Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.03.2013, Az. VI ZR 245/11

6. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7686

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schadenersatzanspruch bei Verkehrsunfall: Einziehung der abgetretenen Forderung durch Mietwagenunternehmen; Rechtfertigung für den Ersatz eines höheren Mietpreises


Leitsatz

1. Liegen keine Umstände vor, aus denen ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetretenen Schadensersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist, ist die Abtretung nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam, weil noch nicht feststeht, wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt.

2. Zu allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktoren, die den Ersatz eines höheren Mietpreises rechtfertigen können (hier: Eil- und Notsituation, Vorfinanzierung, Winterreifen), sowie zum Abzug für Eigenersparnis.

Tenor

Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 18. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer in 17 Fällen aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.

2

Die Geschädigten mieteten jeweils bei der Klägerin für die [X.] Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. Diese ließ sich bei der Anmietung die Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Schädiger und das Versicherungsunternehmen sicherungshalber abtreten. Die Verkehrsunfälle und die Abtretungen datieren zwischen Dezember 2007 und Mai 2009. In zwei Schadensfällen ereignete sich der Verkehrsunfall vor dem 1. Juli 2008, wobei die vor diesem Zeitpunkt getroffenen Abtretungsvereinbarungen im August/September 2009 erneut abgeschlossen wurden.

3

Die Beklagte erstattete die geltend gemachten Mietwagenkosten nur zum Teil. Die Klägerin macht die auf die erteilten Rechnungen verbleibenden Restbeträge geltend, der Höhe nach jedoch beschränkt auf die Mietwagenkosten, die sich als Normaltarif nach der [X.] 2007 ergeben, erhöht um die im Einzelfall angefallenen zusätzlichen Nebenkosten (für Winterreifen, Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs, [X.], Navigationssysteme, Anhängerkupplungen usw.) sowie um einen pauschalen Zuschlag von 20 % für ein Unfallersatzwagen-Geschäft. Dem geltend gemachten Anspruch in Höhe von insgesamt 8.322,35 € hat das [X.] hinsichtlich eines [X.] von 5.547,29 € stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Klage in Höhe weiterer 1.367,40 € zugesprochen; die Anschlussberufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Parteien ihr Begehren auf vollständige Verurteilung beziehungsweise Klagabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil unter anderem in [X.], 556 veröffentlicht ist, ist die Klägerin aktivlegitimiert. Die erfolgte Abtretung sei nicht wegen Verstoßes gegen Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes gemäß § 134 [X.] nichtig. [X.] ein - wie hier durch Weigerung der Mieter, die von der Beklagten nicht bezahlten Mietkosten aus eigenen Mitteln zu begleichen -, dann bilde die Verwertung der Sicherheit ein eigenes Geschäft der Klägerin, so dass es schon an der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] fehle. Jedenfalls aber stelle sich die Tätigkeit der Klägerin als erlaubtes Nebengeschäft im Sinne des § 5 Abs. 1 [X.] dar.

5

Hinsichtlich der Schadenshöhe bestünden gegen die Anwendung der [X.] keine generellen Bedenken. Die Beklagte habe auch keine konkreten Zweifel an deren Eignung als Schätzungsgrundlage aufgezeigt. Die von ihr vorgelegten Internet-Angebote ließen mangels genauer Angaben zu den zugrunde gelegten Fahrzeugtypen keinen Vergleich mit dem Normalpreis der [X.] zu. Zudem ließen sich den Angeboten nicht die Kosten für Zusatzleistungen entnehmen.

6

Die Klägerin könne entgegen der Auffassung des [X.] die Kosten für Winterreifen im Gesamtbetrag von 900 € ersetzt verlangen. Über die vom [X.] anerkannten zwei Fälle hinaus stünden ihr auch in drei weiteren Fällen pauschale Zuschläge in Höhe von 20 % zu den [X.] wegen einer Anmietung in einer Not- und Eilsituation zu. Dies ergebe einen Gesamtbetrag von 1.367,40 €. Die weitergehende Berufung sowie die Anschlussberufung der Beklagten hätten keinen Erfolg.

II.

7

Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

8

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin allerdings aktivlegitimiert, weil sie eine jedenfalls nach § 5 Abs. 1 [X.] erlaubte Rechtsdienstleistung vorgenommen hat.

9

a) Die Abtretungen sind in allen Fällen nach dem am 1. Juli 2008 in [X.] getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz zu beurteilen, weil die vor diesem Zeitpunkt getroffenen Abtretungsvereinbarungen im August/September 2009 erneut abgeschlossen wurden. Die Forderungen, welche Gegenstand der Abtretungen sind, sind auch hinreichend bestimmt, weil jeweils nur die Schadensersatzforderung auf Erstattung der [X.] nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurde. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich.

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Abtretungsvereinbarungen jedenfalls deshalb wirksam sind, weil die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von [X.] gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich erlaubt ist, wenn - wie hier - allein die Höhe der [X.] streitig ist (vgl. Senatsurteile vom 31. Januar 2012 - [X.], [X.], 270 Rn. 7 ff.; vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 1451 Rn. 12, - [X.], [X.], 1409 Rn. 16 und - [X.], [X.] 2013, 13; vom 18. Dezember 2012 - [X.] 316/11, juris Rn. 7).

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Abtretung nicht deshalb unwirksam, weil die Abtretung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem noch nicht geklärt war, ob und wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt (Senatsurteile vom 11. September 2012 - [X.], aaO Rn. 15, - [X.], aaO Rn. 19 und - [X.], aaO, [X.]). Die Abtretung als solche ist ein neutrales Geschäft, welches nicht per se gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 [X.]) verstößt. Sie wäre allenfalls unwirksam, wenn sie von vornherein auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielte. Dies ist bei der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs auf Erstattung von [X.] nicht der Fall, weil die Einziehung dieses Anspruchs durch das Mietwagenunternehmen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich erlaubt ist, wenn allein die Höhe der [X.] streitig ist. Liegen mithin keine Umstände vor, aus denen (objektiv) ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetretenen Schadensersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 31. Januar 2012 - [X.], aaO Rn. 8 f.), ist die Abtretung nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam, weil noch nicht feststeht, wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt. Solche Umstände hat die Beklagte nicht dargelegt.

bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Einziehung der Forderung auch nicht nach § 4 [X.] unzulässig. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen unzulässig, wenn sie mit anderen Leistungspflichten des [X.] unvereinbar sind. Eine solche Unvereinbarkeit liegt allerdings nicht bei jeder Form einer möglicherweise bestehenden Interessenkollision vor, sondern nur dann, wenn die Rechtsdienstleistung unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben kann. Zudem muss gerade hierdurch die ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsdienstleistungspflicht gefährdet sein (vgl. [X.]. 623/06, [X.] = BT-Drucks. 16/3655, [X.], 51; [X.]/[X.] in [X.]/Lamm/[X.], [X.], 2009, § 4 Rn. 1, 18; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2008, § 4 Rn. 2, 17; Krenzler/[X.], [X.], 2010, § 4 Rn. 24; [X.]/[X.], [X.], 2009, § 4 Rn. 1, 9 f.). Eine solche Gefährdung besteht bei der hier vorliegenden Einziehung einer Forderung auf Erstattung der [X.] nicht. Die maßgebliche Rechtsdienstleistung, nämlich die Durchsetzung der Forderung gegenüber der Versicherung, entspricht auch dem Interesse des Geschädigten (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 2012 - [X.], aaO Rn. 15, 17; [X.] 2011, 8, 12).

2. Die gegen die vom Berufungsgericht als begründet erachtete Schadenshöhe gerichteten [X.] der Klägerin haben teilweise Erfolg.

a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der [X.] verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 9. Juni 2009 - [X.]/08, [X.], 242 Rn. 10; vom 13. Oktober 2009 - [X.], [X.], 130 Rn. 8; vom 17. Mai 2011 - [X.], [X.], 1026 Rn. 7; vom 27. März 2012 - [X.], [X.], 874 Rn. 6).

b) Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. etwa Senatsurteile vom 12. Oktober 2004 - [X.], [X.], 377, 383; vom 19. April 2005 - [X.], [X.], 19, 22 f.; vom 19. Januar 2010 - [X.], [X.], 494 Rn. 5; vom 2. Februar 2010 - [X.], [X.], 545 Rn. 10 und - [X.], [X.], 683 Rn. 8; vom 9. März 2010 - [X.], [X.], 1053 Rn. 8) kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 Abs. 2 Satz 1 [X.] als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen [X.] verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kfz zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem [X.] teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.Ä.) allgemein einen gegenüber dem [X.] höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 [X.] erforderlich sind.

Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders frei gestellte Tatrichter - gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen - zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Zuschlag auf den "[X.]" in Betracht kommt (vgl. etwa Senatsurteile vom 19. Januar 2010 - [X.], aaO; vom 2. Februar 2010 - [X.], aaO; vom 9. März 2010 - [X.], aaO; vom 12. April 2011 - [X.], [X.], 769 Rn. 18; vom 18. Dezember 2012 - [X.] 316/11, aaO Rn. 10).

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die von der Klägerin beanstandete Beurteilung des Berufungsgerichts, die in drei Fällen vereinbarte flexible Vertragsgestaltung, also die Möglichkeit, den Mietvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vor dem ursprünglich vereinbarten Mietzeitende zu beenden, rechtfertige nicht die Geltendmachung eines [X.], aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine flexible Gestaltung der Mietdauer sei auch im normalen Vermietungsgeschäft möglich und bedeute bei einer hohen Nachfrage keine Ertragseinbußen auf Seiten des Autovermieters, weil ein unvorhergesehen vorzeitig zurückgegebenes Fahrzeug weitervermietet werden könne, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens.

d) Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Erwägung des Berufungsgerichts, eine fehlende Sicherung des Mietwagenunternehmens durch Kreditkarten komme als Kriterium für die Zuerkennung eines [X.] nicht in Betracht, weil die Abtretung der Ersatzansprüche des Geschädigten als gleichwertiges Sicherungsmittel anzusehen sei. Dies entspricht nicht der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Danach kommt es für die Zubilligung eines Aufschlags zum [X.] wegen der Erforderlichkeit eines sogenannten [X.] nicht darauf an, ob dem Mietwagenunternehmen ein gleichwertiges Sicherungsmittel zur Verfügung steht. Wie unter b) ausgeführt, ist für die Erforderlichkeit eines [X.] vielmehr darauf abzustellen, ob die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation allgemein einen gegenüber dem "[X.]" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 [X.] erforderlich sind. Einen solchen allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktor, der einen höheren Mietpreis rechtfertigt, kann die Vorfinanzierung des Mietpreises darstellen, wenn der Unfallgeschädigte weder zum Einsatz einer Kreditkarte noch zu einer sonstigen Art der Vorleistung verpflichtet ist (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - [X.], [X.], 19, 26; vom 19. Januar 2010 - [X.], aaO Rn. 7).

Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Es durfte indes die Vorfinanzierung der [X.] als allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktor nach den vorstehenden Ausführungen nicht schon wegen der - das [X.] des Autovermieters betreffenden - Abtretung der Ersatzansprüche des Geschädigten unberücksichtigt lassen. Insoweit weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass die Frage, ob der Geschädigte im Einzelfall zu einer Vorfinanzierung verpflichtet war, nicht die Erforderlichkeit der Herstellungskosten im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 [X.] betrifft, sondern die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Unter diesem Blickwinkel kommt es darauf an, ob dem Geschädigten eine Vorfinanzierung, zu der auch der Einsatz einer EC-Karte oder einer Kreditkarte gerechnet werden könnte, möglich und zumutbar war. Das kann angesichts der heutigen Gepflogenheiten nicht generell ausgeschlossen werden, wobei allerdings im Rahmen des § 254 [X.] nicht der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig ist, wenn sich auch je nach dem Vortrag des auf Schadensersatz in Anspruch Genommenen für ihn eine sekundäre Darlegungslast ergeben kann. Jedenfalls ist der Geschädigte im Rahmen des § 254 [X.] auch unter Berücksichtigung seiner sekundären Darlegungslast nicht gehalten, von sich aus zu seiner finanziellen Situation vorzutragen (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - [X.], aaO; vom 14. Februar 2006 - [X.], [X.], 564, 565; vom 20. März 2007 - [X.], [X.], 235, 237; vom 19. Januar 2010 - [X.], aaO Rn. 8).

3. Auch die [X.] der Beklagten haben teilweise Erfolg.

a) Ohne Erfolg macht die Beklagte allerdings geltend, ein pauschaler Zuschlag zum [X.] sei nicht ersatzfähig, weil das [X.] festgestellt habe, dass den Geschädigten in allen 17 Fällen die Anmietung zum [X.] "ohne weiteres" möglich gewesen sei. Derartige Feststellungen hat das [X.] nicht getroffen. Es hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das Gegenteil nicht festgestellt werden könne. Dementsprechend hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Beklagte habe nicht dargelegt und nachgewiesen, dass den Geschädigten in der konkreten Anmietsituation ein günstigerer [X.] "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, weil der Schädiger gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen "ohne weiteres" zugänglich war (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - [X.], [X.], 706 Rn. 7; vom 24. Juni 2008 - [X.], [X.], 1370 Rn. 26; vom 19. Januar 2010 - [X.], aaO Rn. 10).

b) Zutreffend beanstandet die Beklagte allerdings, dass das Berufungsgericht in den [X.], 12 und 17, in denen die Anmietung am Folgetag des Unfalls erfolgte, aufgrund einer Eil- oder Notsituation einen Unfallersatztarif für erforderlich gehalten hat. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann sich die Erforderlichkeit eines [X.] zwar daraus ergeben, dass es dem Geschädigten aufgrund einer besonderen Eilbedürftigkeit in der konkreten Anmietsituation nicht zuzumuten war, sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen zu erkundigen (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - [X.], aaO Rn. 25; vom 4. April 2006 - [X.] 338/04, aaO Rn. 17; vom 9. Mai 2006 - [X.] 117/05, [X.], 986 Rn. 12; vom 13. Juni 2006 - [X.] 161/05, [X.], 1273 Rn. 13; vom 30. Januar 2007 - [X.] 99/06, [X.], 516 Rn. 14; vom 20. März 2007 - [X.], Rn. 12; vom 14. Oktober 2008 - [X.] 308/07, [X.], 1706 Rn. 15; vom 9. März 2010 - [X.], aaO Rn. 16; vom 12. April 2011 - [X.], aaO Rn. 11). Eine solche Eil- oder Notsituation kann bei Anmietung einen Tag nach dem Unfall aber grundsätzlich nicht angenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 2006 - [X.] 117/05, aaO Rn. 13; vom 11. März 2008 - [X.] 164/07, [X.], 699 Rn. 16). Eine besondere Eilbedürftigkeit kann sogar bei einer Anmietung noch am Unfalltag fehlen (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2007 - [X.] 99/06, aaO; vom 20. März 2007 - [X.], aaO). Auf dieser Grundlage erweist sich die Annahme einer Eil- oder Notsituation einen Tag nach dem Unfall ohne Hinzutreten weiterer, ausnahmsweise auch nach Ablauf dieses Zeitraums eine besondere Eilbedürftigkeit begründender Umstände, für die nichts festgestellt ist, als rechtsfehlerhaft. Bereits das [X.] hatte darauf hingewiesen, dass die Klägerin nichts dazu vorgetragen habe, dass sich die konkrete Anmietsituation für die Geschädigten als Notsituation dargestellt habe.

c) Unbegründet ist die Revision der Beklagten, soweit sie sich gegen die Zuerkennung eines Aufschlags für Winterreifen in neun der 17 Schadensfälle wendet.

Die Revision macht insoweit geltend, es liege eine Besserstellung der Geschädigten vor, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen habe, dass die eigenen Fahrzeuge der Betroffenen über Winterreifen verfügten. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat aber außer Streit gestanden, dass die Fahrzeuge der Geschädigten mit Winterreifen ausgerüstet waren.

Unter diesen Umständen ist die Ansicht des Berufungsgerichts, das Zusatzentgelt für Winterreifen sei von der Beklagten zu erstatten, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Sie steht im Einklang mit dem überwiegenden Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. [X.], Urteile vom 22. März 2011 - 3 U 47/10, juris Rn. 18; vom 30. August 2011 - 3 U 183/10, juris Rn. 14; [X.], [X.], 875, 878; [X.], NJW-RR 2012, 802, 807; [X.], Urteile vom 4. Mai 2012 - 1 U 1797/11, juris Rn. 17 ff.; vom 18. Juli 2012 - 7 U 269/12, [X.], 51 = juris Rn. 20 ff.; a.A. [X.], Urteile vom 14. Juni 2011 - 15 U 9/11, juris Rn. 11; vom 27. Juli 2011 - 5 U 44/11, juris Rn. 5 - insoweit in [X.]/2011, 12, 13 nicht vollständig abgedruckt; vom 8. November 2011 - 15 U 54/11, juris Rn. 18). Nach der damals geltenden Rechtslage waren die konkreten Wetterverhältnisse für die Erforderlichkeit von Winterreifen maßgebend (vgl. § 2 Abs. 3a Satz 1 und 2 [X.] in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 der Vierzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 22. Dezember 2005, [X.] I S. 3716). Im Hinblick darauf ist es nicht zu beanstanden, dass zur Winterzeit Fahrzeuge vermietet wurden, die mit Winterreifen ausgestattet waren, da mit winterlichen Wetterverhältnissen jederzeit gerechnet werden musste. Zwar schuldet der Autovermieter die Überlassung eines verkehrstauglichen, mithin gegebenenfalls gemäß § 2 Abs. 3a [X.] mit Winterreifen ausgerüsteten Fahrzeugs. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er für eine solche Ausstattung nicht auch eine besondere Vergütung verlangen kann. Das Berufungsgericht hat insoweit festgestellt, dass die von der Klägerin ihrer Berechnung zugrunde gelegte [X.] die Winterreifen als typischerweise gesondert zu vergütende Zusatzausstattung ausweist und auch gemäß einem Artikel der [X.] vom 10. Dezember 2010 große Autovermieter Winterreifen extra in Rechnung stellen. Diese Feststellungen hat die Revision nicht angegriffen.

d) Ohne Erfolg rügt die Beklagte auch, dass ein Abzug für Eigenersparnis nicht vorgenommen worden ist, weil die Geschädigten jeweils ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet hatten. Insoweit hat das Berufungsgericht die Beurteilung des [X.] bestätigt, auf dessen Entscheidungsgründe es Bezug genommen hat. Diese Auffassung entspricht einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum im Vordringen befindlichen Meinung (vgl. [X.], [X.], 741 f.; NJW-RR 2012, 802, 805; [X.], [X.], 456, 457; [X.], [X.] 1995, 3, 5; 1995, 175, 176; [X.], [X.], 769; [X.] 2000, 384; [X.], [X.], 1680, 1682; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 249 Rn. 106; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 249 Rn. 441; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 249 Rn. 36; Buschbell/Buschbell, [X.] Straßenverkehrsrecht, 3. Aufl., § 24 Rn. 91; [X.]/Knerr, [X.], 26. Aufl., [X.]. 3 Rn. 91; [X.], [X.], 1015, 1017). Sie geht von der Erwägung aus, dass der Geschädigte grundsätzlich berechtigt ist, einen gleichwertigen Ersatzwagen anzumieten (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1970 - [X.] 108/68, [X.], 547; vom 2. März 1982 - [X.] 35/80, [X.], 548, 549); miete er gleichwohl ein einfacheres Fahrzeug an, widerspräche ein Ersparnisabzug der Billigkeit, weil der Schädiger so in doppelter Weise entlastet würde (vgl. [X.], [X.], 741; [X.], [X.] 1995, 3, 5; [X.], [X.], 769; [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO). Lehnt der Tatrichter den Abzug einer Eigenersparnis dieser Auffassung folgend ab, ist diese Vorgehensweise revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, weil die Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO bei der Schätzung einer etwaigen Eigenersparnis im Wege des Vorteilsausgleichs Sache des hierzu berufenen Tatrichters ist und die Grenzen des Ermessens nicht überschritten sind (vgl. Senatsurteile vom 7. Mai 1996 - [X.] 138/95, [X.], 902, 904; vom 2. Februar 2010 - [X.], aaO Rn. 24, 26). Die Auffassung der vorstehend zitierten Rechtsprechung steht im Einklang mit einer verbreiteten Regulierungspraxis der Haftpflichtversicherer, welche einem vom [X.] ([X.]) empfohlenen Abrechnungsverfahren entspricht (vgl. NJW 1993, 376; MünchKomm[X.]/[X.], aaO). Nachdem zum Zeitpunkt dieser Empfehlung noch eine Ersparnis von 15-20 % der [X.] angesetzt worden ist (vgl. [X.] VersR 1993, 372, 373), wird heute selbst dann, wenn ein gleichwertiges Fahrzeug angemietet wird, nur noch teilweise eine Ersparnis von 10 % der [X.] (vgl. etwa [X.], [X.], 206, 208 und Urteil vom 21. April 2008 - 6 [X.], juris Rn. 20; [X.], [X.] 2007, 985, 988; [X.], [X.], 93, 95) und teilweise eine solche von 3-5 % angenommen (vgl. etwa [X.], [X.], 313, 315; [X.], [X.], 208; [X.], [X.] 2007, 13, 16).

Galke                        Wellner                            Pauge

               [X.]                          von [X.]

Meta

VI ZR 245/11

05.03.2013

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 18. August 2011, Az: 7 U 109/11, Urteil

§ 249 Abs 2 S 1 BGB, § 254 Abs 2 S 1 BGB, § 398 BGB, § 5 Abs 1 RDG, § 287 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.03.2013, Az. VI ZR 245/11 (REWIS RS 2013, 7686)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7686

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 245/11 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 6/09 (Bundesgerichtshof)

Mietwagenkostenersatz nach Verkehrsunfall: Ausschluss einer Erkundigungspflicht für günstige Mietwagentarife in einer Eil- oder Notsituation


VI ZR 112/09 (Bundesgerichtshof)

Mietwagennahme nach Kfz-Unfall: Schätzung eines Aufschlags zum Normaltarif bei einem so genannten Unfallersatztarif


VI ZR 7/09 (Bundesgerichtshof)

Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Schätzung der Mietwagenkosten


VI ZR 112/09 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.