30. Senat | REWIS RS 2012, 898
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Markenbeschwerdeverfahren – "was-wann-wo" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 001 665.8
hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 29. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung
was-wann-wo
für die Waren und Dienstleistungen
„Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; juristische Dienstleistungen, Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen; von [X.] erbrachte persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“.
Die Markenstelle für Klasse 45 des [X.] hat die Anmeldung wegen bestehender absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] beanstandet. Die Marke sei gebildet aus Begriffen des [X.] Grundwortschatzes und werde in ihrer Gesamtheit als beschreibender Sachhinweis dahingehend verstanden, dass Waren und Dienstleistungen („was“) zu einem bestimmten Zeitpunkt („wann“) an einem bestimmten Ort („wo“) angeboten und erbracht würden. Dieselbe Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 6. September 2011 aus den Gründen des [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält die Zusammenführung der drei Wörter für neu, wobei durch die Verbindung mittels Bindestrich ein neuer Bedeutungszusammenhang hergestellt werde; weiter meint er, wegen Weitläufig- und Vielschichtigkeit der Zusammenfügung ergebe sich kein eindeutig beschreibender Sachhinweis, da die Art der Waren und Dienstleistungen nicht erkennbar werde.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des [X.] vom 6. September 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die [X.] der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - [X.]; [X.], 710 Rn. 12 - [X.]; [X.], 949 Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 411 Rn. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Rn. 11 - [X.]; [X.], 949 f. Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; [X.], 952, 953 Rn. 10 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Rn. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855 Rn. 28 f. - [X.]).
An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen ([X.] [X.]. 2012, 914 Rn. 25 - [X.] [X.] EINFACH; [X.], 228 Rn. 36 - Vorsprung durch Technik; [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 32, 44 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] [X.], 949 Rn. 12 - My World; [X.] [X.], 778 Rn. 12 - [X.]). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen ([X.] [X.], 228 Rn. 38 - Vorsprung durch Technik; [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 35 und Rn. 36 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse ([X.] [X.], 228 Rn. 39 - Vorsprung durch Technik; [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 31, 32 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; vgl. [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Auch wenn Werbeslogans keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Verkehr diese daher als eine Beschreibung oder Anpreisung des Inhalts oder Gegenstands entsprechender Waren und Dienstleistungen auffassen (vgl. GRUR 2004, 1027, 1029 Rn. 35 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft; [X.]. 2003, 834, 835 f. - Best buy; [X.]. 2004, 944, 946 - Mehr für Ihr Geld). Nicht unterscheidungskräftig sind demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen enthalten oder sich in Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 35 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2001, 1047, 1049 - [X.], [X.]; [X.] 2001, 735, 736 - Test it).
was-wann-wo jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
was-wann-wo nur in dem Sinn verstehen, dass sie Aufklärung dahin erhalten, was zu welcher Zeit an welchem Ort erhältlich ist oder angeboten wird. Die einzelnen Markenwörter erlangen entgegen der Auffassung des Anmelders auch in der Gesamtheit keine neue, über die bloße Kombination hinausgehende Bedeutung; insbesondere erzeugen die zwischen den Wörtern eingefügten Trenn- oder Bindestriche keinen ungewöhnlichen, über die bloße Summenwirkung hinausgehenden unterscheidungskräftigen Gesamteindruck bzw. Gesamtbegriff, vielmehr erleichtern diese in der Zusammensetzung die Erkennbarkeit der drei Wörter. Auch ihre Verbindung erschöpft sich daher im Hinweis darauf, was zu welcher Zeit an welchem Ort angeboten bzw. erbracht wird.
was-wann-wo lediglich in schlagwortartiger Form auf eine Informationsquote über Art, Zeit und Ort des Angebots hin, so dass der Verkehr auch insoweit in der Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen kann.
Im Übrigen entbindet der Grundsatz, dass es bei der Prüfung der Schutzfähigkeit eines Zeichens auf die Marke in ihrer Gesamtheit ankommt, auch bei einer aus mehreren Bestandteilen gebildeten Marke nicht von einer Prüfung der einzelnen Markenteile (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 146 [X.]). Soweit der Anmelder darauf verweist, dass die Art der Waren und Dienstleistungen aus der Marke nicht erkennbar sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Schutzfähigkeit angemeldeter Marken in Bezug auf die mit dem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis beanspruchten Waren/Dienstleistungen zu beurteilen ist. Im Übrigen können auch allgemeine Angaben als Sachinformationen zu bewerten sein, insbesondere, wenn sie sich auf umfängliche und übergreifende Sachverhalte beziehen (vgl. [X.]/[X.] a. a. O., § 8 Rdn. 299). Auch aus der Neuheit eines Zeichens kann entgegen der Auffassung des Anmelders nichts für dessen Unterscheidungskraft hergeleitet werden (vgl. [X.]/[X.] a. a. O., § 8 Rdn. 107 [X.]).
was-wann-wo kann in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Bezeichnung ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Meta
29.11.2012
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.11.2012, Az. 30 W (pat) 552/11 (REWIS RS 2012, 898)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 898
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