Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2008, Az. III ZR 220/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4880

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[X.] BESCHLUSS [X.]/07 vom 19. März 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 199, 812 Die für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erforderliche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners setzt grundsätzlich keine zutreffen-de rechtliche Würdigung voraus. Das gilt auch für [X.] nach den §§ 812 ff. [X.] (hier: Rückforderung der vertraglichen Vergütung we-gen Verstoßes gegen das [X.]). [X.], Beschluss vom 19. März 2008 - [X.]/07 - [X.]

LG München I - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 19. März 2008 durch [X.], [X.] [X.], Dr. [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 4. Juli 2007 - 15 U 4350/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Gegenstandswert: 1.782.157,18 • Gründe: [X.] Der beklagte Steuerberater war in den Jahren 1975 bis 2000 für den an den Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten [X.] bei der Verwal-tung von Immobilien beratend tätig. Im Zeitraum von 1992 bis 2000 rechnete der Beklagte hierfür unter anderem umgerechnet 1.782.157,18 • ab, deren Rückzahlung der Kläger, dem die Ansprüche abgetreten worden sind, aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung begehrt. Der Kläger macht gel-tend, der Beklagte habe dabei vorwiegend Rechtsberatung ausgeübt. [X.] seien die zugrunde liegenden Verträge wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 [X.] nach § 134 [X.] nichtig und die Honorare ohne Rechtsgrund ge-1 - 3 - zahlt. Hiervon habe der Zedent erst im Jahre 2003 durch seine jetzigen Pro-zessbevollmächtigten erfahren. Landgericht und [X.] haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil richtet sich die vom Kläger eingelegte Beschwerde. 2 I[X.] Das Rechtsmittel ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grund-sätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] (§ 543 Abs. 2, § 544 ZPO). 3 1. Das Berufungsgericht lässt offen, ob dem Kläger die abgetretenen [X.] auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung zustehen. Die Forderungen seien jedenfalls verjährt. Die dreijährige Regelverjährung nach § 195 [X.] n.F. habe im Streitfall am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen, da der Zedent bereits vorher Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsa-chen gehabt habe. Er habe gewusst, welche Tätigkeiten der Beklagte entfaltet habe und dass dieser kein Rechtsanwalt sei. Ob der Zedent darüber hinaus den Verstoß gegen das [X.] erkannt habe, sei ohne Belang. Ein Rechtsirrtum hindere den Verjährungsbeginn grundsätzlich nicht. Auch eine unübersichtliche und verwickelte Rechtslage, bei der der Verjährungsbeginn wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein könne, habe nicht vorgelegen. Die am 30. Dezember 2004 eingereichte und erst am 15. März 2005 zugestellte 4 - 4 - Klage habe mangels demnächst erfolgter Zustellung die am 31. Dezember 2004 abgelaufene Verjährung nicht mehr hemmen können. 2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.]. Gegenteilige Entscheidungen der Instanzgerichte oder abweichende Stellungnahmen in der Fachliteratur zeigt die Beschwerde nicht auf. Auch der von ihr herausgestellte Schutz des [X.], [X.] beim Abschluss eines gegen das Verbot unbefugter Rechtsberatung verstoßenden und deswegen gemäß § 134 [X.] i.V.m. Art. 1 § 1 [X.] nichti-gen Vertrags (vgl. dazu nur [X.] 153, 214, 218 ff.; Senatsurteil vom 1. Februar 2007 - [X.] - NJW 2007, 1130, 1131 Rn. 13), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das muss nicht erst in einem Revisionsverfahren ge-klärt werden. 5 a) [X.] unterliegen seit dem 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 [X.] ([X.] 171, 1, 6 Rn. 18). Die [X.] beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlan-gen müsste (§ 199 Abs. 1 [X.]). In [X.] nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EG[X.] müssen für den Fristbeginn am 1. Januar 2002 auch die subjek-tiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - Kenntnis oder grob fahr-lässige Unkenntnis - vorliegen ([X.] 171, 1, 7 ff. Rn. 19 ff.; [X.], Urteile vom 25. Oktober 2007 - [X.]/06 - [X.], 40, 41 Rn. 22 f. und vom 9. November 2007 - [X.]/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8). Der vereinzelt geblie-benen Auffassung von [X.]/[X.] ([X.], Neubearbeitung 2003, Art. 229
6 - 5 - § 6 EG[X.] Rn. 11) und [X.] (NJW 2005, 630 ff.), dass die Verjährung dann nach der "[X.]" des § 199 Abs. 1 [X.] erst mit dem 31. Dezember 2002 begonnen habe und daher erst zum Ende des Jahres 2005 abgelaufen sei, folgt der Senat in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden gegentei-ligen Meinung nicht (vgl. nur [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 11. Aufl., [X.]. Vor § 194 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.], 67. Aufl., EG[X.] Art. 229 § 6 Rn. 1, 6, jeweils m.w.N.). b) § 199 Abs. 1 [X.] ist wie § 195 [X.] dem früheren § 852 Abs. 1 [X.] nachgebildet. Die einheitliche Verjährungsregelung in § 595 [X.] für vertragli-che und gesetzliche Ansprüche nach dem Vorbild des § 852 Abs. 1 [X.] a.F. soll das Verjährungsrecht in einer Weise vereinfachen, dass es für die Praxis leichter durchschaubar und anwendbar wird (BT-Drucks. 14/6040 [X.] f., 107 f.). Für die Auslegung dieser Vorschriften kann daher weitgehend auf den Norminhalt des § 852 Abs. 1 [X.] a.F. und die dazu ergangene [X.] zurückgegriffen werden ([X.], Urteil vom 9. November 2007 aaO [X.] Rn. 15; [X.], [X.], 5. Aufl., § 199 Rn. 25). Insofern ist aner-kannt, dass die erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des [X.] grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdi-gung voraussetzt. Es genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit vielmehr Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Um-stände (vgl. nur Senatsurteil [X.] 170, 260, 271 Rn. 28; [X.], Urteile vom 17. Oktober 1995 - [X.] - NJW 1996, 117, 118; vom 25. Februar 1999 - [X.] - NJW 1999, 2041, 2042; Senatsurteil vom 3. März 2005 - [X.] - NJW-RR 2005, 1148, 1149). Anders kann es nur dann zu beurteilen sein, wenn es sich um eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage han- 7 - 6 - delt, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschät-zen vermag (Senatsurteile [X.] 138, 247, 252; 150, 172, 186 und vom 3. März 2005 aaO; [X.], Urteil vom 25. Februar 1999 aaO). Die [X.] zur Kenntnis von ärztlichen Behandlungsfehlern, auf die die Nichtzulas-sungsbeschwerde verweist (s. [X.], Urteil vom 31. Oktober 2000 - [X.] - NJW 2001, 885 f. m.w.N., insoweit in [X.] 145, 358 nicht abge-druckt), macht davon keine Ausnahme, sondern verlangt im Rahmen der not-wendigen tatsächlichen Grundlagen lediglich auch das Wissen um solche [X.], aus denen sich für den medizinischen Laien ergibt, dass der behan-delnde Arzt von dem üblichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich waren. Ähnliches gilt für die Rechtsprechung des Senats zur erforderlichen Kenntnis des Geschädigten vom Vorliegen einer widerrechtlichen und schuldhaften Amtspflichtverletzung (vgl. etwa [X.] 138 aaO; 150 aaO). c) Die zu § 852 Abs. 1 [X.] a.F. entwickelten Grundsätze gelten glei-chermaßen für [X.] nach den §§ 812 ff. [X.] (vgl. etwa [X.]/[X.], aaO, Neubearb. 2004, § 199 Rn. 46 f.). Bei der Neuregelung des [X.] haben dem Gesetzgeber gerade auch derartige Ansprü-che vor Augen gestanden. Er hat dennoch davon abgesehen, wegen von der Schuldrechtskommission berücksichtigter Schwierigkeiten des Gläubigers bei der Durchsetzung ihm unbekannter gesetzlicher Ansprüche Differenzierungen vorzunehmen, und hat dazu betont, auch ein gesetzlicher Anspruch werde durch einen tatsächlichen Umstand ausgelöst, der dem Gläubiger in aller Regel sofort bekannt sein werde, so z.B. bei Vorgängen, die auf seine Kosten 8 - 7 - zur Bereicherung eines anderen führten (BT-Drucks. 14/6040 [X.]). Das ist bei der Auslegung des neu gefassten § 199 [X.] ebenso zu beachten wie der Umstand, dass jeder Ausnahmetatbestand in der Rechtsanwendung dem er-klärten gesetzgeberischen Ziel, das Verjährungsrecht zu vereinfachen und praktikabler zu machen, zuwiderlaufen würde. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung wird ein Bereicherungsgläubiger dadurch nicht unangemessen be-nachteiligt. Kennt er die der Vermögensverschiebung zugrunde liegenden Um-stände nicht, beginnt die Verjährung nicht zu laufen. In anderen Fällen stehen ihm wie den Gläubigern sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche, bei denen sich das Vorliegen eines Anspruchs ebenfalls erst nach Klärung nicht immer geläufiger Rechtsfragen ergeben kann, zumindest drei Jahre zur Verfü-gung, um den Vorgang rechtlich prüfen und sich entsprechend beraten zu [X.]. d) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass nach die-sen Maßstäben der Zedent bereits vor dem 1. Januar 2002 über eine hinrei-chende Kenntnis derjenigen Tatsachen verfügt hat, die einen Verstoß des [X.] gegen das [X.] und einen auf § 812 Abs. 1 Satz 1 [X.] gestützten Anspruch auf Rückforderung des Geleisteten begründen könn- 9 - 8 - ten. Die Einschätzung, dass es sich hierbei nicht etwa um eine unklare und zweifelhafte Rechtslage handelte, ist ebenso wenig zu beanstanden. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.07.2006 - 25 O 196/05 - [X.], Entscheidung vom 04.07.2007 - 15 U 4350/06 -

Meta

III ZR 220/07

19.03.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2008, Az. III ZR 220/07 (REWIS RS 2008, 4880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4880

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