Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2001, Az. XII ZB 81/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1457

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[X.] ZB 81/01vom5. September 2001in der [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 5. September 2001 durchden Vorsitzenden Richter Dr. [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.]:Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der [X.] 8. [X.] des [X.] vom 26. März 2001 aufgehoben.Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gegen das Teilurteil des Amtsgerichts- Familiengerichts - [X.] vom 2. November 2000 Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gewährt.[X.]: bis 14.000 DM.Gründe:[X.] das ihm am 8. November 2000 zugestellte Teilurteil des Famili-engerichts, durch das er zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt wurde,legte der Beklagte am 22. Dezember 2000 Berufung ein und beantragte zu-gleich, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in [X.] Stand zu [X.] 3 -Zur Begrseines Wiedereinsetzungsgesuchs trt der [X.] Vorlage entsprechender eidesstattlicher Versicherungen vor, [X.] erstinstanzlichen und seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmchtig-ten bestehe seit Jahren eine Absprache, derzufolge dieser alle ihm erteiltenBerufungsmandate annehme, sofern nicht ausnahmsweise eine Interessenkol-lision bestehe, was er gegebenenfalls rechtzeitig mitteilen werde. Da sich [X.] des zweitinstanzlichen Bevollmchtigten in [X.] befinde, seinePrivatwohnung aber ebenso wie die Kanzlei der erstinstanzlichen Bevollmch-tigten in [X.], sei weiterhin vereinbart, daß diese ihm die Berufungs-mandate nebst zugehörigen Handakten jeweils in die Wohnung bringe [X.] eine Kanzleiangestellte bringen lasse, wo sie von seiner Ehefrau [X.] genommen und auf den Schreibtisch seines Arbeitszimmers gelegtwrden, so daß er sie abends nach [X.] aus der Kanzlei vorfinde, [X.] dort seine Aktenmappe abstelle. Seine Ehefrau sei r die Bedeutung dermit diesen Berufungsmandaten verbundenen Fristen informiert und weise ihnzudem jedesmal darauf hin, wenn im Laufe des [X.] wieder eine solche [X.] eingegangen sei.Im vorliegenden Fall habe die erstinstanzliche Bevollmchtigte den [X.] am 28. November 2000 angerufen und gefragt, ob er das Man-dat in dieser Sache auch dann annehme, wenn in erster Instanz auf der Ge-genseite Rechtsanwalt S., mit dem er ebenfalls zusammenarbeite, ttig gewe-sen sei. Dies habe er bejaht.Am 29. November 2000 habe die erstinstanzliche Bevollmchtigte [X.] durch eine Kanzleiangestellte ein Paket mit den [X.] lassen. Diese habe das Paket in den [X.] dem knapp16-jrigen [X.], den sie vor der [X.] 4 -angetroffen habe. Der [X.] und die Ehefrau des [X.] seien zudiesem Zeitpunkt damit bescftigt gewesen, zur Abholung bestimmten Sperr-mll auf den Brgersteig zu stellen. Da der [X.] weitere Gegenstseinem selten benutzten Anbau habe holen wollen, habe er das Paket dort [X.], statt es in das Arbeitszimmer zu bringen. Er habe seiner Mutter [X.] mitgeteilt, [X.] wieder ein Paket "von der [X.]" abgegeben [X.]. [X.] das Paket in der Folgezeit vergessen. Erst am [X.] habe die Ehefrau des [X.] es in dem Anbau vorgefundenund [X.] sofort benachrichtigt.Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulssig verworfen und diebeantragte Wiedereinsetzung mit der Begrlehnt, es könne dahin-stehen, ob den zweitinstanzlichen Bevollmchtigten ein [X.] treffe. Jedenfalls msse der Beklagte sich [X.] § 85 Abs. 2 [X.] Verschulden seiner erstinstanzlichen Bevollmchtigten zurechnen lassen,die es [X.] habe, sich die Mandatsrnahme besttigen zu lassen. [X.] ungeachtet der getroffenen Abrede erforderlich gewesen, weil wegen desgewlten Wegs der Übersendung der Akten in die Privatwohnung des [X.] besttten, [X.] mit der [X.] etwas nicht in Ordnung gehen könne. Das Fehlen einer [X.] durch geschultes und zuverlssiges [X.] berm-lich eine Vielzahl von Gefahren, unter anderem der Art, wie sie sich hier ver-wirklicht tten, die eine Überwachung der rechtzeitigen persönlichen Annah-me des [X.] durch den [X.] notwendig gemachttten.Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der der Beklagte seinWiedereinsetzungsgesuch [X.] 5 -II.Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Dem Beklagten ist die - rechtzeitiginnerhalb der Frist des § 234 ZPO - beantragte Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand gegen die Versmung der Berufungsfrist zu gewren, weil dieseFrist ohne ein ihm [X.] Verschulden nicht eingehalten wurde.1. Ein dem Beklagten [X.] Verschulden seiner [X.] liegt nicht vor. Aufgrund der allgemeinen Abspracher die Annahme von Berufungsmandaten bestand fr sie kein Grund, vonsich aus die Berufungsfrist zrwachen (vgl. [X.], 116, 120; [X.],[X.] vom 19. September 1994 - [X.] - NJW 1994, 3101, 3102), zu-mal der [X.] das Mandat in der vorliegenden Sache bereits fern-mlich angenommen hatte (vgl. [X.] vom 30. November 1983- [X.]/83 - [X.], 166, 167).Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts auch nicht aus dem hier gewlten Weg der Aktrsendung. [X.] zwar, [X.] in der Regel Gefahren entstehen, wenn [X.] in der vonder Kanzlei rmlich entfernten Privatwohnung eines Anwalts abgegeben wer-den, der dort normalerweise keine beruflichen [X.] empft (vgl.[X.], Urteil vom 25. Oktober 1951 - [X.] - LM Nr. 6 zu § 232 ZPO).Hier hatte der [X.] sich indes im Rahmen der mit der [X.] getroffenen Absprache [X.] bereit [X.],[X.] in seiner Privatwohnung entgegenzunehmen, und zugleichVorkehrungen getroffen, die geeignet waren zu gewrleisten, [X.] von seinerEhefrau entgegengenommene Sendungen ihn zuverlssig noch am Abend- 6 -desselben [X.] erreichten. Der Umstand, [X.] dies auûerhalb seiner Kanzlei-organisation erfolgte und somit zu diesem Zeitpunkt noch keine Eingangskon-trolle durch geschultes [X.] mlich war, ist jedenfalls der erstin-stanzlichen Prozeûbevollmchtigten nicht mehr zuzurechnen, da der Beru-fungsanwalt mit der Erffnung dieses bermittlungsweges zugleich die [X.] Verantwortung fr die Fristrwachung von dem Zeitpunkt rnahm,in dem sich die Unterlagen in seinem Bereich befanden. Die weitere [X.] der Sache fiel dann nicht mehr in den Verantwortungsbereich der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 7. Februar 1975 - [X.] - NJW 1975, 1125, 1126).Es kann auch dahinstehen, ob ein Verschulden der [X.] in Betracht kommt, weil nicht vorgetragen ist, [X.] diese ihremit dem Botengang beauftragte Kanzleiangestellte angewiesen hat, das Paketnur dem [X.] oder seiner Ehefrau [X.] auszigen, nichtaber sonstigen Familirigen oder Hausangestellten. Denn selbst wenndarin ein schuldhaftes Versmnis zu sehen wre, wre dies fr die [X.] der Berufungsfrist nicht urschlich gewesen. Zwar ist das Paket dem[X.] worden, ohne [X.] der sofortigen Be-schwerde zu entnehmen ist, ob auch dieser r die Fristgebundenheit einge-hender Mandate belehrt worden war und als Jugendlicher hinreichend zuver-lssig war. Er hat seine Mutter aber sogleich vom Eingang des Pakets benach-richtigt, so [X.] auch diese mit dieser Information zugleich die tatschlicheVerfsgewalt r die Sendung erlangte, so als wre sie ihr [X.]rgeben worden.2. Auch ein dem Beklagten [X.] Verschulden seineszweitinstanzlichen Bevollmchtigten liegt nicht vor.- 7 -Fr Verrichtungen einfachster Art wie etwa Botrf sich [X.] nicht nur seines [X.], sondern auch anderer, nicht angestell-ter Personen bedienen, sofern diese ihm [X.] bekannt sind, hinreichendunterrichtet wurden und sich mehrfach ilichen Fllen als zuverlssig [X.] haben (vgl. [X.], [X.] vom 26. Oktober 1988 - [X.] -VersR 1989, 166 und vom 13. Februar 1985 - [X.]/84 - VersR 1985,455).Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der Anwalt eine solcheHilfsperson als Boten einschaltet, um fristwahrende Schriftstze zum Gerichtbringen zu lassen, oder ob er sich ihrer als Empfangsboten bedient, um[X.] in [X.] fr ihn in Empfang zu nehmen. Dies gilt auch,wenn solche [X.] weisungs[X.] nicht an die Kanzlei des Anwalts,sondern an diesen selbst in dessen Privatwohnung weitergeleitet werden [X.]. Zwar ist dann die umgehende Eintragung der zu beachtenden [X.] geschultes [X.] nicht gewrleistet. Dies hat indes lediglich zurFolge, [X.] es dem Anwalt [X.] obliegt, diese Fristen zrwachen, wieauch in den Fllen, in denen er eine fristgebundene Sache zur slichen [X.] aus dem Brogang herausnimmt.Auf die Frage, wie der zweitinstanzliche Bevollmchtigte des Beklagtendie berwachung der Fristen bei in seiner Privatwohnung eingehenden Man-daten der erstinstanzlichen Bevollmchtigten sicherstellt, kommt es hier [X.], weil etwaige Ml dieser organisatorischen Maûnahmen hier fr die [X.] der Berufungsfrist nicht urschlich geworden sind. Vielmehr ist [X.], [X.] ihm die Akten infolge einerUnachtsamkeit seiner als Empfangsbotin eingeschalteten Ehefrau nicht [X.] vorgelegt wurden. Deren Verschulden braucht der Beklagte sich nicht- 8 -zurechnen zu lassen, da die Ehefrau seines zweitinstanzlichen Bevollmchtig-ten nicht seine Vertreterin im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO ist.Der Beklagte hat glaubhaft gemacht, [X.] sich die Ehefrau seineszweitinstanzlichen [X.] Jahre hinweg bei der Weiterleitungihr unter der Privatanschrift [X.] [X.] als zuverlssig erwiesenhat. Hingegen kann dahinstehen, ob der zweitinstanzliche Bevollmchtigteauch seinen [X.] entsprechend unterrichtet hat und ob dieser angesichts [X.] bereits als hinreichend zuverlssig angesehen werden konnte. insoweit ein Organisationsverschulden des zweitinstanzlichen Bevollmchtig-ten vor, weil er - etwa bei Abwesenheit seiner Ehefrau - auch mit der Entge-gennahme von Mandaten der erstinstanzlichen Bevollmchtigten durch seinenStte rechnen mssen, wre dies jedenfalls im vorliegenden Fall nichturschlich geworden, weil der [X.] seine Mutter von dem Eingang der [X.] sofort benachrichtigt hat. Ihre Aufgabe wre es daher gewesen, sich zuvergewissern, ob er das Paket auf den Schreibtisch seines [X.] gelegt hatte,und dies gegebenenfalls sofort selbst nachzuholen. [X.] sie dies nicht [X.] ihren Ehemann auch nicht r den Eingang informiert hat, ist als einmali-ges Augenblicksverschulden anzusehen, das nicht geeignet ist, ihre bisherigeZuverlssigkeit in Frage zu [X.] -3. Dem zweitinstanzlichen Bevollmchtigten ist [X.] kein eigenesVerschulden zur Last zu legen, weil er sich im [X.] an die telefonischeAnnahme des Mandats nicht bei seiner Ehefrau nach einem entsprechendenEingang erkundigt hat. Aufgrund der von ihm getroffenen Vorkehrungen durfteer sich darauf verlassen, [X.] ihm ein solcher Eingang rechtzeitig [X.].[X.] am Bundesge- [X.] We-ber-Moneckerichtshof Dr. Blumenrr ist im [X.] verhindert zu unterschreiben. [X.] [X.] Ahlt

Meta

XII ZB 81/01

05.09.2001

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2001, Az. XII ZB 81/01 (REWIS RS 2001, 1457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1457

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