Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.11.2010, Az. EnVR 1/10

Kartellsenat | REWIS RS 2010, 1578

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Gegenstand

Genehmigungserfordernis für verlangte Netzentgelte im Bahnstromnetz - Bahnstromfernleitungen


Leitsatz

Bahnstromfernleitungen

Das Bahnstromnetz unterliegt der Regulierung nach dem Energiewirtschaftsgesetz.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 16. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Betroffene trägt die Kosten des [X.] und die der [X.] entstandenen notwendigen Auslagen.

Der Wert des [X.] wird auf 5 Mio. € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Betroffene, die [X.], betreibt das 110-kV/16,7-Hertz-Bahnstromfernleitungsnetz (im Folgenden: [X.]). Das [X.] verbindet das [X.], über das die elektrischen Betriebsfahrzeuge ihren Traktionsstrom beziehen, mit den öffentlichen 50-Hertz-Versorgungsnetzen. Zu dem [X.] gehören sogenannte Umformer- und Umrichteranlagen, mit denen der [X.] aus den Netzen der öffentlichen Versorgung in Einphasen-Bahnstrom mit einer Frequenz von 16,7 Hertz umgewandelt wird, und sogenannte Unterwerke, in denen die elektrische Energie mit einer Spannung von 110 kV auf die für den Bahnbetrieb erforderliche Spannung von 15 kV transformiert und in die Oberleitung eingespeist wird. Das [X.] wird von der [X.] betrieben. Für die Nutzung des [X.] verlangt die Betroffene von ihren [X.] ein Entgelt. Entsprechende Preisblätter sind auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

2

Im September 2007 wies die [X.] die Betroffene darauf hin, dass diese als Betreiberin des [X.] in Bezug auf die von ihr verlangten Netznutzungsentgelte der Genehmigungspflicht nach § 23a [X.] unterliege. Die Betroffene widersprach dieser Rechtsauffassung.

3

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 hat die [X.] entschieden:

1. Die [X.] ist verpflichtet, bei der [X.] gemäß § 23a Abs. 1 [X.] eine Genehmigung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Netzentgelte einzuholen. Dabei hat sie die Vorgaben der Festlegung der [X.] zu den Anforderungen an die Entgeltgenehmigungsanträge zu beachten (Festlegung [X.]-07-008 vom 02.05.2007). Diese Festlegung samt Anlagen wird hiermit nochmals als Anlage beigefügt und der [X.] bekannt gemacht.

2. Der [X.] wird aufgegeben, unter Beachtung der Festlegung [X.]-07-008 vom 02.05.2007 bis zum 30.12.2008 einen Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte bei der [X.] zu stellen.

3. Für den Fall, dass die [X.] der Anordnung in Ziff. 2 nicht bis zum Ablauf des 30.12.2008 nachkommt, also keinen Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte gem. § 23a [X.] stellt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500.000 Euro angedroht.

4. Die Vollziehung der im Tenor zu 2. enthaltenen Anordnung wird gem. § 77 Abs. 3 S. 2 [X.] ausgesetzt.

4

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der [X.] weiter.

5

II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat die Beschwerde der Betroffenen gegen den angefochtenen Beschluss der [X.] zu Recht zurückgewiesen.

6

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung ([X.], [X.], 176) im Wesentlichen wie folgt begründet:

7

Die von der Betroffenen erhobenen Entgelte für den Zugang zu ihrem [X.] seien nach § 23a [X.] genehmigungspflichtig. Das [X.] sei gemäß § 3a [X.] auf das [X.] anwendbar, weil dieses der Versorgung von Eisenbahnen mit leitungsgebundener Energie diene und im Eisenbahnrecht nichts anderes geregelt sei. Das Eisenbahnrecht enthalte weder eine ausdrückliche Entgeltregelung für die Nutzung des [X.] noch sei bei einer historischen und teleologischen Auslegung erkennbar, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber die Regelung der Netzentgelte abschließend dem Eisenbahnrecht habe unterstellen wollen. Zwar seien die [X.] nach § 2 Abs. 3 [X.] Bestandteil der Eisenbahninfrastruktur, so dass sie unter das Gebot der diskriminierungsfreien Zugangsgewährung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] fielen. Aus den Materialien zur [X.] ergebe sich aber, dass der Verordnungsgeber Teilbereiche der Energieversorgung von Eisenbahnen durch energierechtliche Vorschriften habe regeln wollen. Dies folge auch aus § 110 Abs. 5 [X.], wonach die Anwendung des [X.]es auf den Fahrstrom der Eisenbahnen unberührt bleibe. Vor allem aber spreche der Sinn und Zweck des [X.]es für eine Anwendbarkeit des [X.]es. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] diene dieses Gesetz unter anderem der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten [X.] auf der Schiene bei dem Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betrieb von [X.]. Mit diesem gesetzgeberischen Willen sei eine abschließende Regelung des Zugangs zum [X.] und der Netzentgelte im [X.] nicht in Einklang zu bringen, weil nach dessen Vorschriften Stromversorger und Stromlieferanten keinen Anspruch auf Zugang zum [X.] und auf Überprüfung der Netzentgelte hätten. Hierfür stelle das [X.] das geeignete Instrumentarium zur Verfügung. Das Konzept der Anreizregulierung sei hinreichend flexibel, um etwaigen Besonderheiten des [X.] Rechnung tragen zu können.

8

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand.

9

a) Die [X.] war gemäß § 65 Abs. 2 [X.] berechtigt, der Betroffenen aufzugeben, einen Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte zu stellen. Denn diese ist - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - verpflichtet, bei der [X.] nach § 23a [X.] eine Genehmigung für die von ihr verlangten Netzentgelte in Bezug auf das [X.] einzuholen.

Das [X.] gilt gemäß § 3a [X.] für die Versorgung von Eisenbahnen mit leitungsgebundener Energie, soweit im Eisenbahnrecht nichts anderes geregelt ist. Nach der spiegelbildlichen Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 3 [X.] ist insoweit das [X.] nicht anwendbar. Danach beurteilt sich insbesondere die Frage, ob und nach welchen Regeln die Betroffene als Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet ist, Strom durch ihr [X.] durchzuleiten, nach dem [X.].

aa) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, unterfällt das [X.] dem Anwendungsbereich des § 3a [X.], weil dieses der Versorgung von Eisenbahnen - gemeint sind hier die Eisenbahnverkehrsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] - mit leitungsgebundener Energie dient.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 3a [X.], der das [X.] ganz allgemein "für die Versorgung von Eisenbahnen mit leitungsgebundener Energie" für anwendbar erklärt und die Versorgung mit Fahrstrom lediglich beispielhaft nennt. Unter den Begriff der Versorgung fällt nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 36 [X.] unter anderem der Betrieb von Energieversorgungsnetzen, zu denen nach § 3 Nr. 16 [X.] Elektrizitätsversorgungsnetze über eine oder mehrere Spannungsebenen gehören. Das [X.] ist ein solches Elektrizitätsversorgungsnetz (ebenso Beck[X.]-Komm/[X.], § 1 Rn. 29; [X.] in Säcker, [X.] Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 44; [X.] in [X.]/Hellermann/[X.], [X.], § 3a Rn. 11; [X.], [X.], § 3a Rn. 1; Grün/[X.], [X.] 2007, 46; [X.], Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche von [X.] und [X.] bei der Versorgung von Eisenbahnen mit leitungsgebundener Energie, 2008, [X.] ff.: [X.], [X.], Bahn 2009: Wettbewerb erfordert Weichenstellung, S. 133 Rn. 249; [X.]/Essig in Säcker, [X.] Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl., § 3a Rn. 69; [X.] in [X.]/[X.], Energierecht, Stand: 65. Ergänzungslieferung, 2009, § 3a Rn. 5). Ob es sich bei dem [X.] um ein Übertragungsnetz oder ein Verteilernetz handelt, ist unerheblich (vgl. auch § 3 Nr. 2 [X.]).

Für dieses Verständnis des § 3a [X.] - und des spiegelbildlichen § 1 Abs. 2 Satz 3 [X.] - sprechen neben der vom Berufungsgericht erwähnten Vorschrift des § 110 Abs. 5 [X.] auch die verfahrensrechtliche Koordinierungsregelung in § 14b Abs. 2 Satz 2 [X.], soweit dort die nach dem [X.] zuständigen Regulierungsbehörden in Bezug genommen werden, und die Vorschrift des § 43 Satz 1 Nr. 1 [X.], nach der [X.] ausdrücklich von dem Erfordernis der Planfeststellung nach dem [X.] ausgenommen werden. § 43 Satz 1 Nr. 1 [X.] ergibt - wie auch § 110 Abs. 5 [X.] - nur einen Sinn, wenn das [X.] im Grundsatz in den Geltungsbereich des [X.]es fällt.

[X.]) Die Anwendbarkeit des [X.]es wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass im Eisenbahnrecht etwas anderes geregelt ist. Dies ist - entgegen der Rechtsbeschwerde - nicht der Fall.

(1) Das Eisenbahnrecht enthält Zugangs- und Entgeltregelungen nur für die Nutzung der Schienenwege und für den Gebrauch der in § 2 Abs. 3c [X.] aufgeführten Serviceeinrichtungen. Hinsichtlich der Schienenwege gelten insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 [X.], § 3 Abs. 1 Satz 2, § 4 [X.] i.V.m. Anlagen 1 und 2 zur [X.] und § 14 Abs. 4 [X.], §§ 21 bis 23 [X.]. Diese Vorschriften sind gemäß § 4 Abs. 3 [X.] auch auf die Versorgung mit Fahrstrom über den sogenannten Fahrdraht anwendbar. Für die Nutzung von Serviceeinrichtungen gelten die Zugangsregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] und die Entgeltregelungen der § 14 Abs. 5 [X.], § 24 [X.].

(2) Dagegen lassen sich dem Eisenbahnrecht im Hinblick auf das [X.] weder eine Zugangs- noch eine Entgeltregelung entnehmen. Insofern verbleibt es vielmehr bei den Regelungen der §§ 20 ff. [X.].

Soweit die Rechtsbeschwerde für die Zugangsberechtigung auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 [X.] verweist, trifft allerdings zu, dass die [X.] gemäß § 2 Abs. 3 [X.] zur Eisenbahninfrastruktur gehören und dass § 14 Abs. 1 [X.] Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, nach näheren Maßgaben die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur zu gewähren. Das scheint auf den ersten Blick ein Argument für die Auffassung der Rechtsbeschwerde zu sein. Bei näherer Betrachtung unter Einbeziehung des Regelungswerks in seiner Gesamtheit erweist sich aber, dass § 14 Abs. 1 [X.] den Zugang zum [X.] und das Entgelt für seine Nutzung weder regelt noch regeln will.

Für dieses Verständnis der Vorschrift spricht bereits, dass die in § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Bezug genommene, den Umfang des Nutzungsbereichs regelnde [X.] eine nähere Ausgestaltung des [X.]s nur für die Benutzung der Schienenwege und der von den Eisenbahninfrastrukturunternehmen betriebenen Serviceeinrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 3c [X.] und in der Anlage 1 Nr. 2 zur [X.] beschriebenen Leistungen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 [X.]) vorsieht, nicht aber für die Nutzung des [X.].

Wollte man der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgen, so hielte das [X.] mangels näherer Ausgestaltung in der Eisenbahninfrastrukturordnung für den Zugang zum [X.] keine andere Regelung bereit als die, dass er diskriminierungsfrei zu gewähren wäre. Da der Gesetzgeber in § 3a [X.] das [X.] im Grundsatz den Vorschriften des [X.] unterstellt hat, die den [X.] in den §§ 20 ff. [X.] und der Stromnetzzugangsverordnung äußerst detailliert regeln, erscheint nahezu ausgeschlossen, dass er als von diesem Regelungswerk abweichende Regelung im Sinne des § 3a [X.] auch eine solch rudimentäre Vorschrift wie § 14 Abs. 1 [X.] gemeint haben könnte. Dagegen spricht auch, dass in der enumerativen Auflistung der [X.] in § 14 Abs. 2 [X.] sowie der ihnen gleichgestellten Unternehmen in § 14 Abs. 3 [X.] die Stromlieferanten, die für die Belieferung von Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Strom auf den Zugang zum [X.] angewiesen sind und gemäß § 20 [X.] einen Nutzungsanspruch haben, nicht genannt sind.

Auch im Hinblick auf die Entgelte für die Nutzung der [X.] enthält das Eisenbahnrecht keine detaillierten Vorschriften. § 14 Abs. 4 [X.] gilt über § 4 Abs. 3 [X.] nur für Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung mit Fahrstrom, d.h. für den Fahrdraht, nicht dagegen für die [X.] (vgl. BT-Drucks. 15/4419, [X.]). Diese sind - wie sich aus § 2 Abs. 3c [X.] ergibt - auch keine Serviceeinrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 5 [X.]. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, enthält auch § 14 Abs. 6 [X.] keine Entgeltregelung für die Nutzung der [X.]. Bereits der Wortlaut legt nahe, dass Absatz 6 sich nur auf die Entgeltregelungen in den Absätzen 4 und 5 bezieht und damit keinen weiterreichenden Anwendungsbereich hat. Dies zeigt auch die Bezugnahme auf die [X.], die keine Entgeltregelungen für die Nutzung des [X.] enthält.

Schließlich sprechen auch die Systematik des Gesetzes und der daraus hervorgehende Wille des Gesetzgebers gegen eine Einordnung des § 14 Abs. 6 [X.] als Entgeltregelung für die Nutzung des [X.]. Da in § 14 Abs. 4 und 5 [X.] für die Nutzung der Schienenwege einerseits und den Zugang zu Serviceeinrichtungen andererseits Maßstäbe für die Entgeltfestsetzung bestimmt sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Entgelte für die Nutzung des [X.] der (freien) privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Netzbetreiber und Zugangsberechtigtem überlassen und nur deren nachträgliche Überprüfung durch die Regulierungsbehörde nach § 14f [X.] vorsehen wollte. Ein solches Verständnis würde auch mit dem Ziel, den Wettbewerb im Schienenverkehr zu stärken, kaum in Einklang zu bringen sein.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde will die Vorschrift des § 2 Abs. 3 [X.], indem sie das [X.] der Eisenbahninfrastruktur zuordnet, nicht bewirken, dass § 14 Abs. 1 [X.] zu einer die Vorschriften des [X.]es verdrängenden abweichenden Regelung wird. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Norm. Mit der Neufassung dieser Vorschrift durch das [X.] vom 27. April 2005 ([X.] 1138) bezweckte der Gesetzgeber die Aufhebung der im früheren Eisenbahnrecht vorhandenen Unterscheidung zwischen einem zugangsrechtlichen und einem planungsrechtlichen Begriff für die Eisenbahnbetriebsanlagen; durch die Neufassung sollten die Begriffe der Eisenbahninfrastruktur und der Eisenbahnbetriebsanlagen in Übereinstimmung gebracht werden, die zum einen für den diskriminierungsfreien Netzzugang nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] und zum anderen für die Reichweite des [X.] im Sinne der § 18 [X.], § 43 Satz 1 Nr. 1 [X.] von Bedeutung sind (vgl. BT-Drucks. 15/2743, S. 12 und BT-Drucks. 15/3280, [X.]; siehe hierzu auch Beck[X.]-Komm/[X.], § 18 Rn. 42). Die Frage nach der Anwendbarkeit der entgeltrechtlichen Regelungen findet dagegen in den Materialien zu § 2 Abs. 3 [X.] keine Erwähnung (vgl. BT-Drucks. 15/3280, [X.]). Dies spricht dafür, dass durch das Eisenbahnrecht nur die technische Nutzung der Anlagen geregelt wird, während sich - entsprechend der Grundregel der § 1 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 3a [X.] - die wirtschaftlichen Fragen der Versorgung mit Energie (Nutzungsanspruch, Vertragsbeziehungen, Entgelte usw.) nach dem Energiewirtschaftsrecht richten sollen (vgl. Beck[X.]-Komm/[X.], § 1 Rn. 30). Ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers hätte - vergleichbar der Vorschrift des § 43 Satz 1 Nr. 1 [X.] - in einer ausdrücklichen Ausnahme von der Netzentgeltregulierung für [X.] nach dem Energiewirtschaftsrecht hervortreten müssen. Aus dem Fehlen einer solchen Ausnahmevorschrift kann im Gegenteil und im Umkehrschluss zu § 43 Satz 1 Nr. 1 [X.] auf einen gesetzgeberischen Willen geschlossen werden, insoweit die umfassende Anwendbarkeit des [X.]es anzuordnen.

Einen Vorrang des [X.] fordern auch nicht die im Eisenbahn- bzw. Energiewirtschaftsrecht umgesetzten Richtlinien. Insbesondere die Richtlinie 2001/14/[X.] Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung ([X.]. EG Nr. L 75 S. 29) enthält in den Artikeln 7 und 8 nur Rahmenregelungen zur Preiskalkulation und zur Vermeidung von Diskriminierungen und überlässt den Mitgliedstaaten die Auflösung des Zielkonflikts zwischen der Verlagerung eines größeren Anteils des Verkehrsaufkommens auf die Schiene durch Festschreibung möglichst niedriger Benutzungsentgelte einerseits und der im Interesse einer wirtschaftlichen Ausrichtung der Infrastrukturunternehmen liegenden Ermöglichung kostendeckender Benutzungsentgelte andererseits. Für die Frage, ob die Entgeltregelungen hinsichtlich der Nutzung des [X.] dem Eisenbahnrecht oder dem Energiewirtschaftsrecht zuzuordnen sind, lässt sich der Richtlinie nichts entnehmen.

(3) Nach der Gesamtkonzeption der Zugangs- und Entgeltregelungen im Eisenbahn- und Energiewirtschaftsrecht ist daher die Entgeltregelung für die Nutzung des [X.] nicht dem Eisenbahnrecht, sondern - nach der Grundregel des § 3a [X.] - dem [X.] zu entnehmen. Aufgrund dessen kommt auch eine entsprechende Anwendung der Entgeltregelungen des § 14 [X.] - unabhängig von der Zulässigkeit einer solchen Analogie im Rahmen der [X.] - mangels Regelungslücke nicht in Betracht. Die hiergegen von der Rechtsbeschwerde vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.

(a) Soweit die Rechtsbeschwerde eine Anwendung der eisenbahnrechtlichen Entgeltvorschriften auf das [X.] wegen des engen Sachzusammenhangs mit den Zugangsregelungen bejahen möchte, ist dies bereits im Ansatz verfehlt. Da sich der Zugang zu dem [X.] nach § 20 [X.] richtet, spricht der Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs auch hinsichtlich der Entgeltregelung für die Anwendbarkeit des [X.].

(b) Entgegen der Rechtsbeschwerde kann die Anwendbarkeit des [X.] auch nicht damit verneint werden, dass dessen Vorschriften für die Bestimmung des [X.] - sei es die kostenorientierte [X.], sei es die Entgeltbestimmung im Wege der Anreizregulierung - in Bezug auf das [X.] wegen dessen Besonderheiten insbesondere im Hinblick auf die verwendete Frequenz von 16,7 Hertz und wegen des Fehlens strukturell vergleichbarer Stromnetze nicht geeignet seien. Dies ist nicht der Fall.

(aa) Soweit sich die Bemessung der Netzentgelte gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 [X.] nach den Regelungen der Stromnetzentgeltverordnung richtet, erfolgt diese kostenorientiert. Auf die Entgeltgenehmigung finden § 21 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] gleichermaßen Anwendung, die in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und aus denen sich der Grundsatz der [X.]analogie ergibt (vgl. [X.], Beschluss vom 3. März 2009 - [X.] 79/07, [X.], 19 Rn. 12 ff. - [X.]). Das Korrektiv wettbewerbskonformer Verhältnisse setzt indes nicht das Vorhandensein strukturell vergleichbarer Stromnetze voraus; vielmehr sind bei ihrem Fehlen wettbewerbliche Bedingungen fiktiv zugrunde zu legen (vgl. [X.] aaO Rn. 14). Aufgrund dessen ist auch das Vergleichsverfahren nach § 21 Abs. 3 [X.] bei der Überprüfung der Netzentgelte nur eine Methode der Wahl und nicht obligatorisch.

([X.]) Soweit ab dem 1. Januar 2009 die Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang im Wege der Anreizregulierung zu erfolgen hat, ist dies Folge der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, die Entgeltregulierung des [X.] dem Energiewirtschaftsrecht zu unterstellen. Im Rahmen des [X.] wird zu klären sein, ob und inwieweit die Vorschriften des [X.] unmittelbar oder möglicherweise nur entsprechend anwendbar sind oder einer einschränkenden Auslegung bedürfen, um einerseits dem Willen des Gesetzgebers Geltung zu verschaffen und andererseits die Besonderheiten des Stromnetzes der Betroffenen angemessen zu berücksichtigen. Falls die Prüfung ergeben sollte, dass die [X.] für die Regulierung der [X.]nutzungsentgelte generell ungeeignet und damit nicht anwendbar ist, könnte auch daran zu denken sein, es im Fall der Betroffenen gemäß § 23a Abs. 1 Halbsatz 1 [X.] bei der kostenorientierten [X.] zu belassen.

b) Die Rechtsbeschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit sie die angefochtene Anordnung der [X.] zur Vorlage eines [X.] wegen des Inkrafttretens der Anreizregulierung zum 1. Januar 2009 für rechtswidrig hält.

Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 71 GWB, die für den dieser Vorschrift nachgebildeten § 83 [X.] gleichermaßen zu gelten hat, beurteilt sich die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer behördlichen Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage bei der Entscheidung über [X.] im Grundsatz nach dem Zeitpunkt der angefochtenen Behördenentscheidung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17. Mai 1973 - [X.] 1/72, [X.]/E [X.] 1283, 1286 - [X.] Uralt, vom 4. Oktober 1983 - [X.] 2/82, [X.]Z 88, 273, 278 - [X.] und vom 7. Oktober 1997 - [X.] 14/96, [X.], 1297, 1300 f. - Selektive Exklusivität, jeweils mwN). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. So kommt es etwa bei [X.], die sich gegen Verfügungen mit Dauerwirkung richten, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an (vgl. Senat aaO).

Ein solcher Ausnahmefall ist hier indes nicht gegeben. Der angefochtene Beschluss der [X.] ist durch die Änderung der Rechtslage zum 1. Januar 2009 nicht fehlerhaft geworden oder hat sich sonst erledigt. Eine Genehmigung der von der Betroffenen verlangten Netzentgelte ist für den Zeitraum vor Inkrafttreten der [X.] bereits deshalb erforderlich, um feststellen zu können, ob die Betroffene insoweit Mehrerlöse erzielt hat, die ihr auf Grundlage des § 21 [X.] in Verbindung mit den Vorschriften der Stromnetzentgeltverordnung nicht zustanden und die deshalb nach den Grundsätzen des Senatsbeschlusses vom 14. August 2008 ([X.] 39/07, [X.], 323 Rn. 8 ff. - [X.]) periodenübergreifend auszugleichen sind. Daneben ist das Ergebnis der Kostenprüfung dieser (letzten) Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a [X.] auch für die Anreizregulierung von Bedeutung. Denn gemäß § 6 Abs. 2 [X.] ist dieses Ergebnis als Ausgangsniveau für die Bestimmung der [X.] im Rahmen der ersten Regulierungsperiode der Anreizregulierung heranzuziehen.

III. [X.] beruht auf § 90 [X.].

Tolksdorf                                     Meier-Beck                                          Bergmann

                          Raum                                              [X.]

Meta

EnVR 1/10

09.11.2010

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 16. Dezember 2009, Az: VI-3 Kart 61/09 (V), Beschluss

§ 3a EnWG, § 23a EnWG, § 1 Abs 2 S 3 AEG, § 2 Abs 1 AEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.11.2010, Az. EnVR 1/10 (REWIS RS 2010, 1578)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1578

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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