Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. 2 ARs 426/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 17106

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[X.]:[X.]:BGH:2017:190117B2ARS426.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]
2 AR 283/16

vom
19. Januar
2017
in dem Gerichtsstandbestimmungsverfahren
betreffend

derzeit einstweilig untergebracht im

[X.]

,

[X.].: [X.]/16 [X.]
[X.].: 203 AR 4/16

3 AK 13/15 (3 [X.]) [X.]

BGHSt:
nein
BGHR:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja
________________________

§ 126a StPO

Für die gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung einer medizinischen [X.] im Rahmen einer einstweiligen Unterbringung ist das [X.] zuständig, das die einstweilige Unterbringung angeordnet hat oder nach Erhebung der öffentlichen Klage mit der Sache befasst ist (§ 126a Abs. 2 Satz 1 StPO [X.]. §
126 StPO).

BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 -
2 [X.] -
LG Landshut
-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
am 19. Januar
2017
gemäß §
14
StPO beschlossen:

Zuständig ist das [X.].

Gründe:
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts
Landshut

Auswärtige Strafvollstreckungskammer bei dem [X.]

und die 3.
Große Strafkammer des [X.] streiten über die Zuständigkeit für die Genehmigung einer [X.] während einer einstweiligen Unterbrin-gung (§
126a StPO).
I.
1. Die Beschuldigte befindet sich aufgrund Unterbringungsbefehls des [X.] vom 24.
Juni 2016 ([X.].:
3
KLs 250
Js 24503/14) gemäß §
126a StPO seit dem 27.
Juni 2016 in der forensischen Abteilung des

[X.]s

im Landkreis E.

(Regierungsbezirk [X.]). Gegen sie ist bei der 3.
Großen Strafkammer des [X.] ein Sicherungsverfahren (§
413 StPO) anhängig.
Mit an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts
Landshut

Auswärtige Strafvollstreckungskammer bei dem [X.]

gerich-tetem Schreiben vom 25.
August 2016 beantragte die Klinik, gemäß Art. 6 des [X.] vom 17.
Juli 2015 (künftig: [X.]) eine Verabreichung von Medikamenten zur Behandlung der bei der Beschuldig-1
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ten diagnostizierten paranoiden Schizophrenie gegen ihren Willen für zunächst zwölf Wochen zu genehmigen.
Am 7.
November 2016 beschloss die Strafvollstreckungskammer, die Sache an das für die Durchführung des Sicherungsverfahrens zuständige [X.] abzugeben und verwies zur Begründung eigener [X.] auf einen Beschluss des [X.] vom 24.
August 2016

(2 Ws 449/16), wonach für die Genehmigung einer [X.] nicht die Strafvollstreckungskammer, sondern gemäß §
126 Abs. 1 und 2, §
126a Abs. 2 Satz 1 StPO das mit der Sache befasste Gericht [X.] sei.
Mit Beschluss vom 16.
November 2016 lehnte das [X.] eine Übernahme des Verfahrens unter Berufung auf eine Entscheidung des [X.] vom 5. April 2016
(2 Ws 90/16) ab, wonach der Landesgesetzgeber für die Anordnung medizinischer [X.] in Ausfüllung einer insoweit bestehenden bundesgesetzlichen Regelungslücke die Zuständigkeit der [X.] begründet habe; gemäß §§
32 Abs. 2,
38 Abs. 1 und §
20 Abs. 5 Satz 1 PsychKHG [X.] sei hierfür die Strafvollstreckungskammer und nicht die erkennende Strafkammer zuständig.
Aufgrund des sonach bestehenden negativen Kompetenzkonflikts legte die auswärtige Strafvollstreckungskammer des [X.] beim [X.] die Sache mit Beschluss vom 22.
November 2016 dem [X.] zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.
2. Der [X.] ist der Auffassung, dass das [X.]

Auswärtige Strafvollstreckungskammer bei dem [X.]

für die Genehmigung der [X.] während einstweiliger Unterbrin-4
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gung gemäß Art.
41 Nr. 3 [X.]. Art. 6 Abs.
4 Satz
1 und 2 [X.], §§
110,
138 Abs. 3 [X.] zuständig sei. Das [X.]esrecht enthalte zwar [X.] materiell-rechtliche Regelung über die [X.] einstweilig unter-gebrachter Personen. Daraus sei jedoch nicht zu schließen, dass der [X.]es-gesetzgeber eine solche Behandlung habe ausschließen wollen; er habe viel-mehr diese Regelung, die der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] folgenden Schutz-pflicht des St[X.]tes Rechnung trage, hilfsbedürftigen Personen bei drohendem erheblichem gesundheitlichen Schaden Schutz durch ärztliche Versorgung zu gewähren, den Ländern überlassen. Der [X.] Landesgesetzgeber, der diese Regelungslücke ausgefüllt habe, sei weder durch §§
126,
126a Abs. 2 Satz 1 StPO noch durch §
78a [X.] gehindert, die Entscheidung über die Zwangsbehandlung in einstweiligen Unterbringungssachen den Strafvollstre-ckungskammern zuzuweisen. Der in Art.
6 Abs. 4 [X.] normierte Richter-vorbehalt sei als präventiver Rechtsschutz ausgestaltet und daher seinem Re-gelungsgegenstand nach nicht mit dem in den §
126, §
126a Abs. 2 StPO [X.]. §
119a StPO enthaltenen nachträglichen gerichtlichen Rechtsschutzver-fahren gegen vollzugsbehördliche Maßnahmen identisch.

II.
Der [X.] ist gemäß §
14 StPO zur Entscheidung des Kompetenzkonflikts berufen, da die beiden an diesem Streit beteiligten [X.] zu den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte gehören.

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III.
Die mit dem Sicherungsverfahren gegen die Beschuldigte befasste 3.
Große Strafkammer des [X.] ist zur Entscheidung über die Genehmigung der beantragten medizinischen Behandlungsmaßnahme ([X.]) berufen.
1. Dies folgt aus den die gerichtliche Zuständigkeit abschließend regeln-den bundesrechtlichen Vorschriften der §§
126 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 126a Abs. 2 Satz 1 StPO.
a) Nach §
126 Abs. 1 Satz 1 StPO ist vor Erhebung der öffentlichen Kla-ge für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§
116 StPO), ihre Voll-streckung (§
116b StPO) sowie auf Anträge nach §
119a StPO beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Mit Erhebung der öffentli-chen Klage geht diese Zuständigkeit gemäß §
126 Abs.
2 Satz 1 StPO auf das Gericht über, das nunmehr mit der Sache befasst ist. Für die einstweilige Un-terbringung gelten gemäß §
126a Abs. 2 Satz 1 StPO die §§
114 bis 115a, §
116 Abs. 3 und 4, §§
117 bis 119a, 123, 125 und 126 StPO entsprechend.
b) Die Entscheidung über die Genehmigung einer medizinischen [X.] ist eine
gerichtliche
Entscheidung im Sinne des §
126 Abs.
1 Satz 1 StPO, die sich auf die einstweilige Unterbringung nach §
126a Abs. 2 Satz 1 StPO bezieht. Die von der Klinik beantragte [X.] der Beschuldigten auf der Grundlage des Art. 6 [X.] soll im Rahmen [X.] gemäß §
126a StPO erfolgen. Sie steht zudem in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Unterbringungsgrund des §
126a Abs. 1 StPO, weil die begehrte medizinische Behandlung der
paranoiden Schi-9
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zophrenie auf den Zustand der Betroffenen im Sinne des §
63 StGB bezogen ist, der für das Sicherungsverfahren von Bedeutung ist.
2. Die aus §
126 StPO, §
126a Abs. 2 Satz 1 StPO folgende [X.] der 3.
Großen Strafkammer des [X.] wird durch Art. 41 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] nicht in Frage gestellt. den Vollzug rechtskräftig angeordneter Maßregeln geltenden Vorschriften und damit auch der gesetzlichen Zuständigkeit für die vorläufige Unterbringung ge-mäß § 126a StPO vor.
Bei der nach dem offenen Wortlaut der Verweisungsnorm möglichen und zur Wahrung der bundesgesetzlichen Kompetenzordnung gebotenen, verfas-sungskonform einengenden Auslegung dieser Vorschrift gilt dies jedoch nicht, soweit Art. 6 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 [X.] die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer begründet, in deren Bezirk die Einrichtung liegt, in der sich der von der Maßnahme Betroffene befindet (vgl. § 110 [X.]).
Im Einzelnen:
a) Das [X.] regelt den Vollzug der Unterbringung von Personen in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (Maßregel-vollzugseinrichtung) auf Grund einer strafgerichtlichen Entscheidung (Art.
1 [X.]). Nach dem für die Behandlung der untergebrachten Person gelten-den Art. 6 Abs. 2 [X.] bedürfen Maßnahmen, die in die körperliche [X.] der untergebrachten Person eingreifen, grundsätzlich der schriftli-chen Einwilligung der untergebrachten Person. Ohne eine solche schriftliche Einwilligung sind Behandlungsmaßnahmen nur unter engen, in Art. 6 Abs. 3 [X.] im Einzelnen normierten Voraussetzungen zulässig. Gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] ist die Maßregelvollzugseinrichtung in Fällen, in denen 13
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die untergebrachte Person in ihre Behandlung nicht einwilligt, verpflichtet, den Vorgang der nach §
110 [X.] zuständigen Strafvollstreckungskammer, also der Strafvollstreckungskammer vorzulegen, in deren Bezirk die antragstellende [X.] liegt. Gemäß Art. 6
Abs.
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Satz
2 [X.] gelten für das
Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer die §§
109 bis 121 [X.] ent-sprechend, ohne dass es insoweit eines Antrags der untergebrachten Person bedarf.
b) Zwar enthält das [X.] unter den Art. 37 bis Art. 41 auch Rege-lungen für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung. Art.
41 Nr. 3 [X.] erstreckt die die für die Behandlung psychischer Erkrankungen geltende Vor-schrift des Art. 6 unter dort näher bezeichneten Einschränkungen auf die einst-weilige Unterbringung, indem er die darin vorgesehenen Regelungen über die
ar erklärt.
Die nach dem offenen Wortlaut dieser Verweisungsnorm mögliche ent-sprechende
Anwendung der Regeln über die medizinische [X.] umfasst zwar die materiell-rechtliche Regelung über die medizinische [X.], nicht jedoch die in Art. 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] außerdem ent-haltenen, rechtstechnisch durch eine Bezugnahme auf die §§
110 ff. [X.] erfolgende Zuständigkeitsbegründung der [X.].
[X.]) Die landesgesetzliche Regelung des Art. 41 Nr. 3 [X.], die die Regelungen des Art. 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] für die einstweilige Un-terbringung für entsprechend anwendbar erklärt, ist ihrem Wortlaut nach offen (vgl. [X.], Beschluss vom 2. April 2001

1 BvR 355/00, NJW 2001, 2160, 2161). Sie kann zwar dahin verstanden werden, dass sie auch im Vollzug der 17
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einstweiligen Unterbringung ausnahmslos und auch insoweit Geltung bean-sprucht, als sie eine Zuständigkeit der [X.] im [X.] über die Anordnung einer medizinischen [X.] begründet.
Sie kann jedoch zwanglos auch dahin ausgelegt werden, dass ihre An-wendung nur in Betracht kommt, wenn dies mit Blick
auf das Recht der einst-weiligen Unterbringung sachgerecht erscheint und sonstige Regelungen nicht entgegenstehen.
[X.]) Eine verfassungskonform einengende Auslegung der landesgesetzli-chen Norm dahin, dass die verfahrensrechtlichen Regeln über die medizinische [X.], nicht jedoch die verfahrensrechtlichen Vorschriften an-wendbar sind, sondern dass es
insoweit bei den
Regelungen der
§§ 126, 126a StPO verbleibt, ist nicht nur mit dem Wortlaut der Norm vereinbar, sondern sie steht auch im Einklang mit dem Willen des Landesgesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesmaterialien war sich der [X.] Landesgesetzgeber der be-stehenden [X.]eskompetenz für das gerichtliche Verfahren bewusst (vgl. f-fen ist, liegt die Gesetzgebungskompetenz weiter beim [X.] [...].
Durch den [X.] ist durch das Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29.
September 2009 eine umfassende Neuregelung der §§
119 ff.

erlassen worden, die entsprechend für den Vollzug der einstweiligen [X.] entnimmt den Materialien, dass der [X.] Landesgesetzgeber die Möglichkeit medizinischer [X.] im einstweiligen Vollzug der [X.] regeln, jedoch hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens keine von den [X.]esgesetzen abweichenden Regelungen schaffen wollte.
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cc) Einer
einengenden Auslegung steht auch nicht der Sinn und Zweck der Regelung entgegen, eine gesetzliche Grundlage für die Anordnung der me-dizinischen [X.] zu schaffen, wenn und soweit eine Regelungs-lücke besteht.
[X.]) Sie ist schließlich verfassungsrechtlich geboten, weil sie die Anord-nungszuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichts im Sinne der §§ 126, 126a StPO unberührt lässt
und damit im Einklang mit der verfassungsrechtli-chen
Kompetenzordnung der Art. 72 ff. [X.] steht.
(1) Art. 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] stellt eine Teilregelung aus dem Be-reich des Gerichtsverfassungsrechts sowie

in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 Satz 2 [X.]

des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des Art.
74 Abs. 1 Nr. 1 [X.] als Teil der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des [X.]es dar (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Mai 1974

2 [X.], [X.]E 37, 191, 198 f.; [X.]/[X.]/[X.], 78. EL, Art. 74
[X.]
Rn. 75, 77 mwN). An der Gesetz-gebungskompetenz des [X.]es hat auch die sog. Föderalismusreform (vgl. das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.
August 2006, [X.] I S.
2034) nichts geändert. Die Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr.
1 [X.] umfasst auch die Befugnis zur Regelung der Gerichtszuständigkeit und des [X.] als Teil des gerichtlichen Verfahrens gegen Entscheidungen und Maßnahmen, die auf der Grundlage landesrechtlicher Gesetze über den [X.] der einstweiligen Unterbringung oder der Untersuchungshaft ergehen (vgl. BT-Drucks.
16/11644, S. 31 f., 33; [X.], 7.
Aufl., §
119a Rn. 1; [X.], Das fachgerichtliche Rechtsbehelfssystem der Untersuchungshaft so-wie die Regelungen des Vollzugs, 2013, [X.] mwN; vgl. auch [X.], [X.] 2011, 140, 148 ff.).
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(2) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 1 [X.] nur, solange und soweit der [X.] von seiner Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Eine Kodifi-kation durch den [X.] schließt Regelungen durch den Landesgesetzgeber aus, wenn die bundesgesetzliche Regelung eine abschließende und erschöp-fende Regelung darstellt ([X.], Beschluss vom 20.
Januar 1981

2 [X.], [X.]E 56, 110, 118 f.). Ob ein [X.]esgesetz eine derartige erschöp-fende Regelung enthält, ist im Wege einer Gesamtwürdigung des betreffenden [X.] festzustellen. Hierfür ist entscheidend, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Für die Frage, ob und inwieweit der [X.] von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, ist in [X.] Linie auf das [X.]esgesetz selbst, sodann auf den hinter dem [X.] Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], 78. EL, Art. 72 [X.] Rn. 83 mwN).
(3) Von seiner Kompetenz, den Rechtsschutz, insbesondere das gericht-liche Verfahren und die gerichtliche Zuständigkeit im Bereich des Vollzugs der einstweiligen Unterbringung im Sinne des §
126a StPO zu regeln, hat der [X.] in §
126 StPO [X.]. §
126a Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht und diese Materie erschöpfend
geregelt.
(a) Nach den Materialien zum Gesetz zur Änderung des Untersuchungs-haftrechts vom 29.
Juli 2009 ([X.] I, S. 2274-2279) wollte der [X.]esgesetz-geber in §§
126, 126a Abs. 2 StPO eine einheitliche Zuständigkeit für [X.] im
Untersuchungshaftrecht bzw. im Recht der einstweili-gen Unterbringung schaffen. Der Entwurf betont in Bezug auf den vorgesehe-25
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nen Rechtsschutz in §
119a StPO, dass eine einheitliche gerichtliche Zustän-digkeit gemäß §
126 StPO sachgerecht sei, weil gerichtliche Entscheidungen im [X.] nach §
119a StPO in engem Zusammenhang mit den in §
119 StPO geregelten Entscheidungen (haftgrundbezogene Beschrän-kungen) stünden (BT-Drucks.
16/11644, S.
33). Neben den beschränkenden Anordnungen des Gerichts
nach der Strafprozessordnung (etwa in §
119 StPO) könnten zwar auch (gegebenenfalls weitergehende) Beschränkungen nach den künftigen Landesgesetzen über den [X.] angeordnet werden. Ohne die Regelungen der §§
119a, 126 StPO wäre zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieser vollzuglichen Anordnungen ein Strafsenat des [X.] berufen, in dessen Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat (§
23 Abs. 1 Satz 2 [X.].
§
25 Abs. 1 EG[X.]). Deshalb werde mit §
119a StPO eine praxisgerechtere Norm geschaffen, die den in §
23 EG[X.] subsidi-är vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten vorgehe (BT-Drucks.
16/11644, S.
31). Für die Zuständigkeit des Gerichts nach §
126 StPO spreche insbeson-dere, dass diesem der Sachverhalt aus der Ermittlungsakte vertraut sei und ein anderes Gericht sich erst neu in die Sache einarbeiten müsste (BT-Drucks. 16/11644, S.
32).
(b) Diese Erwägungen des [X.]esgesetzgebers sind auch für den Rechtsschutz im Rahmen der Anordnung einer medizinischen Zwangsbehand-lung gültig. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der [X.]esgesetzgeber die Zuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichts auf ein Rechtsmittel gegen die Anordnung einer medizinischen Zwangsbehandlung beschränken und die Anordnungskompetenz ungeregelt lassen
wollte. §
126 Abs. 1 StPO umfasst nach seinem Wortlaut auch den Bereich präventiven Rechtsschutzes, denn die n-gen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft (einstweilige Unter-bringung, §

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(4) Überdies steht auch §
78a [X.] der Annahme einer Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer in einstweiligen Unterbringungssachen nach §
126a StPO entgegen.
(a) Der [X.] hat im Bereich der Gerichtsverfassung für die ordentliche Gerichtsbarkeit von seiner Befugnis zur Gesetzgebung durch das [X.] Gebrauch gemacht.
(b) Die sachliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer ist in §
78a [X.] abschließend geregelt. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Vor-schrift, denn es handelt sich bei §
78a Abs. 1 Satz 2 [X.] um einen enumerativ beschriebenen Zuständigkeitskatalog ohne Verwendung allgemeiner Auffang-tatbestände, unbestimmter Rechtsbegriffe oder Öffnungsklauseln. Darüber [X.] gehende sachliche Zuständigkeiten der Strafvollstreckungskammer sind im Titel 5a des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht enthalten. Auch sind [X.] für landesrechtliche Regelungen außerhalb von §
78a Abs. 2 und 3 [X.] nicht vorgesehen.
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(c) Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch die Materialien zu §
78 Nr.
1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen ([X.]) vom 23.
Dezember 1982 ([X.] I 2071) gestützt; darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei §
78a [X.] um eine abschließende [X.]sbestimmung handelt (vgl. BT-Drucks.
9/1338, [X.]). Deshalb hat das [X.] über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen dem Absatz 1 des § 78a [X.] eine Nr.
3 angefügt und damit den Zuständigkeitskatalog erweitert.
[X.] a.D. Prof. Dr. Fischer
ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.

[X.] Eschelbach

Zeng

Bartel
32

Meta

2 ARs 426/16

19.01.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. 2 ARs 426/16 (REWIS RS 2017, 17106)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17106

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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