Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2013, Az. 2 StR 463/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 891

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 463/13
vom
21. November 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 21. November 2013
gemäß §
349 Abs.
2
und 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30.
April 2013 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in
Tatein-heit mit Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unter-bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Verlet-zung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie offen-sichtlich unbegründet.
1. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Schon die Annahme, der Ange-1
2
-
3
-
klagte habe die Tat in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des §
21 StGB begangen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Das [X.] ist -
sachverständig beraten
-
davon ausgegangen, die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei aufgrund einer schweren anderen seelischen Abartigkeit eingeschränkt, aber nicht aufgehoben gewesen. Der An-geklagte leide an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impul-siven Typ auf
Borderline-Organisationsniveau ([X.]: [X.] und [X.]). Die festgestellte Persönlichkeitsstörung sei auch als schwer im Sinne von §
21 StGB anzusehen, weil das Störungs-
und Krankheitsbild nach Einschätzung des Sachverständigen dermaßen deutlich ausgeprägt sei, dass es einer psy-chotischen Erkrankung gleichgesetzt werden könne. Zudem würden die festge-stellten Verhaltensauffälligkeiten,
wie eine Störung des Selbstwertgefühls mit deutlicher Schwäche von Abwehrmechanismen und auch Realitätsprüfungsme-chanismen, die durchgängig festzustellende Beeinträchtigung der Beziehungs-gestaltung und der psychosozialen Leistungsfähigkeit, durch die affektive [X.] aufgetreten seien, das Verhalten des Angeklagten bestimmen (UA S.
30).
Damit hat die [X.] für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die festgestellte Persönlichkeitsstörung den nach der Recht-sprechung erforderlichen Schweregrad zur Annahme einer schweren seeli-schen Abartigkeit aufweist. Die Erwägungen des [X.]s beschreiben in allgemeiner Form lediglich noch einmal die angenommene Persönlichkeitsstö-rung und enthalten -
weder für sich noch im Zusammenhang mit den weiteren Urteilsgründen -
den Beleg dafür, dass sie in ihrer belastenden Wirkung für den Betroffenen -
und damit auch im Hinblick auf seine Fähigkeit zu [X.] Verhalten -
zur Tatzeit das Gewicht krankhafter seelischer Störungen i.S.d. 3
4
-
4
-
§§
20, 21 StGB erreicht hatte (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Mai 1997 -
1 StR 17/97, [X.]R StGB §
21 Seelische Abartigkeit 31; st. Rspr.).
Soweit die [X.] an anderer Stelle davon ausgeht, das tiefgrei-fend in der Persönlichkeit verankerte Verhaltensmuster lasse sich bis in die Kindheit zurückverfolgen, wobei sich die Verhaltensauffälligkeiten letztendlich erst im Erwachsenenalter klinisch manifestiert hätten (UA S.
28), und im Zu-sammenhang mit der Gefahrenprognose ausführt, mit der (nachweisbaren) Be-gehung von Straftaten zeige sich eine neue Qualität der bislang unbehandelten Krankheit (UA S.
39), ist auch damit nicht dargetan, dass eine sich daraus mög-licherweise ergebende progrediente Entwicklung der Erkrankung vom Kindes-
bis in das Erwachsenenalter des 35-jährigen Angeklagten nunmehr den für die Annahme eines Eingangsmerkmals nach §§
20, 21 StGB erforderlichen Schwe-regrad aufweist. Dass der Angeklagte "emotional instabil" reagiert und es dadurch nach der Einschätzung des Sachverständigen jetzt zu Straftaten kommt (UA S.
39), ist jedenfalls für sich allein -
ohne die Vornahme der erfor-derlichen Gesamtbetrachtung von Tat und Täter -
nicht geeignet, die nötige Schwere der Persönlichkeitsstörung zu belegen. Die auf die Persönlichkeitsstö-rung zurückzuführende (erstmalige) Begehung von Straftaten durch den Ange-klagten rechtfertigt nicht ohne Weiteres den von der [X.] gezogenen Schluss, dies sei mit einer relevanten Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit einhergegangen; es ist auch bei der festgestellten Erkrankung des Angeklagten durchaus vorstellbar, dass dadurch das [X.] (noch) nicht in strafrechtlich relevanter Weise tangiert war. Dies hätte vom [X.] erörtert werden müssen.
Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung der [X.] nach §
63 StGB, ohne dass es noch darauf ankommt, ob auch die 5
6
-
5
-
vom [X.] vorgenommene Gefahrenprognose Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist.
2. Der Senat hebt auch den Strafausspruch auf, obwohl der Angeklagte insoweit durch die fehlerhafte Annahme verminderter Schuldfähigkeit an sich nicht beschwert ist. Dies gibt dem neuen Tatrichter Gelegenheit, aufgrund neu-er Feststellungen zur Erkrankung des Angeklagten eine in sich stimmige neue Rechtsfolgenentscheidung zu treffen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2000 -
2 StR 219/00). Dabei wird die Einholung eines neuen Sachverständi-gengutachtens zu erwägen sein, wobei der Senat ausschließt, dass sich daraus
Erkenntnisse ergeben könnten, die den Ausschluss der Schuldfähigkeit des Angeklagten für möglich erachten
und damit den Bestand des Schuldspruchs gefährden könnten.
[X.]

Krehl Eschelbach

Ott Zeng
7

Meta

2 StR 463/13

21.11.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2013, Az. 2 StR 463/13 (REWIS RS 2013, 891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 891

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 463/13 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung als andere schwere seelische Abartigkeit


4 StR 452/04 (Bundesgerichtshof)


4 StR 532/04 (Bundesgerichtshof)


1 StR 684/18 (Bundesgerichtshof)

Schwere seelische Abartigkeit als Indiz für Beeinträchtigung des Steuerungsvermögens


2 StR 582/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 463/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.