Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2011, Az. B 4 AS 128/10 R

4. Senat | REWIS RS 2011, 5610

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Gegenstand

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss bei Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung - Ersatzfreiheitsstrafe gem § 43 StGB)


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 17. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der [X.] berechtigt war, die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] aufzuheben, weil gegen den Kläger eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wurde.

2

Der [X.] bewilligte dem im Jahr 1983 geborenen Kläger weiterhin auch für die [X.] vom 1.6. bis 30.11.2009 [X.]-Leistungen in Höhe von 641 Euro monatlich (Bescheid vom 30.4.2009). Nachdem er durch Mitteilung der Justizvollzugsanstalt (JVA) B vom 13.7.2009 erfahren hatte, dass der Kläger dort in der [X.] ab 7.7.2009 ("Aufnahmetag") bis zum [X.] ("voraussichtlicher Austritt") eine Ersatzfreiheitsstrafe im geschlossenen Vollzug verbüßen sollte, hörte er ihn zur beabsichtigen Entziehung der Leistungen ab 7.7.2009 an (Schreiben vom [X.]) und hob die Bewilligung von [X.]-Leistungen ab diesem [X.]punkt auf (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 19.8.2009). Nach seiner Entlassung bereits am [X.] hat der Kläger einem Hinweis des [X.]n in dem Aufhebungsbescheid vom [X.] folgend am 3.9.2009 erneut [X.]-Leistungen beantragt und sie ab diesem [X.]punkt erhalten.

3

Nachdem das [X.] den vom Kläger angefochtenen Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2009 aufgehoben hatte (Gerichtsbescheid vom [X.]), hat das [X.] auf die Berufung des [X.]n den Gerichtsbescheid des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das L[X.] ausgeführt, der [X.] sei berechtigt gewesen, die Bewilligung von [X.]-Leistungen wegen Änderung der Verhältnisse für die [X.] ab Aufnahme des [X.] in die JVA am 7.7.2009 aufzuheben, weil sein Leistungsanspruch entfallen sei. Nach der Rechtsprechung des B[X.] sei die Unterbringung in einer stationären Einrichtung iS des § 7 Abs 4 [X.] als gesetzliche Fiktion der Erwerbsunfähigkeit ausgestaltet, die nur mit der Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Erwerbsarbeit zu regulären Arbeitsbedingungen widerlegt werden könne. Es komme ausschließlich auf die objektive Struktur der Einrichtung an. Wenn diese so strukturiert und gestaltet sei, dass es dem dort Untergebrachten nicht möglich sei, aus der Einrichtung heraus eine Erwerbstätigkeit auszuüben, die den zeitlichen Kriterien des § 8 [X.] genüge, sei der Hilfebedürftige dem [X.] XII zugewiesen. Jedenfalls der Aufenthalt im sog [X.] einer JVA ohne Freigang sei auch nach dem Rechtszustand vor dem 1.8.2006 eine Leistungen nach dem [X.] ausschließende Unterbringung in einer stationären Einrichtung gewesen (Hinweis auf B[X.] Urteile vom [X.] - [X.]/7b [X.], B[X.]E 99, 88 ff = [X.] 4-4200 § 7 [X.], und [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]; Urteil vom 16.12.2008 - [X.] AS 9/08 R). Nach diesen Maßstäben unterliege der Kläger dem Leistungsausschluss, weil es ihm aufgrund seiner Unterbringung in der JVA nicht möglich gewesen sei, eine mindestens dreistündige tägliche Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen. Dem Leistungsausschluss stehe nicht entgegen, dass es sich bei einer Ersatzfreiheitsstrafe nicht um eine unmittelbar richterlich angeordnete Freiheitsentziehung handele. Mit der Verhängung der Geldstrafe nach Tagessätzen sei zugleich die Ersatzfreiheitsstrafe richterlich verfügt, die als echte Strafe ohne rechtsgestaltenden Akt an Stelle der Geldstrafe trete. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] X für eine rückwirkende Aufhebung des [X.] seien gegeben, weil der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Es liege auf der Hand, dass Anschriftenänderungen dem Träger der Grundsicherung umgehend mitzuteilen seien, um die postalische Erreichbarkeit, etwa für Vermittlungsangebote und die Übersendung von Bescheiden etc, zu gewährleisten. Hierauf werde auch in dem Merkblatt "[X.]-Grundsicherung für Arbeitsuchende ([X.]/Sozialgeld)" hingewiesen, dessen Erhalt und Kenntnis der Kläger ausweislich der vorliegenden Leistungsakten mit seinen Unterschriften unter diverse [X.], zuletzt mit Datum vom [X.], bestätigt habe. Aufgrund dieser Hinweise sei es eine naheliegende Überlegung gewesen, dem [X.]n den bevorstehenden Haftantritt zumindest vorsorglich mitzuteilen.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]. Die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe sei kein Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung. Die Ersatzfreiheitsstrafe werde in den Gesetzesmaterialien als richterlich angeordnete Freiheitsentziehung gerade nicht genannt, obwohl diese neben der Straf- und Untersuchungshaft die dritthäufigste freiheitsentziehende Maßnahme sei. Anders als das L[X.] meine, komme es nicht darauf an, dass eine Ersatzfreiheitsstrafe unter strafrechtlichen Gesichtspunkten an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe trete. § 7 Abs 4 Satz 2 [X.] stelle nicht nur auf die Qualität der Einrichtung, sondern auch auf den individuellen Grund des Aufenthalts ab. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe finde häufig im offenen Vollzug statt, dessen Organisation jedoch Angelegenheit der Länder sei. Der Umstand, dass das Bundesland [X.] den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe in der gleichen Einrichtung wie zB die Untersuchungshaft durchführe, könne nicht dazu führen, dass [X.] aus [X.] benachteiligt würden.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landesozialgerichts Niedersachsen-[X.] vom 17. Juni 2010 aufzuheben und die Berufung des [X.]n gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [X.] vom 5. Januar 2010 zurückzuweisen.

6

Der [X.] beantragt,
die Revision des [X.] gegen das Urteil des Landesozialgerichts Niedersachsen-[X.] vom 17. Juni 2010 zurückzuweisen.

7

Er trägt vor, die Unterbringung des [X.] im geschlossenen Vollzug der [X.] führe zu einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 [X.], weil es sich unstreitig um eine Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung handele. Für einen Leistungsanspruch nach dem [X.] könne es nur darauf ankommen, ob eine Arbeitsaufnahme objektiv, nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, möglich sei.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet. Das [X.] hat den Gerichtsbescheid des [X.] vom [X.] zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2009 rechtmäßig war. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II während seines Aufenthalts in der [X.] ungeachtet des Umstandes ausgeschlossen war, dass er "nur" eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßte.

9

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 [X.] [X.]G beteiligtenfähig (vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, [X.] [X.]/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 [X.]B II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende [X.] wegen der Weiterentwicklung der Organisation des [X.]B II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar.

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b [X.]B II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt (B[X.] Urteile vom 18.1.2011, [X.] [X.]/10 R).

2. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2009, gegen den sich der Kläger zu Recht (nur) mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 [X.]G) wendet; mit der Aufhebung dieses Bescheides bleibt die im Bewilligungsbescheid vom 30.4.2009 verfügte Bewilligung von [X.]B II-Leistungen für die [X.] vom 1.6. bis 30.11.2009 wirksam.

3. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung ist zunächst § 40 Abs 1 Satz 1 [X.]B II iVm § 48 Abs 1 Satz 1 [X.]B X. Hiernach ist, soweit in den Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche - zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führende - Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung erfolgt dabei mit Wirkung vom [X.]punkt der Änderung der Verhältnisse an, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 40 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 [X.]B III iVm § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B X).

Die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift liegen vor, weil durch den Beginn der Ersatzfreiheitsstrafe des [X.] im geschlossenen Vollzug ab 7.7.2009 eine leistungsrechtlich relevante Änderung in der Sachlage nach Erlass des maßgeblichen [X.] (hier der Leistungsbewilligung vom 30.4.2009) eingetreten ist. Ab diesem [X.]punkt war der Kläger gemäß § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]B II von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II ausgeschlossen. Dieser Leistungsausschluss findet ungeachtet der Tatsache Anwendung, dass der Kläger eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßte. Auch die subjektiven Voraussetzungen für die Aufhebungsentscheidung lagen vor. Der Beklagte war auch berechtigt, die Bewilligung der [X.]B II-Leistungen ab 7.7.2009 insgesamt aufzuheben.

4. § 7 Abs 4 [X.]B II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] (<[X.]> [X.] 1706) bestimmt, dass Leistungen nach dem [X.]B II nicht erhält, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Renten wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht (Satz 1). Nach Satz 2 ist dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. In Ausnahme von dem grundsätzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs 4 Satz 1 [X.]B II erhält Leistungen nach dem [X.]B II, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des [X.]) untergebracht ist (Satz 3 [X.]) oder wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (Satz 3 [X.]).

Entsprechend der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts hat der 14. Senat des B[X.] zu § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]B II in der hier maßgebenden Fassung entschieden, dass der Leistungsausschluss vom ersten [X.] in die Einrichtung (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.]/7b [X.], B[X.]E 99, 88 ff = [X.] 4-4200 § 7 [X.], Rd[X.]6) auch greife, wenn der Hilfebedürftige in der JVA eine Ersatzfreiheitsstrafe nach § 43 Strafgesetzbuch (StGB) verbüße, weil er sich auch dann in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalte (B[X.] Urteil vom 24.2.2011 - [X.] AS 81/09 R, [X.], zur [X.] vorgesehen). Hintergrund des fehlenden Ausspruchs der Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Nichtzahlung der Geldstrafe im Strafurteil sei, dass der Maßstab der Umrechnung zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe im Gesetz bereits bestimmt sei und dem Strafrichter insoweit kein Raum für eine eigene Entscheidung verbleibe (§ 43 Abs 2 StGB). Bei jeder Verurteilung zu einer Geldstrafe werde die Ersatzfreiheitsstrafe bei Nichtzahlung der Geldstrafe mitgedacht und mitverhängt und trete als echte Strafe ohne rechtsgestaltenden Akt an die Stelle der Geldstrafe (B[X.] Urteil vom 24.2.2011 - [X.] AS 81/09 R, Rd[X.]1, zur [X.] vorgesehen; [X.] NJW 2006, 3626; BGHSt 20, 13 <16>). Im Übrigen könne dahingestellt bleiben, ob der vom 14. Senat in seiner Entscheidung vom [X.] ([X.]/7b [X.], B[X.]E 99, 88 ff = [X.] 4-4200 § 7 [X.]) entwickelte funktionale Einrichtungsbegriff in Bezug auf die Rechtslage nach dem [X.] weiterer Modifizierungen bedürfe. Jedenfalls lasse die ausdrückliche und spezielle Regelung zu den Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehungen nach § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]B II erkennen, dass diese eine Sonderstellung einnähmen. Es komme insofern nicht mehr darauf an, ob sie nach ihrer Art die Aufnahme einer mindestens dreistündigen täglichen Erwerbsarbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschlössen; vielmehr seien Leistungen generell ausgeschlossen. Die gesetzgeberische Entscheidung, den Aufenthalt in einer JVA dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung - ohne weitere Prüfung des Vorliegens einer solchen - gleichzustellen, werde auch durch die Gesetzbegründung belegt, wonach es Ziel sei, Personen in diesen Einrichtungen vom Leistungsbezug nach dem [X.]B II auszuschließen (B[X.] Urteil vom 24.2.2011 - [X.] AS 81/09 R, [X.], zur [X.] vorgesehen mit Hinweis auf BT-Drucks 16/1410, [X.]). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des 14. Senats zur Auslegung des § 7 Abs 4 Satz 2 [X.]B II an.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II waren für den Kläger demnach vom ersten Tag des Antritts der Ersatzfreiheitsstrafe am 7.7.2009 an schon deshalb ausgeschlossen, weil er sich nach den Feststellungen des [X.] in der [X.] in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befand.

5. Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Aufhebung des [X.] vom 30.4.2009 lagen vor. Der Kläger hat es nach den Feststellungen des [X.] unterlassen, dem Beklagten mit dem Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe seinen Aufenthalt in der JVA mitzuteilen. Seine Pflicht zur Mitteilung ergibt sich aus § 60 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]B II, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, ua Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Pflicht hat der Kläger nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.] grob fahrlässig verletzt. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des B[X.] hat das [X.] bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (B[X.] Urteil vom 29.10.2008 - B 11 [X.] 52/07 R - [X.] 4-4300 § 118 [X.], [X.]; B[X.] Urteil vom 13.7.2006 - B 7a [X.] 16/05 R - [X.] 4-4300 § 122 [X.], Rd[X.]4) und ist auch ansonsten nicht von einer unzutreffenden Rechtsansicht hinsichtlich des Begriffs der groben Fahrlässigkeit ausgegangen. Das Berufungsgericht hat - unangegriffen und damit für den Senat bindend (§ 163 [X.]G) - festgestellt, dass der Kläger mit dem ihm ausgehändigten Merkblatt in ausreichender Weise über seine Mitteilungspflichten belehrt worden sei und auch persönliche Gründe - wie etwa intellektuelle oder geistige Defizite - seinen Mitteilungspflichten nicht entgegenstünden.

6. Liegen demnach die Voraussetzungen für die Aufhebung des [X.] vom 30.4.2009 vor, musste der Beklagte die Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht auf den [X.]raum vom 7.7.2009 bis zum "voraussichtlichen Austritt" des [X.] aus der JVA am 7.10.2009 beschränken (vgl Schreiben der [X.] vom 13.7.2009). § 48 Abs 1 Satz 2 [X.]B X stellt für die Aufhebung der Leistungsbewilligung ausdrücklich auf den [X.]punkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ab. Bei der hier vorliegenden reinen Anfechtungsklage beurteilt sich die Rechtmäßigkeit des [X.] grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im [X.]punkt seines Erlasses (B[X.] [X.] 3-1500 § 54 [X.]8; B[X.]E 79, 223, 225 = [X.] 3-1300 § 48 [X.]7; [X.] in [X.] § 48 [X.]B X Rd[X.]1, Stand Dezember 2006; vgl auch Urteil des Senats vom [X.] - B 4 AS 49/09 R, B[X.]E 105, 291 = [X.] 4-4200 § 7 [X.]6, Rd[X.]). Da hier im Übrigen bei Erlass des [X.] vom 20.07.2009 noch nicht absehbar war, ob und ggf ab wann der Kläger nach Ablauf der Ersatzfreiheitsstrafe erneut [X.]B II-Leistungen würde beanspruchen können und der Beklagte den Kläger in dem Aufhebungsbescheid vom [X.] auf eine - hier ja auch tatsächlich am [X.] vorgenommene - erneute Antragstellung verwiesen hat, liegt insofern auch eine Beschwer des [X.] nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 4 AS 128/10 R

21.06.2011

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Bremen, 5. Januar 2010, Az: S 23 AS 1669/09, Gerichtsbescheid

§ 7 Abs 4 S 1 Alt 1 SGB 2 vom 20.07.2006, § 7 Abs 4 S 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 7 Abs 4 S 3 Nr 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 43 StGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2011, Az. B 4 AS 128/10 R (REWIS RS 2011, 5610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5610

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