Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.07.2021, Az. 4 StR 36/19

4. Strafsenat | REWIS RS 2021, 3812

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Gegenstand

Kosten im Strafverfahren: Kostenanspruch der Staatskasse gegen den erfolglos revidierenden Angeklagten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten


Tenor

Die Erinnerung des Verurteilten gegen den [X.] vom 14. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

1. Der Senat hatte mit Beschluss vom 4. Juli 2019 auf die Revision des Verurteilten das Urteil des [X.]) vom 6. September 2018 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang hat das [X.] den Beschwerdeführer am 2. September 2020 rechtskräftig zu der zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ihm die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten seines Rechtsmittels auferlegt.

2

Daraufhin sind mit [X.] vom 14. Dezember 2020 Gebühren für das Revisionsverfahren in Höhe von insgesamt 840 Euro gegen den Beschwerdeführer festgesetzt worden. Hiergegen wendet er sich mit der Erinnerung. Der Beschwerdeführer macht sinngemäß geltend, der [X.] sei unzulässig, da im Jahr 2016 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden sei. Die Gebühren hätten daher zur Insolvenztabelle angemeldet werden müssen.

3

Die [X.] beim [X.] hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

4

2. Die nach § 66 Abs. 1 GKG zulässige Erinnerung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

5

a) Zu Recht hat die [X.] nach § 19 Abs. 2 Satz 4, § 3 Abs. 2 GKG eine Gebühr in Höhe von 840 Euro für das Revisionsverfahren angesetzt. Diese bemisst sich auf den 2,0-fachen Satz des Festbetrages von 420 Euro, der zum [X.]punkt der Rechtskraft der Kostenentscheidung (vgl. § 71 Abs. 2 GKG) für eine rechtskräftig erkannte Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vorgesehen war. Die Höhe der Gebühr ergibt sich gemäß § 3 Abs. 2 GKG aus der Vorbemerkung 3.1 sowie den Nummern 3130 und 3112 des [X.] (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung).

6

b) Dem [X.] steht die Regelung des § 87 [X.] nicht entgegen, da es sich bei dem Anspruch der Staatskasse auf Zahlung der durch die Revision des Angeklagten veranlassten Verfahrenskosten nicht um eine Insolvenzforderung, sondern um eine Neuforderung handelt. Die Staatskasse ist insoweit nicht Insolvenzgläubigerin im Sinne des § 38 [X.].

7

Insolvenzgläubiger sind diejenigen persönlichen Gläubiger, die einen zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 [X.]). Eine solche Insolvenzforderung liegt vor, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, mag sich eine Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben. Nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sein. Unerheblich ist, ob die Forderung selbst schon entstanden oder fällig ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. September 2011 - [X.] 121/11, [X.] 2011, 408 mwN; vom 6. Februar 2014 - [X.] 57/12, [X.], 470; BFH, Beschluss vom 2. November 2010 ‒ [X.], [X.], 1066).

8

Nach diesem Maßstab handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Kostenforderung nicht um eine Insolvenzforderung nach § 38 [X.]. Denn der Anspruch auf Zahlung der Kosten des strafprozessualen Revisionsverfahrens wird im insolvenzrechtlichen Sinne erst mit der Einlegung der Revision begründet. Erst mit der [X.] wird die Grundlage für den später durch die Kostengrundentscheidung entstehenden Anspruch der Staatskasse geschaffen, die durch das Prozessverhalten des Rechtsmittelführers nicht mehr beseitigt werden kann. Da der Beschwerdeführer die Revision gegen das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des [X.] erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingelegt hatte, war der [X.] zum Eröffnungszeitpunkt noch nicht begründet.

9

c) Für die Bewertung der Rechtmäßigkeit des [X.]es ist unerheblich, ob die [X.] nach § 10 [X.] vom Ansatz der Kosten hätte absehen dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 26. April 2021 - 6 [X.]/20).

3. Die funktionelle Zuständigkeit des Einzelrichters folgt aus § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Bender

Meta

4 StR 36/19

23.07.2021

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 4. Juli 2019, Az: 4 StR 36/19, Beschluss

§ 38 InsO, § 87 InsO, § 3 GKG, § 19 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.07.2021, Az. 4 StR 36/19 (REWIS RS 2021, 3812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3812

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