Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.08.2001, Az. 3 StR 162/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1689

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.] August 2001in der Strafsachegegenwegen Mordes u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 8. [X.], an der teilgenommen haben:Richterin am [X.]. [X.] als Vorsitzende,[X.] am [X.]. [X.],[X.],von [X.],[X.]als beisitzende Richter,Staatsanwältin in der Verhandlung,Staatsanwältin bei der Verkündung als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 1. November 2000 aufgehoben, [X.] eine besondere Schuldschwere im Sinne [X.] 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 57 b StGB verneint hat.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes und wegen ge-fährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Freiheitsstrafe als [X.]. Die Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Sachrüge,daß das Schwurgericht die besondere Schwere der Schuld im Sinne [X.] 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 57 b StGB verneint hat. Das hierauf - zulässig(BGHSt 41, 57, 59) - beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.I.Nach den getroffenen Feststellungen drückte der alkoholisierte [X.] mit beiden Händen die Kehle seiner Ehefrau zu, nachdem sie sich [X.] hatte, mit ihm über die bestehenden Eheprobleme zu reden, und riefunter anderem mehrmals aus, daß er sie umbringen werde und daß dann,wenn er sie nicht haben könne, auch kein anderer sie kriege. Er würgte sie- 4 -solange, bis sie in Atemnot geriet, Todesangst bekam und befürchtete, der An-geklagte wolle sie töten. Schließlich ließ er von ihr ab. Von dem Würgen trugsie eine Hautrötung über dem [X.] und eine Distorsion der [X.] davon; sie mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. Die [X.] nicht sicher feststellen, daß der Angeklagte den Vorsatz hatte, seineEhefrau zu töten. Das [X.] hat den Angeklagten insoweit wegen ge-fährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB unter Zugrundele-gung des nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens zu einer Frei-heitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.Der Angeklagte hatte geraume Zeit nach diesem Vorfall mit seiner in[X.] von ihm getrennt lebenden Frau vereinbart, daß die gemeinsame Toch-ter [X.] und ihre beiden Stiefgeschwister, die 10jährige [X.] und [X.] [X.], ein Wochenende mit dem Angeklagten verbringen durften. [X.] Nacht faßte der Angeklagte den Entschluß, [X.] zu töten, um damit seineEhefrau und [X.]s Mutter zu bestrafen, weil diese in seinen Augen dasScheitern der Ehe verursacht hatte. Durch die Tötung des Kindes wollte er [X.] zufügen. Er fesselte das zunächst noch schlafende Kind [X.], strangulierte es mit einer Kunststoffleine und verklebte [X.] während der Tatbegehung mit Paketklebeband, damit es nicht seine indem selben Raum schlafenden Geschwister zu Hilfe rufen konnte. [X.], [X.] geworden war und das Geschehen in vielen Einzelheiten wahrnahm, ver-suchte den Angeklagten zurückzuhalten. Nachdem dieser seine Stieftochteraufgefordert hatte, sich umzudrehen und weiterzuschlafen, drosselte er densich heftig wehrenden und mit den Beinen strampelnden [X.] mit einer ge-flochtenen [X.] so lange, bis er tot war. Die beiden [X.] verbrachten noch den Tag und die folgende Nacht in der Wohnung,in der die Leiche ihres Bruders zugedeckt lag, wobei zumindest [X.] dies- 5 -wußte. Das [X.] hat wegen dieser Tat gegen den (unterhalb derSchwelle des § 21 StGB) in seiner Steuerungsfähigkeit vermindert schuldfähi-gen Angeklagten wegen Mordes (Heimtücke und niedrige Beweggründe) aufeine lebenslange Freiheitsstrafe erkannt.Aus beiden Strafen hat es eine lebenslange Freiheitsstrafe als Ge-samtstrafe gebildet. Von der Feststellung, daß die Schuld des Angeklagtenbesonders schwer wiegt, hat es abgesehen.II.Die Begründung, mit der das Schwurgericht eine besondere Schuld-schwere verneint hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld i.S.des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu bejahen ist, hat der Tatrichter unterAbwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Um-stände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Dem Re-visionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine inseinzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob [X.] alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewo-gen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigendes Tatrichters zu setzen ([X.], 352, 353).Das [X.] hat zwar bei der Prüfung der besonderen [X.] eine zusammenschauende Würdigung des Mordgeschehens und der [X.] vorgenommen. Dabei hat er jedoch einen zentralen Punkt- nämlich die Verwirklichung zweier Mordmerkmale - nur unzureichend in dieGesamtabwägung einbezogen. Das [X.] hat insoweit ausgeführt, daßdas Zusammentreffen zweier Mordmerkmale nicht schematisch zur [X.] 6 -der besonderen Schuldschwere führe, es vielmehr einer Gesamtwürdigung an-hand der Umstände des Einzelfalles bedürfe. Einem weiteren Mordmerkmalwerde dann kein wesentliches Gewicht beizumessen sein, wenn es den [X.] und [X.] gegenüber einem anderen Mordmerkmal nicht er-weitere; das in den Bereich der Überschneidung fallende Unrecht könne [X.] nur einmal angelastet werden. Weiter, in einem gesonderten Ab-satz, hat das [X.] ausgeführt, daß es dem Mordmerkmal der "[X.]" kein zusätzliches besonders schulderhöhendes Gewicht beigemessenhabe, welches eine Feststellung nach § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB recht-fertigen könnte.Diese Wertung begründet das Schwurgericht indessen nicht mehr. Dasist rechtsfehlerhaft, weil der [X.] nicht überprüfen kann, ob das [X.]bei dieser Wertung die zutreffenden Maßstäbe angewendet hat, zumal [X.] dem Zusammenhang der Gesamtabwägung nicht erkennbar wird, warumdas [X.] der Verwirklichung des [X.] der Heimtücke keinzusätzliches Gewicht beigemessen hat. Ein Fall der Überschneidung des [X.] der Mordmerkmale liegt nicht vor. Der niedrige Beweggrund betrifft [X.], mit der Tat sollte in erster Linie die Ehefrau getroffen werden. [X.] kennzeichnet die Tatbegehung, sie richtete sich gegen [X.] der Ehefrau.Für die neue Hauptverhandlung weist der [X.] auf folgendes hin:Das [X.], das zutreffend die besondere Schuldschwere bereitsbei der Einzelstrafe wegen Mordes geprüft hat (vgl. [X.], 277 m.Anm. [X.]), hat zwar nicht verkannt, daß bei der Verhängung einer lebenslan-gen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe nach § 57 b StGB Anknüpfungspunkt fürdie Prüfung der besonderen Schuldschwere auch die Gesamtstrafe ist ([X.] -[X.], 352 f. m.w.Nachw.). Es hat jedoch im Hinblick auf die zu [X.] des Kindes in Tatmehrheit stehende gefährliche Körperverletzung zumNachteil der Mutter ausgeführt, daß mit einer weiteren Straftat nicht stets eineins Gewicht fallende Schuldsteigerung verbunden sei; eine solche Schuldstei-gerung vermöge die Strafkammer durch die eher von geringer Schuld gekenn-zeichnete gefährliche Körperverletzung nicht zu bejahen. Dabei hat die [X.] den Schuldgehalt der gefährlichen Körperverletzung und den [X.] beiden Taten bestehenden inneren (kriminologischen) Zusammenhangnicht erkennbar bedacht. Für die "eher von geringer Schuld" gekennzeichneteTat - einen minder schweren Fall hat es abgelehnt - hat es immerhin auf eineFreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten erkannt und dabei [X.] berücksichtigt, daß bereits im Oktober 1999 ein ähnlicher körperli-cher Angriff auf seine Ehefrau stattgefunden habe, bei dem er sie gewürgt undihr multiple Kopfprellungen beigebracht hatte. Nicht erkennbar berücksichtigthat das [X.] aber, daß auch die abgeurteilte gefährliche Körperverlet-zung, die es von ihrem äußeren Erscheinungsbild her als versuchten Totschlagbewertet, ihre Ursache in der maßlosen Eifersucht des Angeklagten und denzwischen ihm und seiner Ehefrau bestehenden massiven Ehe- und Bezie-hungsproblemen hat. Die Tötung des [X.] stand damit in einem engenZusammenhang, weil durch sie die Ehefrau dafür bestraft werden sollte, daßsie in den Augen des Angeklagten das Scheitern der Ehe verursacht [X.] 8 -Einer Aufhebung der Feststellungen bedurfte es nicht, weil diese vondem Rechtsfehler nicht betroffen sind. Ergänzende Feststellungen bleiben zu-lässig.[X.] [X.] [X.] von [X.]

Meta

3 StR 162/01

08.08.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.08.2001, Az. 3 StR 162/01 (REWIS RS 2001, 1689)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1689

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