Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.10.2010, Az. 28 W (pat) 89/10

28. Senat | REWIS RS 2010, 1952

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "CANIBAQ (IR-Marke/Wort-Bild-Marke) – zur Wirksamkeit des Widerspruchs gegen den Antrag auf Schutzentziehung wegen Verfalls - Auslegung des wirklichen Willen der Beteiligten - Gesamtwürdigung des Widerspruchsschreibens - offensichtlicher Schreibfehler im Widerspruchsschreiben: Angabe der Muttergesellschaft der wahren Markeninhaberin - wirksamer Widerspruch der Markeninhaberin


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke [X.] 668 574 A

(hier: Antrag auf Schutzentziehung wegen Verfalls)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2010 unter Mitwirkung der Richterinnen [X.] und [X.] sowie des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die verfahrensgegenständliche [X.] ist im Wege einer Teilübertragung (cession partielle) für bestimmte Vertragsparteien, darunter [X.], aus der [X.] 668 574 hervorgegangen. Diese Teilübertragung zugunsten der Beschwerdegegnerin, der [X.]. in [X.] ([X.] ), ist am 6. September 2005 im Internationalen Register veröffentlicht worden. Inhaberin der weiterhin im Register eingetragenen [X.] 668 574 ist deren [X.] Muttergesellschaft, die [X.] [X.]

2

Gegen die [X.] Nr. 668 574 A wurde von der Beschwerdeführerin die Schutzentziehung für das Gebiet der Bundesrepublik [X.] nach §§ 49, 53, 107, 115, 119 [X.] beantragt. Mit Mitteilung vom 2. Februar 2009 unterrichtete die Markenabteilung 3.4 des [X.] die Beschwerdegegnerin über den Schutzentziehungsantrag. Mit Telefax vom 3. April 2009 widersprachen die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdegegnerin dem Löschungsantrag. Daraufhin informierte die Markenabteilung die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. April 2009 über den erfolgten Widerspruch und stellte ihr anheim, ihr Rechtschutzziel im Wege einer Löschungsklage nach § 55 [X.] vor dem zuständigen ordentlichen Gericht weiter zu verfolgen.

3

Mit Telefax vom 23. April 2009 wies die Beschwerdeführerin die Markenabteilung darauf hin, dass der Widerspruch nicht von der tatsächlichen Markeninhaberin erklärt worden sei, sondern namens der [X.], [X.] Da somit kein wirksamer Widerspruch vorliege, müsse der angegriffenen Marke gemäß § 53 Abs. 4 [X.] antragsgemäß der Schutz entzogen werden. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 wurde der Beschwerdeführerin von der Markenabteilung mitgeteilt, dass der Widerspruch nach ihrer Wertung wirksam erklärt worden sei und ein gesonderter Beschluss zu dieser Frage nicht erfolgen werde.

4

Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und begründet diese im Wesentlichen damit, dass kein form- und fristgerechter Widerspruch der eingetragenen Markeninhaberin nach § 53 Abs. 3 [X.] vorliege. Bei dieser Sachlage müsse der angegriffenen Marke der Schutz für die Bundesrepublik [X.] entzogen werden.

5

Die Markeninhaberin hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und vorgetragen, der Name der eigentlichen Inhaberin der angegriffenen Marke sei lediglich aufgrund eines Versehens nicht korrekt wiedergegeben worden. Angesichts der ähnlichen Firmenbezeichnungen müsse von einem offensichtlichen Schreibfehler ausgegangen werden, wie dies auch die Markenabteilung erkannt habe. Da sich den übrigen Angaben in der Widerspruchsschrift zweifellos entnehmen ließe, dass der Widerspruch für die tatsächliche Inhaberin der angegriffenen Marke erfolgen sollte, liege ein wirksamer Widerspruch gegen den Löschungsantrag vor.

6

Nach Zustellung der Terminsladung hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Am Verhandlungstermin hat sie nicht teilgenommen.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

8

Die Beschwerde ist zulässig. Bei dem Schreiben der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 13. Oktober 2009 handelt es sich zwar um keinen förmlichen Beschluss, als instanzabschließende und die Beschwerdeführerin beschwerende Entscheidung ist die Ablehnung der beantragten Löschung im patentamtlichen Verfahren aber dennoch mit der Beschwerde anfechtbar (vgl. hierzu Kirschneck in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 53 Rdn. 6).

9

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Markeninhaberin der Löschung wirksam widersprochen hat.

Der Widerspruch ist insbesondere innerhalb der Frist des § 53 Abs. 3 [X.] erfolgt. Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass im [X.] vom 23. April 2009 als Markeninhaberin nicht die [X.], A.S., sondern deren Muttergesellschaft, die [X.] – [X.], S.A. benannt wurde. Zwar muss der Widerspruch gegen einen Löschungsantrag nach §§ 49, 53 Abs. 1 [X.] von der Inhaberin der angegriffenen Marke erklärt werden (§ 53 Abs. 3 [X.]). Erfolgt ein Widerspruch, darf beim Verständnis einer solchen Prozesshandlung jedoch nicht auf den bloßen Wortlaut abgestellt werden, vielmehr kann es erforderlich sein, im Wege der Auslegung entsprechend § 133 BGB den wirklichen Willen der Beteiligten zu erforschen. Entscheidend ist dabei der objektiv, also dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinngehalt der Erklärung ([X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., Vor § 128, Rdn. 25). Im Zweifel ist dahin auszulegen, was nach der Rechtsordnung vernünftig ist und der Interessenlage des Erklärenden entspricht (vgl. [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., [X.]. [X.] Rdn. 16). Bei einer diesen Grundsätzen entsprechenden Gesamtwürdigung des [X.] und den darin genannten Angaben verbleiben im vorliegenden Fall keine Zweifel daran, dass der Widerspruch vom 3. April 2009 im Namen der Markeninhaberin erfolgen sollte und nicht etwa im Namen ihrer Muttergesellschaft, der [X.] – , [X.] Der [X.] enthält für diese Auslegung hin- reichend eindeutige Angaben, wie das korrekte Aktenzeichen, das von der Markenabteilung für das fragliche Löschungsverfahren vergeben worden war, sowie die korrekte, insbesondere vollständige Registrierungsnummer der angegriffenen Marke. Vor dem Hintergrund dieser Angaben lässt sich der Formulierung „

 Diese Auslegung der Erklärung entspricht zudem auch dem, was nach der Rechtsordnung vernünftig ist. Es tritt für die Markeninhaberin kein [X.] aufgrund eines offensichtlichen Schreibfehlers ein und der Beschwerdeführerin verbleibt immer noch die Klagemöglichkeit nach § 55 [X.].

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

Zu der beantragten Rückzahlung der Beschwerdegebühr besteht keine Veranlassung, da der angefochtene Bescheid des [X.] der Sach- und Rechtslage entspricht und die Beschwerde unbegründet ist.

Meta

28 W (pat) 89/10

27.10.2010

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 133 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.10.2010, Az. 28 W (pat) 89/10 (REWIS RS 2010, 1952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1952

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