Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.05.2022, Az. IX ZR 147/21

9. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 2670

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Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des [X.] vom 10. August 2021 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Am 4. August 2019 buchten die Kläger bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen Flüge von [X.] nach [X.] in [X.] und von [X.] nach [X.]. Sie bezahlten den Flugpreis. Der Hinflug sollte am 6. April 2020 stattfinden, der Rückflug am 18. April 2020.

2

Am 1. Dezember 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet. Die Beklagte setzte den Flugbetrieb danach fort. Die von den Klägern gebuchten Flüge wurden wegen der [X.] von der Beklagten annulliert. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten wurde, nachdem ein Insolvenzplan zustande gekommen war, mit Beschluss vom 26. November 2020 aufgehoben.

3

Die Kläger verlangen die Erstattung der Flugscheinkosten nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten wurde die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wollen die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Den Klägern stehe nur ein Anspruch auf Zahlung der im Insolvenzplan festgelegten Quote zu. Bei dem Anspruch aus Art. 8 Abs. 1 lit. a der Fluggastrechteverordnung handele es sich um einen gesetzlich begründeten [X.]. Dieser stelle eine Masseverbindlichkeit dar, wenn die den Anspruch begründende Handlung, die Annullierung des Flugs, erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden habe. Im [X.]punkt der Annullierung habe den Klägern jedoch kein Beförderungsanspruch mehr zugestanden, welcher Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs sei. Der Beförderungsanspruch sei mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] untergegangen. Der Beförderungsvertrag unterfalle nicht § 103 [X.], weil die Kläger vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig vorgeleistet hätten. Der Sachwalter sei folglich nicht befugt gewesen, den Vertrag gleichwohl zu erfüllen. Die irrige Annahme der [X.], hierzu verpflichtet zu sein, ändere daran nichts. Der Anspruch auf Beförderung habe sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 45 Satz 1 [X.] in eine auf Geld gerichtete Forderung gewandelt. Diese habe nur im Wege der [X.]eldung zur Tabelle verfolgt werden können. Die Zahlung der [X.] hätten die Kläger nicht beantragt.

II.

6

Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.

7

1. Grundlage des Begehrens der Kläger ist Art. 5 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 lit. a der Verordnung ([X.]) Nr. 261/2004 des [X.] und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 295/91 (fortan: [X.] oder Fluggastrechte-Verordnung). Gemäß Art. 5 [X.] werden den betroffenen Fluggästen bei Annullierung eines Fluges vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Art. 8 der [X.] angeboten, darunter gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. a [X.] die vollständige Erstattung der Flugscheinkosten.

8

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines entsprechenden Anspruchs sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb nicht erfüllt, weil sich der Beförderungsanspruch der Kläger gemäß § 45 [X.] mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] in einen nur im Wege der [X.]eldung zur Tabelle durchzusetzenden Zahlungsanspruch umgewandelt hätte.

9

a) Gemäß § 45 Satz 1 [X.] sind Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind, mit dem Wert geltend zu machen, der für die [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. Ihrem Wortlaut nach regelt die Vorschrift lediglich die Geltendmachung der Forderung im Insolvenzverfahren. Die insolvenzrechtliche gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger aus der Masse ist nur durchführbar, wenn sich die Forderungen für die Berechnung der Quote eignen. Deshalb sind Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind, mit dem Wert geltend zu machen, der für die [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann ([X.], Urteil vom 23. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2429, 2431). Die Umrechnung der nicht auf Geld gerichteten Insolvenzforderungen ermöglicht den Vergleich mit den Geldforderungen anderer Insolvenzgläubiger und schafft die Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilnahme aller Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren (BT-Drucks. 12/2443, [X.] zu § 52 und § 53). Dass die Forderungen bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unabhängig davon, ob der Gläubiger sie im Insolvenzverfahren geltend machen will, in Geldforderungen umgewandelt werden, sagt die Vorschrift nicht und setzt sie auch nicht zwingend voraus.

b) Die Vorschrift des § 45 [X.] ist derjenigen des § 69 KO nachgebildet (vgl. BT-Drucks. 12/2443, aaO). Der Gesetzgeber der Konkursordnung hat für "unbestreitbar" gehalten, dass sich ein nicht auf einen Geldbetrag gerichteter Anspruch mit der Konkurseröffnung in eine Geldforderung verwandelt (Hahn/[X.], Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 4, Nachdruck 1983, [X.]). Schon unter der Geltung der Konkursordnung entsprach es jedoch einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass Forderungen, die nicht auf einen Geldbetrag gerichtet waren, sich nicht schon mit der Eröffnung des Konkursverfahrens in eine Geldforderung nach § 69 KO verwandelten, sondern erst mit der Eintragung der festgestellten Forderung in die Tabelle. Andernfalls hätte die Umwandlung auch dann fortbestanden, wenn der eröffnete Konkurs mangels Masse noch vor dem Prüfungstermin eingestellt wurde und der [X.] deshalb unerreichbar blieb (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 1976 - [X.], NJW 1976, 2264, 2265 mwN; vom 10. Januar 1991 - [X.], [X.]Z 113, 207, 213 mwN; [X.], KO, 3./4. Aufl., § 69 [X.]. 6; [X.]/[X.], [X.], 17. Aufl., § 69 KO [X.]. 5). Mit dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 45 [X.] hat sich hieran nichts geändert. Weiterhin gilt, dass sich die nicht auf Geld gerichteten Insolvenzforderungen erst mit der Feststellung zur Tabelle in eine Geldforderung umwandeln, nicht bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder mit der [X.]eldung zur Tabelle ([X.]/[X.], [X.], § 45 Rn. 17 f; MünchKomm-[X.]/Bitter, 4. Aufl., § 45 Rn. 37; [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl., § 45 Rn. 15; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2018, § 45 Rn. 8; HK-[X.]/[X.], 10. Aufl., § 45 Rn. 14). Die Vorschrift des § 45 [X.] regelt die Geltendmachung der Forderung im Insolvenzverfahren, mehr nicht.

c) Die Kläger haben ihre [X.] nicht in Geld umgerechnet und zur (gemäß § 270c Satz 2 [X.] aF, § 270f Abs. 2 Satz 2 [X.] nF vom Sachwalter geführten) Tabelle angemeldet. Die Ansprüche sind auch nicht zur Tabelle festgestellt worden. Sie sind damit nicht zu Geldforderungen geworden, sondern [X.] geblieben.

3. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach Art. 5 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 lit. a [X.] im Übrigen erfüllt sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls handelte es sich bei einem derartigen Anspruch nur um eine Insolvenzforderung.

a) Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] an waren die [X.] der Kläger nicht mehr durchsetzbar. Die eigenverwaltende Beklagte, die weiterhin verwaltungs- und verfügungsbefugt blieb (vgl. § 270 Abs. 1 Satz 1 [X.]), war nicht verpflichtet, diese Ansprüche zu erfüllen. Einem Erstattungsanspruch nach Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 8 Abs. 1 lit. a [X.] steht dies möglicherweise nicht entgegen. Der genannte Erstattungsanspruch ist ein gesetzlicher Anspruch auf vertraglicher Grundlage. Er setzt (nur) eine bestätigte Buchung voraus, welche ihrerseits vom Bestehen eines [X.] abhängig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 18. August 2015 - [X.], [X.], 1200 Rn. 9 zum Ausgleichsanspruch nach Art. 7 [X.]). Die bestätigte Buchung als solche könnte ausreichen, um im Falle einer Annullierung des Fluges den Erstattungsanspruch des Fluggastes auszulösen.

b) Im Ergebnis kommt es hierauf allerdings nicht an. Auch wenn die Annullierung des Fluges hier einen Anspruch nach Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 8 Abs. 1 lit. a [X.] ausgelöst hätte, wäre die Klage unbegründet. Der Erstattungsanspruch stellt nur eine Insolvenzforderung dar.

aa) Spezialgesetzliche Regelungen zu der Frage, ob ein Erstattungsanspruch eine Masse- oder eine Insolvenzforderung darstellt, wenn der Flug vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Luftfahrtunternehmens gebucht und bezahlt, der Flug aber erst nach der Eröffnung annulliert worden ist, gibt es nicht. Insbesondere die Fluggastrechte-Verordnung sagt hierzu nichts.

[X.]) Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sind Masseverbindlichkeiten diejenigen Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Ist Eigenverwaltung angeordnet worden, bleibt der Schuldner verwaltungs- und verfügungsbefugt (§ 270 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 270 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die Vorschrift des § 55 [X.] ist danach auch im Eigenverwaltungsverfahren anwendbar. Die vom Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Verbindlichkeiten stellen nach Maßgabe von § 55 Abs. 1 [X.] Masseverbindlichkeiten dar (vgl. z.B. MünchKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 270 Rn. 160; vgl. auch [X.], Urteil vom 26. April 2018 - [X.], [X.]Z 218, 290).

cc) Dem Wortlaut der Vorschrift nach sind die Voraussetzungen einer Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 [X.] erfüllt. Die verwaltungs- und verfügungsbefugte Schuldnerin hat die von den Klägern gebuchten Flüge annulliert. Die Annullierung erfolgte im Rahmen der Verwaltung der Insolvenzmasse. Gleichwohl hat die Annullierung der Flüge hier nicht zu einer Masseverbindlichkeit geführt.

(1) Die Vorschrift des § 55 [X.] ist in den Grundzügen derjenigen des § 59 KO nachgebildet (vgl. [X.]/[X.], [X.], § 55 Rn. 1 f). Die Begründung zu einem Entwurf der Konkursordnung hielt es für unvermeidlich, dass im Zuge der Verwaltung der Konkursmasse Verbindlichkeiten und Kosten entstanden, welche aus der Masse zu berichtigen waren. Nur die Nettokonkursmasse, die nach Abzug dieser Kosten und Verbindlichkeiten verblieb, war unter die Konkursgläubiger zu verteilen (Hahn/[X.], Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 4, Nachdruck 1983, [X.]). Auf mehr als die so ermittelte Teilungsmasse haben die Konkurs-, jetzt die Insolvenzgläubiger keinen Anspruch. Ausschlaggebend für den Vorrang der Masseverbindlichkeiten des § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] ist, dass eine Verwaltung und Verwertung des [X.] zum Zweck der Befriedigung der Insolvenzgläubiger nicht möglich wäre, wenn der Verwalter und im Fall der Eigenverwaltung der Schuldner nicht in der Lage wäre, Verträge zu erfüllen, die er zur Erhaltung, Vermehrung und Verwertung der Masse schließt oder fortsetzt. Würden die Gläubiger aus Rechtsgeschäften des Verwalters nur zusammen mit den [X.] oder gar erst nach ihnen befriedigt, würde sich niemand finden, der ohne Zug-um-Zug-Leistung und Barzahlung mit dem Verwalter Verträge schließt ([X.]/[X.], [X.], § 55 Rn. 5).

Masseverbindlichkeiten werden folglich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, von den Ausnahmefällen der gesetzlich besonders geregelten oktroyierten Masseverbindlichkeiten und der unter § 103 [X.] fallenden gegenseitigen Verträge, deren Erfüllung zur Masse verlangt wird, einmal abgesehen, vom Verwalter oder vom eigenverwaltenden Schuldner neu begründet. Leistungen der Masse stehen Gegenleistungen des jeweiligen Vertragspartners gegenüber. Handlungen des Verwalters oder des eigenverwaltenden Schuldners, die allein die Nichterfüllung vor der Eröffnung geschlossener, nicht aus der Masse zu erfüllender Verträge betreffen und damit nur der Abwicklung dienen, fallen dagegen nicht unter § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (vgl. MünchKomm-[X.]/Hefermehl, 4. Aufl., § 55 Rn. 18; HK-[X.]/[X.], 10. Aufl., § 55 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 55 Rn. 8; vgl. auch BSG, Urteil vom 30. November 2011 - [X.] [X.] 22/10 R, [X.], 375 Rn. 13; [X.], Urteil vom 25. Januar 2018 - 6 [X.], [X.]E 161, 368 Rn. 19).

(2) Die Annullierung betraf wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr durchsetzbare [X.]. Anspruch auf Erfüllung der [X.] aus der Masse hatten die Kläger nicht. Es handelte sich um Insolvenzforderungen, die nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgt werden konnten (§ 87 [X.]).

(a) Die Beförderungsverträge waren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen worden. Sie unterfielen nicht einem aus §§ 279, 103 [X.] folgenden Wahlrecht der [X.]. Die Vorschrift des § 103 Abs. 1 [X.] setzt einen gegenseitigen Vertrag voraus, welcher zur [X.] der Eröffnung weder vom Schuldner noch vom anderen Teil vollständig erfüllt ist. Das war hier nicht der Fall. Die Kläger hatten den Flugpreis vor der Eröffnung vollständig entrichtet.

(b) Die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit, insbesondere des Flugbetriebs, wertete für sich genommen die Insolvenzforderungen der Kläger nicht zu [X.] auf. Die [X.] sieht dies nicht vor. Das gilt auch im Rahmen einer Eigenverwaltung. Für Insolvenzverfahren, in denen Eigenverwaltung angeordnet worden ist, gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit im achten Teil der [X.] nichts anderes bestimmt ist (§ 270 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Damit ist auch hier zwischen Insolvenz- und [X.] zu unterscheiden. Insolvenzforderungen sind zur Tabelle anzumelden. Die Eigenverwaltung wird in der Regel in Fällen angeordnet, in denen der Schuldner ein Unternehmen betreibt und in denen Aussichten bestehen, dieses Unternehmen auf der Grundlage eines Insolvenzplans zu sanieren (vgl. BT-Drucks. 12/2443, [X.] zu § 343; 17/5712, [X.] zu [X.]). An die Fortführung des Geschäftsbetriebs können dann keine Rechtsfolgen geknüpft werden, die von den gesetzlichen Regelungen abweichen.

(c) Auch etwaige Erklärungen der [X.] nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der Geschäftsbetrieb werde fortgeführt, haben die Insolvenzforderungen der Kläger nicht zu [X.] werden lassen.

(aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wäre eine Übereinkunft der Parteien dahingehend, dass die [X.] der Kläger erfüllt werden würden, nicht notwendig insolvenzzweckwidrig gewesen. Insolvenzzweckwidrig sind solche Handlungen, welche der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger klar und eindeutig zuwiderlaufen; sie verpflichten die Masse nicht. Dies trifft indes nur dann zu, wenn der Widerspruch zum Insolvenzzweck unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten für jeden verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich, also evident war und sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten, ihm somit der Sache nach zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist ([X.], Urteil vom 12. September 2019 - [X.], [X.], 1886 Rn. 11; vom 12. März 2020 - [X.], [X.]Z 225, 90 Rn. 38 mwN). Die Beklagte hat nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin Flüge durchgeführt. Wenn sie in Flügen, die zur Erfüllung der [X.] von Massegläubigern stattfanden, auch Insolvenzgläubiger mitfliegen ließ, minderte dies nicht notwendig die Insolvenzmasse, sondern entlastete sie möglicherweise sogar. Einzelheiten dazu, in welchem Umfang die Ansprüche von [X.] in dieser Weise erfüllt wurden, hat keine Partei vorgetragen.

([X.]) Die Kläger haben jedoch in den Vorinstanzen keine Tatsachen vorgetragen, welche den Schluss auf eine entsprechende Übereinkunft der Parteien zuließen. Insbesondere scheint es keine speziell an die Kläger gerichteten Erklärungen der [X.] gegeben zu haben. Die Revision nimmt lediglich auf einen unspezifizierten Vortrag der [X.] Bezug, die Beklagte sei "aus Kulanz- und Imagegründen" bereit gewesen, die Kläger "unentgeltlich" zu befördern. Das reicht nicht aus. Dazu, ob und wann diese Erklärung die Kläger erreicht hat und wie die Kläger reagiert haben, fehlt jeglicher Vortrag. Der Hinweis auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebs reichte, wie gezeigt, nicht aus.

Grupp    

        

[X.]    

        

Röhl   

        

Schultz    

        

Selbmann    

        

Meta

IX ZR 147/21

05.05.2022

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Frankfurt, 10. August 2021, Az: 2-24 S 39/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.05.2022, Az. IX ZR 147/21 (REWIS RS 2022, 2670)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2670

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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