Solche besonderen Umstände lägen bezüglich der Waren der [X.] und der Dienstleistung „Werbung“ nicht vor. Eine Werbeagentur verlege keine Zeitschriften, ein Verlag gestalte keine Werbeanzeigen für Dritte. Auch im Übrigen bestünden zwischen den beiderseitigen Waren und Dienstleistungen keine derartigen Berührungspunkte, dass der Verkehr bei Verwendung identischer Kennzeichen annehme, diese stammten aus demselben oder miteinander verbundenen Unternehmen. Auch die [X.] seien hinreichend unterschiedlich. Die zusätzliche Silbe „[X.]“ wirke sich deutlich auf den klanglichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke aus. Sie verändere insbesondere die Betonung. In schriftbildlicher Hinsicht sei die unterschiedliche Wortlänge der [X.] unübersehbar. Hinsichtlich der Frage der Verwechslungsgefahr der beiden übrigen [X.] mit der angegriffenen Marke schließt sich die [X.]inhaberin unter Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen der Widersprechenden der im angegriffenen Beschluss vertretenen Rechtsauffassung an.

II

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen [X.] besteht in dem mit der Beschwerde geltend gemachten Umfang keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]G.

1. Widerspruch aus [X.] 673 905 „[X.] TV“:

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die [X.]stelle die Gefahr von Verwechslungen zwischen dieser Marke und der angegriffenen Marke verneint.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]G ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen [X.] in Betracht zu ziehenden Faktoren auszugehen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden [X.] sowie der von den [X.] erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Die Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren führt dazu, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der [X.] oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 594, 596 – [X.]; [X.], 437, 438 - Lila-Schokolade; [X.], 513, 514 - [X.]/[X.]). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte ([X.] GRUR 2003, 55, 57 ff. - [X.] plc.; [X.], 318, 319 – [X.]/Autec).

Hiervon ausgehend besteht zwischen der [X.] 673 905 und der angegriffenen Marke keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr. Zwar besteht zwischen der Dienstleistung „38: Telekommunikation“ der angegriffenen Marke und der Dienstleistung „38; [X.], notamment diffusion de programmes de Télévision“ der Widerspruchsmarke Identität, da die mit der angegriffenen Marke beanspruchte Dienstleistung die speziellere Dienstleistung der Widerspruchsmarke umfasst. Zwischen der Dienstleistung „35: Werbung“ und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke 1 besteht hingegen nur eine geringe Ähnlichkeit (Richter/Stoppel, [X.], 15. Auflage 2011, re. Spalte: Werbung ./. Ausstrahlung und Produktion von Rundfunk- und Fernsehsendungen, noch geringe Ähnlichkeit; [X.] 07, [X.]/07-1; [X.] BK R 1464/07-1; [X.], 27 W (pat) 13/08).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus von der [X.]stelle zutreffend als unterdurchschnittlich bewertet worden, weil „[X.] TV“ als beschreibender Hinweis auf einen Fernsehsender bzw. ein Fernsehprogramm dienen kann, das sich – z. B. als [X.] - mit den Themen „Welt“ bzw. „Weltall“ beschäftigt. Ein solches Verständnis liegt nicht fern, weil – wie die [X.]stelle zutreffend dargelegt hat – der [X.]bestandteil „[X.]“ eng an den bekannten [X.] Wortbestandteil „[X.]-„ angelehnt ist. Ein inhaltsbeschreibendes Verständnis von „[X.]“ wird auch nicht durch die Bekanntheit der Zeitschrift „[X.]“ ausgeschlossen, weil zum einen ein deutlicher Abstand zwischen den Bezeichnungen „[X.] TV“ und „[X.]“ und zum anderen zwischen der Dienstleistung „Ausstrahlung von Fernsehprogrammen“ und der Ware „[X.]“ besteht. Eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke „[X.] TV“ für die Dienstleistung „Ausstrahlung von Fernsehprogrammen“ im Inland ist von der Widersprechenden weder substantiiert dargelegt noch glaubhaft gemacht worden. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, seit wann und in welchem Umfang unter der Widerspruchsmarke in [X.] Fernsehsendungen ausgestrahlt worden sind.

Für die Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke  IR 673 905 „[X.] TV“ und der angegriffenen Marke „[X.][X.]“ ist deshalb von einer nur unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Dienstleistungen der [X.] auszugehen. Es bedarf deshalb im Bereich der identischen Dienstleistungen der [X.] eines mittleren, im Bereich der nur entfernt ähnlichen Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung“ eines unterdurchschnittlichen [X.]abstands, um eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr verneinen zu können. Die insoweit erforderlichen [X.]abstände werden von der angegriffenen Marke jeweils eingehalten.

Zwar weisen die beiderseitigen [X.] jeweils den gemeinsamen [X.]anfang „[X.]“ auf. Auch die weiteren Buchstaben „[X.]“ bzw. „TV“ sind schriftbildlich identisch bzw. ähnlich. [X.] Verwechslungen sind jedoch ausgeschlossen, da beide [X.] nicht besonders lang sind und sich zudem dadurch auffällig unterscheiden, dass es sich bei der angegriffenen Marke um eine aus einem einzigen Wort bestehende Bezeichnung, bei der Widerspruchsmarke hingegen um zwei Wörter handelt, wodurch der abweichende Teil „TV“ deutlich hervortritt. Der Bestandteil „TV“ der Widerspruchsmarke weist zudem einen leicht und unmittelbar erfassbaren Begriffsgehalt auf, der der Endung „[X.]“ in der angegriffenen Marke fehlt, was maßgeblich zu einer Reduzierung der Verwechslungsgefahr beiträgt. In klanglicher Hinsicht sind beide [X.] ohnehin leicht zu unterscheiden, weil die Widerspruchsmarke als „[X.] TE-VAU“ oder „[X.] TI-WI“ ausgesprochen wird, wobei die Betonung auf der ersten Silbe des ersten Wortelements und der letzten Silbe des zweiten Wortelements liegt, während die angegriffene Marke wie „[X.]TI“ ausgesprochen und den allgemeinen [X.] [X.] entsprechend auf der mittleren Silbe betont wird. Der Klangeindruck der [X.] ist also völlig verschieden.

Eine Prägung der Widerspruchsmarke allein durch ihren ersten Bestandteil „[X.]“ liegt nicht vor, da es sich bei „[X.] TV“ um einen Gesamtbegriff handelt. Abgesehen davon würde sich der Abstand der [X.] im Falle einer Prägung der Widerspruchsmarke allein durch ihren Bestandteil „[X.]“ eher vergrößern als verringern. Für die Annahme einer begrifflichen Ähnlichkeit der [X.] fehlt es an einem Begriffsgehalt in der angegriffenen Marke, denn die Bezeichnung „[X.][X.]“ stellt ein Phantasiewort ohne erkennbare Bedeutung dar.

Auch für die Gefahr von Verwechslungen durch eine gedankliche Verbindung der [X.] fehlt es an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Die Widersprechende hat insoweit zwar vorgetragen, für sie seien eine Reihe von [X.] mit dem Bestandteil „[X.]“ eingetragen. Außer zur Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ für [X.] ist jedoch zur Benutzung dieser weiteren [X.] weder ein substantiierter Sachvortrag noch eine Glaubhaftmachung erfolgt. Bei der angegriffenen Marke liegt der Gedanke an eine weitere Serienmarke der Widersprechenden aber auch deshalb fern, weil sie sich vom [X.] her von den [X.] und den für die Widersprechende eingetragenen weiteren [X.] deutlich unterscheidet, da der Bestandteil „[X.]“ in der Bezeichnung „[X.][X.]“ weder klanglich noch schriftbildlich oder begrifflich hinreichend eigenständig in Erscheinung tritt. Die [X.]stelle hat eine Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke IR 673 905 daher zu Recht verneint.

2. Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 5 014 972 „[X.]“:

Bei dieser Widerspruchsmarke kann zwar zu Gunsten der Widersprechenden von einer durch umfangreiche und langjährige Benutzung erworbenen deutlich erhöhten Kennzeichnungskraft für Waren der [X.] ausgegangen werden. Die Ähnlichkeit dieser Waren zu den Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung“ und der [X.] „Telekommunikation“ auf Seiten der angegriffenen Marke ist jedoch [X.]falls gering (Richter/Stoppel a. a. O. S. 373 re. Spalte: Werbung ./. Zeitungen, Zeitschriften, keine Ähnlichkeit, [X.] 07, [X.]/07-2; [X.] 08, [X.]/08-1; [X.], 25 W (pat) 152/05; Werbung ./. Telekommunikation, Internet-Dienstleistungen, keine Ähnlichkeit, [X.] 03, [X.]/02-1; [X.] 07, [X.]/04-1). Die übrigen Waren, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, weisen zu den hier maßgeblichen Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 keine größere Ähnlichkeit auf. Aber selbst dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden eine mittlere Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und eine deutlich erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt wird, besteht  zwischen den beiderseitigen [X.] keine unmittelbare Verwechslungsgefahr, weil sich die [X.] trotz identischer [X.]anfänge im Gesamteindruck auf Grund der gänzlich verschiedenen Wortlängen, [X.] sowie [X.] schriftbildlich und klanglich derart unterscheiden, dass Verwechslungen in jeder Richtung als ausgeschlossen erscheinen. Auch die Gefahr von Verwechslungen durch gedankliche Verbindung besteht trotz der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus den bereits zur Widerspruchsmarke IR 673 905 dargelegten Gründen nicht.

3. Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 5 014 998 „[X.]“:

Auch soweit die Beschwerde auf diesen Widerspruch gestützt wird, kann sie keinen Erfolg haben. Was die Ähnlichkeit der Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung“ und der [X.] „Telekommunikation“ der angegriffenen Marke mit den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke betrifft, kann auf die zur Widerspruchsmarke 2 getroffenen Feststellungen verwiesen werden. Die Ähnlichkeit der fraglichen Waren und Dienstleistungen ist [X.]falls gering.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“ ist auch in Alleinstellung für alle Waren und Dienstleistungen wegen ihres beschreibenden Anklangs an die Begriffe „Welt“ bzw. „Weltall“ unterdurchschnittlich, weil sich die Widerspruchsmarke als Themenbezeichnung eignet. Ob und inwieweit eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“ auf Grund der vom [X.] festgestellten Bekanntheit dieser Marke für Zeitschriften in [X.] und [X.] anzunehmen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil selbst bei zu Gunsten der Widersprechenden unterstellter erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“ für Waren der [X.] - die allerdings nicht auf die weiteren Waren und Dienstleistungen der Eintragung ausstrahlt, da diese mit den Waren der [X.] nicht eng genug verwandt sind - wegen der [X.]falls mittleren Ähnlichkeit der maßgeblichen Waren und Dienstleistungen sowie der geringen Ähnlichkeit der [X.] – anders als bei identischen Waren der [X.] – keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr besteht.

Die Ähnlichkeit der [X.] „[X.][X.]“ und „[X.]“ ist geringer als von der [X.]stelle angenommen. Zwar sind ihre Wortanfänge identisch. Die angegriffene Marke ist in schriftbildlicher Hinsicht aber deutlich länger und weist am Wortende zudem den im Inland eher ungewöhnlichen und damit ins Auge f[X.]den Buchstraben „[X.]“ auf. In klanglicher Hinsicht weist sie eine Silbe mehr und eine andere Betonung sowie dadurch bedingt einen merklich unterschiedlichen klanglichen Gesamteindruck auf. Diese Unterschiede reichen angesichts des deutlichen Abstands der Waren und Dienstleistungen auch bei zu Gunsten der Widersprechenden unterstellter erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, um die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der [X.] und – aus den bereits dargelegten Gründen – auch die Gefahr von Verwechslungen durch gedankliche Verbindung auszuschließen. Die Beschwerde der Widersprechenden konnte daher keinen Erfolg haben und war demgemäß zurückzuweisen.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 S. 1 [X.]G) besteht im vorliegenden Fall keine Veranlassung.

Meta

26 W (pat) 70/12

30.10.2013

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.10.2013, Az. 26 W (pat) 70/12 (REWIS RS 2013, 1527)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1527

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