Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2017, Az. VIII ZR 181/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10193

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:310517UVIIIZR181.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 181/16
Verkündet am:

31. Mai 2017

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 138 Abs. 3; BGB § 558 Abs. 1 Satz 1
Ein einfaches Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Wohnfläche der [X.] ohne eigene positive Angaben genügt im [X.] nicht den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten des Mieters (im [X.] an das Senatsurteil vom 22.
Oktober 2014 -
[X.], [X.], 475).
[X.], Urteil vom 31. Mai 2017 -
VIII ZR 181/16 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31.
Mai 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterinnen
Dr.
[X.] und [X.] sowie [X.] Bünger und Hoffmann
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 3. August
2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte ist seit 2010 Mieterin einer
im
Dachgeschoss
gelegenen Dreizimmerwohnung der Klägerin in [X.]. Mit Schreiben vom 26.
August 2014 verlangte die Klägerin die Zustimmung der Beklagten zu einer Erhöhung der seit Mietbeginn unveränderten monatlichen Nettokaltmiete von 738

798,62

,
beginnend mit dem 1.
November 2014.
Im Mietvertrag ist eine bestimmte Wohnfläche
nicht vereinbart. Die von der Klägerin in dem Mieterhöhungsverlangen angegebene Wohnfläche von 92,54
qm ist den bisherigen Nebenkostenabrechnungen zugrunde gelegt [X.].
Die Beklagte bezweifelt
die angegebene Wohnfläche; sie verlangt
geeig-nete Nachweise zur Größe der Wohnung von der Klägerin.
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3
-
Mit der am 7.
Januar 2015 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Klä-gerin ihren Anspruch auf
Zustimmung zur
Mieterhöhung geltend
gemacht.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin [X.] Berufung ist erfolglos
geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt
die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Klägerin sei für die tatsächliche Wohnungsgröße beweisfällig geblie-ben, da sie trotz des -
einfachen
-
Bestreitens der Beklagten hierfür keinen [X.] angeboten habe.
Die Klägerin habe zwar eine Wohnungsgröße von 92,54
qm behauptet, die Beklagte habe das aber entgegen der Auffassung der Klägerin in zulässiger Weise bestritten. Die zuverlässige Ermittlung der tatsächlichen Wohnungsgröße sei grundsätzlich Sache des Vermieters. Die Klägerin habe jedoch trotz gericht-lichen Hinweises keinen Beweis angeboten. Dem stehe auch nicht das Urteil des [X.] vom 22.
Oktober
2014 ([X.]) entgegen, da der Fall nicht vergleichbar sei. In jenem Fall hätten die [X.]en im Urkunden-prozess über die Abrechnung von Betriebskosten gestritten. Diese [X.] sei
auf Fälle der Mieterhöhung gemäß § 558 BGB nicht übertragbar. Der Mieter müsse bei einer
Mieterhöhung nicht die Wohnung selbst vermessen, 3
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was er angesichts der Dachschrägen ohnehin nur fachlich beraten oder ohne fachliche Beratung nur sehr grob könne, um die Behauptung des Vermieters zu einer bestimmten Wohnfläche bestreiten zu können.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein An-spruch der Klägerin gemäß § 558 BGB auf Zustimmung zur Erhöhung der

Das Berufungsge-richt hat zu Unrecht angenommen, die Klägerin sei für die von ihr behauptete Wohnfläche
von 92,54
qm beweisfällig geblieben. Mangels substantiierten Be-streitens der von der Klägerin behaupteten Größe der Wohnung
gilt diese ge-mäß §
138 Abs.
3 ZPO als zugestanden. Anders als das Berufungsgericht meint, genügt es nicht, dass der beklagte Mieter die vom Vermieter [X.] Wohnfläche der gemieteten Wohnung lediglich
bestreitet, ohne selbst eine
bestimmte
Wohnfläche vorzutragen.
1. Gemäß §
558 Abs.
1 Satz
1 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu der Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete -
wie hier
-
in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15
Monaten unverändert ist.

Maßgeblich für die Berechnung der Mieterhöhung gemäß § 558 BGB wie auch für den hiernach vorzunehmenden Abgleich mit der ortsüblichen [X.] ist, wie das Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat, die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung (Senatsurteil vom 18.
November 2015 -
VIII ZR 266/14, [X.]Z
208, 18 Rn. 10).

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5
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2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die von der Klägerin vorgetragene Wohnfläche
von 92,54
qm sei
der Entschei-dung nicht zugrunde zu legen, weil deren einfaches Bestreiten durch die [X.] genüge

138 Abs.
3 ZPO).
Damit verkennt das Berufungsgericht die der von ihm zitierten Senatsrechtsprechung (Senatsurteil vom 22. Oktober 2014 -
[X.], [X.], 475) zugrunde liegenden Erwägungen.
a) Der Vermieter, der eine Mieterhöhung verlangt, trägt nach allgemeinen Grundsätzen zwar die Darlegungs-
und Beweislast für die in Ansatz zu bringen-de tatsächliche Wohnfläche. Wenn er jedoch -
wie hier
-
eine bestimmte [X.] vorträgt, genügt dies den Anforderungen an eine substantiierte Darle-gung. Der sodann erklärungsbelastete Mieter hat -
soll sein Vortrag beachtlich sein -
auf
die Behauptung des Vermieters grundsätzlich ebenfalls substantiiert (d.h. mit näheren positiven Angaben)
zu erwidern und muss erläutern, von wel-chen tatsächlichen Umständen er ausgeht, denn mit bloßem Bestreiten darf der Mieter sich nur bei [X.] Vorbringen des Vermieters begnügen (Senats-urteile vom 22.
Oktober 2014 -
[X.], aaO
Rn.
16
[zu Flächenangaben bei Betriebskostenabrechnungen]; vom
20.
Februar 2008 -
VIII ZR 27/07, [X.], 1801 Rn.
29).
Allerdings
setzt die Verpflichtung zu einem substantiierten [X.] voraus, dass ein solches Vorbringen der erklärungsbelasteten [X.] möglich und zumutbar ist. Dies ist in der Regel jedoch der Fall, wenn sich die [X.] Umstände in ihrem Wahrnehmungsbereich verwirklicht haben. Unabhängig davon, ob die Größe der gemieteten Wohnung in der Mietvertragsurkunde an-gegeben ist oder nicht, ist es dem Mieter in aller Regel selbst möglich, die Wohnfläche der gemieteten Wohnung überschlägig zu vermessen und seiner-seits einen bestimmten abweichenden Flächenwert vorzutragen (Senatsurteil vom 22.
Oktober 2014 -
[X.], aaO Rn.
18
mwN).

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b) So ist es hier. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Vermessung grundsätzlich auch dem Mieter einer solchen Wohnung möglich, die
Dachschrägen aufweist und -
wie hier -
eine
Loggia hat.
Wie der Senat bereits ausgeführt hat (Senatsurteil vom 22.
Oktober 2014 -
[X.], aaO Rn.
19), mag die Berechnung der Wohnfläche einer Dach-geschosswohnung aufgrund von Schrägen und Winkeln nach den Vorgaben der Wohnflächenverordnung kompliziert sein. Um die vom Vermieter vorgetra-gene Quadratmeterzahl wirksam zu bestreiten, genügt es jedoch, wenn ihm der Mieter das Ergebnis einer laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegen-den Vermessung entgegenhält. Dies hat die Beklagte versäumt.
c) Insbesondere enthält
-
entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung
-
der von ihr gehaltene Vortrag keine positive (konkrete) Angabe der nach Auffassung der Beklagten bestehenden Größe der Wohnung. Dem Vortrag der Beklagten,
wonach sie sowohl die von der Klägerin angegebene Wohnfläche von 92,54
qm, als auch die im klägerischen [X.] angegebene Wohnfläche von 90
qm "bezweifle",
lässt sich nicht entnehmen, dass die [X.] "jedenfalls nicht größer als 90
qm"
sei und der Vortrag damit eine positive Quadratmeterangabe enthält. Denn die Beklagte hat damit lediglich beide ge-nannten Wohnflächen von 92,54 qm und 90 qm in Zweifel gezogen, ohne [X.] selbst eine konkrete Wohnfläche zu benennen.

Auch das von ihr angebotene Sachverständigengutachten verleiht ihrem Vorbringen -
entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung -
nicht den Ge-halt eines substantiierten Bestreitens. Denn insoweit handelt es sich nicht um einen konkreten Sachvortrag, sondern allein um ein (unbeachtliches) Beweis-angebot einer nicht beweisbelasteten [X.].

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7
-
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beruht die Senats-entscheidung vom 22.
Oktober 2014 ([X.], aaO) auch weder auf den Besonderheiten des [X.]es
noch auf den Eigenheiten einer
Be-triebskostenabrechnung. Sie enthält vielmehr allgemeine Grundsätze zur Rege-lung der Darlegungs-
und Beweislast, die sich für die Angabe der Wohnfläche in Mieterhöhungsverlangen nicht von derjenigen in Betriebskostenabrechnungen unterscheiden
und auch unabhängig davon
sind, ob die Beweismittel aufgrund der gewählten Klageart (so im [X.]) beschränkt sind.
Die in der Senatsentscheidung getroffenen Aussagen sind letztlich Ausdruck dessen, dass sich der Anspruchsgegner -
sofern kein Fall des zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO vorliegt -
nach § 138 Abs. 2 ZPO
über die von der Gegenseite behaupteten Tatsachen zu erklären hat und sich der Umfang der dabei von ihm zu fordernden Substantiierung nach dem Inhalt des Vortrags der darlegungspflichtigen
[X.] richtet (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 2015 -
V [X.], [X.]Z 200, 350 Rn. 11 f. mwN).
3. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als rich-tig dar (§ 561 ZPO). Die Klägerin hat -
entgegen der Ansicht der Revisionserwi-derung -,
indem sie den nach eigenen Angaben verfügbaren Wohnflächen-nachweis der Beklagten trotz deren Bitte nicht vorgelegt hat, weder gegen ihre prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO verstoßen noch hat sie sich treuwidrig (§ 242 BGB) verhalten.
III.
Hiernach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist [X.] aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da das Berufungsgericht -
nach seinem Standpunkt folgerichtig
-
hinsichtlich der geforderten Mieterhöhung noch nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endent-19
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scheidung reif und deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Dr. Milger
Dr. [X.]
[X.]

[X.]
Hoffmann
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 18.03.2015 -
81 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 03.08.2016 -
3 S 61/15 -

Meta

VIII ZR 181/16

31.05.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2017, Az. VIII ZR 181/16 (REWIS RS 2017, 10193)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10193

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 181/16

VIII ZR 41/14

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V ZR 275/12

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