Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.04.2014, Az. V ZB 41/13

5. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6579

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Gegenstand

Zwangsversteigerungsverfahren: Anforderungen an die Bekanntmachung der Terminsbestimmung durch Veröffentlichung im Internet


Leitsatz

Wird die Terminsbestimmung durch Veröffentlichung im Internet bekannt gemacht, schadet es nicht, wenn die Aufforderungen nach § 37 Nr. 4 und 5 ZVG erst nach Anklicken eines mit „amtliche Bekanntmachung“ gekennzeichneten Links wahrzunehmen sind.

Tenor

Dem Beteiligten zu 1 wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.]     bewilligt. Der Beteiligte zu 1 hat monatliche Raten von 15 € an die Bundeskasse zu leisten.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 7. März 2013 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 112.750 € für die Gerichtsgebühren und 202.701 € für die anwaltliche Vertretung des Beteiligten zu 1.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 2 betreibt die Zwangsversteigerung in den im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundbesitz des Beteiligten zu 1 (Schuldner). Das Vollstreckungsgericht bestimmte durch Beschluss vom 4. Dezember 2012 den Versteigerungstermin auf den 29. Januar 2013 und verfügte am 7. Dezember 2012 folgende Angaben für die [X.]veröffentlichung der [X.]: die Wiedergabe des Aktenzeichens, die Bezeichnung der Verfahrensart (Zwangsversteigerung), des Grundbuchblatts, des Objekts und seiner Lage, eine Beschreibung des Grundstücks, Mitteilungen zu dessen Verkehrswert sowie die Angaben zu dem anberaumten Termin und zu dem Ort der Versteigerung. Nach dem [X.]svermerk der Urkundsbeamtin und dem beigefügten Ausdruck des veröffentlichten Textes ist die [X.] im [X.]-Portal ([X.]) der Verfügung gemäß erfolgt. Auf der [X.]seite befanden sich ferner ein [X.] auf einen Server mit Karten und Lichtbildern sowie ein [X.] auf eine amtliche Bekanntmachung: „[X.]“ Bei einem Mausklick darauf öffnete sich eine pdf-Datei mit einem Abbild des gerichtlichen Beschlusses über die Bestimmung des Versteigerungstermins; darin enthalten waren die Aufforderungen im Sinne von § 37 Nr. 4 und 5 [X.].

2

In dem Termin vom 29. Januar 2013 ist der Beteiligte zu 3 Meistbietender geblieben. Das Vollstreckungsgericht hat ihm mit Beschluss vom gleichen Tage den Zuschlag erteilt. Die Zuschlagsbeschwerde des Schuldners hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will er weiterhin die Versagung des Zuschlags erreichen.

II.

3

Das Beschwerdegericht meint, der Versteigerungstermin sei ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Die nach § 37 Nr. 4 und 5 [X.] erforderlichen Angaben seien in ausreichender Weise veröffentlicht worden. Es genüge, dass sie auf dem Server des Portals abgelegt und zum Abruf bereitgestellt worden seien, auch wenn darauf über einen weiteren [X.] habe zugegriffen werden müssen.

III.

4

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. Zu Recht sieht das Beschwerdegericht die Zuschlagsbeschwerde des nach § 97 Abs. 1 [X.] beschwerdeberechtigten Schuldners als zulässig an. Zwar rügt dieser nicht die Verletzung eigener Rechte, sondern stützt die Beschwerde allein darauf, dass die Bekanntmachung des Versteigerungstermins die nach § 37 Nr. 4 und 5 [X.] erforderliche Aufforderung an die Gläubiger und sonstige Inhaber von Rechten nicht erkennen ließ. Die Vorschrift des § 100 Abs. 2 [X.], wonach eine Zuschlagsbeschwerde nicht auf einen Grund gestützt werden kann, die nur das Recht eines anderen betrifft, gilt aber nicht für die von Amts wegen zu berücksichtigenden, in § 83 Nr. 6 und 7 [X.] bezeichneten Zuschlagsversagungsgründe (§ 100 Abs. 3 [X.]). Ein solcher liegt vor, wenn die Bekanntmachung der [X.] den Vorgaben des § 37 [X.] nicht genügt; der Zuschlag ist dann nach § 83 Nr. 7 [X.] wegen Verletzung der Vorschrift des § 43 Abs. 1 [X.] zu versagen (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Januar 2013 - [X.], NJW-RR 2013, 915 Rn. 6 mwN).

6

2. Frei von Rechtsfehlern ist ferner die Annahme des [X.], dass die öffentliche Bekanntmachung der [X.] (§ 39 Abs. 1 [X.]) ordnungsgemäß und der Zuschlag daher nicht gemäß § 83 Nr. 7 [X.] zu versagen war.

7

a) Die Vorschrift des § 43 Abs. 1 [X.], nach der die [X.] sechs Wochen vor dem Versteigerungstermin bekannt gemacht sein muss, ist verletzt, wenn die Bekanntmachung inhaltlich nicht den zwingenden Vorgaben des § 37 [X.] genügt (Senat, Beschluss vom 17. Januar 2013 - [X.], aaO). Erforderlich sind u.a. die Aufforderungen an die Inhaber nicht aus dem Grundbuch ersichtlicher (§ 37 Nr. 4 [X.]) oder der Versteigerung entgegenstehender Rechte (§ 37 Nr. 5 [X.]). Die Bekanntmachung muss die der Vorschrift entsprechenden Androhungen des Rechts- oder Rangverlusts enthalten. Gemäß § 37 Nr. 4 [X.] ist darauf hinzuweisen, dass nicht eingetragene Rechte bei einem Unterlassen der Anmeldung bis zum Versteigerungstermin nach § 45 Abs. 1 [X.] bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und nach § 110 [X.] bei Verteilung des Erlöses allen anderen Rechten im Rang nachgehen. Die Inhaber der Versteigerung entgegenstehender Rechte sind aufzufordern, vor Zuschlagserteilung die Aufhebung oder die Einstellung der Zwangsversteigerung (§§ 771, 769 ZPO) herbeizuführen, weil andernfalls nach § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 [X.] der [X.] an die Stelle des erloschenen Rechts tritt (vgl. Senat, Urteil vom 8. November 2013 - [X.], [X.], 31 Rn. 19).

8

b) Die [X.] muss die in § 37 Nr. 4 und 5 [X.] genannten Aufforderungen auch dann enthalten, wenn sie - wie hier - nach § 39 Abs. 1 Alt. 2 [X.] nur in dem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem durch [X.] im [X.] bekanntgemacht wird (vgl. zu dieser Art der Bekanntmachung Senat, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - [X.], [X.], 3708). Wie die [X.] im [X.] beschaffen sein muss, insbesondere ob und inwieweit Teile der [X.] allein durch einen Verweis ([X.]) auf eine andere Seite zugänglich gemacht werden dürfen, ist allerdings nicht gesetzlich geregelt. In den Materialien zum [X.] vom 22. März 2005 ([X.], 857) findet sich lediglich der Hinweis, dass einer Anregung des [X.] entsprechend die kostenintensive Printveröffentlichung nicht mehr notwendig sein soll (BT-Drucks. 15/4952, S. 51).

9

aa) Die an die Bekanntmachung im [X.] zu stellenden Anforderungen sind nach den Zwecken zu bestimmen, denen die [X.] der [X.] dient ([X.], [X.] 1991, 193, 196). Diese soll im Interesse der bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum auf die Versteigerung aufmerksam machen und diejenigen, deren Rechte von der Versteigerung berührt werden, zur Wahrung ihrer Rechte veranlassen (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1741 Rn. 11; Beschluss 16. Oktober 2008 - [X.], [X.], 3708 Rn. 27; Beschluss vom 17. Januar 2013 - [X.], NJW-RR 2013, 915 Rn. 7). Hier geht es um die zuletzt genannte Funktion der öffentlichen Bekanntgabe der [X.]. Mit dieser sind die dem Versteigerungsgericht unbekannten Berechtigten in der Art eines Aufgebots aufzufordern ([X.]/Güthe, [X.], 7. Aufl., §§ 37, 38 Rn 5; [X.], [X.], 3 u. 4. Auflage, § 37 [X.] I; Sieg, [X.] 1961, 1003, [X.], [X.], 20. Aufl., § 37 Rn. 5.1), ihre im Grundbuch nicht eingetragenen Rechte am Grundstück bis zum Versteigerungstermin anzumelden und aus ihren Rechten, die der Versteigerung entgegenstehen, eine Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens herbeizuführen. Die Inhaber solcher Rechte müssen Gelegenheit erhalten, ihre Belange im Zwangsversteigerungsverfahren effektiv zur Geltung zu bringen (vgl. Senat, Urteil vom 8. November 2013 - [X.], [X.], 31 Rn. 21). Es ist daher sicherzustellen, dass ein aufmerksamer Nutzer des für die [X.] gewählten Mediums auch die Aufforderungen nach § 37 Nr. 4 und 5 [X.] zur Kenntnis nimmt (vgl. [X.], Rpfleger 1988, 421, 422 für eine [X.] im Amtsblatt).

bb) Die von dem Beschwerdegericht - anhand des in der Akte befindlichen [X.]svermerks und eines Belegstücks (vgl. dazu [X.], [X.], 5. Aufl., §§ 39, 40 Rn. 2; [X.], [X.], 20. Aufl., § 39 Rn. 2.7) - festgestellte [X.] der [X.] genügt diesen Anforderungen. Sie erfolgte im [X.] Portal „[X.]“, welches mit dem für [X.] bestimmten [X.] „www.justiz.de“ (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - [X.], [X.], 3708 Rn. 7 u. 21) verlinkt ist. Dass sich die nach § 37 Nr. 4 und 5 [X.] erforderlichen Angaben nicht unmittelbar auf der [X.]seite mit den grundlegenden Informationen zu dem Versteigerungstermin befanden, sondern erst nach Anklicken eines neben dem Hinweis „amtliche Bekanntmachung:“ befindlichen [X.]s („amtliche [X.]“) wahrgenommen werden konnte, schadet nicht. Ein aufmerksamer, an Details der konkreten Zwangsversteigerung interessierter Nutzer erkennt ohne weiteres, dass mithilfe dieses [X.]s weitere Mitteilungen des [X.] zu erschließen sind. Dem Nutzer bleibt schon nicht verborgen, dass es mehrerer „Klicks“ bedarf, um über die Startseite von „www.justiz.de“ bzw. über das (verlinkte) Portal „[X.]“ zu der Information über ein spezifisches Zwangsversteigerungsverfahren zu gelangen; es kann daher angenommen werden, dass er auf dieser Seite befindliche weiterführende [X.]s zur Kenntnis nimmt und sie anklickt, wenn ihm an näherer Information zu dem Objekt oder dem Verfahren gelegen ist. Gerade ein Inhaber von Rechten an dem zu [X.] Grundstück wird es nicht versäumen, einem mit „amtliche Bekanntmachung“ gekennzeichneten [X.] nachzugehen, kann er doch in erster Linie in dem als „amtlich“ gekennzeichneten Teil der [X.] Hinweise des Gerichts für Gläubiger und andere Betroffene des Verfahrens erwarten.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht der Wirksamkeit der Bekanntmachung auch nicht entgegen, dass der [X.] „amtliche Bekanntmachung“ auf eine [X.] führt und daher nur geöffnet werden kann, wenn die entsprechende Software zur Verfügung steht. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bekanntmachung der [X.] im [X.] ausreichen zu lassen, bringt es mit sich, dass nur Interessierte mit Zugang zu entsprechender technischer Ausstattung solche [X.]en wahrnehmen können. Bedenken gegen deren Wirksamkeit könnten in diesem Zusammenhang nur aufkommen, wenn besonders aufwendige, wenig verbreitete Technik erforderlich wäre, um sie zur Kenntnis zu nehmen; das trifft auf die zur Öffnung von [X.]en notwendige Software indessen nicht zu.

cc) Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 2008 ([X.], [X.], 3708 Rn. 26 ff.) noch Zweifel geäußert hat, ob das Portal „www.justiz.de“ Bietinteressenten und Gläubigern hinreichend einfachen und effektiven Zugang zu den [X.]en in [X.] gewährt, hält er hieran nicht mehr fest. Auf der Startseite von „www.justiz.de“ öffnet sich nunmehr über den [X.] „Bekanntmachungen“ ein [X.] „Zwangsversteigerungstermine“, der wiederum zu dem Portal „[X.]“ führt. Dieses enthält verschiedene Möglichkeiten, die Suche nach Zwangsversteigerungsterminen bzw. -objekten einzugrenzen, u.a. nach der Adresse des Objekts, nach Bundesland und Amtsgericht sowie nach Terminen. Defizite bei der Nutzung der Portale sind von dem Beschwerdegericht nicht festgestellt worden und werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Senat, Beschluss vom 29. September 2011 – [X.], NJW-RR 2012, 145 Rn. 12). Der Gegenstandswert des [X.] ist für die Gerichtsgebühren nach dem Wert des [X.] zu bestimmen, dessen Aufhebung der Schuldner erreichen wollte (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG); er entspricht dem [X.] einschließlich des Werts der bestehen bleibenden Rechte (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Der Wert für die anwaltliche Vertretung des Schuldners richtet sich nach dem Wert des versteigerten Objekts (§ 26 Nr. 2 RVG).

Stresemann                       [X.]                     Brückner

                    Weinland                  Kazele

Meta

V ZB 41/13

03.04.2014

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Kleve, 7. März 2013, Az: 4 T 39/13

§ 37 Nr 4 ZVG, § 37 Nr 5 ZVG, § 39 Abs 1 Alt 2 ZVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.04.2014, Az. V ZB 41/13 (REWIS RS 2014, 6579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6579

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