Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. XI ZB 40/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6500

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI [X.]/11

vom

8. April 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 148
[X.] § 7 Abs. 1 Satz 1 (in der bis einschließlich 31. Oktober 2012 geltenden Fassung)
[X.] § 8 Abs. 1 Satz 1 (in der
ab 1. November 2012 geltenden Fassung)
Eine analoge Anwendung des §
148 ZPO scheidet im Anwendungsbereich des §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] (in der bis einschließlich 31.
Oktober 2012 gelten-den Fassung) bzw. des §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] (in der ab 1.
November 2012 geltenden Fassung) mangels Vorliegens einer planwidrigen [X.] aus. Das gilt auch für die Fälle, in denen eine Aussetzung nach dem [X.] unzulässig ist.

[X.], Beschluss vom 8. April 2014 -
XI [X.]/11 -
[X.] [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] als Vorsitzenden, die Richter Dr.
Ellenberger und
Maihold
sowie die Richterinnen Dr.
Menges
und Dr. Derstadt

am 8.
April 2014

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]
vom 21.
Novem-ber 2011 aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der Beschluss der 28. Zivilkammer des [X.]s [X.]
I vom 14.
September 2011 teilweise aufgehoben und die
Fortsetzung
des Verfahrens hinsichtlich des Streitverhältnisses des [X.] zur Beklagten zu
1) angeordnet.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.000

Gründe:
I.
1. Der Kläger begehrt
Schadensersatz im Zusammenhang mit der von ihm über die Beklagte zu 1) am 29.
Oktober 2004 gezeichneten Beteiligung an der

V.

4 GmbH & Co. KG (im [X.]
-
3
-
den: V
4). Die Beteiligung wurde, wie im Beteiligungsangebot vorgesehen, teil-weise obligatorisch durch ein Darlehen
der Beklagten zu
2)
finanziert.
Mit der Klage will der Kläger von beiden
Beklagten als Gesamtschuldner unter anderem seinen Eigenkapitalanteil zurückgezahlt erhalten und von den Verpflichtungen aus dem Darlehen und von den steuerlichen und wirtschaftli-chen Nachteilen seiner Beteiligung freigestellt werden. Er macht gegen die [X.] zu 1)
Ansprüche wegen fehlerhafter
Anlageberatung und gegen die [X.] zu 2) Ansprüche aus Prospekthaftung und daneben wegen Verletzung ihrer Nebenpflichten aus dem [X.] geltend.
Beim Oberlandesgericht [X.] ist ein Verfahren nach dem [X.] (nachfolgend: [X.]) durchgeführt worden, in dem die Beklagte zu 2) Musterbeklagte zu 2) ist. Das Oberlandesgericht
[X.] hat am
30.
Dezember 2011 ([X.] 1/07, BeckRS 2012, 01153) einen Musterentscheid erlassen, gegen den Rechtsbeschwerde
beim Bundesge-richtshof
unter dem Aktenzeichen II
ZB 1/12 eingelegt worden ist. Über die Rechtsbeschwerde ist noch nicht entschieden.
2. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das [X.] mit Beschluss vom 17.
Februar 2009 das Verfahren "nach §
148 ZPO analog aus-gesetzt, bis das [X.]-Verfahren des [X.] rechtskräftig abgeschlossen ist".
Gegen den Aussetzungsbeschluss hat die Beklagte zu 1) am 3.
März 2009 so-fortige Beschwerde eingelegt, diese jedoch am 5.
März 2009 wieder zurückge-nommen.
Mit Schreiben vom 16.
August 2011 hat der Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen und zu betreiben. Den Antrag auf
Wiederauf-nahme des Verfahrens hat das [X.]
mit
Beschluss vom 14.
September 2011 abgelehnt. Hiergegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich lediglich gegen die fortbestehende
Aussetzung des Verfahrens ge-2
3
4
-
4
-
genüber der Beklagten zu
1) wendet. Das Beschwerdegericht
hat die sofortige Beschwerde des [X.]
mit Beschluss vom 21.
November 2011
zurückgewie-sen
und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO) ist [X.].
Sie führt unter Aufhebung
der Entscheidung des
[X.] und teilweiser Aufhebung des Beschlusses des [X.]s
zur Anordnung der Fortsetzung
des Klageverfahrens des [X.] gegen die Beklagte zu 1).
1. Das Beschwerdegericht
hat zur Begründung
seiner Entscheidung ([X.], 1433, mit ablehnender Anmerkung [X.], EWiR 2012, 643, 644)
im
Wesentlichen ausgeführt:
Die Aussetzung gemäß §
148 ZPO liege im Ermessen des Gerichts. Die entsprechende Ermessensentscheidung des [X.]s sei in der [X.] nur insoweit überprüfbar, ob das Gericht das Ermessen überhaupt ausgeübt habe, ob die Voraussetzungen dafür vorlägen und ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden seien. Die Beurteilung der Sach-
und Rechtslage durch das Erstgericht sei nicht zu überprüfen.
Die Aussetzung sei offensichtlich sachgerecht und jedenfalls nicht zu [X.]. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass im Referentenentwurf des [X.] vom 21.
Juli 2011 eine ausdrückliche Ausweitung des Anwendungsbereichs
von §
1 [X.] auch auf Fälle der Anlageberatung und -vermittlung vorgesehen sei. Die Ansicht des [X.], dass Sinn und Zweck des [X.] die Einbeziehung solcher Rechtsstreitigkeiten 5
6
7
8
-
5
-
nicht gebiete, werde also offensichtlich nicht geteilt. Unabhängig davon hafte der Vermittler nicht, wenn der Prospekt richtig sei. Genau diese Frage sei [X.] Gegenstand des [X.].
2. Diese
Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
Das Be-schwerdegericht hat zu Unrecht die Ablehnung der Verfahrensfortsetzung durch das [X.] als rechtsfehlerfrei angesehen.
a)
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung steht der Aufhebung des [X.] nicht entgegen, dass dieser -
mangels Einlegung eines Rechtsbehelfs durch den Kläger
-
rechtskräftig geworden ist. Die dadurch eingetretene Unanfechtbarkeit gilt nur für den Aussetzungsbeschluss selbst, nicht aber für eine Entscheidung des [X.]s, mit der der Aussetzungsbe-schluss aufgehoben wird (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
September 2012

XI
ZB 32/11, [X.], 2146 Rn.
12 mwN)
oder der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens abgelehnt wird (vgl. [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
150 Rn.
11 zur Anwendbarkeit des § 252 ZPO). Dies folgt aus §§
150, 250 ZPO, die die Aufnahme eines ausgesetzten Verfahrens grundsätzlich zulassen und die Entscheidung darüber in das Ermessen des Gerichts stellen, soweit nicht einer-seits ein Aussetzungszwang oder andererseits eine Fortsetzungspflicht besteht
(vgl. Senatsbeschluss [X.]O).
Aufgrund dessen stellt eine Aufhebung des [X.] auch keine Umgehung der Frist des §
569 Abs.
1 ZPO dar
(Senatsbeschluss [X.]O Rn.
13).
b) Rechtsfehlerhaft ist das Beschwerdegericht von einer eingeschränkten Prüfungsbefugnis in Bezug auf das Vorliegen eines Aussetzungsgrundes aus-gegangen.
[X.]) Soweit die Aussetzung

wie hier bei §
148 ZPO

in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, kann zwar die Entscheidung im Beschwerderechtszug 9
10
11
12
-
6
-
nur auf Ermessensfehler kontrolliert werden. Das Beschwerdegericht hat jedoch uneingeschränkt zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist ([X.], [X.] vom 12.
Dezember 2005

II
ZB 30/04, NJW-RR 2006, 1289, 1290 mwN). Ist kein Aussetzungsgrund gegeben, bleibt für ein Ermessen nach §
150
ZPO kein Raum, sondern es besteht
eine
Fortsetzungspflicht. So liegt der Fall hier.
bb) Eine Aussetzung nach §
148 ZPO kommt nicht in Betracht, weil des-sen Voraussetzungen

wie der Senat für vergleichbare Fälle
bereits entschie-den
hat
-
nicht vorliegen (Senatsbeschlüsse
vom 16.
Juni 2009
-
XI
ZB 33/08, [X.], 1359 Rn.
18
und vom 11.
September 2012 -
XI
ZB 32/11, [X.], 2146 Rn.
16; vgl. auch [X.], Beschluss vom 28.
Februar 2012

VIII
ZB 54/11, NJW-RR 2012, 575 Rn.
6 mwN).
[X.]) Auch eine analoge Anwendung des §
148 ZPO scheidet
aus.
(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] rechtfertigt die Tatsache, dass in einem anderen Verfahren über einen gleich oder ähnlich ge-lagerten Fall nach Art eines Musterprozesses entschieden werden soll,
noch keine Aussetzung analog §
148 ZPO ([X.], Beschluss vom 28.
Februar 2012

VIII
ZB 54/11, NJW-RR 2012, 575 Rn.
7
mwN). Denn die Vorschrift stellt nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ver-fahren, sondern auf die Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen
eines Rechtsverhältnisses ab. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses ge-nügt dieser gesetzlichen Voraussetzung nicht, so dass die bloße Übereinstim-mung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage die Aussetzung noch nicht erlaubt ([X.], Beschluss vom 28.
Februar 2012

VIII
ZB 54/11, NJW-RR 2012, 575 Rn.
7
mwN). Dem entsprechend hat auch der Gesetzgeber mit §
7
[X.] (in der bis einschließlich
31.
Oktober 2012 geltenden Fassung, nach-13
14
15
-
7
-
folgend: aF; jetzt §
8 [X.] in der ab dem 1.
November 2012 geltenden [X.], nachfolgend: nF) und §
93a VwGO eigens spezialgesetzliche Grundlagen für eine von §
148 ZPO beziehungsweise der parallelen Vorschrift des §
94 VwGO an sich nicht mehr gedeckte Aussetzung von Musterverfahren geschaf-fen ([X.], Beschluss vom 28.
Februar 2012

VIII
ZB 54/11, NJW-RR 2012, 575 Rn.
7
mwN).
(2) Nach diesen Maßstäben scheidet eine analoge Anwendung des
§
148 ZPO im Anwendungsbereich des §
7 [X.] aF (bzw. §
8 [X.] nF) mangels Regelungslücke von vornherein aus. Gleiches gilt für die Fälle der vor-liegenden Art,
in denen die Aussetzung nach §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF unzulässig ist. Auch in diesen Fällen besteht keine unbeabsichtigte Regelungs-lücke. Es würde eine vom Gesetzeszweck des [X.] nicht gedeckte Umge-hung der speziellen Regelungen über die Zulässigkeit von Aussetzungen in [X.] eines laufenden [X.] darstellen, wenn über eine analoge Anwendung der allgemeinen Vorschrift des §
148 ZPO eine Aussetzung in den Fällen möglich wäre, die nach §
7
[X.] aF (bzw. §
8
[X.] nF) aus-drücklich
nicht ausgesetzt werden dürfen.
c) Die Aussetzung kann entgegen der Intention des [X.] und der Beschwerdeerwiderung auch nicht auf §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF gestützt werden. Die Aussetzung des Rechtsstreits durch das [X.] nach §
7 [X.] aF wäre unzulässig.
[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.] zu §
1 [X.] aF können Rechtsstreitigkeiten, in denen Schadensersatzansprüche gegen ei-nen Anlageberater oder Anlagevermittler auf die Schlechterfüllung eines Bera-tungs-
oder [X.] oder auf §
241 Abs.
2, §
311 Abs.
2 und 3 BGB bzw. die Grundsätze der so genannten Prospekthaftung im weiteren Sinne ge-16
17
18
-
8
-
stützt werden, von vornherein nicht Gegenstand eines [X.] sein. Das gilt
auch dann, wenn sich die Haftung aus der Verwendung eines fehlerhaf-ten Prospektes im Zusammenhang mit einer Beratung oder einer Vermittlung ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.
Juni 2008

XI
ZB 26/07, [X.]Z 177, 88 Rn.
15; vom 16.
Juni 2009

XI
ZB 33/08, [X.], 1359 Rn.
9
und XI
ZB 31/08, juris Rn.
9;
vom 30.
November 2010

XI
ZB 23/10, [X.], 110 Rn.
11; vom 21.
Dezember 2010

XI
ZB 25/10, [X.], 493 Rn.
10; XI
ZB 28/10 und
29/10, jeweils juris Rn.
10; siehe dazu Anmerkung [X.], [X.], 89; vom 25.
Januar 2011

XI
ZB 32/10, juris Rn.
9; vom 12.
April 2011

XI
ZB 36/10, juris Rn.
9; vom 17.
Mai 2011

XI
ZB 2/11, juris Rn.
9
sowie [X.], Beschlüsse vom 30.
Oktober 2008

III
ZB 92/07, [X.], 110 Rn.
12, 15; vom 4.
Dezember 2008

III
ZB 97/07, juris, Rn.
15
ff. und vom [X.] 2011

II
ZB 6/09, [X.], 115 Rn.
14).
In Fällen, in denen

wie hier

nach §
1 [X.] aF ein Musterverfahren nicht durchgeführt werden kann, ist nach der Rechtsprechung des Bundesge-richtshofs
eine Aussetzung
nach §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF unzulässig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16.
Juni 2009

XI
ZB 33/08, [X.], 1359 Rn.
7 und XI
ZB 31/08, juris Rn.
7; vom 8.
September 2009

XI
ZB 34
bis 38/08 sowie XI
ZB
9/09 und XI
ZB
11/09, jeweils juris Rn.
6 und XI
ZB 4/09, XI
ZB
7/09 und 8/09, jeweils juris Rn.
6, zu letzteren siehe Anmerkung [X.], [X.], 398; vom 6.
Oktober 2009

XI
ZB 17
bis 18/09 und 20
bis 21/09, jeweils juris Rn.
6; vom 10.
November 2009

XI
ZB 29
bis 30/09, jeweils juris Rn.
6; vom 8.
Dezember 2009

XI
ZB 25/09 und XI
ZB
27/09, jeweils juris Rn.
6; vom 25.
Januar 2011

XI
ZB 32/10, juris Rn.
8; vom 12.
April 2011

XI
ZB 36/10, juris Rn.
8; vom 17.
Mai 2011

XI
ZB 2/11,
juris Rn.
8
und vom 30.
November 2011 -
XI
ZB 23/10, [X.], 110 Rn.
10). Einem fehlerhaft nach §
7
Abs.
1 Satz
1 [X.] aF ausgesetzten Verfahren ist jedenfalls auf [X.] zu geben. Es ist einem Kläger nicht zuzumuten, dass ein wegen Verlet-19
-
9
-
zung von Beratungspflichten geführter Prozess ausgesetzt bleibt und er [X.] auf das Ergebnis des [X.] warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des [X.] in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Hinzu kommt, dass der Anleger durch die Aussetzung Rechtsnachteile erleiden kann
(vgl. Senatsbeschluss
vom 11.
September 2012

XI
ZB 32/11, [X.], 2146 Rn.
13
mwN).

bb) Entgegen der Ansicht des [X.] und der Beschwerde-erwiderung hat sich an dieser Rechtslage durch das am 1. November 2012 in [X.] getretene Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-[X.]ge-setzes und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19.
Oktober 2012 ([X.] I S.
2182, vgl. dazu Wolf/[X.], NJW 2012, 3751
ff.; [X.]/[X.], NZG 2012,
890
ff. und [X.], [X.], 7
ff.) für den vorliegenden Fall nichts geän-dert.
(1) Nach der Übergangsvorschrift des §
27 [X.] nF ist auf Muster-verfahren, in denen vor dem 1.
November 2012 bereits mündlich verhandelt worden ist, das [X.] in
seiner bis zum 1.
November 2012 geltenden [X.] weiterhin anzuwenden. In dem Verfahren [X.] 1/07 ist vor dem Oberlan-desgericht [X.] bereits vor dem 1.
November 2012 mündlich verhandelt und ein Musterentscheid erlassen worden ([X.] [X.], Beschluss vom 30.
Dezember 2011

[X.] 1/07, BeckRS 2012, 01153, juris Rn.
141). Für die Frage der Zulässigkeit der Aussetzung ist daher vorliegend §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF und die dazu ergangene Rechtsprechung des [X.] weiterhin maßgeblich.
(2) Entgegen der Ansicht des [X.] besteht aufgrund der Neufassung des [X.] auch keine Veranlassung, die bisherige [X.] zur Unzulässigkeit der Aussetzung nach §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF in 20
21
22
-
10
-
Fällen, in denen kein [X.]antrag nach §
1 [X.] aF gestellt werden konnte, zu ändern.
(a)
An der Grundaussage der Senatsrechtsprechung, dass ein originär nicht musterverfahrensfähiger Rechtsstreit nicht über die Aussetzung zur Teil-nahme am Musterverfahren bestimmt werden darf,
hat
§
8 [X.] nF nichts geändert. Zwar ist durch §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] nF der Anwendungsbereich des [X.] auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen unterlasse-ner Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch
oder irreführend ist, erweitert worden. Jedoch setzt eine Aussetzung nach §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] nF ebenso wie nach §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF
voraus, dass die geltend gemachten [X.] überhaupt Gegenstand des [X.] sein können. Trotz der Erweiterung des [X.] des [X.] können nicht unter Verwendung einer öffentlichen Kapital-marktinformation begangene [X.]

wie beispielsweise das Ver-schweigen von Rückvergütungen

nicht Gegenstand eines [X.] sein, weil der Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation fehlt
(vgl.
BT-Drucks. 17/8799 S.
17). Ein insofern gestellter [X.]antrag muss nach
§
3 Abs.
1 Nr.
1 [X.] nF als unzulässig verworfen werden. Ein Rechtsstreit, in dem der [X.]antrag als unzulässig verworfen wer-den müsste, kann nicht durch Aussetzung nach
§
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] nF
musterverfahrensfähig werden, denn sowohl §
3 Abs.
1 Nr.
1 [X.] nF als auch §
8
Abs.
1 Satz
1 [X.] nF verlangen wortgleich, dass die Entschei-dung des betroffenen Rechtsstreits von den [X.] abhängt.

(b) Soweit die Gesetzesbegründung zu §
8 [X.] nF abweichend von der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
September 2012

XI
ZB 32/11, [X.], 2146 Rn.
13)
die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt 23
24
-
11
-
beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beur-teilungsspielraum einräumen will
(vgl. BT-Drucks. 17/8799 S.
20), so bestehen dagegen im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken (vgl. Wolf/[X.], NJW 2012, 3751, 3753).
Diesen
Bedenken und der Frage einer möglichen revisionsrechtlichen Überprüfung des angesprochenen [X.] muss hier nicht näher nachgegangen werden, da die
Gesetzesbegründung zu §
8 Abs.
1 Satz
1 i.V.m.
§
3 Abs.
1 Nr.
1 [X.] nF jedenfalls nicht als Begründung für eine Änderung der Recht-sprechung zu §
7 Abs.
1 Satz
1 i.V.m.
§
1 Abs.
3 Nr.
1 [X.] aF herangezo-gen werden kann.
(c) Darüber hinaus nimmt die Begründung
des Gesetzentwurfs der [X.] ausdrücklich Bezug auf den Senatsbeschluss vom 16.
Juni 2009 (XI
ZB 33/08, [X.], 1359 = NJW 2009, 2539) und begründet die [X.] der sofortigen Beschwerde nach §
252 ZPO
gegen eine Aussetzungsent-scheidung mit den tragenden Erwägungen der Senatsrechtsprechung (vgl.
BT-Drucks. 17/8799 S.
21), so dass
auch aus diesem Grund
eine Änderung der im genannten Senatsbeschluss aufgestellten [X.] für die Aussetzung nach §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] aF
nicht veranlasst ist.
3.
Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des Beschwerde-
und des [X.] bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerde-
und Rechtsbe-schwerdeverfahrens die nach §§
91
ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei
25
26
-
12
-
zu tragen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30.
November 2010

XI
ZB 23/10, [X.], 110 Rn.
18 mwN).

Joeres

Ellenberger

Maihold

Menges

Derstadt

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 14.09.2011
28
O 10621/01
[X.] [X.], Entscheidung vom 21.11.2011
19
W 1831/11

Meta

XI ZB 40/11

08.04.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. XI ZB 40/11 (REWIS RS 2014, 6500)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6500

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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