Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2000, Az. XI ZR 42/00

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 857

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[X.] DES VOLKESURTEILXI ZR 42/00Verkündet am:17. Oktober 2000Herrwerth,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: ja_____________________BGB § 276 CcBedingungen der Sparkassen für die Verwendung der ec-Karte ([X.]: 15.10.1997) Nr. [X.] 2.4.Zu den Voraussetzungen, unter denen die Art der Verwahrung von [X.] Geheimnummer für ein Girokonto grob fahrlässig ist.[X.], Urteil vom 17. Oktober 2000 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 17. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden RichterNobbe und [X.] van Gelder, [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das [X.] 24. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom5. Januar 2000 aufgehoben und das Urteil der [X.] des [X.]s [X.] vom 28. April 1999abgeändert, soweit zum Nachteil der Klägerin [X.] ist.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin [X.] zuzüglich 8% Zinsen seit dem 25. April 1998zu zahlen.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.Von Rechts [X.]:Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse die [X.] an Geldausgabeautomaten, die ihremGirokonto belastet worden [X.] 4 -Die Klägerin, eine Ärztin, unterhielt bei der Beklagten ein privatund ein beruflich genutztes Girokonto. Für beide Konten hatte die [X.] ihr je eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer ([X.])erteilt. Die zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen [X.] für die Verwendung der ec-Karte (Fassung: 15. Oktober1997) enthielten unter Nr. [X.] 2.4 u.a. folgende [X.], die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftetder Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzungseiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ...Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu [X.], die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofernder Karteninhaber keine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ...grob fahrlässig verletzt hat.[X.] Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor,wenn- die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zu-sammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der [X.],in dem die [X.] dem Karteninhaber mitgeteilt [X.] die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteiltund der Mißbrauch dadurch verursacht [X.] der Karteninhaber der Sparkasse oder dem Zentralen Sperran-nahmedienst nach Feststellen des Kartenverlustes das Abhan-denkommen nicht umgehend meldet, obwohl ihm dies ohneweiteres möglich war und der Schaden durch die [X.] wurde. Schäden die nach der Verlustmeldung ent-stehen, werden von der Sparkasse erstattet....Eine Übernahme des vom Kontoinhaber zu tragenden Schadensdurch die Sparkasse erfolgt nur, wenn der Kontoinhaber die Vor-aussetzungen der Haftungsentlastung glaubhaft darlegt und [X.] bei der Polizei erstattet."- 5 -Vom 10. bis 25. April 1998 befand sich die Klägerin auf einerAuslandsreise. Während ihrer Abwesenheit verwahrte sie die [X.] ihrer Wohnung auf ihrem Schreibtisch in einem unverschlossenenBehältnis zwischen Briefen und Notizen. Die Originalmitteilung der Ge-heimnummer für das Privatkonto befand sich in einer Plastikhülle zu-sammen mit zahlreichen anderen Papieren, insbesondere Visitenkar-ten, in einer unverschlossenen Schublade eines Sekretärs in einem an-deren Raum ihrer 5-Zimmer-Wohnung. Die Geheimnummer für das [X.] war, in einer Telefonnummer verschlüsselt, in einemAdreßbuch verzeichnet. Nach Rückkehr aus dem Urlaub waren die [X.] unauffindbar. Die Geheimnummern befanden sich noch am [X.] Ort. Während der Abwesenheit der Klägerin waren vom [X.] 28.000 DM und vom Privatkonto 14.500 DM an [X.] abgehoben worden. Von den Abhebungen vom [X.] erstattete die Beklagte 12.000 DM, von denen vom Privat-konto 6.000 DM.Die Klägerin hat eine Freundin, die sie um Versorgung ihrer Kat-zen während der ersten Tage ihrer Abwesenheit gebeten hatte, ver-dächtigt, einem Bekannten Gelegenheit zum Diebstahl der [X.]gewährt zu haben. Sie hat behauptet, der Täter habe die [X.]n nicht in ihrer Wohnung gefunden, sondern selbst entschlüsselt.Das Sicherungssystem der Beklagten sei unzureichend.Das [X.] hat die Beklagte zur vollen Erstattung der [X.] vom Geschäftskonto und zur teilweisen Erstattung der [X.] vom Privatkonto verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Beru-fung, mit der die Klägerin auch die Erstattung der restlichen Abhebun-gen von ihrem Privatkonto in Höhe von 7.750 DM erstrebt hat, zurück-- 6 -gewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision der Klä-gerin.Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet.[X.] Berufungsgericht hat Ansprüche gemäß §§ 675, 677 (richtig:667) BGB sowie wegen schuldhafter Verletzung des Bankvertragesverneint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerinhabe bei der Aufbewahrung der [X.] und der Geheimnummer fürihr Privatkonto ihre in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]n festgelegte Sorgfaltspflicht grob fahrlässig verletzt, weil sie [X.] der Geheimnummer zusammen mit der ec-Karte [X.] habe. Der räumliche Zusammenhang werde durch die Einheit [X.] und die Art der offenen Verwahrung begründet. Der unbe-kannte Täter habe nicht nur die [X.] entwendet, sondern auch [X.] für das Privatkonto in der Wohnung der Klägerin ge-funden und für die Abhebungen benutzt. Diese Feststellung beruhe [X.] von der Klägerin vorgetragenen, unstreitigen Tatsachen und werdenicht durch die Annahme erschüttert, der Täter könne die in einer Te-lefonnummer verschlüsselte Geheimnummer für das Geschäftskontonicht in der Wohnung der Klägerin gefunden, sondern mit technischenHilfsmitteln selbst entschlüsselt haben. Deshalb komme es nicht daraufan, ob die Beklagte sich auf die Grundsätze des Beweises des erstenAnscheins berufen [X.] -- 8 -II.Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 667, 675 Abs. 1BGB oder gemäß §§ 700 Abs. 1, 607 BGB Anspruch auf Zahlung weite-rer 7.750 DM. Ein Kunde, auf dessen Girokonto ohne seinen Auftragoder sonstigen Rechtsgrund Belastungsbuchungen vorgenommen wer-den, kann die Rückbuchung und Auszahlung des sich nach der [X.] ergebenden Guthabens verlangen ([X.]Z 121, 98, 106; [X.], in: [X.]/Bunte/[X.], [X.] § 47Rdn. 28).2. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Unrecht mit denwährend ihres Urlaubs erfolgten Barabhebungen in Höhe des [X.] von 7.750 DM belastet.a) Sie hat keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670,675 Abs. 1 BGB, weil die Abhebungen nicht aufgrund wirksamer Wei-sungen der Klägerin im Sinne des § 665 BGB (vgl. [X.]Z 130, 87, 91;Gößmann, in: [X.]/Bunte/[X.], [X.] § 54Rdn. 11), sondern unbefugt erfolgt sind.b) Der Beklagten steht gegen die Klägerin auch kein Anspruchwegen positiver Vertragsverletzung in Höhe des noch streitigen Betra-ges zu, den sie dem Girokonto belasten und in das Kontokorrent [X.] könnte. Die Klägerin hat ihre vertraglichen Sorgfaltspflichten [X.] mit der Verwahrung der ec-Karte und der [X.] für ihr Privatkonto nicht grob fahrlässig verletzt und haftet gemäß- 9 -Nr. [X.] 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte nicht fürdie unberechtigten [X.]) Die Entscheidung, ob ein Verhalten als grob fahrlässig zubewerten ist, obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist mit der Revi-sion nur beschränkt angreifbar ([X.]Z 89, 153, 160). Der [X.] aber, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der groben Fahrläs-sigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der [X.] Umstände außer Betracht gelassen hat (Senat, Urteil [X.] Oktober 1991 - [X.], [X.], 1946, 1948). Ersteres isthier der Fall.[X.] Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderlicheSorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz nahe-liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben [X.] und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen [X.] jedem aufgedrängt hätte (Senat aaO m.w.Nachw.). Nach [X.] hat die Klägerin nicht grob fahrlässig gehandelt.bb) Die Klägerin hat - anders als das Berufungsgericht meint -ec-Karte und Geheimnummer im Sinne von Nr. [X.] 2.4 der [X.] für die Verwendung der ec-Karte nicht zusammen verwahrt. [X.] einer gemeinsamen Verwahrung von ec-Karte und Geheim-nummer als grob fahrlässig trägt dem Umstand Rechnung, daß dadurchder besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zu-sätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Un-befugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die [X.], ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann. Entsprechend die-sem Regelungszweck liegt eine gemeinsame Verwahrung nur vor, wennein Unbefugter ec-Karte und Geheimnummer in einem Zugriff erlangen- 10 -kann und nicht nach dem Auffinden der einen Unterlage weiter nach deranderen suchen muß. Hingegen werden ec-Karte und Geheimnummernicht zusammen verwahrt, wenn sie sich an verschiedenen Stellen [X.] des Kontoinhabers befinden und ein Unbefugter, der [X.] Geheimnummer gefunden hat, die Wohnung weiter nach der ande-ren Unterlage durchsuchen muß. Die abweichende Beurteilung des Be-rufungsgerichts trägt nicht hinreichend dem Umstand Rechnung, daßdie Wohnung für viele Kontoinhaber der einzige Ort ist, an dem sie ec-Karte und Geheimnummer verwahren können.II[X.] Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründenals richtig dar (§ 563 ZPO).1. [X.] und Geheimnummer kann nichtmit einer anderen als der vom Berufungsgericht angeführten [X.] als grob fahrlässig angesehen werden. Nr. [X.] 2.4 der [X.] für die Verwendung der ec-Karte zählt die Fälle grober Fahrlässig-keit zwar nicht abschließend auf. Ein in dieser Aufzählung nicht erfaß-ter Sorgfaltsverstoß des Karteninhabers kann aber nur dann als grobfahrlässig angesehen werden, wenn er ebenso schwerwiegend wie [X.] in den aufgezählten Fällen ist. Dies trifft hier nichtzu.Die von der Klägerin gewählte Art der Verwahrung der Geheim-nummer stellt nur eine einfache Fahrlässigkeit dar. Die Klägerin hatsorgfaltswidrig gehandelt, weil sie nach dem in der [X.] richtig zu unterstellenden Vortrag der Beklagten die auf der [X.] -nalmitteilung der Geheimnummer befindliche Aufforderung, die Origi-nalmitteilung nach Kenntnisnahme der Geheimnummer zu vernichten,mißachtet hat. Dieser Sorgfaltsverstoß erleichtert Unbefugten zwar [X.] und Erkennen der Geheimnummer. Die hierdurch begründeteGefahr unbefugter Abhebungen ist aber wesentlich geringer als in [X.] Nr. [X.] 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte aus-drücklich genannten Fällen grober Fahrlässigkeit.Auch die Verwahrung der Originalmitteilung der Geheimnummerin einer Plastikhülle verborgen unter zahlreichen Visitenkarten undsonstigen ungeordneten Papieren in einer unverschlossenen Schubla-de eines Sekretärs stellt keine grobe Fahrlässigkeit dar. Dasselbe [X.] die Verwahrung der ec-Karte in einem unverschlossenen Behältniszwischen Briefen und Notizen. Daß die Klägerin während ihrer Ur-laubsabwesenheit eine Freundin um Versorgung ihrer Katzen gebetenund ihr zu diesem Zweck den Zugang zu ihrer Wohnung ermöglichthatte, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil die Klägerin keinenAnlaß hatte, ihrer Freundin zu [X.] Zugunsten der Beklagten spricht auch kein Beweis des erstenAnscheins dafür, daß entweder die Klägerin als rechtmäßige Kontoin-haberin die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder daß ein Drittervon der Geheimnummer wegen ihrer unsachgemäßen [X.] erlangen konnte. Ob ein solcher Beweis des ersten Anscheinsin Fällen anzunehmen ist, in denen an Geldausgabeautomaten mit derec-Karte unter Verwendung der zutreffenden Geheimnummer Geld ab-gehoben wird (bejahend: [X.] WM 2000, 911, 914; [X.],in: [X.]/Steuer, Bankrecht und [X.] Rdn. 6/1510; vgl. [X.] [X.], 1639, 1640; verneinend: [X.] WM 1997,1203, 1206 m.w.Nachw.), braucht nicht entschieden zu werden, weil- 12 -das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, daß die [X.] nicht von der Klägerin, sondern von einem Unbefugten vorge-nommen worden sind, der die Geheimnummer in der Wohnung der Klä-gerin aufgefunden hat. Die vom Berufungsgericht ebenfalls rechtsfeh-lerfrei festgestellte Art der Verwahrung von ec-Karte und [X.] ist - wie dargelegt - zwar als unsachgemäß, aber nicht als grobfahrlässig anzusehen.[X.] Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO).Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in [X.] selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).Nobbe [X.] [X.] [X.] Dr. [X.]

Meta

XI ZR 42/00

17.10.2000

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2000, Az. XI ZR 42/00 (REWIS RS 2000, 857)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 857

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