Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27.01.2011, Az. 2 ABR 114/09

2. Senat | REWIS RS 2011, 9986

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Gegenstand

Außerordentliche Kündigung gegenüber Betriebsratsmitglied


Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des [X.] vom 27. August 2009 - 4 [X.]/07 - aufgehoben.

2. Das Verfahren wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3.

2

Die Arbeitgeberin betreibt ein psychiatrisches Akutkrankenhaus und beschäftigt rund 900 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 3. trat am 1. Oktober 2002 als Justiziar in ihre Dienste. In Vorbereitung der am 8./9. Dezember 2005 durchgeführten [X.] wurde er zum Mitglied des Wahlvorstands bestellt und trat selbst als Wahlbewerber auf. Er wurde in den Betriebsrat gewählt.

3

Bereits vor der [X.] hatte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 3., den sie als leitenden Angestellten ansah, mit Schreiben vom 28. November 2005 fristlos gekündigt. Diese und ihr folgende weitere fünf Kündigungen erwiesen sich mangels der nach § 15 [X.], § 103 [X.] erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats vor Gericht als unwirksam.

4

Mit Schreiben vom 27. Februar 2006 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. Dieser habe gegen ein ihm erteiltes Hausverbot verstoßen. Nachdem der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hatte, leitete sie mit einem am 3. März 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz das vorliegende Verfahren ein. Wegen weiterer Vorfälle bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat erneut mehrfach um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung und führte, nachdem der Betriebsrat die Zustimmung stets verweigert hatte, weitere [X.] in das Verfahren ein.

5

Schon zuvor hatte die Arbeitgeberin die [X.] vom 8./9. Dezember 2005 angefochten. Das Arbeitsgericht erklärte die Wahl für unwirksam. Das [X.] wies die Beschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 27. März 2008 zurück. Noch bevor ihm der Beschluss am 15. Mai 2008 zugestellt wurde, trat der Betriebsrat am 17. April 2008 geschlossen zurück.

6

Im unmittelbaren [X.] daran kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 17. April 2008 fristlos. Nachdem dieser dagegen Klage erhoben hatte, ließ die Arbeitgeberin ihn wissen, die Kündigung sei „vorsorglich zur Wahrung der [X.]“ erfolgt. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das [X.] wies die Berufung der Arbeitgeberin mit Urteil vom 17. Juni 2009 zurück. Das Zustimmungserfordernis für die Kündigung sei durch den Rücktritt des Betriebsrats nicht entfallen.

7

Bei der am 3./4. Juli 2008 durchgeführten [X.] wurde der Beteiligte zu 3. erneut in den Betriebsrat gewählt.

8

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, für die von ihr weiterhin beabsichtigte außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3. lägen wichtige Gründe vor. Der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu Unrecht verweigert. An der Fortsetzung des Verfahrens sei sie nicht durch den Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 gehindert. Sie habe diese Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen, dass eine Kündigung nicht mehr zustimmungspflichtig nach § 103 [X.] sei.

9

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. zu ersetzen.

Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung lägen nicht vor. Außerdem habe die Arbeitgeberin das [X.]sverfahren durch den Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 „abgebrochen“.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihren Antrag weiter.

B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Anders als dieses angenommen hat, ist der Antrag der Arbeitgeberin nicht unzulässig.

I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Der [X.] muss darlegen, warum er die Begründung des [X.] für unrichtig hält ([X.] 16. Mai 2007 - 7 [X.] - Rn. 12 mwN, [X.]E 122, 293).

2. Entgegen der Auffassung der übrigen Beteiligten wird die Rechtsbeschwerdebegründung der Arbeitgeberin diesen Anforderungen gerecht. Das [X.] hat ausgeführt, der Antrag auf [X.] werde unzulässig, wenn der Arbeitgeber nach Einleitung des Verfahrens eine Kündigung ausspreche. Die Betriebsratsanhörung sei in solchen Fällen mit dem Zugang der Kündigungserklärung „verbraucht“. Die Beschwerdebegründung weist darauf hin, dass diese Rechtsauffassung § 103 [X.] verletze. Sie führt aus, nach dem Beschluss des [X.]s vom 12. März 2009 (- 2 [X.] - Rn. 27, [X.] 2010, 180) trete ein „Abbruch“ des Verfahrens und damit ein „Verbrauch“ der Anhörung dann ausnahmsweise nicht ein, wenn während eines laufenden [X.] der Arbeitgeber vorsorglich für den Fall, dass der Sonderkündigungsschutz entfallen sei, eine Kündigung ausspreche. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Damit sind sowohl die nach Auffassung der Arbeitgeberin verletzte Rechtsnorm als auch der Grund der Rechtsverletzung benannt.

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Das Verfahren hat sich weder wegen des Endes der Amtszeit des Beteiligten zu 3. noch wegen des Ausspruchs der Kündigung vom 17. April 2008 objektiv erledigt. Das Rechtsschutzbedürfnis der Arbeitgeberin ist nicht entfallen.

a) Endet das Amt des Betriebsratsmitglieds, hat sich der Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nach § 103 Abs. 2 [X.] objektiv erledigt und wird mangels Fortbestands des [X.] unzulässig (so für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses [X.] 27. Juni 2002 - 2 [X.] - [X.]E 102, 30; 30. Mai 1978 - 2 [X.] - [X.]E 30, 320; [X.][X.] [X.] 12. Aufl. § 103 Rn. 76: der Antrag bleibt zulässig, wird aber unbegründet). Das gilt auch, wenn das Amt aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung der [X.] endet. Der Arbeitgeber ist nunmehr berechtigt, ohne Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 [X.] die Kündigung auszusprechen. Als Beendigung des Amtes ist es jedoch nicht anzusehen, wenn sich an das Ende der Amtszeit, in der ein Antrag nach § 103 Abs. 2 [X.] gestellt wurde, ohne Unterbrechung eine neue Amtszeit des Betriebsratsmitglieds anschließt. In diesem Fall gilt die Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat fort. Das [X.]sverfahren erledigt sich nicht, sondern kann weitergeführt werden ([X.] 19. September 1991 - 2 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe, [X.] 3 Nr. 20).

b) Das Amt des Beteiligten zu 3. hat nicht geendet. Dessen Amtszeit dauert seit der [X.] vom 8./9. Dezember 2005 durchweg an. Er besaß deshalb ununterbrochen den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 [X.], § 103 [X.].

aa) Die Anfechtung einer [X.] wirkt nicht zurück. Bis zur Rechtskraft des der Anfechtung stattgebenden Beschlusses bleiben die gewählten Betriebsratsmitglieder im Amt und genießen den besonderen Kündigungsschutz ([X.] 12. März 2009 - 2 [X.] - Rn. 25, [X.] 2010, 180). Im Streitfall wurde der die Anfechtung bestätigende Beschluss des [X.]s dem Betriebsrat am 15. Mai 2008 zugestellt. Der Betriebsrat legte Nichtzulassungsbeschwerde ein, die sich im August 2008 erledigt hat. Der Beschluss wurde damit nicht vor August 2008 rechtskräftig. Bei der zuvor erfolgten Neuwahl des Betriebsrats war der Beteiligte zu 3. wiederum in das Gremium gewählt worden. Er war demnach ohne Unterbrechung Mitglied des Betriebsrats.

bb) Der Sonderkündigungsschutz war auch nicht durch den Rücktritt des Betriebsrats am 17. April 2008 unterbrochen worden. Der zurückgetretene Betriebsrat bleibt bis zur Wahl des neuen Betriebsrats im Amt. Die Mitglieder behalten den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 [X.] und § 103 [X.] ([X.] 12. März 2009 - 2 [X.] - Rn. 26, [X.] 2010, 180).

c) Das [X.]sverfahren hat sich ebenso wenig durch den Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 objektiv erledigt.

aa) Hält der Arbeitgeber an seinem Zustimmungsersuchen gegenüber dem Betriebsrat nicht mehr fest, ist einem bei Gericht anhängigen [X.]sverfahren die Grundlage entzogen. Es hat sich objektiv erledigt ([X.] 28. Februar 2006 - 1 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.]E 117, 123 für das Verfahren nach § 99 Abs. 4 [X.]). Der gleichwohl [X.] bisherige Sachantrag wird unzulässig.

Im Streitfall hat die Arbeitgeberin ihr Zustimmungsersuchen nicht fallengelassen. Ein solcher Inhalt ist insbesondere ihrer Kündigungserklärung vom 17. April 2008 nicht zu entnehmen. Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 [X.] gegenüber dem beteiligten Arbeitnehmer ausspricht, ist jedenfalls dann nicht als Rücknahme des [X.] gegenüber dem Betriebsrat zu verstehen, wenn die Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen wurde, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf. Eine gegenüber dem Arbeitnehmer im Lauf des [X.] in diesem Sinne vorsorglich ausgesprochene Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt dessen Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 [X.] unberührt (vgl. [X.] 12. März 2009 - 2 [X.] - Rn. 27, [X.] 2010, 180). Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass ein Arbeitgeber, der im Lauf des gerichtlichen Verfahrens eine Kündigung gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats unter Aufrechterhaltung seines [X.] erklärt, dies im beschriebenen Sinne vorsorglich tut. Hier liegen Erklärungen der Arbeitgeberin, aus denen etwas anderes geschlossen werden müsste, nicht vor.

bb) Der Grundsatz, dass jeder Kündigung eine gesonderte Anhörung des Betriebsrats vorauszugehen hat, wird dadurch nicht verletzt.

(1) Zwar ist eine im Rahmen des [X.] nach § 103 Abs. 1 [X.] erfolgte Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.] ausreichend, wenn sich herausstellt, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats für eine Kündigung nicht (mehr) bedarf ([X.] 8. Juni 2000 - 2 [X.] 276/00 - [X.]E 95, 60). Nicht zutreffend ist aber die daraus vom [X.] gezogene Schlussfolgerung für den Fall, dass es ihrer in Wirklichkeit doch bedarf. Das [X.] hat angenommen, die im Lauf des gerichtlichen [X.] ausgesprochene und mangels erforderlicher Zustimmung unwirksame Kündigung verbrauche die im Rahmen von § 103 Abs. 1 [X.] durchgeführte Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.]. Das habe zur Folge, dass das anhängige Ersetzungsverfahren nicht weitergeführt werden könne, sondern ein neues Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat gerichtet und ggfs. ein neues Ersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 [X.] bei Gericht eingeleitet werden müsse.

(2) Das entspricht nicht der Rechtslage. Der während des Laufs des [X.] erfolgte (vorsorgliche) Ausspruch einer mangels Zustimmung des Betriebsrats unwirksamen Kündigung verbraucht weder die erfolgte, auch im Rahmen des Ersuchens um Zustimmung nach § 103 Abs. 1 [X.] erforderliche Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.] ([X.] 23. April 2008 - 2 [X.] - Rn. 23 mwN, [X.] [X.] 1972 § 103 Nr. 56 = EzA [X.] 2001 § 103 Nr. 6; Fischermeier [X.] 1998, 433, 435) noch das an den Betriebsrat gerichtete und vom Arbeitgeber [X.] Ersuchen um Zustimmung als solches. Solange der Arbeitgeber sein Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat aufrechterhält und das gerichtliche Ersetzungsverfahren andauert, kommt ein „Verbrauch“ der zu den fraglichen Kündigungsgründen erfolgten Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.] durch den (vorsorglichen) Ausspruch einer auf diese Gründe gestützten Kündigung für die beantragte [X.] nicht in Betracht. Die erforderliche Anhörung zu der weiterhin auf denselben Lebenssachverhalt gestützten Kündigungsabsicht liegt im Aufrechterhalten des [X.] gegenüber dem Betriebsrat. Der Betriebsrat kann daraus unschwer ersehen, dass der Arbeitgeber die beabsichtigte Kündigung und seinen Antrag auf [X.] weiterhin auf die schon mitgeteilten Gründe stützen will. Einer förmlichen neuen Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.] bedarf es dafür nicht. Dies entspricht dem Gesetzeszweck.

(a) Sinn und Zweck der Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.] ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, anhand der ihm mitgeteilten Kündigungsgründe auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Ein spätestens mit Ablauf der einschlägigen Fristen beendetes Anhörungsverfahren kann deshalb grundsätzlich nur der Kündigung zur Wirksamkeit verhelfen, für die es eingeleitet worden ist ([X.] 3. April 2008 - 2 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 159 = EzA [X.] 2001 § 102 Nr. 21). Wurde diese Kündigung ausgesprochen, ist die Möglichkeit der Beeinflussung beendet; auf die Absicht, eine weitere Kündigung auszusprechen, kann der Betriebsrat ohne neuerliche Anhörung regelmäßig nicht einwirken.

(b) In Fällen wie dem vorliegenden ist dies anders. Für die beabsichtigte neuerliche Kündigung bedarf es nach wie vor der Zustimmung des Betriebsrats. Im laufenden [X.]sverfahren kann deshalb der Betriebsrat der Kündigung auch weiterhin all das entgegensetzen, was ihn schon bislang dazu bewogen hat, ihr seine Zustimmung zu versagen. Seine im Rahmen des [X.] ununterbrochen gegebene Möglichkeit der Einflussnahme auf die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ist um nichts geringer als sie es wäre, wenn dieser die zwischenzeitlich vorsorglich ausgesprochene Kündigung nicht erklärt hätte. Einer neuen Anhörung nach § 102 Abs. 1 [X.] und eines neuen [X.] nach § 103 Abs. 1 [X.] bedarf es für die Möglichkeit des Einwirkens auf den Arbeitgeber deshalb nicht.

cc) Hätte im Übrigen der Arbeitgeber die Möglichkeit einer in diesem Sinne folgenlosen vorsorglichen Kündigung während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 [X.] nicht, könnte ihn das Zusammenspiel schwer einschätzbarer betriebsverfassungsrechtlicher Verfahrenslagen mit der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB in kaum auflösbare Dilemmata führen (vgl. [X.]S/[X.] 3. Aufl. § 103 [X.] Rn. 36, 37a; [X.] 2004, 579). Die Ausübung eines bestehenden Rechts - auch des Rechts zur außerordentlichen Kündigung - darf nicht durch Verfahrensvorschriften derart erschwert werden, dass dieses praktisch nicht mehr verwirklicht werden kann. So hat etwa der [X.] schon bisher Kündigungen als nicht nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet angesehen, wenn der Arbeitgeber irrtümlich das Bestehen von Sonderkündigungsschutz annahm und nach Kenntnis von den Kündigungsgründen zunächst ein Verfahren zur Klärung der Frage durchführte, ob Sonderkündigungsschutz bestand ([X.] 27. März 1991 - 2 [X.] - [X.] 1a Nr. 5; ebenso KR/[X.] 9. Aufl. § 103 [X.] Rn. 113a).

Der durch § 103 Abs. 1 [X.] gewährte Schutz des Arbeitnehmers wird durch die Möglichkeit der vorsorglichen Kündigung nicht beeinträchtigt. Steht ihm dieser Schutz materiellrechtlich weiterhin zu, so bleibt er ihm in Gestalt des weiterzuführenden Verfahrens nach § 103 Abs. 2 [X.] ungeschmälert erhalten. Auch kann der Arbeitgeber auf eine von ihm durchgeführte Anhörung weiterhin nur eine Kündigung stützen: entweder diejenige, zu der er die Zustimmung des Betriebsrats benötigt und erstrebt, oder die vorsorglich - für den Fall, dass es einer Zustimmung nicht bedarf - ausgesprochene Kündigung.

2. Ob der Antrag begründet ist, kann der [X.] nicht entscheiden. Tatsachenfeststellungen hat das [X.] hierzu nicht getroffen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Beckerle    

        

    B. Schipp    

                 

Meta

2 ABR 114/09

27.01.2011

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Hannover, 3. Mai 2007, Az: 3 BV 3/06, Beschluss

§ 103 Abs 2 BetrVG, § 626 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27.01.2011, Az. 2 ABR 114/09 (REWIS RS 2011, 9986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9986

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7 Ca 2980/15

7 Sa 247/21

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