Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. KVR 30/08

Kartellsenat | REWIS RS 2008, 1501

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[X.]BESCHLUSS K[X.]R 30/08vom 14. Oktober 2008 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.]/Basalt [X.] § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, §§ 41, 60, § 64 Abs. 3 Satz 1, § 65 Abs. 3 Satz 3 a) [X.] des § 41 Abs. 1 [X.] gilt für alle angemeldeten [X.], gleichgültig ob die formellen und materiellen [X.]orausset-zungen für die Untersagung des Zusammenschlusses vorliegen. b) Untersagt das [X.] ein [X.], gilt das [X.] des § 41 Abs. 1 [X.] fort, bis die Untersagungsverfügung [X.] geworden oder rechtskräftig aufgehoben worden ist. c) Beantragen die Zusammenschlussbeteiligten nach Anfechtung der Untersa-gungsverfügung eine [X.] vom [X.]ollzugsverbot (§ 41 Abs. 2 [X.]), hat hierüber das Beschwerdegericht im Rahmen seiner Zuständigkeit für den Er-lass einstweiliger Anordnungen (§ 64 Abs. 3 Satz 1, § 60 Nr. 1 [X.]) zu [X.]. An die [X.] stellt das Gesetz deutlich höhere Anforderungen als an die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 65 Abs. 3 Satz 2 i.[X.]. mit Satz 1 Nr. 2 und 3 [X.]. d) Bei der Anwendung der [X.] des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] bleiben Märkte außer Betracht, bei denen von vornherein abzusehen ist, dass der Zusammenschluss dort nicht zur Erlangung oder zur [X.]erstärkung ei-ner marktbeherrschenden Stellung eines Zusammenschlussbeteiligten führen wird. [X.], [X.]. v. 14. Oktober 2008 [X.] K[X.]R 30/08 [X.] [X.] - 2 - [X.] hat am 14. Oktober 2008 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. Tolksdorf, [X.] [X.] sowie [X.] [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]s wird der [X.]uss des 1. Kartellsenats des [X.] vom [X.] aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückver-wiesen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1 Mio. Euro fest-gesetzt. Gründe: [X.] Die Betroffene zu 1 (nachfolgend [X.]) ist ein Straßen- und Tiefbauun-ternehmen mit Tätigkeitsschwerpunkt im Umfeld von [X.] im [X.]. Sie gehört zur [X.]-Gruppe, die nicht nur im Straßen- und Tiefbau, sondern auch in den Bereichen Hochbau, Erdbewegungen, Steinbrüche, Asphalt, Handel und Dienstleistungen tätig ist. Die Betroffene zu 2 (nachfolgend Basalt) ist [X.] größte Herstellerin von [X.] und die größte Betreiberin von 1 - 3 - Steinbrüchen. Basalt gehört zur [X.], die schwerpunktmäßig auf dem Gebiet der [X.] tätig ist. Zu den zahlreichen Tochtergesellschaften der [X.] gehört auch die [X.]. Diese ist mit ei-nem Anteil von 50% an der [X.] (nachfolgend [X.]) beteiligt, die ein Asphaltmischwerk in [X.] betreibt. Die anderen 50% an der [X.] hält ein Un-ternehmen der [X.]-Gruppe. 2 [X.] beabsichtigt, von Basalt Beteiligungen in Höhe von jeweils 30% an der neu zu gründenden [X.] AML Asphaltmischwerk [X.] GmbH & Co. KG mit Sitz in [X.] (nachfolgend AML [X.]) und der zugehörigen Komplementärgesellschaft AML Asphaltmischwerk [X.] [X.]erwaltungsgesell-schaft mbH, [X.], zu erwerben. Die AML [X.] soll nach [X.]ollzug des Zusammenschlusses das derzeit von Basalt betriebene [X.] betreiben. [X.] ist etwa 35 km von [X.] entfernt. Die Betroffenen ([X.] und Basalt) haben den Zusammenschluss beim Bun-deskartellamt angemeldet. Das [X.] hat den Zusammenschluss [X.], weil das [X.]orhaben die marktbeherrschende Stellung der [X.] auf dem Regionalmarkt für [X.] in [X.] aufgrund eines verbes-serten Zugangs zu den Absatzmärkten für [X.] verstärken werde. 3 Gegen diesen [X.]uss haben die Betroffenen Beschwerde eingelegt. Auf ihren Antrag hat das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung der Be-schwerde gegen den [X.]uss des [X.]s vom 15. November 2007 angeordnet (§ 65 Abs. 3 Satz 3 [X.]). Mit der [X.] vom Beschwerdegericht zuge[X.]nen [X.] Rechtsbeschwerde begehrt das [X.] die Aufhebung des [X.] und die [X.]erwerfung des Antrags auf Anord-nung der aufschiebenden Wirkung. 4 - 4 - I[X.] Das Beschwerdegericht hat die Zulässigkeit und Begründetheit des [X.] auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bejaht. Es hat angenommen, dass einem Antrag nach § 65 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht die von ihm als abschlie-ßend angesehene Regelung des § 41 Abs. 2 [X.] entgegenstehe, da deren An-wendungsbereich nicht eröffnet sei. § 41 [X.] gelte nur für [X.]orhaben im [X.] (§ 35 [X.]). Weil von dem [X.] lediglich ein Bagatellmarkt betroffen sei, falle das [X.]orhaben nicht un-ter die [X.]. 5 6 II[X.] [X.] [X.]s hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]usses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. 7 1. Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht den auf Anordnung der aufschie-benden Wirkung gerichteten Antrag der Betroffenen nach § 65 Abs. 3 Satz 3 [X.] als statthaft angesehen. Im [X.]erfahren der [X.] ergibt sich das [X.]ollzugsverbot, von dem die Betroffenen allein unter den [X.]oraussetzungen des § 41 Abs. 2 [X.] befreit werden können, bereits aus der gesetzlichen Be-stimmung des § 41 Abs. 1 [X.]; für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist daher kein Raum (hierzu a). Dies gilt auch im Streitfall; denn nach Anmeldung des Zusammenschlusses kann die Geltung des [X.]ollzugsverbots des § 41 Abs. 1 [X.] entgegen der Auffassung des [X.] nicht mit der Begründung verneint werden, der Zusammenschlusstatbestand sei nicht erfüllt (hierzu b). a) Mit Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass § 41 [X.] eine abschließende Regelung darüber trifft, ob ein angemeldeter [X.] vollzogen werden darf oder nicht. 8 - 5 - Das System des einstweiligen Rechtsschutzes im Kartellverwaltungsverfah-ren zeichnet sich dadurch aus, dass der Beschwerde gegen die Entscheidung der Kartellbehörde zwar nur ausnahmsweise aufschiebende Wirkung zukommt (§ 64 Abs. 1 [X.]), dass die aufschiebende Wirkung aber unter anderem schon dann auf Antrag angeordnet werden kann, wenn ernstliche Zweifel an der [X.] der angefochtenen Entscheidung bestehen (§ 65 Abs. 3 Satz 3). 9 10 Für das [X.]erfahren der präventiven [X.], für dessen ausschließliche Anwendung sich der Gesetzgeber der [X.] hat, enthält das Gesetz im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die regelmäßig im Zusammenhang mit der Entflechtung eines vollzogenen Zusammenschlusses ent-stehen, eine abweichende Regelung (vgl. [X.]/[X.] 2571 f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 65 Rdn. 10; Kollmorgen in [X.]/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 65 [X.] Rdn. 11; [X.] in [X.] Kommentar zum Kartellrecht, Stand: Sept. 2008, § 64 Rdn. [X.]/ [X.], [X.] 2008, 128 f.). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass schon [X.] des [X.]erfahrens vor dem [X.] ein [X.]ollzugsverbot gilt, von dem nur unter den besonderen [X.]oraussetzungen des § 41 Abs. 2 [X.] eine [X.] erteilt werden kann. Dieses [X.]ollzugsverbot besteht [X.] wenn sich das [X.]erfahren nicht durch Ablauf der in § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 [X.] gesetzten Fristen erledigt [X.] bis zur Freigabe des Zusammenschlusses durch das [X.]. Auch wenn das [X.] den Zusammenschluss untersagt, gilt das [X.]ollzugsverbot des § 41 Abs. 1 [X.] fort (vgl. [X.] WuW/[X.] 2069, 2071 f. mit zutreffendem Hinweis auf die Gesetzesgeschichte; ferner [X.]/[X.]eelken in [X.]/[X.] [X.]O § 41 Rdn. 10; [X.] in Lan-gen/Bunte [X.]O § 41 [X.] Rdn. 1; [X.].[X.]/Mäger, § 41 Rdn. 17). Erst wenn die Untersagungsverfügung bestandskräftig geworden oder rechtskräftig aufgehoben worden ist, endet die Wirkung des [X.]. - 6 - Mit dieser Regelung sollen nachträglich schwer oder überhaupt nicht mehr zu korrigierende [X.]erschlechterungen der strukturellen Wettbewerbsbedingungen durch anmeldepflichtige Zusammenschlüsse bis zur Feststellung ihrer Unbedenk-lichkeit durch das [X.] verhindert werden (vgl. Begründung des [X.] zur 4. [X.]-Novelle, BT-Drucks. 8/2136, [X.]; [X.]/[X.] 2571, 2572). 11 12 b) Das Beschwerdegericht hat dennoch angenommen, das [X.]ollzugsverbot des § 41 Abs. 1 [X.] entfalte im Streitfall keine Wirkung; auf das angemeldete [X.] der Betroffenen finde nämlich entgegen der [X.] des [X.]s die [X.] des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] Anwendung. Gegen diese Auffassung wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. [X.]) Unbegründet ist allerdings der Einwand der Rechtsbeschwerde, das Be-schwerdegericht habe in diesem Zusammenhang fälschlich auf den Markt für [X.] statt auf den Markt für [X.] abgestellt. Auf diesem räumlich erheblich weiter abzugrenzenden Markt, auf dem wesentlich höhere Um-sätze [X.] ca. 700 Millionen Euro, wenn man diesen Markt mit den Grenzen des [X.] definiert [X.] erzielt werden, ist [X.] zwar tätig. Es steht aber von vornherein außer Zweifel, dass die materiellen [X.]oraussetzungen der [X.] auf diesem Markt nicht gegeben sind, weil [X.] auf die-sem Markt weit von einer beherrschenden Stellung entfernt ist. Dies ist im Rah-men einer Grobsichtung auch bereits bei dem Aufgreifkriterium des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] zu beachten: Ist von vornherein abzusehen, dass sich die [X.] auf einem Markt [X.] wie hier auf dem Markt für Straßenbau-leistungen [X.] durch das [X.] nicht in der Weise verändern werden, dass eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung erlangt oder in einer bereits bestehenden marktbe-13 - 7 - herrschenden Stellung verstärkt wird, ist ein solcher Markt nicht betroffen i.S. von § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.]. [X.]) Aber auch wenn mit dem Beschwerdegericht auf den Markt für [X.] abgestellt wird, kann die Anwendung des [X.]ollzugsverbots des § 41 Abs. 1 nicht mit der Begründung verneint werden, es handele sich dabei um einen Bagatellmarkt i.S. von § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.], so dass der [X.] nicht erfüllt sei. § 41 Abs. 1 [X.] ist in der Weise auszulegen, dass das [X.]ollzugsverbot für alle angemeldeten [X.] gilt, gleichgültig ob letztlich die formellen und materiellen [X.]oraussetzungen für die Un-tersagung des Zusammenschlusses vorliegen. 14 15 Darüber, ob die sogenannten Aufgreifkriterien vorliegen [X.] ob also die Um-satzgrenzen des § 35 überschritten und die [X.]oraussetzungen des [X.]es des § 37 [X.] erfüllt sind [X.], bestehen häufig unterschiedli-che Auffassungen. Nicht selten ist die Frage, ob es sich bei dem angemeldeten [X.]orhaben um einen Zusammenschluss i.S. des § 37 [X.] handelt, der wesentli-che Streitpunkt, mit dem die Untersagungsverfügung steht oder fällt. Ebenso ver-hält es sich mit der [X.], deren Anwendung häufig von der Markt-abgrenzung und [X.] wenn von dem Zusammenschluss mehrere kleine Märkte be-troffen sind [X.] davon abhängt, ob die auf diesen Märkten erzielten Umsätze nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zusammengerechnet werden können. Eine Antwort auf diese Frage lässt sich in derartigen Fällen erst nach [X.] des behördlichen [X.]erfahrens und eventueller Rechtsmittelverfahren ge-ben. Auch im Streitfall muss die Frage, ob die [X.] Anwendung findet oder nicht, im Beschwerde- und gegebenenfalls im [X.] geklärt werden. Könnten angemeldete [X.]orhaben unter Berufung darauf 16 - 8 - vollzogen werden, dass die [X.]oraussetzungen des [X.] nicht erfüllt seien, müsste damit gerechnet werden, dass [X.] entgegen der eindeuti-gen Zielsetzung des Gesetzes [X.] in vielen Fällen aufgrund des vorweggenomme-nen [X.]ollzugs strukturelle [X.]erschlechterungen der Wettbewerbsbedingungen ein-träten, die auch durch eine spätere Entflechtung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Es ist gerade das Wesen des vorläufigen [X.]ollzugsverbots, dass das angemeldete [X.]orhaben ungeachtet der Frage, ob es letztlich untersagt wer-den kann oder nicht, während des laufenden Fusionskontrollverfahrens grundsätz-lich nicht vollzogen werden darf. Für die Anwendung dieses vorläufigen [X.]erbots kann nicht eine Frage maßgebend sein, die in dem laufenden [X.]erfahren, für deren Dauer das [X.]ollzugsverbot gilt, erst geklärt werden soll. [X.]ielmehr ist allein auf den ohne weiteres zu bestimmenden Umstand abzustellen, dass das [X.]orhaben ange-meldet worden ist. 2. Die angefochtene Entscheidung des [X.] kann unter die-sen Umständen keinen Bestand haben. Der von den Betroffenen begehrte einst-weilige Rechtsschutz kann ausschließlich im Wege einer [X.] vom [X.]ollzugs-verbot nach § 41 Abs. 2 [X.] erreicht werden. Einen entsprechenden Antrag ha-ben die Betroffenen bislang nicht ausdrücklich gestellt. Gleichwohl sieht sich der [X.] nicht in der Lage, die gestellten Anträge zu verwerfen. Denn das Begehren der Betroffenen kann unter Umständen in der Weise ausgelegt werden, dass sie zumindest hilfsweise eine einstweilige Anordnung nach § 64 Abs. 3 Satz 1 i.[X.]. mit § 60 [X.] beantragen, mit der das Beschwerdegericht eine [X.] vom [X.] des § 41 Abs. 1 [X.] erteilt. Entgegen der bereits in einem früheren [X.]uss geäußerten Auffassung des [X.] kommt eine solche Anordnung des [X.] in Betracht. 17 a) Das Beschwerdegericht hat sich in seinem —[X.]/ReSoundfi-Be-schluss vom 8. August 2007 ([X.] WuW/[X.] 2069) ausführlich mit 18 - 9 - der Frage auseinandergesetzt, ob die [X.] vom [X.]ollzugsverbot des § 41 Abs. 1 [X.] ausschließlich vom [X.] erteilt werden kann oder ob diese Befugnis im Beschwerdeverfahren auf das Beschwerdegericht übergeht. Bis zur Umgestaltung der Bestimmungen über die [X.] im Zu-ge der 6. [X.]-Novelle war eine entsprechende Befugnis in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung über die [X.] vom [X.]ollzugsverbot, wie sie heute in § 41 Abs. 2 [X.] zu finden ist, daraus hergeleitet worden, dass das [X.] im Fusionskontrollverfahren einstweilige Anordnungen treffen kann (§ 56 Nr. 3 [X.] a.F., § 60 Nr. 1 [X.] n.F.). War bereits eine Untersagungsverfügung ergangen und dagegen Beschwerde eingelegt worden, hatte das [X.] diese Befugnis zur [X.] vom [X.]ollzugsverbot unter Hinweis darauf, dass die Kompetenz zum Erlass von einstweiligen Anordnungen auf das [X.] übergeht (§ 63 Abs. 3 [X.] a.F., § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.] n.F.), für sich in Anspruch genommen ([X.]/[X.] 2419, 2420; WuW/[X.] 2571, 2572). Dabei hatte es aber sachlich hohe Anforderungen an eine [X.] vom [X.] gestellt ([X.]/[X.] 2419). Das Beschwerdegericht hat sich dar-an gehindert gesehen, diese Rechtsprechung auf die Rechtslage ab der 6. [X.]-Novelle zu übertragen. [X.]ielmehr habe der Gesetzgeber mit der neuen [X.]orschrift des § 41 Abs. 2 [X.] eine eigenständige Grundlage für die [X.] vom [X.] geschaffen, die eine entsprechende Befugnis nur dem Bundeskartell-amt zuweise und für einstweilige Anordnungen nach § 60 [X.] keinen Raum [X.]. Dementsprechend könne auch dem Beschwerdegericht nach § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.] keine solche Befugnis zukommen ([X.] WuW/[X.] 2069, 2071 ff.). b) Demgegenüber wird in der Literatur überwiegend die Auffassung vertre-ten, das Beschwerdegericht sei nach Anfechtung einer Untersagungsverfügung nach § 40 Abs. 2 [X.] befugt, im Wege der einstweiligen Anordnung die Befrei-19 - 10 - ung vom [X.]ollzugsverbot unter den in § 41 Abs. 2 [X.] genannten [X.]oraussetzun-gen zu erteilen ([X.]/[X.]eelken in [X.]/[X.] [X.]O § 41 Rdn. 24 und 31; [X.] ebd. § 60 Rdn. 20; Mäger in [X.].[X.], § 41 Rdn. 29; [X.], [X.], 5. Aufl., § 60 Rdn. 4a und § 64 Rdn. 10; [X.] in [X.] Kommentar zum Kartellrecht [X.]O § 64 [X.] Rdn. [X.]/[X.], [X.] 2008, 122, 128 ff.; [X.]/[X.]/Wolf, [X.], 28 ff.; zurückhaltend Kollmorgen in [X.]/Bunte [X.]O § 64 [X.] Rdn. 6). Diese [X.] wird teilweise auf eine unmittelbare Anwendung des § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.] gestützt ([X.] in [X.] Kommentar zum [X.] [X.]O; [X.] [X.]O), teil-weise auf eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung ([X.]/[X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 41 Rdn. 24 und 31). Die Zuständigkeit des [X.] für die Anordnung wird dabei vor allem damit begründet, dass im Rahmen der Abwägung auch eine Prognose über den Ausgang des [X.] erforderlich und hierzu in erster Linie das Beschwerdegericht beru-fen sei ([X.]/[X.]eelken [X.]O § 41 Rdn. 24; Mäger in [X.].[X.], § 41 Rdn. 29). Die ausschließliche Zuständigkeit des [X.]s für An-ordnungen nach § 41 Abs. 2 [X.] führe praktisch zur [X.]ersagung jeden vorläufi-gen Rechtsschutzes ([X.] [X.]O § 64 Rdn. 10; [X.], WuW 2007, 851). c) Der [X.] folgt der zuletzt dargestellten Auffassung, nach der das Be-schwerdegericht nach Anfechtung der Untersagungsverfügung über den Antrag auf [X.] vom [X.]ollzugsverbot zu befinden hat. 20 [X.]) Die geltende gesetzliche Regelung schließt eine Befugnis des [X.] nicht aus, im Rahmen seiner Kompetenz zum Erlass einstweili-ger Anordnungen (§ 64 Abs. 3 Satz 1, § 60 Nr. 1 [X.]) unter den sachlichen [X.]or-aussetzungen des § 41 Abs. 2 [X.] eine [X.] vom [X.]ollzugsverbot zu ertei-len. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der fusionskontrollrechtlichen Un-tersagungsverfügung in § 60 Nr. 1 [X.] (—bis zur endgültigen Entscheidung über 21 - 11 - eine [X.]erfügung nach § 40 Abs. 2 –fi) kein zwingendes Argument darstellt, eröffnet sie doch die Möglichkeit, die in Rede stehende Befugnis ohne Notwendigkeit einer analogen Anwendung unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen. Zwar bedarf es [X.] solange das [X.]erfahren noch beim [X.] anhängig ist [X.] für die Be-freiung vom [X.]ollzugsverbot keines Rückgriffs auf diese Norm. Dies schließt es [X.] nicht aus, die entsprechende Befugnis des [X.] auf § 64 Abs. 3 Satz 1 und § 60 Nr. 1 [X.] zu stützen. 22 [X.]) Die Gesetzgebungsgeschichte, auf die sich das Beschwerdegericht für seine Auffassung beruft, gibt kein eindeutiges Bild. Insbesondere lässt sich den Materialien kein Hinweis darauf entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Schaf-fung einer ausdrücklichen Befugnis des [X.]s zur [X.] vom [X.]ollzugsverbot die aufgrund der Rechtsprechung des [X.]s bislang be-stehende korrespondierende Befugnis des [X.] abschaffen wollte. Die Begründung des [X.] zur 6. [X.]-Novelle weist allein darauf hin, dass die (ausdrückliche) Ermächtigung des [X.]s zur [X.] vom [X.]ollzugsverbot in Anlehnung an Art. 7 Abs. 4 [X.] a.F. (Art. 7 Abs. 3 [X.] n.F.) erfolge (BT-Drucks. 13/9720, [X.]). [X.]) Für die Kompetenz des [X.] zur [X.] vom [X.] spricht entscheidend der Umstand, dass nach Erlass der Untersa-gungsverfügung das Beschwerdegericht in erster Linie dazu berufen ist, die nach § 41 Abs. 2 [X.] gebotene Abwägung auch unter Berücksichtigung des [X.] zu treffen, dass die angefochtene Entscheidung möglicherweise unter schwe-ren formellen oder materiellen Fehlern leidet (vgl. [X.]/[X.] 2419). Hinzu kommt, dass der Rechtsschutz der Zusammenschlussbeteiligten erheblich be-schränkt wäre, wenn stets zunächst das [X.] über den Antrag auf [X.] vom [X.]ollzugsverbot entscheiden müsste und diese Entscheidung vom Beschwerdegericht nur überprüft werden könnte. Denn dem [X.] 23 - 12 - steht bei der Entscheidung über einen Antrag auf [X.] vom [X.]ollzugsverbot ein Ermessen zu. Eine Überprüfung seiner Entscheidung durch das Beschwerde-gericht in einem gesonderten [X.]erpflichtungsbeschwerdeverfahren wäre auf die Überprüfung beschränkt, ob die Kartellbehörde ihr Ermessen pflichtgemäß ausge-übt und alle für die Ermessensausübung maßgebenden Gesichtspunkte hinrei-chend in die Erwägungen einbezogen hat. [X.] Die Sache ist danach an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Dieses wird zunächst zu prüfen haben, ob dem auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 65 Abs. 3 Satz 3 [X.] gerichteten Antrag der Betroffenen das Begehren auf [X.] vom [X.]ollzugsverbot entnommen werden kann. Gegebenenfalls ha-ben die Betroffenen Gelegenheit, nunmehr unter Berufung auf die Zuständigkeit des [X.] zum Erlass einstweiliger Anordnungen (§ 64 Abs. 3 Satz 1, § 60 Nr. 1 [X.]) eine solche [X.] zu beantragen. Im Rahmen seiner Entscheidung wird das Beschwerdegericht die nach § 41 Abs. 2 Satz 1 [X.] ge-botene Abwägung zu treffen haben. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass [X.] anders als bei § 65 Abs. 3 Satz 3 [X.] [X.] ernstliche Zweifel an der [X.] der angefochtenen [X.]erfügung nicht ausreichen. Auch wenn das Beschwerde-gericht nach vorläufiger Prüfung zu dem Schluss gelangt, dass es in der [X.] zu einer Aufhebung der Untersagungsverfügung kommen werde, darf es nicht außer [X.] lassen, dass das [X.]ollzugsverbot grundsätzlich selbst im Falle der [X.] der Untersagungsverfügung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsmittelverfahrens weitergilt. Eine [X.] setzt, auch wenn sie vom Be-schwerdegericht angeordnet wird, stets voraus, dass die [X.] hierfür wichtige Gründe geltend machen und insbesondere dartun, dass sie [X.] auch im Hinblick auf die zu erwartende Dauer des Beschwerde- sowie eines möglichen Rechtsbeschwerdeverfahrens [X.] geboten ist, um schweren Schaden von ihnen oder von [X.] abzuwenden (§ 41 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die Er- - 13 - folgsaussichten der Beschwerde stellen dabei lediglich einen Faktor der Abwä-gung dar. Im Rahmen dieser Abwägung kann für eine [X.] sprechen, dass die Untersagungsverfügung aus der Sicht des [X.] an schweren formellen oder materiellen Fehlern leidet. Gegen eine [X.] kann [X.] sprechen, dass durch einen vorläufigen [X.]ollzug Fakten geschaffen werden, die im Falle einer Bestätigung der Untersagungsverfügung nicht mehr oder nur eingeschränkt rückgängig gemacht werden können. - 14 - Der [X.] sieht danach im jetzigen [X.]erfahrensstadium keine [X.]eranlassung, zur Frage Stellung zu nehmen, ob im Streitfall neben dem vom Zielunternehmen bedienten Markt [X.] auch der räumlich benachbarte Markt Kirchheimbo-landen betroffen ist und die dort erzielten Umsätze den auf dem Markt [X.] erzielten Umsätzen bei der Anwendung der [X.] hinzuzurechnen sind. 25 [X.]Bornkamm

Meier-Beck

Strohn

[X.] [X.]orinstanz: [X.], Entscheidung vom 26.02.2008 - [X.] ([X.]) -

Meta

KVR 30/08

14.10.2008

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. KVR 30/08 (REWIS RS 2008, 1501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1501

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