Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2001, Az. 5 StR 579/00

5. Strafsenat | REWIS RS 2001, 3644

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[X.] DES VOLKES5 StR 579/00URTEILvom 6. Februar 2001in der Strafsachegegenwegen Totschlags- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],[X.],Richterin [X.],[X.] [X.] beisitzende Richter,[X.] Vertreter der [X.],Rechtsanwaltals Verteidiger,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 - für Recht erkannt:Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagtengegen das Urteil des [X.] vom 5. Juli 2000werden verworfen.Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und diehierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigenAuslagen trägt die Staatskasse. Der Angeklagte trägt [X.] seines Rechtsmittels.[X.] Von Rechts wegen [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags zu [X.] Freiheitsstrafe verurteilt. Die jeweils mit der Sachrüge [X.] des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft [X.] diese beschränktauf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs und vom Generalbun-desanwalt vertreten [X.] bleiben ohne Erfolg.1. Der Angeklagte und sein Opfer, [X.], waren beide [X.] stammende Aussiedler und —[X.] Im [X.] der unwiderlegten Einlassung des Angeklagten hat das [X.] folgenden Tathergang festgestellt: Am Nachmittag des [X.] suchteder bereits stark alkoholisierte Angeklagte den [X.] in dessenWohnung auf. Für Reparaturarbeiten, die dann tatsächlich nicht ausgeführtwurden, hatte er einen schweren [X.] mitgebracht. Nach-dem die Männer eine vom Angeklagten mitgebrachte Flasche Wein geleert- 4 -hatten, forderte [X.] den Angeklagten auf, weiteren Alkohol zuholen. Über dessen Weigerung kam es zum Streit. Als der Angeklagte ge-hen wollte, sprang [X.] auf, griff nach der leeren [X.] holte zum Schlag aus. Dabei äußerte er, er werde den Angeklagten ab-stechen und umbringen. Der Angeklagte, der wegen der Drohung und einerihm bekannten erheblichen Vorbelastung des [X.] wegen einerGewalttat um sein Leben fürchtete, ergriff den auf dem Tisch liegendenHammer. Er versetzte [X.] mit der spitzen Seite drei kräftigeSchläge gegen die Stirn, um den unmittelbar bevorstehen Angriff abzuweh-ren. [X.] versuchte nunmehr, mit beiden Händen seinen Kopf zu schüt-zen. Der Angeklagte schlug mit dem Hammer mindestens je einmal auf [X.] seines Opfers. Er erkannte, daß von diesem kein Angriff mehr aus-ging. Dennoch schlug er nunmehr mit der stumpfen Seite des [X.] auf den [X.] des [X.], der handlungsunfähig zu-sammensackte und mit dem Oberkörper auf eine Couch fiel. In dieser Stel-lung schlug ihm der Angeklagte noch mindestens siebenmal heftig mit [X.] auf den [X.]. Er wollte ihn schwer verletzen, seinen Todnahm er jedenfalls billigend in Kauf. [X.] starb alsbald an einerZertrümmerung des Hinterhauptknochens.2. [X.] enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil [X.].Das Schwurgericht hat sich von der [X.] und von dem [X.], daß der Angeklagte den unwiderlegt behaupteten [X.] den ersten drei Schlägen gegen die Stirn erfolgreich abgewehrt hatte,aufgrund einer Auswertung der [X.] im Sachverständigengut-achten des [X.] überzeugt. Diese Beweiswürdigung läßt keinenRechtsfehler erkennen. Damit sind die Einwände der Revision, mit der [X.] abweichenden Tatsachengrundlage eines fortdauernden Angriffs- 5 -Rechtfertigung wegen Notwehr, mindestens aber Entschuldigung wegen in-tensiven Notwehrexzesses nach § 33 StGB geltend gemacht wird, offen-sichtlich unbegründet. Da der Angeklagte den Erfolg seiner Abwehr durchdie ersten Hammerschläge nach den Feststellungen erkannt hatte, ist [X.] eine Putativnotwehr oder einen —Putativnotwehrexzeßfl kein Raum.Soweit auf den festgestellten Sachverhalt, bei dem der [X.] erfolgreicher Verteidigung auf den Angreifer auch noch unmittelbarnach Beendigung des zur Notwehr berechtigenden Angriffs weiter einwirkte,die Grundsätze des § 33 StGB, mindestens entsprechend, anwendbar seinsollten (vgl. [X.] in [X.]/[X.], StGB 25. Aufl. § 33 Rdn. 7m.w.[X.]), hat das Schwurgericht eine Entschuldigung rechtsfehlerfrei ver-neint. Angesichts der [X.] und des Gesamtverhaltens des Ange-klagten hatte dessen Angst den nach dieser Vorschrift unerläßlich zu [X.] nicht erreicht([X.]R StGB § 33 [X.] Furcht 2, 4).3. [X.] hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand,obgleich seine Begründung Rechtsfehler zum Vorteil und zum Nachteil [X.] enthält.a) Das Schwurgericht hat, sachverständig beraten, festgestellt, daßdie Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat wegen s[X.] Alkoholisierung und eines möglichen hirnorganischen [X.] vermindert, seine Einsichtsfähigkeit hingegen —gegebenfl, d.h. [X.] beeinträchtigt war; er habe die Situation am [X.] sowie dasVor- und [X.] ausreichend reflektieren können und sich ge-danklich auch damit auseinandergesetzt. Vor diesem Hintergrund entbehrtdie Zubilligung eines vermeidbaren Verbotsirrtums der erforderlichen tat-sächlichen Grundlage. Der Tatrichter erwägt, der Angeklagte habe mögli-cherweise geglaubt, —zur Überschreitung der erforderlichen [X.] 6 -berechtigt gewesen zu seinfl; dabei hätte er —mit nur geringer Überlegungfl—erkennen können, daß er trotz des vorangegangenen Angriffs seitens [X.] nicht berechtigt war, nach der erfolgreichen Abwehr weiter [X.] Diese Erwägungen beruhen auf einer tatsächlichen Unterstel-lung. Auch der Umstand, daß sich der Angeklagte auf Notwehr berufen hat,ist hierfür keine tragfähige Grundlage. Damit wollte sich der Angeklagte er-sichtlich auf einen von den Feststellungen abweichenden [X.]. Zugleich gab er nämlich vor, sich an nähere Umstände der [X.] nicht erinnern zu können. Danach entbehrt die für einen Verbotsirr-tum erforderliche Annahme, der Angeklagte könne [X.] trotz gegebener Ein-sichtsfähigkeit [X.] geglaubt haben, er sei berechtigt, einen erfolgreich abge-wehrten Angreifer unmittelbar anschließend weiter schwer zu verletzen odergar totzuschlagen, jeder tragfähigen tatsächlichen Grundlage; das Gegenteilist offensichtlich.Für eine Strafrahmenverschiebung nach § 17 Satz 2, § 49 Abs. 1StGB fehlt es damit schon an den rechtlichen Voraussetzungen eines über-haupt vorhandenen Verbotsirrtums. Der von der Staatsanwaltschaft bean-standete Ermessensfehlgebrauch bei der Strafrahmenverschiebung ist [X.] eine nachrangige Frage, für die gar kein Raum mehr [X.]) Gleichwohl hat das Schwurgericht im Ergebnis zutreffend den nach§ 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 213 StGB zugrunde gelegt.(1) Es hat ohne jede Begründung eine —Provokationslage im Sinne der1. Alternative des § 213 StGBfl verneint. Hierin liegt ein Rechtsfehler [X.] des Angeklagten.Auch ohne den Erfolg der beabsichtigten körperlichen Beeinträchti-gung des Angeklagten stellte sich der den Feststellungen in [X.] Anwendung des [X.] zugrunde gelegte Angriff des Opfers mit- 7 -der Flasche unter ausdrücklicher Todesdrohung, wenn nicht bereits als Miß-handlung, so doch jedenfalls als schwere Beleidigung dar (vgl. [X.]R StGB§ 213 1. Alternative [X.] Mißhandlung 4 und 5). Anhaltspunkte dafür, daß dietatauslösende [X.] auch dem Angeklagten zuzurechnen ge-wesen wäre, bestehen aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht; damitkam eine Ablehnung der Voraussetzungen des § 213 1. Alternative [X.] fehlender Schuldlosigkeit des Totschlägers (vgl. [X.], 33;1998, 191, 192) nicht in Betracht. Auch der Umstand, daß der [X.] berechtigt Notwehr ausgeübt hatte, hindert nicht die Anwendungdes § 213 1. Alternative StGB; unmittelbar anschließend hat er das Opfer,ersichtlich nicht nur aus fortwirkender Angst, sondern, wie die Heftigkeit [X.] belegt, auch aus spontanem Zorn über dessen Angriff, tot-geschlagen (vgl. [X.], Beschluß vom 9. Oktober 1998 [X.] 2 StR 442/98 [X.] )[X.] lagen die Voraussetzungen des § 213 1. Alternative StGB ent-gegen der tatrichterlichen Wertung aufgrund der getroffenen [X.] vor.(2) Folglich benötigte das Schwurgericht den gegebenen vertyptenStrafmilderungsgrund des § 21 StGB nicht zur Annahme eines —[X.] schweren Falles gemäß § 213 2. Alternative StGB. Es war danach nichtdurch § 50 StGB an einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1StGB gehindert. Es lag auch sonst kein Grund vor, dem Angeklagten einesolche Strafrahmenverschiebung hier zu versagen. Für einen engen Zu-sammenhang zwischen Provokationsreaktion und § 21 StGB, der dem hättewiderstreiten können (vgl. [X.] NStZ 1986, 71), ist nichts ersichtlich.c) Der Senat schließt aus, daß das Schwurgericht bei in beiderlei Hin-sicht zutreffender rechtlicher Würdigung aus demselben Strafrahmen zu [X.] anderen konkreten Strafe gelangt wäre. Sonstige durchgreifendeRechtsfehler in der konkreten Strafzumessung liegen nicht vor. Sofern das- 8 -Schwurgericht bei der strafschärfenden Berücksichtigung, daß der Ange-klagte —mit mehrfacher ungebremster [X.] auf den [X.] des [X.] eingeschlagen habe, nicht bedacht haben sollte, daß die Handlungsin-tensität auch durch die erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit [X.] und damit nur eingeschränkt strafschärfend berücksichtigt werden durfte(vgl. [X.]R StGB § 21 [X.] Strafzumessung 11 und 18 m.w.[X.]), ist [X.], daß sich dies auf die Bemessung der bei dem gegebenen Tatbildsehr milden Strafe ausgewirkt hat.[X.] Häger Basdorf Gerhardt Brause

Meta

5 StR 579/00

06.02.2001

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2001, Az. 5 StR 579/00 (REWIS RS 2001, 3644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3644

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