Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.01.2013, Az. V R 31/10

5. Senat | REWIS RS 2013, 9101

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Gegenstand

Umsatzsteuer bei der Veranstaltung einer "Dinner-Show" - Komplexe Leistung - Keine Bindung des BFH an widersprüchliche Sachverhaltswürdigung des FG


Leitsatz

1. Die Kombination von künstlerischen und kulinarischen Elementen in Form einer "Dinner-Show" kann eine komplexe Leistung sein, die dem Regelsteuersatz unterliegt .

2. Allein der Umstand, dass beide Bestandteile im Wirtschaftsleben auch getrennt erbracht werden, rechtfertigt keine Aufspaltung des Vorgangs, wenn es dem durchschnittlichen Besucher der "Dinner-Show" um die Verbindung beider Elemente geht .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Umsätze aus der Veranstaltung einer "[X.]" als einheitliche Leistung anzusehen sind und dem Regelsteuersatz unterliegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt ein Hotel. In einem vor dem Hotelgebäude aufgebauten Zelt veranstaltete sie in den Streitjahren 2004 und 2005 eine "[X.]". Die Eintrittskarten kosteten zwischen 93 € und 109 € und umfassten eine [X.]- und Theatershow, ein Menü mit vier Gängen und die Garderobe. Getränke wurden gesondert berechnet. Während der Veranstaltung saßen die Gäste nicht in Stuhlreihen, sondern an Tischen. Vor und zwischen den musikalischen und künstlerischen Darbietungen wurden die einzelnen Gänge und Getränke serviert und abgeräumt. Zur Unterhaltung während des Essens fand als "[X.]" eine musikalische Begleitung statt. Die Gesamtdauer der Veranstaltung betrug vier Stunden. Davon entfielen circa eineinhalb Stunden auf das Menü.

3

Die Klägerin ging davon aus, dass sie mit der Veranstaltung der "[X.]" zwei selbständige Leistungen erbringe: Umsätze, die dem Regelsteuersatz unterliegen (Menü) und solche, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen ([X.]). Als Entgelt für die regelbesteuerte Leistung, das Menü, legte sie einen Betrag von 15 € zugrunde, den Restbetrag unterwarf die Klägerin dem ermäßigten Steuersatz.

4

Im [X.] an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, dass die kulinarischen und künstlerischen Elemente der "[X.]" zwar gleichwertig nebeneinander ständen, aber aus Sicht des [X.] ein "Kombinationserlebnis" im Vordergrund stehe. Es handele sich somit um eine einheitliche Leistung, die in voller Höhe dem Regelsteuersatz unterliege. In den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre vom 19. März 2009 erhöhte das [X.] dementsprechend die auf die Umsätze aus der "[X.]" entfallende Umsatzsteuer für 2004 um 63.798,90 € und für 2005 um 43.265,05 €. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb insoweit ohne Erfolg.

5

Die aus Gründen, die nicht den streitigen Sachverhalt betreffen, geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2004 und 2005 vom 7. April 2010 waren Gegenstand des Klageverfahrens.

6

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 1839 veröffentlichten Urteil statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass das [X.] die Umsätze zu Unrecht insgesamt dem Regelsteuersatz unterworfen habe. Die Leistungen der Klägerin seien nicht als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen.

7

Der wirtschaftliche Gehalt der Leistungen bestehe in einer Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines sog. Spiegelzeltes. Die künstlerischen und kulinarischen Leistungen seien aufeinander abgestimmt, miteinander verbunden und griffen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Angesichts der Höhe des Eintrittspreises sei davon auszugehen, dass die Veranstaltungen vom Durchschnittsverbraucher nicht ausschließlich wegen der [X.]- und Theatershow oder ausschließlich wegen des Menüs besucht würden. Gerade die Kombination, durch die eine "[X.]" als etwas eigenständiges "Drittes" geschaffen werde, präge den Charakter der Veranstaltungen und stelle den besonderen Anreiz für die Besucher dar. Der Umstand, dass die Leistungen in einem "Paket" in Anspruch genommen werden könnten, führe nicht zur Annahme einer einheitlichen Leistung. Die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine hätten jeweils einen eigenständigen Wert für den Gast und träten nicht hinter einer Gesamtleistung zurück. Beide Leistungen könnten im [X.] ohne weiteres voneinander getrennt werden. Den Besuchern komme es bei lebensnaher Betrachtung nicht allein auf die künstlerischen Darbietungen an. Gleichermaßen wichtig sei die Möglichkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Küche eines 5-Sterne-Hotels kreierten Menüs. Beide Leistungen kämen nicht üblicherweise "im Gefolge" der jeweils anderen Leistung vor. Da die künstlerischen Darbietungen die Höhe des pauschalen Eintrittspreises wesentlich mitbestimmen würden und das Menü ebenfalls nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Eintrittspreis bleibe, könnten beide Leistungen keine reinen Nebenleistungen sein. Vielmehr stünden künstlerische und kulinarische Leistungen in einem gleichgeordneten Verhältnis.

8

Für die Berechnung des auf die ermäßigt zu besteuernde künstlerische Leistung bezogenen Teils des Gesamtpreises sei von einem durchschnittlichen Gesamtpreis pro Eintrittskarte von 100 € brutto und einem durchschnittlichen Menüpreis von 40 € brutto auszugehen. Da die Klägerin bereits 15 € brutto des auf die Restaurationsleistungen entfallenden Anteils von 40 € dem Regelsteuersatz unterworfen habe, seien die noch streitigen Umsätze im Verhältnis 25/85 (Regelsteuersatz) und 60/85 (ermäßigter Steuersatz) aufzuteilen.

9

Mit seiner Revision macht das [X.] die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Es ist der Auffassung, dass es sich um eine einheitliche, nicht teilbare Leistung handele, die nicht ermäßigt zu besteuern sei. Erhebliche Gesichtspunkte seien der einheitliche Eintrittspreis und die einheitliche Vertragsgrundlage. Hinzu komme, dass die [X.] nur einheitlich in Anspruch genommen werden könnten und aus Sicht des [X.] untrennbar verbunden seien. Es bestehe kein bloßes Nebeneinander von im Paket angebotenen Leistungen. Durch die Kombination werde --wie auch das [X.] festgestellt habe-- etwas selbständiges "Drittes" geschaffen.

Dass abstrakt betrachtet ein Menü und eine [X.]darbietung auch gesondert angeboten und in Anspruch genommen werden könnten, spiele für die Beurteilung des konkreten Umsatzes keine Rolle. Der besondere Wert der "[X.]" liege gerade in der Kombination. Eine Aufspaltung wäre künstlich und widerspräche der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit. Sie wäre auch mit praktischen Schwierigkeiten verbunden, da unklar sei, welcher Aufteilungsmaßstab zu wählen wäre.

Das [X.] beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des [X.] an. Die Verbindung von Restauration mit [X.] gebe im vorliegenden Fall der jeweiligen anderen Leistung kein anderes Gepräge und führe nicht unter Auflösung der Einzelleistungen zu einer anderen Leistung eigener Art. Insbesondere dienten die Einzelleistungen durch ihre Kombination nicht einem weiteren, dem wirtschaftlichen Ziel der jeweiligen Einzelleistungen entrückten, einheitlichen [X.]. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Verkauf von Getränken im Rahmen der "[X.]" als eigenständige Leistung beurteilt worden sei. Dies lasse darauf schließen, dass auch die streitgegenständlichen [X.] (künstlerische Leistung, Restauration) grundsätzlich wirtschaftlich trennbar seien. Der [X.] ([X.]) sei zudem an die Würdigung durch das [X.], die weder widersprüchlich sei noch gegen Denkgesetze verstoße, gebunden. Auch bei Schaffung eines eigenständigen Werts könnten die Einzelleistungen ihre eigenständige Bedeutung behalten. Die Kombination der beiden Elemente wirke nicht prägend. Selbst wenn man von einer Einheitlichkeit ausgehe, stehe das Showelement im Vordergrund, so dass dann die gesamte Leistung dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Das [X.] könne der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf das Showelement nicht entgegenstehen. Zur Klärung der Rechtsfrage, ob die im Rahmen einer "[X.]" erbrachten Leistungen als eine einheitliche oder als selbständige Leistungen anzusehen seien, werde die Vorlage an den [X.] ([X.]) angeregt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorents[X.]heidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgeri[X.]htsordnung --[X.]O--). Das [X.] geht zu Unre[X.]ht davon aus, dass die im Rahmen der "Dinner-Show" erbra[X.]hten künstleris[X.]hen Leistungen als selbständige Leistungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. a der in den Streitjahren gültigen Fassung des Umsatzsteuergesetzes 1999 bzw. 2005 (UStG) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

1. Die Klägerin erbra[X.]hte mit der Veranstaltung der "[X.]" eine einheitli[X.]he, insgesamt dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistung.

a) Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.], der si[X.]h der [X.] anges[X.]hlossen hat, gelten für die Frage, ob mehrere Tätigkeiten steuerre[X.]htli[X.]h zu nur einem Umsatz oder mehreren eigenständigen Umsätzen führen, folgende Grundsätze (vgl. [X.]-Bes[X.]hluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10, [X.]E 231, 360, [X.], 360, m.w.N.):

aa) Zunä[X.]hst ist in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betra[X.]hten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und [X.]andlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetra[X.]htung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitli[X.]her Umsatz. Dabei sind unter Berü[X.]ksi[X.]htigung eines Dur[X.]hs[X.]hnittsverbrau[X.]hers die [X.]harakteristis[X.]hen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirts[X.]haftli[X.]h einheitli[X.]he Leistung ni[X.]ht künstli[X.]h aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbra[X.]hte Einzelumsätze als einheitli[X.]her Umsatz anzusehen, wenn sie ni[X.]ht selbständig sind.

bb) Einen einheitli[X.]hen Umsatz hat der [X.] für zwei Fallgruppen bejaht.

(1) Zum einen liegt eine einheitli[X.]he Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine [X.]auptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerli[X.]he S[X.]hi[X.]ksal der [X.]auptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und ni[X.]ht [X.]auptleistung, wenn sie für die Kunds[X.]haft keinen eigenen Zwe[X.]k, sondern das Mittel darstellt, um die [X.]auptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspru[X.]h zu nehmen (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.] u.a., [X.], 272 Rdnr. 54, m.w.N.).

(2) Zum anderen kann si[X.]h eine einheitli[X.]he Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere [X.]andlungen oder Einzelleistungen des Steuerpfli[X.]htigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirts[X.]haftli[X.]hen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirkli[X.]hkeitsfremd wäre (vgl. z.B. [X.]-Urteil [X.] u.a. in [X.] 2011, 272 Rdnr. 53, m.w.N.; [X.]-Bes[X.]hluss vom 19. Januar 2012 [X.]/11, [X.]. und [X.]., [X.] --[X.]FR-- 2012, 674 Rdnr. 29; [X.]-Urteil vom 19. Juli 2012 [X.]/11, [X.], Der Betrieb --[X.]-- 2012, 1662 Rdnr. 21).

So ist der [X.] z.B. in folgenden Fällen von einem einzigen untrennbaren wirts[X.]haftli[X.]hen Vorgang ausgegangen:

- Erwerb einer Software, die in diesem Zustand für die wirts[X.]haftli[X.]he Tätigkeit des Leistungsempfängers nutzlos ist, und na[X.]hfolgende Anpassungen, die die Software erst nützli[X.]h werden lassen, wenn der wirts[X.]haftli[X.]he Zwe[X.]k darin besteht, eine speziell an die Bedürfnisse des Leistungsempfängers angepasste einsatzfähige Software zu erhalten ([X.]-Urteil vom 27. Oktober 2005 [X.], Levob, Slg. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2006, 38 Rdnr. 24),

- Erwerb eines Glasfaserkabels und die mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Veräußerung eines verlegten und funktionstü[X.]htigen Kabels erforderli[X.]h und hiermit eng miteinander verbunden sind ([X.]-Urteil vom 29. März 2007 [X.]/05, [X.], Slg. 2007, [X.], [X.]/NV Beilage 2007, 293 Rdnr. 25),

- Erwerb eines alten Gebäudes mit dem dazugehörigen Grund und Boden, der in diesem Zustand ohne jeden Nutzen für die wirts[X.]haftli[X.]he Tätigkeit des Leistungsempfängers ist, und den Leistungen in Bezug auf den Abriss der Gebäude, die allein geeignet sind, dem Grundstü[X.]k einen wirts[X.]haftli[X.]hen Nutzen zu verleihen ([X.]-Urteil vom 19. November 2009 [X.]/08, [X.], Slg. 2009, [X.], [X.]/NV 2010, 144 Rdnr. 38),

- Parken eines PKWs auf einem außerhalb eines Flugplatzgeländes gelegenen Parkplatzes und die Beförderung der Insassen dieses PKWs zwis[X.]hen dem Parkplatz und dem Flughafenterminal ([X.]-Bes[X.]hluss [X.]. und [X.]. in [X.], 674, Leitsatz),

- Portfolioverwaltung, bei der ein Steuerpfli[X.]htiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren ents[X.]heidet und diese Ents[X.]heidung dur[X.]h den Kauf und Verkauf vollzieht ([X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 1662 Rdnr. 29).

Wie der [X.] in seinem Urteil [X.] in [X.] 2012, 1662 Rdnr. 25 ents[X.]hieden hat, kommt es für die Beurteilung, ob ein Vorgang "untrennbar" ist, auf die Si[X.]ht des [X.] an, dem es ggf. um die Verbindung vers[X.]hiedener Elemente geht.

[X.][X.]) Ob im konkreten Fall eine einheitli[X.]he Leistung vorliegt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] erri[X.]hteten Zusammenarbeit die nationalen Geri[X.]hte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsa[X.]henbeurteilungen vorzunehmen haben ([X.]-Urteil [X.] u.a. in [X.] 2011, 272 Rdnr. 55, m.w.N.). Die erforderli[X.]he Gesamtbetra[X.]htung ist im Wesentli[X.]hen das Ergebnis einer tatsä[X.]hli[X.]hen Würdigung dur[X.]h das [X.], die den [X.] grundsätzli[X.]h gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindet (z.B. [X.]-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09, [X.]E 233, 64, [X.], 461, m.w.N.).

b) Ausgehend hiervon ist die Würdigung des [X.] ni[X.]ht zu beanstanden, wona[X.]h die Restaurationsleistungen und die künstleris[X.]hen Darbietungen ni[X.]ht im Verhältnis von [X.]aupt- und Nebenleistung stehen.

Das [X.] hat unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] und des [X.] den Sa[X.]hverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Leistungen kein bloßes Mittel seien, um die jeweils andere Leistung unter optimalen Bedingungen in Anspru[X.]h nehmen zu können und daher ni[X.]ht als Nebenleistungen der jeweils anderen anzusehen seien. Show und Menü dienten ganz unters[X.]hiedli[X.]hen und glei[X.]hgewi[X.]htigen Zwe[X.]ken. Den Besu[X.]hern komme es ni[X.]ht allein auf die künstleris[X.]hen Darbietungen an. Glei[X.]hermaßen wi[X.]htig sei die Mögli[X.]hkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Kü[X.]he eines 5-Sterne-[X.]otels kreierten Menüs.

Dies entspri[X.]ht der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.], der bereits ents[X.]hieden hat, dass Gastronomieumsätze vor, während oder na[X.]h einer künstleris[X.]hen Veranstaltung aus der Si[X.]ht eines Dur[X.]hs[X.]hnittsverbrau[X.]hers einen eigenen, vom Theaterbesu[X.]h unabhängigen Zwe[X.]k haben und zur Dur[X.]hführung kultureller Dienstleistungen aus der Si[X.]ht eines Dur[X.]hs[X.]hnittsverbrau[X.]hers ni[X.]ht unerlässli[X.]h sind und somit keine Nebenleistungen darstellen (vgl. [X.]-Urteile vom 18. August 2005 V R 20/03, [X.]E 211, 85, [X.], 910 zu Gastronomieumsätzen im für jedermann zugängli[X.]hen Gastronomieberei[X.]h eines Theaters; vom 14. Mai 1998 V R 85/97, [X.]E 186, 151, [X.] 1999, 145 zur Abgabe von Speisen und Getränken in einem Kabarett; ebenso für sog. Verzehrkinos [X.]-Urteil vom 7. März 1995 XI R 46/93, [X.]E 177, 165, [X.] 1995, 429; für den Getränkeauss[X.]hank außerhalb eines Verzehrkinos im Foyer [X.]-Urteil vom 1. Juni 1995 V R 90/93, [X.]E 178, 248, [X.] 1995, 914; für die Lieferung von Speiseeis bei Filmvorführungen [X.]-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 30/95, [X.]/NV 1997, 70).

[X.]) Entgegen der Auffassung des [X.] liegt jedo[X.]h eine komplexe Leistung vor.

aa) Das [X.] geht davon aus, dass dur[X.]h die Kombination der künstleris[X.]hen und kulinaris[X.]hen Leistungen in Form der "Dinner-Show" etwas eigenständiges "Drittes" ges[X.]haffen worden sei. Glei[X.]hwohl hätten die einzelnen künstleris[X.]hen und kulinaris[X.]hen Bausteine jeweils einen eigenständigen Wert für den Gast und würden ni[X.]ht hinter einer Gesamtleistung zurü[X.]ktreten. Die Show und das Menü seien ni[X.]ht so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirts[X.]haftli[X.]he Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirkli[X.]hkeitsfremd wäre. Sie könnten "im Wirts[X.]haftsleben" ohne weiteres voneinander getrennt werden.

bb) Diese Würdigung des Sa[X.]hverhalts dur[X.]h das [X.] ist entgegen der Auffassung der Klägerin in si[X.]h widersprü[X.]hli[X.]h und verstößt daher gegen die Denkgesetze, denn die Feststellung, dass etwas eigenständiges "Drittes" entstanden sei mit der Folge, dass die enthaltenen Leistungen ihren eigenständigen Charakter verlieren, und die Beurteilung, dass einzelne Bestandteile eines Leistungsbündels ihren eigenständigen Wert behalten, s[X.]hließen si[X.]h gegenseitig aus. Der Senat ist daher ni[X.]ht gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O daran gebunden (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 1. Februar 2012 I R 57/10, [X.]E 236, 374, [X.] 2012, 407, m.w.N.).

[X.][X.]) Aufgrund der vom [X.] festgestellten konkreten Ausgestaltung sind im Streitfall die künstleris[X.]hen und kulinaris[X.]hen Leistungen untrennbar miteinander verbunden und bilden eine komplexe Leistung. Der Charakter der im Streitfall zu beurteilenden Leistungen wird wesentli[X.]h dur[X.]h die Mis[X.]hung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines Spiegelzeltes bestimmt. Die künstleris[X.]hen und kulinaris[X.]hen Leistungen sind aufeinander abgestimmt und greifen in zeitli[X.]her [X.]insi[X.]ht ineinander. Dur[X.]h die Verfle[X.]htung beider Komponenten ist es dem Verbrau[X.]her ni[X.]ht mögli[X.]h, nur die künstleris[X.]he oder nur die kulinaris[X.]he Leistung in Anspru[X.]h zu nehmen. Zwar werden Varieté Shows und 4-Gänge-Menüs im Wirts[X.]haftsleben au[X.]h getrennt erbra[X.]ht. Dies allein re[X.]htfertigt jedo[X.]h keine Aufspaltung des Vorgangs. Dem dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]hen Besu[X.]her der im Streitfall zu beurteilenden "Dinner-Show" geht es, wie das [X.] ausgeführt hat, gerade um die Verbindung der beiden Elemente (vgl. zur Portfolioverwaltung [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 1662 Rdnr. 25). Die Aufspaltung in eine kulinaris[X.]he und eine künstleris[X.]he Leistung wäre daher aufgrund der vom [X.] gewüns[X.]hten Verbindung im Streitfall lebensfremd.

[X.]iergegen spri[X.]ht entgegen der Auffassung der Klägerin ni[X.]ht, dass der Kunde der "Dinner-Show" ein abtrennbares Interesse an den einzelnen Leistungen habe, da diese jeweils für si[X.]h und unabhängig voneinander ihren eigenständigen Wert und Charakter hätten, da si[X.]h z.B. eine langweilige Aufführung ni[X.]ht auf die Qualität des Essens auswirke und die künstleris[X.]hen Leistungen ebenso ni[X.]ht von der Qualität des Essens bestimmt würden. Denn maßgebli[X.]h bleibt glei[X.]hwohl die ebenso wie im Fall der Portfolioverwaltung dur[X.]h den Kunden gewüns[X.]hte Verbindung der einzelnen Leistungselemente. Soweit si[X.]h die Klägerin weiter für ihre Auffassung auf [X.] ([X.] 2009, 289 ff., 294) beruft, der bei einer "Dinner-Show" eine Aufteilung in zwei Leistungselemente befürwortet, s[X.]hließt si[X.]h der erkennende Senat dem im [X.]inbli[X.]k auf das [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 1662 ni[X.]ht an.

d) Für ihre Gegenauffassung kann si[X.]h die Klägerin au[X.]h ni[X.]ht auf das [X.]-Urteil vom 11. Juni 2009, [X.]/07, [X.] (Slg. 2009, [X.]) berufen. Denn wie der [X.] im [X.] hieran in seinem Urteil vom 27. September 2012 [X.]/11, [X.] ([X.] 2012, 964 Rdnr. 26) ents[X.]hieden hat, ist allein die Mögli[X.]hkeit, dass grundsätzli[X.]h ein Dritter bestimmte Dienstleistungen erbringen kann, ni[X.]ht ents[X.]heidend, da die Mögli[X.]hkeit, dass Teile einer einheitli[X.]hen Leistung unter anderen Umständen isoliert erbra[X.]ht werden, zum "Konzept des zusammengesetzten einheitli[X.]hen Umsatzes" gehört.

2. Die komplexe Leistung der "Dinner-Show" unterliegt ni[X.]ht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz.

a) Na[X.]h § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. a UStG ermäßigt si[X.]h die Steuer auf 7 % u.a. für die --bis zum 15. Dezember 2004 ausgeführten-- Leistungen der Theater, Or[X.]hester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von [X.]en und Konzerten dur[X.]h andere Unternehmer bzw. für die --ab dem 16. Dezember 2004 ausgeführten-- Umsätze mit [X.] für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den [X.]en und Konzerten verglei[X.]hbaren Darbietungen ausübender Künstler (§ 27 Abs. 1 UStG i.V.m. Art. 5 Nr. 8 und Art. 22 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung von [X.] in nationales Steuerre[X.]ht und zur Änderung weiterer Vors[X.]hriften vom 9. Dezember 2004, [X.], 3310).

Unionsre[X.]htli[X.]he Grundlage für die Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Bu[X.]hst. a Unterabs. 3 der [X.] zur [X.]armonisierung der Re[X.]htsvors[X.]hriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Ri[X.]htlinie 77/388/[X.]) i.V.m. Anhang [X.] Nr. 7 der Ri[X.]htlinie 77/388/[X.]. Dana[X.]h können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsbere[X.]htigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnli[X.]he kulturelle Ereignisse und Einri[X.]htungen.

b) Die von der Klägerin veranstaltete "Dinner-Show" enthält zwar Elemente, die für si[X.]h betra[X.]htet [X.]en [X.] 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. a UStG sein können, da ni[X.]ht nur Aufführungen von Theaterstü[X.]ken im engeren Sinn, sondern au[X.]h Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés (vgl. [X.]-Urteile vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, [X.]/NV 2012, 798; vom 9. Oktober 2003 V R 86/01, [X.]/NV 2004, 984) erfasst werden. Begünstigt sind au[X.]h Mis[X.]hformen von Spre[X.]h-, Musik- und Tanzdarbietungen, so dass eine "Unterhaltungsshow" ebenfalls eine Theateraufführung [X.] 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. a UStG sein kann (vgl. [X.]-Urteile in [X.]/NV 2012, 798, und in [X.]/NV 2004, 984, unter [X.] und [X.]).

Die Steuerermäßigung na[X.]h § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. a UStG setzt jedo[X.]h voraus, dass die [X.] [X.]auptbestandteil der einheitli[X.]hen Gesamtleistung ist (vgl. zu § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. [X.] [X.]-Urteil vom 21. Oktober 2009 V R 8/08, [X.]/NV 2010, 476, m.w.N.). Die [X.] muss den eigentli[X.]hen Zwe[X.]k der Veranstaltung ausma[X.]hen ([X.]-Urteil vom 26. April 1995 XI R 20/94, [X.]E 177, 548, [X.] 1995, 519). Daran fehlt es hier, da --wie bereits ausgeführt-- der Charakter der im Streitfall zu beurteilenden komplexen Leistung wesentli[X.]h dur[X.]h die Mis[X.]hung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines Spiegelzeltes bestimmt wird und si[X.]h beide Leistungsbestandteile glei[X.]hwertig gegenüberstehen.

Für ein Vorabents[X.]heidungsersu[X.]hen an den [X.] besteht kein Anlass. Die Grundsätze, na[X.]h wel[X.]hen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Steuerpfli[X.]htige in einem konkreten Fall eine einheitli[X.]he Leistung erbringt, sind dur[X.]h die Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] geklärt; wie der Geri[X.]htshof im Urteil [X.] in [X.] 2012, 964 im [X.] daran weiter ausführt, gibt es jedo[X.]h für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung aus mehrwertsteuerli[X.]her Si[X.]ht keine Regel mit absoluter Geltung; daher sind für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung die Gesamtumstände zu berü[X.]ksi[X.]htigen; ob der Steuerpfli[X.]htige in einem konkreten Fall eine einheitli[X.]he Leistung erbringt, haben im Rahmen der mit Art. 267 erri[X.]hteten Zusammenarbeit die nationalen Geri[X.]hte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsa[X.]henbeurteilungen vorzunehmen haben ([X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 964 [X.]. 19 f.).

Meta

V R 31/10

10.01.2013

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Bremen, 18. August 2010, Az: 2 K 48/10 (1), Urteil

§ 12 Abs 2 Nr 7 Buchst a UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 7 Buchst a UStG 2005, Art 12 Abs 3 Buchst a UAbs 3 Anh H Nr 7 EWGRL 388/77, § 118 Abs 2 FGO, UStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.01.2013, Az. V R 31/10 (REWIS RS 2013, 9101)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9101

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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