Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZR 115/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3948

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[X.] DES VOLKES URTEIL I ZR 115/10 Verkündet am: 17. August 2011 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 17. August 2011 durch [X.] [X.] und [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 18. Juni 2010 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.]. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist der Ende 2008 gegründete [X.] - [X.] im Glücksspielwesen e.V. Er nimmt die Beklagte, die staatliche [X.], wegen unzulässiger Werbung für das [X.] auf Unterlassung in Anspruch. Dabei beanstandet der Kläger die konkrete Gestaltung von vier Seiten eines Werbefaltblatts (A[X.]ildun-gen 1 bis 4 zum Klageantrag) sowie der [X.]werbung (A[X.]ildungen 5 bis 7 zum Klageantrag) als Verstoß gegen die [X.] Die Verbandssatzung des [X.] enthält in § 3 folgende Zweckbestim-mung: 1. Der Verein fördert insbesondere im Sinne der § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 [X.] die gewerblichen oder selbständigen beruflichen Interessen seiner Mitglieder und von Personen, die sich unmittelbar oder mittelbar im [X.], Gewinn- und [X.] ein-schließlich Lotterien, Ausspielungen und Wetten (der —[X.]) betätigen und/oder betätigen wollen, unter Ausschluss von Interessen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts un-mittelbar oder mittelbar beteiligt sind. Insbesondere hat der Verein den Zweck und die Aufgaben, im [X.]: a) den lauteren Wettbewerb in Übereinstimmung mit den verfassungsrecht-lichen und/oder gesetzlichen Vorgaben zu fördern, auf faire gesetzliche Rahmenbedingungen für eine freie Entfaltung verantwortungsvoller un-ternehmerischer Tätigkeit, insbesondere seiner Mitglieder, hinzuwirken oder solche Rahmenbedingungen gegebenenfalls zu erhalten sowie un-verhältnismäßigen staatlichen Maßnahmen und Beschränkungen einer freien und verantwortungsbewussten Ausübung beruflicher und unter-nehmerischer Grundfreiheitsrechte politisch und rechtlich entgegenzuwir-ken; b) das Marktverhalten von Marktteilnehmern zu beobachten und auf die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen hin zu kontrollieren; – c) den unlauteren, leistungswidrigen Wettbewerb in allen Erscheinungsfor-men – im Zusammenwirken mit Behörden und Gerichten zu bekämpfen; – Der Kläger hat beantragt, der [X.] unter Androhung von [X.] zu verbieten, bei geschäft-lichen Handlungen im Bereich des [X.] den Absatz von Losen der Glücksspirale zu fördern und/oder im [X.] für öffentliches Glücksspiel zu werben und/oder werben zu lassen, wie auf der [X.]seite unter www.gluecksspirale.de am 9. März 2009 geschehen und nachstehend wieder-gegeben:

2 3 - 4 - A[X.]ildung 1:A[X.]ildung 2:- 5 - A[X.]ildung 3:A[X.]ildung 4:- 6 - A[X.]ildung 5:A[X.]ildung 6:- 7 - Das [X.] hat der Klage beschränkt auf Werbung im [X.] ge-mäß den A[X.]ildungen 5 bis 7 des Klageantrags stattgegeben und sie im Übri-gen abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag in vollem Umfang weiterverfolgt und hilfsweise beantragt, der [X.] unter Androhung von [X.] zu verbieten, a) den Absatz von Losen der Glücksspirale zu fördern und zu werben oder werben zu lassen, wie nachstehend wiedergegeben: (es folgen die A[X.]ildungen 1 bis 4 des Klageantrags erster Instanz); b) im [X.] für öffentliches Glücksspiel zu werben und/oder werben zu [X.], wie auf der [X.]seite unter www.gluecksspirale.de am 9. März 2009 geschehen und nachstehend wiedergegeben: (es folgen die A[X.]ildungen 5 bis 7 des Klageantrags erster Instanz). 4 A[X.]ildung 7:- 8 - Als zweiten Hilfsantrag hat der Kläger den ersten Hilfsantrag mit der Maßgabe gestellt, dass unter a) hinter die Wörter —werben zu lassenfi der fol-gende Halbsatz eingefügt wird: in der Weise, dass auf die Gewinnmöglichkeiten mit Aussagen zur Mittelverwendung der durch das Glücksspiel eingenommenen Gelder (Sportförderung, Denkmalpflege, Wohlfahrtspflege) [X.] wird, – Das Berufungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Klage für unzulässig gehalten. Dazu hat es ausgeführt: Der Kläger erfülle zwar im Hinblick auf Mitglieder und finanzielle Ausstat-tung die Voraussetzungen der Verbandsklagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die Klage sei jedoch rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG. Die Verbandsmitglieder des [X.] verstießen unstreitig selbst gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen und im In-ternet gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV. Sie gingen sogar noch über das gerügte un-lautere Handeln der [X.] hinaus, weil sie entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV öf-fentliche Glücksspiele im [X.] nicht nur bewürben, sondern auch [X.] und vermittelten. Es sei unstreitig, dass der Kläger bis auf anfänglich vier 5 6 7 8 9 - 9 - Verfahren in über hundert Fällen ausschließlich gegen die staatlichen [X.]ge-sellschaften vorgehe, deren Interessen er satzungsgemäß nicht wahrnehme und die er als —natürliche [X.] seiner Verbandsmitglieder ansehe. Soweit - wie im Streitfall - Interessen der Allgemeinheit berührt würden, sei es einem Verband zwar grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Dritte und nicht gegen eigene Mitglieder gerichtlich vorzugehen. Unzulässig sei es aber, wenn der klagende Verband den unlauteren Wettbewerb der eigenen Mitglieder planmäßig dulde, sofern dies auf sachfremden Erwägungen beruhe und bei Berücksichtigung der Gesamtumstände den Einwand des Rechtsmiss-brauchs begründe. Dies sei im Streitfall aufgrund einer Kombination von Verhal-tensweisen des [X.] der Fall. Der Kläger gehe nicht nur —zunächstfi nicht gegen eigene Verbandsmitglieder vor, sondern wende sich aus sachfremden Erwägungen heraus - nämlich mit dem Ziel der Beendigung des verfassungs-gemäßen staatlichen Lizenzsystems im Glücksspielwesen - ausschließlich und dauerhaft nur gegen diejenigen Wettbewerber, deren Interessen er ausdrücklich nicht wahrnehme. Das Verhalten des [X.] diene damit weder dem freien Wettbewerb noch der Allgemeinheit, sondern führe im Gegenteil zu einer ein-seitigen [X.]verzerrung zu Lasten aller Nichtmitglieder des [X.]. Würde das Verhalten des [X.] oder seiner im [X.] auftretenden Ver-bandsmitglieder weiter geduldet, würde zudem der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen entgegen § 284 StGB Vorschub geleistet. I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des [X.] hat [X.]. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Anforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG an die [X.] 11 12 - 10 - fugnis hinsichtlich seiner Mitgliederstruktur erfüllt. Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder des [X.] dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen - bezogen auf den maßgeblichen Markt - in der Weise repräsentativ sind, dass ein [X.] Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Das kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein ([X.], Urteil vom 23. Oktober 2008 - I ZR 197/06, [X.], 692 Rn. 12 = [X.], 811 - [X.], mwN). [X.] dann, wenn - wie im Streitfall - der Marktzutritt rechtlich oder tatsäch-lich stark beschränkt ist, dürfen nur geringe Anforderungen an die repräsentati-ve Mitgliederzahl gestellt werden. Andernfalls würde die wettbewerbliche [X.] marktstarker Unternehmen oder Oligopole unangemessen beschränkt. a) Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des [X.] gehören ihm als Mitglieder der [X.] der [X.] und der [X.] der [X.] an, deren jeweilige Mitglieder bundesweit - und damit auch in [X.] - Kunden für die Klassenlotterien werben. [X.] ist auch der FABER [X.] als gewerblicher Spielvermittler für staatliche Lotterien der Bundesländer in [X.] im Postvertrieb tätig. Anders als in anderen Bundesländern mag dieses Unternehmen zwar in [X.] nicht über die dafür erforderliche Erlaubnis verfügen. Der Kläger hat aber unwidersprochen vorgetragen, dass der FABER [X.] auch in [X.] eine Erlaubnis beantragt habe und seine Tätigkeit dort wäh-rend des schwebenden [X.] geduldet werde. Unter Berücksich-tigung der Besonderheiten des hier maßgeblichen Marktes reichen diese [X.] des [X.] aus anzunehmen, dass es ihm bei der Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung 13 - 11 - der [X.] geht (vgl. [X.], [X.], 692 Rn. 12 - [X.]). b) Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob bei der Feststellung der Klagebefugnis zu berücksichtigen ist, dass die übrigen Mitglieder des [X.] eine schlechthin verbotene Glücksspieltätigkeit ausüben könnten, was möglich-erweise ihrer Berücksichtigung als Mitbewerber der [X.] (§ 2 Nr. 3 UWG) oder als Unternehmen, die Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG), entgegenstehen würde (ebenfalls offengelassen in [X.], Urteil vom 28. Oktober 2004 - [X.], [X.], 176 = [X.], 94 - Nur bei [X.]). 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, die Klage sei im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich erhoben. a) Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzu-gehen. Die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbe-werber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen - etwa deshalb, weil nunmehr er allein die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse - ist darin schon [X.] nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem [X.] Mitbewerber vorzugehen ([X.], Urteil vom 12. Dezember 1996 - [X.], [X.], 537, 538 = [X.], 721 - Lifting-[X.]reme; Urteil vom 23. Januar 1997 - [X.], [X.], 681, 683 = [X.], 715 - Pro-duktwerbung; Urteil vom 17. September 1998 - I ZR 119/96, [X.], 515, 516 = [X.], 424 - Bonusmeilen). 14 15 16 - 12 - b) Allerdings können besondere Umstände, insbesondere sachfremde Erwägungen, im Einzelfall eine andere Beurteilung nahelegen. Solche besonde-ren Umstände sind im Streitfall jedoch nicht ersichtlich. aa) Der Senat hat in der Vergangenheit entschieden, dass es selbst bei identischer Werbung noch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann, wenn ein Verband, der die Frage der [X.]widrigkeit eines be-stimmten Verhaltens höchstrichterlich klären lassen will, zunächst gegen einen [X.] und nicht gegen ein eigenes Mitglied gerichtlich vorgeht ([X.], [X.], 537, 538 - Lifting-[X.]reme; [X.], 681, 683 - Produktwerbung). [X.] kann aber nicht geschlossen werden, dass ein Verband, der auch [X.] [X.]verstöße der eigenen Mitglieder nicht verfolgt, stets rechts-missbräuchlich handelt. [X.]) Allerdings kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch [X.] duldet ([X.], [X.], 681, 683 - Produktwerbung, in diesem Sinne etwa auch Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 292; MünchKomm.UWG/[X.], § 8 Rn. 472; [X.] in [X.], [X.], 6. Aufl., § 20 Rn. 25; [X.], [X.]rechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., [X.]. 13 Rn. 59). Zwar gibt es grundsätzlich keine Obliegenheit eines Verbands, gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich außenstehende Dritte berufen könnten. Die [X.] gewerblicher Interessen findet ihre Rechtfertigung aber darin, dass die Bekämpfung unlauterer [X.]handlungen nicht nur im Interesse des unmittelbar Betroffenen, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt ([X.], Ur-teil vom 5. Oktober 1989 - [X.], [X.], 282, 284 = WRP 1990, 364 17 18 19 - 13 - - [X.]; Urteil vom 9. Dezember 1993 - I ZR 276/91, [X.], 304, 305 = [X.], 181 - Zigarettenwerbung in Jugendzeitschriften). [X.]) Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es eine Frage der Gesamtumstände des Einzelfalls, ob das dauerhaft selektive Vorgehen eines Verbands ausschließlich gegen Nichtmitglieder als rechtsmissbräuchlich anzu-sehen ist. Dabei lassen sich allerdings bestimmte Fallgruppen bilden. So ist es insbesondere rechtsmissbräuchlich, wenn der Verband mit einem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach einem Beitritt Schutz vor Verfolgung verspricht. Ein sol-cher Fall liegt hier aber schon deswegen nicht vor, weil die vom Kläger ange-griffenen staatlichen [X.]gesellschaften von der Mitgliedschaft beim Kläger kraft Verbandssatzung ausgeschlossen sind. Andererseits kann sich eine dauerhafte Beschränkung der Verfolgung von [X.]verstößen auf Nichtmitglieder für einen Verband aus der Natur der Sache ergeben, wenn sie schon aus seinem - rechtlich unbedenklichen - [X.] folgt. In einem solchen Fall ist ein Rechtsmissbrauch zu ver-neinen. Unbedenklich wäre es beispielsweise, wenn der satzungsgemäße Zweck eines Verbandes mittelständischer Unternehmen des Hotel- und [X.] auf die Abwehr unlauteren [X.] durch Großbetriebe dieser Branche gerichtet wäre oder wenn ein Verband forschender Pharmaun-ternehmen sich seinem Satzungszweck entsprechend gegen unlautere Prakti-ken der Generikahersteller wendete. [X.]) Der Kläger ist ein Verband, bei dem eine dauerhafte Beschränkung der Verfolgung von [X.]verstößen auf Nichtmitglieder schon aus dem [X.] folgt. Aus § 3 seiner Satzung ergibt sich deutlich, dass er aus-schließlich die Förderung der Interessen privater Gewerbetreibender im [X.] 21 22 - 14 - spielwesen bezweckt und dazu den lauteren Wettbewerb fördern und das Marktverhalten von Marktteilnehmern beobachten will. Die staatlichen [X.]ge-sellschaften sowie Unternehmen des [X.] mit unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts sind aus-drücklich von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Der Zweck des [X.] ist danach satzungsgemäß darauf ausgerichtet, die Interessen der privaten Glücksspielwirtschaft gegenüber den etablierten staatlichen Anbietern zu [X.]. Unter diesen Umständen ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er sich - auch dauerhaft - auf die Verfolgung von [X.]verstößen der staatlichen [X.]gesellschaften beschränkt. ee) Anders als das Berufungsgericht meint, kann auch keine Rede davon sein, dass bei einer weiteren Duldung des Verhaltens des [X.] dem uner-laubten Veranstalten von Glücksspielen (§ 284 StGB) Vorschub geleistet [X.]. Zwischen wettbewerbsrechtlichen Klagen des [X.] gegen staatliche [X.] einerseits und möglichen Rechtsverstößen seiner Mitglieder andererseits besteht kein Zusammenhang. Insbesondere werden die [X.] der [X.]gesellschaften, anderer Marktteilnehmer oder der Behörden nicht beeinträchtigt, gegen Rechtsverstöße von Mitgliedern des [X.] vorzu-gehen. ff) Für die Frage, ob die Klage rechtsmissbräuchlich erhoben worden ist, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unerheblich, dass die Ver-bandstätigkeit des [X.] darauf abzielt, das staatliche Lizenzsystem im Glücksspielwesen zu beenden. Dem Kläger steht es frei, das politische Ziel der Liberalisierung des Glücksspielmarkts mit allen legalen Mitteln zu verfolgen, und zwar auch dann, wenn die gegenwärtige Ausgestaltung des [X.] verfassungs- und unionsrechtlicher Nachprüfung standhält. [X.] 23 24 - 15 - für die wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis des [X.] ergeben sich daraus nicht. 3. Da das Berufungsgericht die Klage zu Unrecht als unzulässig abge-wiesen hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zur Begründetheit der Klage getroffen werden können. 4. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht Folgendes zu berücksichtigen haben: a) [X.]werbung für die Lotterie Glücksspirale verstößt gegen das ge-nerelle Verbot der Werbung für Glücksspiele im [X.] (§ 5 Abs. 3 GlüStV). Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass im [X.] auch eine Wer-bung verboten ist, die sich im Sinne von § 5 Abs. 1 GlüStV darauf beschränkt, über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu informieren und aufzuklären. b) Der Hauptantrag des [X.] dürfte hinsichtlich der in den Klagean-trag aufgenommenen A[X.]ildungen 1 bis 4 unbegründet sein. Er bezieht sich ausschließlich auf Werbung der [X.] im [X.]. Wie die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben und auch dem Vortrag des [X.] in der Beru-fungsinstanz entspricht, stammen die A[X.]ildungen 1 bis 4 aber nicht aus der [X.]werbung der [X.], sondern aus einem Faltblatt (—[X.]). Dem Klagevortrag lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte diese A[X.]ildungen auch in der [X.]werbung verwendet hat. Dementsprechend besteht hinsicht-lich der Verwendung dieser Werbung im [X.] keine Wiederholungsgefahr. Auch für eine Erstbegehungsgefahr ist insoweit nichts ersichtlich.
25 26 27 28 - 16 - c) Das [X.] hat dem Hauptantrag und dem Vortrag des [X.] aber zutreffend entnommen, dass er sich auch dagegen wendet, dass die [X.] außerhalb des [X.]s den Absatz von Losen der Glücksspirale mit den A[X.]ildungen 1 bis 4 fördert. Der Kläger hat dies in der Berufungsinstanz mit seinem ersten Hilfsantrag klargestellt. Das Berufungsgericht durfte diesen [X.] dann nicht als unzulässige Klageänderung ansehen, mit der ein völlig neu-er Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden sei. d) Bei der Prüfung der Vereinbarkeit der vom Kläger beanstandeten Falt-blattwerbung mit § 5 Abs. 1, 2 GlüStV wird das Berufungsgericht die inzwischen vom Senat und vom [X.] entwickelten Grundsätze zur Beurteilung von Glücksspielwerbung nach § 5 GlüStV zu berücksichtigen haben (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 149/08, [X.], 440 Rn. 11 ff. - Spiel mit; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 [X.] 4.10, ZfWG 2011, 341 Rn. 34 f.). Danach ist es unbedenklich, wenn die Beklagte auf die Verwen-dung ihrer [X.] hinweist, soweit sich dies nach der konkreten [X.] nur als sachliche Information im Sinne eines Rechenschaftsberichts darstellt. Es gehört zur zulässigen und sogar notwendigen Information und Auf-klärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel nach § 5 Abs. 1 GlüStV, dass die Spieler und Spielinteressierten erfahren können, welcher Betrag der Spielein-nahmen als Gewinn ausgeschüttet wird und für welche sonstigen Zwecke sie verwendet werden. Auch eine sachliche Information über Art und Höhe der im Einzelnen ausgelobten Preise ist erlaubt. Unzulässig ist es dagegen, den Hinweis auf die gemeinnützige Verwen-dung der [X.] mit einer Aufforderung zur Spielteilnahme zu [X.], die dadurch als wünschenswertes, positiv zu [X.] und sozial verantwortliches Handeln erscheint. Nicht erlaubt ist beispielsweise auch die Darstellung des Glücksspiels als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen [X.] 30 31 - 17 - winns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung (vgl. BVerwGE 138, 201 Rn. 51). [X.] Pokrant Büscher
Kirchhoff Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] (014) - [X.], Entscheidung vom [X.] - 10 U 61/09 Hs -

Meta

I ZR 115/10

17.08.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZR 115/10 (REWIS RS 2011, 3948)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3948

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