Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2016, Az. XII ZB 173/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 1624

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:301116BXIIZB173.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/16

vom

30. November
2016
in der Abstammungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1598 a; FamFG § 185
a)
Der Anspruch aus §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] setzt voraus, dass die leibli-che Abstammung des Kindes nicht bereits durch ein [X.] geklärt ist.
b)
Ausnahmsweise kann trotz vorliegenden [X.]s ein Be-dürfnis nach (weiterer) Klärung und damit ein Anspruch gemäß §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] gegeben sein. Das kann zum einen bei fehlerhafter Durchführung der Begutachtung und zum anderen dann zu bejahen sein, wenn das frühere Gutachten lediglich zu einem Grad der Gewissheit geführt hat, der dem nach aktuellen wissenschaftlichen Standards zu erreichenden eindeutig unterlegen ist. Letzteres ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der in dem schon erstellten Gutachten ermittelte [X.] nach wie vor zur höchstmöglichen Wahrscheinlichkeitsstufe führen würde.
[X.], Beschluss vom 30. November 2016 -
XII [X.]/16 -
[X.] Frankfurt am Main

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
30. November
2016
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose, [X.]
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 2.
Familiensenats in Kassel
des [X.]s Frankfurt am Main vom 9.
März 2016
wird auf Kosten des Antragstellers zu-rückgewiesen.
Wert: 2.000

Gründe:
I.
Der Antragsteller macht gegen seinen [X.] und dessen
Mutter den [X.] nach §
1598
a Abs.
1 Satz
1
[X.] geltend.
Für den am 10.
Oktober 1984 von der Beteiligten zu
3 (im Folgenden: Mutter) geborenen Beteiligten zu
1 (im Folgenden: [X.]) hatte das [X.] mit Endurteil vom 14.
November 1985 -
rechtskräftig seit 4.
Januar 1986 -
die [X.]chaft des Antragstellers (Beteiligter zu
2) festgestellt.
Dabei hatte es sich auf ein Blutgruppengutachten und ein Blutgruppenergänzungsgut-achten unter Einbeziehung des HLA-Systems mit einer [X.]chaftswahr-1
2
-
3
-
scheinlichkeit nach Essen-Möller von 99,9945

e-stützt
sowie auf die uneidliche Zeugenaussage
der Mutter.
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller beantragt, für seinen [X.] und dessen Mutter die Einwilligung in die Entnahme einer genetischen Probe zu ersetzen und die Duldung der Probeentnahme anzuordnen. Er hat unter anderem geltend gemacht, im September 2014 erfahren zu haben, dass die Mutter

u-ßerdem habe er schon im Jahre 1965 eine Hodensackprellung erlitten.
Weder aus seiner ersten, 13 Jahre dauernden Ehe noch aus der 18 Jahre währenden Verbindung mit seiner zweiten Frau seien leibliche Kinder
hervorgegangen.
[X.] habe er Zweifel an seiner [X.]chaft.
Das Amtsgericht hat erfolglos versucht, die Akte des [X.]chaftsfest-stellungsverfahrens beizuziehen, und dem Begehren des Antragstellers statt-gegeben, weil sich der seinerzeitige Verfahrensgang nicht nachvollziehen lasse. Auf die Beschwerde von Mutter und [X.] hat das [X.] -
nach-dem die Verfahrensakte des [X.] aufgefunden und in voll-ständiger Kopie vorgelegt worden
war -
die erstinstanzliche Entscheidung [X.] und den Antrag zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechts-beschwerde, mit der er das Ziel der Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses verfolgt.

II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
3
4
5
6
-
4
-
1.
Das [X.] hat seine unter anderem in [X.], 1476
veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
Das Amtsgericht sei nach dem erstinstanzlichen Sachstand vertretbar davon ausgegangen, dass
der Antragsteller ein Interesse haben könne, durch ein Sachverständigengutachten Gewissheit über seine [X.]chaft zu erhalten. Aufgrund der Nachermittlungen im Beschwerdeverfahren sei davon jedoch nicht mehr auszugehen. Aus der beigezogenen Akte ergebe sich, dass bereits zwei Blutgruppengutachten eingeholt worden seien, deren Ergebnisse eindeutig den Antragsteller als Vater auswiesen.
Zwar setze §
1598
a [X.] lediglich voraus, dass die rechtliche [X.]chaft bestehe, eine vorangegangene Aufforderung zur Mitwirkung erfolglos bleibe und nicht das Wohl eines minderjährigen Kindes entgegenstehe. Sei im Rahmen eines früheren Abstammungsverfahrens nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die [X.]chaft des rechtlichen [X.] bereits bestätigt worden, könne aber ein Rechtsmissbrauch vorliegen.
Das sei hier eindeutig der Fall. Die Blutgruppengutachten wiesen keine Fehler
auf, der Antragsteller berufe sich auch nicht auf solche. Aus seinem Vor-trag zur erfolgreichen Anfechtung der [X.]chaft für seinen damals elfjährigen [X.] ergäben sich auch keine Hinweise auf eine Unfruchtbarkeit, so dass [X.] Zweifel an der Richtigkeit der Blutgruppengutachten bestünden. Solche Zweifel folgten nicht allein aus der heute gegebenen Möglichkeit einer gendiag-nostischen Begutachtung.
Der Antragsteller könne sich auch nicht darauf beru-fen, dass er mit einem etwaig anders ausfallenden gendiagnostischen Gutach-ten nach §
185 FamFG ein Restitutionsverfahren für das seine [X.]chaft fest-stellende Urteil herbeiführen könne. Ein
Restitutionsverfahren könne nur mit einem nach freiwilliger Mitwirkung der Mutter und des Kindes erstellten Gutach-ten geführt werden. Denn §
1598
a [X.] müsse verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung 7
8
9
-
5
-
und körperliche Unversehrtheit nur gerechtfertigt sei, wenn auf der anderen Sei-te das Recht auf Kenntnis der Abstammung ernstlich betroffen sei. §
185 Abs.
1 FamFG gehe davon aus, dass das Restitutionsverfahren sich auf ein bereits vorliegendes Gutachten stütze. Die theoretische Möglichkeit eines solchen nachgelagerten Verfahrens könne daher das rechtliche Interesse an der [X.] eines Gutachtens im Sinne des §
1598
a [X.] nicht ersetzen. Der [X.] zwischen §
1598
a [X.] und §
185 FamFG könne nicht dazu beitra-gen, dass rechtliche Väter jeweils nach Etablierung neuer Gutachtenmethoden die Mutter und das
Kind in neue Untersuchungen zwängen, um einer bestehen-den minimalen Aussicht auf Restitution nachzugehen. Solches sei weder mit der Einführung des
§
1598
a [X.] beabsichtigt gewesen noch könne die auf Rechtssicherheit im Statusverfahren abstellende Restitutionsmöglichkeit dahin ausgedehnt werden.
2.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Dem [X.] steht der geltend gemachte Anspruch aus §
1598 a Abs.
1 Satz
1
[X.] nicht
zu, weil seine leibliche [X.]chaft für seinen [X.] bereits geklärt ist.
a) Nach §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.]
können Vater, Mutter und Kind zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes voneinander verlangen, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe zu dulden. Gemäß §
1598
a Abs.
2 [X.] hat das Familiengericht auf Antrag eines [X.] eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probe-entnahme anzuordnen.
In Rechtsprechung und Literatur ist die Auffassung verbreitet, für den Anspruch aus §
1598
a Abs. 1 Satz
1 [X.] bestünden über das in der Vorschrift bezeichnete Verwandtschaftsverhältnis
hinaus keine weiteren Voraussetzungen
10
11
12
-
6
-
(vgl. etwa [X.] FamRZ 2014, 406, 407; [X.] FamRZ 2011, 1878; [X.] FamRZ 2010, 53; Grün in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht §
1598
a Rn.
8; [X.]/[X.] [Stand: 15.
Oktober 2016] §
1598
a Rn.
15; [X.] 2016, 575; MünchKomm[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1598
a Rn.
5; [X.], 257, 261;
Staudinger/[X.] [X.] [2011] §
1598 a Rn.
22).
Der Anspruch werde
-
abgesehen von den in §
1598
a Abs.
3 [X.] genannten Gründen des Kindeswohls bei minderjährigen Kindern
-
lediglich durch § 242 [X.] in den Fällen des Rechtsmissbrauchs be-grenzt (vgl. etwa [X.] FamRZ 2014, 406, 407; [X.] FamRZ 2011, 1878; [X.] FamRZ 2010, 53; Grün in [X.] Praxiskommen-tar Kindschaftsrecht §
1598
a Rn.
10; [X.]/[X.] [Stand: 15.
Oktober 2016] §
1598
a Rn.
15; [X.] FamRZ 2008, 1033
f.; [X.] in Rahm/Künkel Handbuch Familien-
und Familienverfahrensrecht [Stand: Juni 2016] I
9 B Rn.
158; [X.] [X.], 1424, 1426; [X.]/[X.] [X.] [2011] §
1598 a Rn.
24).
Ein derartiger Rechtsmissbrauch soll etwa in Betracht kommen, wenn in einem vorangegangenen [X.]sverfahren schon ein [X.] nach den anerkannten wis-senschaftlichen Grundsätzen und mit einem eindeutigen Ergebnis erstattet worden ist (vgl. etwa [X.] FamRZ 2014, 406, 407; [X.] FamRZ
2011, 1878; [X.] FamRZ 2010, 53).
Vertreten wird allerdings auch, der Anspruch selbst könne nur insoweit bestehen, als dies erforderlich
sei, um die Kenntnis von der leiblichen [X.] zu ermöglichen. Sei diese bereits hinreichend sicher vorhanden, sei der Anspruch gerade nicht erforderlich und §
1598 a [X.] in seinem Anwendungs-bereich
daher entsprechend teleologisch zu reduzieren (vgl. [X.], 257, 261; vgl. auch [X.]/Reuß [X.] [Stand: 1.
September 2016] §
1598
a Rn.
154; offen gelassen von [X.] Düsseldorf JAmt 2011, 31
f.).
13
-
7
-
b) Die letztgenannte Auffassung trifft insofern zu, als der Anspruch aus §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] voraussetzt, dass die leibliche Abstammung des Kindes nicht bereits durch ein [X.] geklärt ist.
aa) Schon
der Wortlaut der Vorschrift, die
den Anspruch zur Klärung
der leiblichen Abstammung des Kindes

gewährt, weist deutlich in diese
Richtung (vgl. [X.], 257, 261). Die Regelung
des §
1598
a Abs. 1 Satz
1 Halbsatz
1 [X.] erschöpft sich nicht darin, als Tatbestandsvoraussetzung für die in §
1598
a Abs. 1 Satz
1 Halbsatz
2 [X.] genannte Rechtsfolge einzelne Verwandtschaftsbeziehungen zwischen der anspruchsberechtigten Person
und den [X.] aufzulisten, sondern stellt diesen eine [X.] Zweckbestimmung voran. Dafür, dass dem Gesetzestext insoweit die [X.] als weiteres Tatbestandsmerkmal abzusprechen wäre, sind der Norm keine Anhaltspunkte zu entnehmen.

ä-kann er nicht
bestehen, wenn eine Klärung im Sinne des §
1598
a Abs. 1 Satz
1 [X.] bereits erfolgt ist.
Mit dem Begriff der Klärung ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht eine rechtlich verbindliche Statusfeststellung gemeint, sondern allein eine Untersu-chung der Abstammung des Kindes mittels naturwissenschaftlicher Methoden. Denn die Vorschrift betrifft nicht die rechtliche, sondern die leibliche [X.], die Gegenstand einer genetischen Untersuchung sein soll. Diese kann nur im Wege der Begutachtung durch einen Sachverständigen erfolgen. [X.] sind für den Abstammungsnachweis im Statusverfahren stets auch andere Beweismittel wie
etwa der Zeugenbeweis in Betracht zu ziehen, und zwar auch dann, wenn eine Begutachtung nach biostatistischen Methoden eine Elternschaft mit biometrischen (biostatistischen) Methoden beruht letztlich nur auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, die die -
wenn auch unter Umständen 14
15
16
-
8
-
äußerst geringe -
Möglichkeit einer anderen Abstammung des Kindes nicht mit absoluter mathematisch-naturwissenschaftlicher Gewissheit auszuschließen vermag.
Dies würde nämlich einen in der Praxis nicht erreichbaren Wahrschein-lichkeitswert von W = 100
% erfordern
(vgl. [X.]surteil [X.]Z 168, 79 = FamRZ
2006, 1745, 1746 mwN).
Die
Vorschrift ist mithin schon ihrem Wortlaut nach
allein auf eine Klä-rung durch naturwissenschaftliche
Begutachtung gerichtet. Ist eine solche aber bereits erfolgt, schließt dies grundsätzlich eine -
dann nochmalige -
sachver-ständige Abstammungsuntersuchung mangels [X.]ses aus.
bb) Dass §
1598
a [X.] keinen solchen abermaligen
Klärungsanspruch gewährt, wird durch die Gesetzgebungsgeschichte im Zusammenhang mit der Einfügung des §
1598
a [X.] in das Bürgerliche Gesetzbuch durch das Gesetz zur Klärung der [X.]chaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26.
März 2008 ([X.] I S.
441) mit Wirkung zum 1.
April 2008 gestützt.
(1) Mit Urteilen vom 12.
Januar 2005 ([X.]Z 162, 1 = [X.], 340 und
XII
ZR
60/03 -
[X.], 342) hatte der [X.] entschieden, dass der für eine [X.]chaftsanfechtungsklage erforderliche Anfangsverdacht nicht durch ein heimlich eingeholtes [X.] dargelegt werden kann. Denn die Verwendung und Untersuchung des [X.] ohne Zu-stimmung des Betroffenen verletzt dessen Recht auf informationelle Selbstbe-stimmung. [X.] veranlasste DNA-[X.]chaftsanalysen sind deshalb rechtswidrig und im [X.]chaftsanfechtungsverfahren gegen den Willen des Kindes oder seines gesetzlichen Vertreters nicht verwertbar, und zwar auch nicht zur schlüssigen Darlegung von Zweifeln an der [X.]chaft im Sinne des §
1600
b [X.].

17
18
19
-
9
-
(2)
Das [X.] hatte
dies mit Urteil vom 13.
Februar 2007 ([X.], 441) bestätigt, zugleich aber dem Gesetzgeber aufgege-ben, bis zum 31.
März 2008 eine Regelung zu einem rechtsförmigen Verfahren zu
treffen, mit dem die leibliche Abstammung eines Kindes von seinem rechtli-chen Vater geklärt und nur ihr Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden kann.
Dem lag die Erwägung zugrunde, dass Art.
2 Abs. 1 i.
V.
m.
Art.
1 Abs.
1 GG als Ausformung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht nur das Recht eines Mannes auf Kenntnis der Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes gewährleistet, sondern auch auf Verwirklichung dieses Rechts. Die Rechtsordnung muss daher ein Verfahren bereitstellen, um
dem rechtlichen Vater eine Feststellung der [X.]chaft zu ermöglichen
([X.] [X.], 441, 442). Dem wird
das Anfechtungsverfahren gemäß §§
1600
ff. [X.], das dazu dient, die rechtliche und die biologische [X.]chaft zusammenzuführen, und das die rechtliche [X.]chaft beendet, wenn sich die Nichtabstammung des Kindes von seinem rechtlichen Vater erweist, nicht gerecht
([X.] [X.], 441, 445). Denn ein solches Verfahren ist auf das Ziel der Beendigung der rechtlichen [X.]chaft ausgerichtet und
damit für das grundrechtlich ge-schützte Begehren, allein oder zunächst einmal nur Kenntnis von der [X.] des dem Vater rechtlich zugeordneten Kindes zu erlangen, zu weitge-hend und nicht angemessen. Es zwingt den rechtlichen Vater dazu, bei Verfol-gung
seines Interesses, die Abstammung des Kindes von ihm zu erfahren, zu-gleich auch den möglichen Verlust seiner rechtlichen [X.]chaft in Kauf zu nehmen oder, wenn er dies nicht will, darauf zu verzichten, Kenntnis von der Abstammung des Kindes zu erlangen.
Auch die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen die [X.]chaft angefochten werden kann, sind, bezogen auf die Verfolgung des Interesses, Kenntnis von der Abstammung seines Kindes zu erlangen, unverhältnismäßig. Sie sind an dem Schutz ausgerichtet, der
dem 20
21
-
10
-
Kind und seiner Mutter im Hinblick auf den Bestand der rechtlichen und sozia-len familiären Beziehung mit dem Vater zukommt, der bei einer Anfechtung der [X.]chaft gefährdet ist ([X.] [X.], 441, 446).
(3) In Umsetzung dieses Auftrags hat der Gesetzgeber mit §
1598
a [X.] einen Anspruch
geschaffen, der es möglich machen
soll, die genetische Ab-stammung auf offenem Weg zu klären (BT-Drucks. 16/6561 S.
10). Der Ge-setzgeber wollte den Anspruch in Anlehnung an die Vorgaben des [X.] bewusst niederschwellig ausgestalten. Der Anspruch soll
un-befristet gelten
und
an keine besonderen Voraussetzungen gebunden sein. Auf ihn soll materiell-rechtlich lediglich die allgemeine Schranke missbräuchlicher Rechtsausübung Anwendung finden. Die
Anspruchsberechtigung beruht
nach den gesetzgeberischen Vorstellungen auf dem besonderen Interesse an der Klärung der Abstammung (BT-Drucks. 16/6561 S.
12).
(4) Wie bereits die Bezugnahme auf die Vorgaben des [X.] belegt, wollte der Gesetzgeber mit §
1598
a [X.] nicht etwa ei-nen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und auf Duldung der Probeentnahme völlig unabhängig davon schaffen, ob die leibliche Abstammung bereits geklärt ist. Denn das [X.] hatte im Ergebnis beanstandet, dass dem rechtlichen Vater in bestimmten Fall-gestaltungen
die Klärung seiner leiblichen [X.]chaft mittels Abstammungs-gutachtens
rechtlich vollständig versperrt war und er so keine naturwissen-schaftlich gesicherte Kenntnis von der Abstammung des ihm rechtlich zugeord-neten Kindes erhalten konnte. Ein Gesetzgebungsauftrag, bei bereits erfolgter n-zuführen, war damit jedoch nicht verbunden und sollte mithin durch §
1598
a [X.] auch nicht umgesetzt werden. Vielmehr hat der Gesetzgeber gerade be-22
23
-
11
-
tont, dass es (allein) um die Klärung geht, was

1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] seinen Niederschlag gefunden hat.
Dies ändert nichts daran, dass der Anspruch bei noch ausstehender Klä-

ist, insbesondere anders als das Vater-schaftsanfechtungsverfahren keinen Anfangsverdacht voraussetzt,
und lediglich -
wie jeder zivilrechtliche Anspruch
-
durch die Grundsätze von [X.] und Glau-ben nach §
242 [X.] begrenzt wird.
cc) Für ein Gesetzesverständnis, das den Anspruch aus §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] nur bei noch bestehendem (naturwissenschaftlichem) Klärungsbe-darf zuerkennt, spricht des Weiteren der gesetzessystematische Zusammen-hang.
§
185 Abs.
1 FamFG hält für [X.] einen besonderen Wiederaufnahmegrund bereit. Danach ist der [X.] gegen einen rechtskräftigen Beschluss, in dem über die Abstammung entschieden ist, auch statthaft, wenn ein Beteiligter ein neues Gutachten über die Abstammung vor-legt, das allein oder in Verbindung mit den im früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Mit dieser Vorschrift wurde im Wesentlichen inhaltsgleich die früher in §
641
i Abs.
1 ZPO enthaltene Bestimmung übernommen, die bereits dem Ziel diente, unter Durch-brechung der Rechtskraft eine größtmögliche Übereinstimmung der gerichtli-chen Entscheidung über die Abstammung mit den wahren Abstammungsver-hältnissen herbeizuführen (vgl. [X.]surteil vom 2.
März 1994 -
XII
ZR
207/92
-
FamRZ 1994, 694, 695 mwN).
Würde man aber den Anspruch aus §
1598 a Abs.
1 Satz
1 [X.] dem Grundsatz nach auch dann für gegeben
halten, wenn bereits ein
[X.]sgutachten und damit eine naturwissenschaftliche Klärung der leiblichen 24
25
26
27
-
12
-
Abstammung vorliegt, könnte
-
wie die überwiegende Meinung in Rechtspre-chung und Literatur und dieser folgend das [X.] annehmen
-
der Anspruch in solchen Fällen nur wegen Rechtsmissbrauchs nach §
242 [X.] ausgeschlossen sein. Die
Annahme eines Rechtsmissbrauchs würde jedoch regelmäßig voraussetzen, dass dem Anspruchsinhaber kein rechtlich schüt-zenswertes Interesse an einer neuen Begutachtung zuzubilligen wäre. Dies lässt sich
mit Blick
auf §
185 Abs.
1 FamFG jedoch kaum begründen. Dass ein Gutachten nach §
1598 a [X.] zur Darlegung des Anfangsverdachts im Rah-men einer [X.]chaftsanfechtung geeignet ist, ist unbestritten.
Darauf kommt es aber nicht an, wenn das Fehlen einer naturwissen-schaftlichen Klärung -
dem Gesetzeswortlaut entsprechend -
als Tatbestands-voraussetzung des Anspruchs angesehen wird.
dd) Hiermit stehen schließlich auch Sinn und Zweck
des Gesetzes
im Einklang, die es nicht erfordern, bei bereits geklärter leiblicher Abstammung einen Anspruch einzuräumen.
Der Klärungsmöglichkeit, die die Vorschrift bezweckt, bedarf es bei schon erfolgter naturwissenschaftlicher Klärung nicht mehr. In diesen Fällen besteht nicht die vom [X.] erkannte [X.] für den rechtlichen Vater, die der Gesetzgeber mit der Vorschrift schließen wollte.
[X.] kommt, dass §
1598
a [X.] die widerstreitenden
Grundrechte der Beteilig-ten, insbesondere das Recht auf Kenntnis der Abstammung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in einen angemessenen Ausgleich bringen
soll (BT-Drucks. 16/6561 S.
10, 12).
Der mit der Probeentnahme verbundene Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Person, die mit der Probe ihre genetische Codierung zum Zwecke der Untersuchung preisgibt, wird durch das Recht auf Kenntnis der Abstammung derjenigen Person gerechtfertigt, die 28
29
30
-
13
-
die Probe und die Untersuchung verlangt (vgl. [X.] [X.], 441, 443
f.; [X.], 877 Rn.
45).
Diese Rechtfertigung fehlt, wenn bereits eine naturwissenschaftlich gesicherte Kenntnis aufgrund erfolgter -
rechtlich [X.] (vgl. [X.]surteile [X.]Z 162, 1 = [X.], 340
ff. und vom 12.
Januar 2005 -
XII
ZR
60/03 -
[X.], 342, 343
f.) -
Abstammungsbe-gutachtung vorliegt.
c) Eine Klärung der Abstammung, wie sie §
1598
a [X.] statusneutral ermöglichen will, ist regelmäßig dann gegeben, wenn bereits
-
etwa in einem Verfahren auf Bestehen oder Nichtbestehen eines [X.] oder auch als Folge des Anspruchs aus §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] -
ein Ab-stammungsgutachten eingeholt worden ist.
Nur
ausnahmsweise kann auch dann ein -
in die Vortragslast des [X.] fallendes -
Bedürfnis nach (weiterer) Klärung und damit ein Anspruch gemäß §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] gegeben sein.
Ein solches
Be-dürfnis kann sich zum einen daraus ergeben, dass die bereits erfolgte
Begut-achtung fehlerhaft
durchgeführt worden und das vorliegende Abstammungsgut-achten daher nicht geeignet ist, dem Anspruchsinhaber die ausreichend sichere naturwissenschaftliche Gewissheit und damit Kenntnis der Abstammung zu vermitteln. Zum anderen kann es an einer Klärung im Sinne des §
1598
a Abs.
1 [X.] fehlen, wenn das frühere Gutachten lediglich zu einem Grad der Gewissheit geführt hat, der dem nach aktuellen wissenschaftlichen Standards zu erreichenden eindeutig
unterlegen ist. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der in dem schon erstellten Gutachten ermittelte [X.] nach wie vor zur höchstmöglichen Wahrscheinlichkeitsstufe k-führen würde
(vgl. dazu etwa [X.]surteil
[X.]Z 168, 79
= [X.], 1745, 1746
ff.).
31
32
-
14
-
d) Mit Blick auf das im Rahmen des [X.]chaftsfeststellungsverfahrens im Jahre 1985 eingeholte [X.] nebst Ergänzungsgutachten ist die [X.]chaft des Antragstellers für seinen [X.] im vorgenannten Sinne geklärt. Ein trotzdem
bestehendes [X.] ist nicht gegeben.
Dass die damalige Begutachtung fehlerhaft erfolgt wäre, macht der [X.] weder geltend noch ist dies anderweitig ersichtlich. Überlegene na-turwissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten können eine nochmalige Begut-achtung hier ebenfalls nicht rechtfertigen. Im Rahmen der
bereits vorliegenden Gutachten
wurde eine biostatistische [X.]chaftswahrscheinlichkeit von
99,9945
% ermittelt. Dieser Wert würde auch nach der aktuellen Richtlinie der [X.] ([X.]) für die Anforderungen an die Durchführung genetischer Analysen zur Klärung der Abstammung und an die Qualifikation von ärztlichen und nichtärztlichen Sachverständigen gemäß §
23 Abs.
2 Nr.
4 und Nr.
2b GenDG

vom 17.
Juli 2012 ([X.] 2013, 169) zu dem die größtmögliche biostatistische Sicherheit repräsentierenden
sachver-ständigen

Verwandtschaftshypothese
praktisch erwi

führen, das nach Punkt 9.5 der Richtlinie einem W-Wert von größer oder gleich 99,9
% ent-spricht.
33
34
-
15
-
Mangels noch
zu klärender Abstammung des [X.]es vom Antragsteller steht Letzterem mithin der Anspruch aus §
1598
a Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht zu, so dass eine Anordnung nach §
1598
a Abs.
2 [X.] ausscheidet.
Dose

Klinkhammer

Nedden-Boeger

Guhling

Krüger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.07.2015 -
5 F 619/14 AB -

[X.] Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2016 -
2 UF 327/15 -

35

Meta

XII ZB 173/16

30.11.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2016, Az. XII ZB 173/16 (REWIS RS 2016, 1624)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1624

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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