Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.02.2012, Az. VIII ZR 346/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8649

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 346/10
Verkündet am:

29. Februar 2012

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 558 Abs. 2
Zur Ermittlung
der ortsüblichen Vergleichsmiete durch den Tatrichter.

[X.], Urteil vom 29. Februar 2012 -
VIII ZR 346/10 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin [X.] sowie die Richter Dr.
[X.] und Dr.
Schneider
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 9.
Zivilkammer des [X.] vom 24.
September 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagten mieteten von der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit [X.] vom 1.
Juni 2005 eine Sechs-Zimmer-Wohnung in der G.

straße in [X.] mit einer Wohnfläche von 193,6
qm zu einer monatlichen Kaltmiete von 1.250

Juli 2009 unter Be-nennung von drei Vergleichswohnungen mit Mieten von 7,80

um 200

Oktober 2009. Die Beklagten verweigerten die Zustimmung.

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Das Amtsgericht hat der auf Zustimmung zu der vorgenannten Mieterhö-hung gerichteten Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des Sachverständigen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten nach nochmaliger Anhörung des Sachverständigen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese ihr Klageabweisungsbegehren [X.].

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
Mit zutreffenden Gründen habe das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht teile nach der ergänzenden Anhörung des [X.] die Feststellung des Amtsgerichts, dass die von der Klägerin begehrte Mieterhöhung nicht über der ortsüblichen Miete liege. Zwar habe der Sachver-ständige in seinem schriftlichen Gutachten unter Heranziehung von elf [X.] einen "arithmetischen Mittelwert" von 7

e-doch sei die Klägerin nicht an diesen Mittelwert gebunden; vielmehr könne sie eine Erhöhung auf 1.450

r-ständige habe nämlich in Bezug auf die ortsübliche Vergleichsmiete eine Miet-spanne ermittelt, die zwischen 6,05

s-tem Wert liege. Dass er darüber hinaus einen arithmetischen Mittelwert ausge-wiesen habe, sei ohne Belang. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesge-2
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richtshofs könne ein Vermieter, wenn ein Sachverständiger in einem Mietwert-gutachten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete keinen exakten Betrag, sondern eine Bandbreite (Spanne) ermittelt habe, grundsätzlich eine Erhöhung bis zum oberen [X.] verlangen.
[X.] habe in einem [X.]diagramm darge-stellt, welche Mietwerte er berücksichtigt habe. Im Einzelnen seien dies zwei Mieten aus dem [X.] und je drei Mieten aus den Jahren 2006 bis 2008 gewesen. Bezüglich einer Miete aus dem [X.] mit 7,50

e-te aus dem [X.] mit 8

Damit habe der Sachverständige entsprechend den gesetzlichen Vorgaben aus Mieten innerhalb der letzten vier Jahre die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedeute der Begriff "gebildet" in §
558 BGB nicht, dass die ortsübliche Vergleichsmiete zwingend mit einem Durch-schnittswert gleichzusetzen sei. In §
558 BGB werde lediglich
gefordert, dass bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete Entgelte zu berücksichtigen seien, die in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden seien.
Dass sich der Sachverständige auf elf Vergleichswohnungen beschränkt habe, sei nicht zu beanstanden. Er habe insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass es statistisch gesehen im Rahmen der von ihm vorgenommenen [X.] als empirische Zufallsstichprobe eigener Markter-kenntnisse genüge, zwischen acht und zehn Vergleichswohnungen heranzu-ziehen, da im Gegensatz zu einem Mietspiegel nur Mietobjekte mit hinreichend genauer Übereinstimmung der Qualitätsmerkmale und mietwertrelevanten [X.] herangezogen würden. Bei mehr als 15 Vergleichswohnungen würden sich kaum oder nur
geringfügige Änderungen ergeben. Diese Ausführungen des Sachverständigen seien von den Parteien unangefochten geblieben.
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5
-
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu der geltend gemachten Mieterhöhung kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden.
Gemäß §
558 Abs.
1 Satz
1 BGB kann ein Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Die ortsübliche Miete wird nach §
558 Abs.
2 Satz 1 BGB gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe und Ausstattung, Beschaf-fenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Veränderungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind. Diese Voraussetzungen für den [X.] hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner bisheri-gen Feststellungen zu Unrecht bejaht.
1. Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass es sich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht um einen punktgenauen Wert handelt, sondern dass sich die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb einer gewissen Spanne bewegt (Senats-urteile vom 20. April 2005 -
VIII ZR 110/04, NJW 2005, 2074 unter [X.]; vom 21.
Oktober 2009 -
VIII
ZR 30/09, [X.], 746 Rn.
14 mwN).
Die Feststellung, ob die verlangte Miete innerhalb dieser Spanne liegt oder die ortsübliche Miete übersteigt, obliegt dem Tatrichter und erfordert im Prozess eine konkrete Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne einer [X.] (Senatsurteil vom 20. April 2005 -
VIII ZR 110/04, aaO). Diese [X.] kann ein Punktwert innerhalb der Spanne
der ortsüblichen Vergleichsmiete
sein (siehe Senatsurteil vom 20.
April 2005 -
VIII ZR 110/04), sie kann sich aber auch innerhalb einer gewissen Bandbreite 8
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-
bewegen, die ihrerseits innerhalb der umfassenderen, etwa durch einen Miet-spiegel abgebildeten Spanne
der ortsüblichen Vergleichsmiete
liegt (Senatsur-teile vom 4.
Mai 2011

[X.], NJW 2011, 2284 Rn.
16; vom 6.
Juli 2005

VIII ZR 322/04, NJW 2005, 2621 unter [X.]). Stellt sich die Einzelver-gleichsmiete nicht als Punkt, sondern
als Bandbreite dar, kann der Vermieter die Miete bis zum oberen Wert der Bandbreite anheben (Senatsurteile vom 21.
Oktober 2009 -
VIII
ZR 30/09, aaO Rn.
15; vom 4.
Mai 2011 -
VIII
ZR 227/10, aaO Rn.
17).
Sowohl die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete als auch die [X.] werden, soweit

wie hier

kein Mietspiegel vor-handen ist, in der Regel durch Sachverständigengutachten festgestellt werden können. Maßstab für die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens ist dann die vom Sachverständigen ermittelte [X.] (Senatsurteile vom 6.
Juli 2005 -
VIII
ZR 322/04, aaO; vom 20.
April 2005 -
VIII
ZR 110/04, aaO; vom 21.
Oktober 2009 -
VIII
ZR 30/09, aaO; vom 4.
Mai 2011 -
VIII
ZR 227/10, aaO
Rn.
20).
2. Die Auffassung der Revision, der arithmetische Mittelwert der von ei-nem Sachverständigen ermittelten [X.] sei die "üblichste" Miete und damit ohne Weiteres
als (punktgenaue)
[X.] zugrunde zu legen, trifft nicht zu. Ist die [X.] als Bandbreite zutreffend er-mittelt, so liegt auch der obere Wert dieser Bandbreite noch innerhalb der orts-üblichen Vergleichsmiete, die die obere Grenze einer Mieterhöhung nach §
558 BGB darstellt; maßgeblich ist daher entgegen der Auffassung der Revision we-der der Mittelwert noch der untere Wert dieser Bandbreite
der Einzelver-gleichsmiete
(Senatsurteil vom 21.
Oktober 2009 -
VIII
ZR 30/09, aaO mwN).
3. Davon
ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass die gesamte
Mietspanne der vom Sach-verständigen in das Gutachten einbezogenen Vergleichswohnungen zugleich 12
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7
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die Bandbreite der konkreten [X.] darstelle. Das trifft nicht zu. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass der Vermieter ohne weiteres die in einem Gebiet bezahlte Spitzenmiete verlangen könnte; das sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr kann der Vermieter nach §
558 Abs.
1 und 2 BGB nur die Miete verlangen, die als zu ermittelnde [X.] innerhalb der Spanne der durch Neuvermietungen und Bestandsmietenände-rungen der letzten vier Jahre geprägten ortsüblichen Vergleichsmiete in dem betreffenden Gebiet liegt.
a) Auf das Senatsurteil vom 21.
Oktober 2009 (VIII
ZR 30/09, aaO) kann sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung nicht stützen. Die-ser Entscheidung lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.
Der Senat hatte in seinem Urteil vom 21.
Oktober 2009 (VIII
ZR 30/09, aaO) über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem

wie hier

kein Mietspie-gel vorlag und die Sachverständige auf der Grundlage von 19 Vergleichswoh-nungen mit einer größeren Mietspanne eine Bandbreite der konkreten [X.] das Mieterhöhungsverlangen in Höhe des oberen Wertes der Band-breite
der von der Sachverständigen festgestellten [X.]
für gerechtfertigt gehalten. Er hat jedoch nicht entschieden, dass die Einzelver-gleichsmiete mit der
umfassenderen Spanne der Mieten der
19 Vergleichswoh-nungen oder gar mit deren höchstem
Wert
gleichzusetzen ist.
Im
vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht dagegen die Bandbreite der [X.] für die Wohnung der Beklagten mit der von 6,05 bis 8

r-ständigen berücksichtigten (elf) Vergleichswohnungen gezahlt werden. Das Be-rufungsgericht hat damit den Begriff der "üblichen Entgelte"

558 Abs.
2 14
15
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-
8
-
Satz
1 BGB)
verkannt und ist infolge dessen zu einer korrekten Ermittlung der [X.] für die Wohnung der Beklagten
nicht vorgedrungen.
Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass nicht alles, was am Markt für vergleichbare Wohnungen tatsächlich gezahlt wird, ohne weiteres
üblich im Sinne des §
558 Abs.
2 Satz
1 BGB ist. Das kann zwar zu bejahen sein, wenn die am Markt gezahlten Mieten nahe beieinander liegen, trifft aber nicht zu, wenn das Spektrum der am Markt vorgefundenen Mieten für vergleichbaren Wohnraum

wie hier

sehr weit auseinandergeht. Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seine Auffassung auf die Äußerung des Sachverständigen bei dessen persönlichen Anhörung, dass auch der Spitzenwert von 8

innerhalb der ortsüblichen Miete liege
und
nicht im
Rahmen der Mieten, die un-ter §
5 [X.] fielen. Dem liegt ein unzutreffendes Verständnis von der ortsüb-lichen Vergleichsmiete zugrunde. Nicht jede Miete, die nicht gegen
§
5 [X.]
verstößt,
ist als übliches Entgelt im Sinne des §
558 Abs.
2 Satz
1 BGB zu be-zeichnen.
b) Bei einer

wie hier

sehr weit auseinander gehenden Streuung der [X.] hat der Tatrichter mit Unterstützung des Sachverständigen auf der Grundlage einer ausreichend großen, repräsentativen Stichprobe ver-gleichbarer Wohnungen (Senatsurteil vom 20.
April 2005 -
VIII
ZR 110/04, aaO
unter [X.] aa) zunächst das breite Spektrum der am Markt tatsächlich gezahl-ten Mieten auf den engeren Bereich der Entgelte zu begrenzen, der
als Spanne der ortsüblichen
Vergleichsmiete anzusehen ist. Diese Eingrenzung auf den Bereich der "üblichen
Entgelte"

558 Abs.
2 Satz
1
BGB)
hat das Berufungs-gericht versäumt.
aa) Zwar hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt, dass er in einem ersten Schritt sogenannte "[X.]"
aussondere, die bei 17
18
19
-
9
-
der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete keine Berücksichtigung fänden. Darunter verstehe er unter Berücksichtigung von §
5 [X.] Mieten, die 20
% oberhalb und unterhalb des arithmetischen Mittelwerts lägen. Im vorliegenden Fall habe er jedoch keine derartigen Mieten feststellen können.
Dieses Vorgehen des Sachverständigen ist im Ansatz nicht zu [X.]. Wo die Grenze für von vornherein ausscheidende "[X.]" zu ziehen ist, obliegt dem Tatrichter. Dass der Sachverständige die Grenze bei 20
% gezogen und das Berufungsgericht dies gebilligt hat, wird von den [X.] nicht angegriffen und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die [X.] extrem abweichender Mieten, die unter §
5 [X.] fallen, reicht aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Sachverständigen nicht aus,
um die Spanne der ortsüblichen
Vergleichsmiete und -
in deren Rahmen
-
die [X.] zu
bestimmen.
bb) Der Begriff der Üblichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Anwendung auf den konkreten Fall für den Tatrichter naturgemäß nicht einfach ist. Auf die Schwierigkeit einer Definition dessen, was üblich ist, hat bereits die von der damaligen Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission "Woh-nungspolitik"
[X.] hingewiesen. Sie hat seinerzeit angeregt, die in der Praxis immer größer werdenden Interpretationsprobleme der ortsüblichen [X.] durch gesetzliche Maßstäbe zu regeln, die einerseits konkret ge-nug sind, um mit ihnen in der Praxis taugliche Ergebnisse
zu erzielen, die [X.] aber weit genug gefasst sind, damit sie nicht zu einer ständigen Fehler-quelle werden (BT-Drucks. 13/159, S.
120). Diese Anregung hat der [X.] nicht aufgegriffen. Er hat die Konkretisierung, welche Entgelte als üblich anzusehen sind, weiterhin der Praxis überlassen.

20
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-
10
-
Die Gesetzesmaterialien zu einer früheren Änderung des §
2 [X.] durch das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an
Mietwohnungen vom 20. Dezember 1982 ([X.]
I S.
1912) enthalten allerdings zur Erläuterung des Begriffs der Üblichkeit den Hinweis, dass Mieten, die außergewöhnlich stark nach der einen oder anderen Seite von der "großen Mehrheit"
der Mieten abweichen, als nicht üblich außer Betracht bleiben (BT-Drucks. 9/2079, S.
15). Diese Begrenzung der ortsüblichen Vergleichsmiete dient dazu, "Preisspitzen"
auf dem Woh-nungsmarkt abzuschneiden (BVerfGE
37, 132, 143).

Die Umschreibung der Üblichkeit unter Bezugnahme auf die "große Mehrheit"
der Mieten entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass eine Miete nur dann als üblich ange-sehen werden kann, wenn sie innerhalb einer Spanne liegt, welche "zumindest"
die überwiegende Mehrheit der [X.] umfasst (ähnlich [X.]/Börstinghaus, Mietrecht, 10.
Aufl., §
558 BGB Rn.
132: "erheblich mehr"
als 50
%). Dieses breite Mittelfeld ist der Bereich der ortsüblichen [X.],
innerhalb
deren Spanne die [X.] zu bestimmen ist.
[X.]) Die Begrenzung des vollen Spektrums der berücksichtigungsfähigen [X.] auf die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete kann, wenn ein Mietspiegel nicht vorliegt, vom Tatrichter mit Unterstützung des Sachver-ständigen in
verschiedener Weise vorgenommen werden.
Unterschiedliche Ansätze kommen in Betracht. So befürwortet [X.] unter Bezugnahme auf die Praxis bei der Erstellung von [X.], die nach Eliminierung der "[X.]"
verbleibende Spanne der [X.] dadurch auf das Mittelfeld der ortsüblichen Vergleichsmiete zu begren-zen, dass je ein Sechstel im oberen und unteren Bereich der erhobenen Daten 22
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-
11
-
gekappt wird ([X.]/Börstinghaus, aaO, zur Kritik näher [X.]/Börstinghaus, aaO
Rn.
133 mwN in Fn.
364
ff.). Auch kann die ortsüb-liche Vergleichsmiete durch eine prozentuale Abweichung vom arithmetischen Mittelwert, um den sich die [X.] gruppieren, bestimmt werden.
Starre Maßstäbe zur Eingrenzung des Mittelfeldes der [X.] für alle erdenklichen Fälle -
etwa bestimmte Prozentsätze für die Abweichung vom arithmetischen Mittelwert
-
können von Rechts wegen nicht vorgegeben werden. Denn die Streuung
der Mieten hängt
von regionalen Marktgegebenhei-ten ab (vgl. [X.]/Börstinghaus, aaO
Rn.
134). Diese lassen sich nicht durch starre Regelungen für
die Ermittlung der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete im konkreten Fall erfassen, sondern sind Gegenstand tatrich-terlicher Würdigung.
Es ist daher Aufgabe des Tatrichters, mit sachverständiger Hilfe
die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete sachgerecht zu begrenzen. Dies hat das Berufungsgericht versäumt, indem es das volle Spektrum der be-rücksichtigungsfähigen [X.] mit der ortsüblichen Vergleichsmiete gleichgesetzt hat.
c) Wenn die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete rechtsfehlerfrei ermittelt worden ist, dann ist in deren
Rahmen die [X.] vom Tatrichter zu bestimmen. Auch diesen Schritt hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.
Die [X.] als "konkrete"
ortsübliche Vergleichsmiete wird in der Regel
durch Einstufung der Wohnung innerhalb der Spanne aufgrund zusätzlicher
qualitativer
Kriterien näher bestimmt werden können. Ebenso mag es möglich sein, vom Mittelwert der Spanne auszugehen und aufgrund beson-derer Qualitätsmerkmale der zu bewertenden Wohnung Zu-
oder Abschläge vorzunehmen. Dabei kann der Tatrichter, wie ausgeführt, im Ergebnis zu einer 26
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punktgenauen
[X.], aber auch zu einer Bandbreite der Ein-zelvergleichsmiete gelangen. Bei geringer Marktstreuung
kann die Bandbreite der [X.] auch mit der Spanne der ortsüblichen [X.] übereinstimmen.
Auch diese Beurteilung obliegt dem Tatrichter
mit Unter-stützung des Sachverständigen.
4. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus nicht gesehen, dass gegen das Gutachten des Sachverständigen
noch in anderer Hinsicht gewisse Beden-ken bestehen.
a) Maßgebend für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist der Zeitpunkt, zu dem das Erhöhungsverlangen dem Mieter zugeht ([X.] 1992, 314
ff.). Daraus folgt, dass sich die [X.] vom Zugang des [X.] an vier Jahre zurück erstreckt ([X.]/[X.], aaO Rn.
107). Im vorliegenden Fall ist den Beklagten das [X.] vom 22.
Juli 2009 noch im selben Monat zugegangen. Zu [X.] waren daher Mieten aus dem zweiten Halbjahr 2005 bis zum ersten Halb-jahr 2009. [X.] hat ausweislich seines [X.]dia-gramms Mieten nur aus den Jahren 2005 bis 2008 einbezogen. Es ist nicht er-sichtlich, aus welchen Gründen er Mieten aus dem ersten Halbjahr 2009 [X.] gelassen hat, obwohl er über entsprechende Daten verfügt zu ha-ben scheint. Denn nach seinen Ausführungen hat es im [X.] in dem [X.] nicht unerhebliche Mietsteigerungen gegeben.
b) In welchem Verhältnis Neuvermietungen und Bestandsmietenände-rungen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berücksichtigen sind, ist in §
558 Abs.
2 Satz
1
BGB nicht ausdrücklich geregelt. Es
obliegt des-halb dem Tatrichter, auf ein angemessenes Verhältnis von Neuvermietungen und [X.] zu
achten. [X.] hat ausge-29
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-
13
-
führt, dass er in seine Mietenauswertung einen Neuvermietungsanteil pro Jahr von (nur) 5 bis 10
%

im Mittel 7,5
%

einbezogen habe. Ebenso ist er in einem dem Senat vorliegenden Gutachten in einem anderen Rechtsstreit verfahren. [X.] hat
diesen geringen Neuvermietungsanteil lediglich damit begründet, dass er "gemäß führender Fachliteratur und den regionalen Markter-fahrungen in diesem Marktsegment sachgerecht und angemessen"
sei. Dies bedarf
näherer Erläuterung.

III.
Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht -
auf der Grundlage eines er-gänzenden oder
neuen Gutachtens
-
nochmals prüfen und feststellen kann, ob die von der Klägerin verlangte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten übersteigt. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die verlangte Miete von 1.u-fungsgericht rechtsfehlerfrei zugrunde gelegten Wohnfläche
(193,76
qm) einer

32
-
14
-

von

Ball
Dr. Frellesen
[X.]

Dr. [X.]
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 29.04.2010 -
5 C 427/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.09.2010 -
9 S 253/10 -

Meta

VIII ZR 346/10

29.02.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.02.2012, Az. VIII ZR 346/10 (REWIS RS 2012, 8649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8649

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 346/10

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