3. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13833
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Von der Erhebung der Gerichtskosten sowohl für den ersten als auch für den zweiten Rechtszug ist abzusehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet für die erste Instanz nicht statt; die dem Beteiligten zu 2. im Beschwerdeverfahren notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten hat die Beteiligte zu 1. zu tragen.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: bis 1.000 €
G r ü n d e :
I.
Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2017 hat die Beteiligte zu 1. unter Berufung auf eine ihr ursprünglich gegen die Erblasserin zustehende Forderung wegen Heimkosten in Höhe von 7.881,79 € und unter Beifügung vorgerichtlicher Korrespondenz mit den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. beantragt, diesem als Erben nach der Erblasserin eine Frist zur Errichtung des Nachlassinventars zu bestimmen. Dem hat das Nachlassgericht ohne weiteres durch die angefochtene Entscheidung vom 23. Oktober 2017 entsprochen; zur Begründung hat es ausgeführt, die Beteiligte zu 1. habe ihre Gläubigerstellung glaubhaft gemacht, und der Erbe habe bislang noch kein Inventar errichtet. Dieser Beschluss ist dem Beteiligten zu 2. am 28. Oktober 2017 zugestellt worden.
Unter dem 30. Oktober 2017, bei Gericht am 2. November 2017 eingegangen, hat der Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten Rechtsmittel gegen die besagte Entscheidung eingelegt und insbesondere das Unterbleiben jeglicher Anhörung des Erben gerügt und außerdem mitgeteilt, er habe zeitgleich beim Insolvenzgericht Nachlassinsolvenz beantragt. Dem Rechtsmittel hat das Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 9. November 2017 nicht abgeholfen; hierzu hat es sich berufen auf die Entbehrlichkeit der Anhörung des Erben vor der Fristbestimmung im Hinblick auf den diversen Schriftverkehr zwischen den Beteiligten im Vorfeld der Antragstellung, aufgrund dessen der Beteiligte zu 2. mit einem Antrag nach § 1994 BGB habe rechnen müssen.
Auf Vorlage durch das Nachlassgericht ist die Sache beim Oberlandesgericht am 28. November 2017 eingegangen.
Mit am 27. November 2017 beim Nachlassgericht eingegangener (im Dezember 2017 dem Senat übersandten) Schrift hat der Beteiligte zu 2. weiter zur Begründung des Nichtabhilfebeschlusses, zu den für die Rechtsmitteleinlegung seinerseits maßgeblichen Erwägungen – insbesondere zur Frage der Fristbemessung – vorgetragen sowie erklärt:
„Da der Antrag weder zurückgenommen wurde, noch der Beschwerde abgeholfen wurde und die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, wird beantragt, die Aufnahme des Inventars vorzunehmen und gemäߠ § 2003 BGB einen Notar mit der Aufnahme des Inventars zu beauftragen.
….
Zur Vereinfachung und um der Pflicht gemäß § 2003 II BGB nachzukommen, wird der hier gestellte Insolvenzantrag nebst Anlagen beigefügt.“
Die Beteiligte zu 1. hat sich, zum Rechtsmittel angehört, dahin geäußert, aus den Gründen der Darstellung des Amtsgerichts im Nichtabhilfebeschluss sei eine Stellungnahme ihrerseits nicht beabsichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte Bezug genommen.
II.
1.Das – dem Senat nach § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG zur Entscheidung angefallene – Rechtsmittel des Beteiligen zu 2. ist als befristete Beschwerde statthaft und insgesamt zulässig gewesen (§§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG). Es ist auch nicht infolge zwischenzeitlich eingetretener Erledigung (dazu a)) unzulässig geworden, weil der Rechtsmittelführer es in schlüssiger Form auf die Kosten beschränkt hat (dazu b)).
a)In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tritt eine Erledigung der Hauptsache ein, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, das eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann. Insbesondere erledigt sich ein Rechtsmittelverfahren der Hauptsache nach, wenn die Ausgangsentscheidung wegen der Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse keine unmittelbare Regelungswirkung mehr entfalten kann, so dass das Änderungsinteresse des Rechtmittelführers insoweit wegfällt (vgl. für ein Verfahren nach § 1994 BGB Senat, Beschluss vom 25. Oktober 2016 in Sachen I-3 Wx 205/16 m. zahlr. Nachw.).
Hier mag auf sich beruhen, ob eine solche Erledigung eingetreten ist, weil noch während des Laufs der Inventarfrist das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet worden und die Fristbestimmung deshalb gemäß § 2000 Satz 1 BGB ipso iure unwirksam geworden sein könnte. Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob eine Erledigung dadurch bewirkt worden ist, dass der Beteiligte zu 2. die in der Fristbestimmung liegende gerichtliche Aufforderung durch seinen – fristwahrenden, § 2003 Abs. 1 Satz 3 BGB – Antrag nach § 2003 Abs. 1 Satz 1 BGB vom 27. November 2017 erfüllte; Bedenken bestehen insofern, weil der Beteiligte zu 2. in jenem Schriftsatz hinreichend deutlich erklärt hat, den Antrag nach § 2003 BGB ausschließlich zur Vermeidung eines ergebnislosen Fristablaufs zu stellen und diese Lage einer Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Titel, bei der die Tilgungswirkung in der Schwebe bleibt, vergleichbar sein könnte (es erscheint nicht ohne weiteres vertretbar, einen Erben faktisch vor die Wahl zu stellen, entweder den Eintritt der Rechtswirkung des § 1994 Abs. 1 Satz 2 BGB hinzunehmen oder im Falle einer von ihm mit Rechtsmittel angegriffenen Fristbestimmung auf einen Sachausspruch des Beschwerdegerichts zu „verzichten“).
Jedenfalls ist Erledigung nach Einlegung der Beschwerde durch Ablauf der Inventarfrist mit Ende des 28. November 2017 eingetreten. Die Frist begann nach § 1995 Abs. 1 Satz 2 BGB mit Zustellung des angegriffenen Beschlusses an den Beteiligten zu 2. am 28.Oktober 2017. Durch die Einlegung der Beschwerde ist, wie die Beteiligten nicht verkennen, der Fristlauf nicht gehemmt worden. Mit dem Ende der Inventarfrist bei Ablauf des 28. November 2017 gab es keinen Gegenstand mehr, über den im hiesigen Verfahren noch hätte befunden werden können; die vom Nachlassgericht getroffene Regelung – eben der Fristbestimmung – war in ihrer Wirkung erschöpft; Beginn und Ablauf der Frist, aber auch der Eintritt der Rechtswirkung des § 1994 Abs. 1 Satz 2 BGB können durch keinen wie auch immer gearteten Ausspruch des Senats wieder beseitigt werden. Der Eintritt der Erledigung ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Senat vor Fristablauf eine der Sache nach auf Aussetzung des angefochtenen Beschlusses gerichtete einstweilige Anordnung nach § 64 Abs. 3 FamFG hätte erlassen können; denn die vorliegende Sache ist am Tage des Fristablaufs beim Oberlandesgericht eingegangen und hat den allein zuständigen Beschwerdesenat – was im übrigen nicht zu beanstanden ist – erst am Folgetag erreicht.
b)In dem am 27. November 2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beteiligte zu 2. zum Ausdruck gebracht, dass sich sein mit der Beschwerdeeinlegung verfolgtes (Hauptsache-)Begehren überholt habe (vgl. namentlich das Imperfekt in der Formulierung: „Die Beschwerde richtete sich nicht gegen …., sondern gegen ….“ im zweiten Absatz dortiger Seite 1), wobei er dieses Begehren als maßgeblich die Länge der Frist betreffend dargestellt hat. Sodann hat er gerade wegen eines fristbezogenen Umstandes, nämlich wegen des unmittelbar bevorstehenden Fristablaufs, statt der Weiterverfolgung des Hauptsachebegehrens anderweitige Erklärungen abgegeben und einen Antrag nach § 2003 BGB gestellt. Dies kann bei dem anwaltlich vertretenen Beteiligten nur dahin verstanden werden, er wünsche wegen des Zeit- und damit Fristablaufs vom Beschwerdegericht (dies ergibt sich aus der einleitenden Formulierung „…. wird …. um Weiterleitung gebeten ….“) keine Entscheidung mehr über den – seiner Meinung nach unrichtigen – nachlassgerichtlichen Beschluss – dessen Ausspruch er allerdings zur Vermeidung rechtlicher Nachteile jetzt befolge –, sondern nur noch über verbleibende rechtliche Belange, womit allein die Kosten gemeint sein können.
2.Für die nach alledem vom Senat allein noch zu treffende Kostenentscheidung sind die nachfolgend genannten Überlegungen ausschlaggebend.
a)In der Sache hätte die Beschwerde des Beteiligten zu 2. auf der Hand liegend Erfolg gehabt, weil der Beschluss des Nachlassgerichts vom 23. Oktober 2017 keinen Bestand hätte haben können. Ob der Senat sich bei einem Sachausspruch auf eine Aufhebung und Zurückverweisung an das Nachlassgericht beschränkt oder die Bestimmung einer – weiträumiger bemessenen – Frist selbst vorgenommen hätte, ist dabei im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang.
Die angegriffene Entscheidung ist grob verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Dabei erübrigen sich heute die in der Vergangenheit von der Rechtsprechung angestellten näheren Überlegungen zur Gewährung rechtlichen Gehörs im Verfahren nach § 1994 BGB. Denn gemäß § 345 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FamFG ist in diesem Verfahren der mit der Fristbestimmung belastete Erbe Muss-Beteiligter nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG, seine Hinzuziehung mithin ohne Ermessensspielraum zwingend (MK-J.Mayer, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 345 Rdnr. 27). Dass diese Beteiligung als Minimum die Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst, versteht sich.
Im übrigen wären, selbst wenn ein solcher Spielraum bestanden hätte, die hierzu vom Nachlassgericht angestellten Erwägungen ermessensfehlerhaft. Zum einen gibt es keinen Erfahrungssatz, wonach ein auf Passivseite Beteiligter in einem gerichtlichen Verfahren nicht mehr oder nicht Anderes vorzutragen pflegt als in einer vorgerichtlichen Korrespondenz unter den Beteiligten. Dementsprechend ist im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit nach Kenntnis des Senats noch nie die Ansicht vertreten worden, bei hinreichender Vorkorrespondenz erübrige sich die Setzung einer Klageerwiderungsfrist. Zum anderen kann dem Gesichtspunkt, nach den vorgerichtlichen Äußerungen habe der Beteiligte zu 2. mit einem Antrag der Beteiligten zu 1. nach § 1994 BGB rechnen müssen, entgegengehalten werden, nach ebendiesen Äußerungen habe die Beteiligte zu 1. und – vor allem – das Nachlassgericht damit rechnen müssen, der Beteiligte zu 2. werde bei gebotenem Anlass, mithin jedenfalls bei Antragstellung, seinerseits einen Insolvenzantrag stellen.
b)Bei dieser Lage können für das vorliegende Verfahren weder in erster, noch in zweiter Instanz Gerichtskosten erhoben werden, mag dies seine Grundlage in § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG oder unmittelbar in § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GNotKG finden.
Was die außergerichtlichen Kosten erster Instanz betrifft, können mangels Hinzuziehung bei dem Beteiligten zu 2. keine angefallen sein. Auf der anderen Seite ist kein Grund ersichtlich, ihn trotz des fehlerhaften Verfahrens und der daraus folgenden fehlenden Rechtsbeständigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses (die Erledigung hinweggedacht) mit außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. zu belasten.
Die Erstattungsanordnung bezüglich des Beschwerdeverfahrens beruht auf dem Gesichtspunkt des Obsiegens und Unterliegens ohne Eintritt der Erledigung. Vorrangige Wertungsgesichtspunkte, die es geböten, hiervon abzusehen, sind im gegebenen Fall, in dem sich die Beteiligten letztlich nicht anders als in einem Zivilprozess gegenüberstehen, nicht zu erkennen. Namentlich ist die Beteiligte zu 1. der Beschwerde entgegengetreten, indem sie sich die Ausführungen des Nichtabhilfebeschlusses zu eigen gemacht hat.
III.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor; die entscheidungstragenden Erwägungen des Senats beruhen auf der Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze im gegebenen Einzelfall.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG. Dem Beteiligten zu 2. geht es wesentlich nicht darum, die Forderung, deren sich die Beteiligte zu 1. berühmt, zu bekämpfen, sondern darum, der Kosten und Mühen einer Inventarerrichtung enthoben zu sein; das diesbezügliche Interesse hat der Senat auf die festgesetzte Summe geschätzt. Einer Unterteilung in die Zeit vor und nach Erledigungserklärung bedarf es nicht, da alle Kostenpositionen vor dieser angefallen sind.
Meta
16.02.2018
Oberlandesgericht Düsseldorf 3. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: Wx
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2018, Az. I-3 Wx 252/17 (REWIS RS 2018, 13833)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 13833
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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