Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 56/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2498

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
VIII ZR 56/12
Verkündet am:

10. Oktober 2012

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Milger
sowie [X.]
Achilles, [X.] und Dr. Bünger
für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 10. Januar 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Beklagte mietete im Jahr 1997 vom Rechtsvorgänger der Klägerin eine mit Einzelofenheizung ausgestattete Wohnung in [X.] Mitte an
und baute mit dessen Einverständnis auf eigene Kosten eine Gasetagenheizung ein.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 kündigte
die Klägerin dem
Beklag-ten umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an, unter anderem den
[X.] der Wohnung an die im Gebäude inzwischen vorhandene Zentralhei-zung
und die zentrale Wasserversorgung. Der Beklagte stimmte der Durchfüh-rung
der angekündigten baulichen Maßnahmen nicht zu. Die daraufhin von der 1
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Klägerin erhobene [X.] haben die Parteien für erledigt erklärt, soweit sie sich nicht auf den [X.] der Wohnung an die Zentralheizung
und die zentrale Warmwasserversorgung
bezog; insoweit hat das Amtsgericht die [X.] abgewiesen. Das [X.] hat das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Klägerin in der mündlichen Revisions-verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich be-ruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Klägerin, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 81 ff.).
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch darauf, den [X.] ihrer Wohnung an die Zentralheizung und an die zentrale [X.] zu dulden. Es handele sich dabei um eine Modernisierung im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB, weil die Wohnung des Beklagten seitens des Vermieters nur mit Einzelöfen ausgestattet sei. Dass der Beklagte aufgrund [X.] mit der Klägerin
eine
Gasetagenheizung ein-gebaut
habe, bleibe außer Betracht, weil vom Mieter geschaffene Modernisie-rungen im Rahmen des § 554 Abs. 2 BGB nicht berücksichtigt werden dürften; 3
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anderenfalls hätte es der Mieter in der Hand, eine Modernisierung des [X.] durch eigene Investitionen zu blockieren.
Der Beklagte könne auch nicht geltend machen, dass die Modernisierung für ihn mit Rücksicht auf die zu erwartende Mieterhöhung eine unzumutbare Härte darstelle, denn die Wohnung werde durch den [X.] an die [X.] und die zentrale Warmwasserversorgung lediglich in einen allgemein üblichen Zustand versetzt (§ 554 Abs. 2 Satz 4 BGB). Ausgangspunkt für die Beurteilung sei auch insoweit
der für die Bemessung der Miete maßgebliche Zustand, mithin der vom Vermieter zur Verfügung gestellte Zustand mit Einzel-öfen.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin ge-gen den Beklagten, den [X.] seiner Wohnung an die Zentralheizung
und die zentrale Warmwasserversorgung zu dulden, nicht bejaht werden.
Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob vom Vermieter geplante bauliche Maßnah-men des Vermieters als Verbesserung der Mietsache im Sinne des § 554 Abs.
2 BGB anzusehen sind, auf den gegenwärtigen Zustand der Mietsache einschließlich der vom Mieter rechtmäßig vorgenommenen Verbesserungen an; lediglich vertragswidrig vorgenommene bauliche Maßnahmen des Mieters
blei-ben außer Betracht (Senatsurteil vom 20. Juni 2012 -
VIII ZR 110/11, WuM
2012, 448
Rn. 13).

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Dieser Maßstab
gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob eine Härtefall-prüfung nach § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB unterbleibt, weil die Mietsache durch die vom Vermieter beabsichtigte Maßnahme lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist; auch insoweit ist der gegenwärtige Zustand einschließlich vom Mieter rechtmäßig vorgenommener Veränderungen [X.] zu legen.
Die in § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB vorgesehene Ausnahme von
der Härte-fallprüfung soll im Interesse der Verbesserung der allgemeinen Wohnverhält-nisse verhindern, dass eine Modernisierung, mit der lediglich ein allgemein übli-cher Standard erreicht wird, im Hinblick auf persönliche
Härtegründe des [X.] unterbleibt. Diese Zielsetzung verbietet
es, einen vom Mieter rechtmäßig geschaffenen Zustand, der diesem Standard bereits entspricht, außer [X.] zu lassen. Ein Ausschluss der
Härtefallprüfung nach § 554 Abs. 2 BGB kann [X.] nicht damit begründet werden, dass die
früher vorhandenen Einzelöfen dem heutigen allgemein üblichen Zustand nicht entsprechen. Gegenüber der bereits vorhandenen Gasetagenheizung stellt die
inzwischen eingebaute [X.] keine Wohnwertverbesserung dar, denn
in der Regel ist eine Gasetagenheizung, deren Einstellung der Mieter allein regeln kann, zumindest ebenso komfortabel wie eine Zentralheizung. Es kann daher nicht angenommen werden, dass erst mit dem [X.] der Wohnung der Beklagten an die Zen-tralheizung ein allgemein üblicher Wohnstandard erreicht würde.
III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). Die Sache ist nicht zur End-entscheidung
reif,
weil

das

Berufungsgericht -
vor dem Hintergrund der von
ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig -
keine Feststellungen dazu ge-troffen hat, ob der [X.] der Wohnung des Beklagten an die Zentralhei-9
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zung zu einer Einsparung von Energie führt und ob in der Person des Beklagten ein Härtegrund im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB vorliegt. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ball
Dr. Milger
Dr. Achilles

[X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG [X.]-Mitte, Entscheidung vom 15.02.2011
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5 C 75/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 10.01.2012 -
63 [X.]/11 -

Meta

VIII ZR 56/12

10.10.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 56/12 (REWIS RS 2012, 2498)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2498

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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