Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2005, Az. II ZR 55/04

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1201

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 24. Oktober 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

GmbHG § 6 Abs. 3, BGB § 158

Der Geschäftsführer einer GmbH kann unter einer auflösenden Bedingung be-stellt werden. Sieht der Bestellungsakt vor, dass das Amt endet, wenn der [X.] ab einem bestimmten Zeitpunkt der GmbH nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellt, so verliert der Geschäftsführer automatisch sein Amt, wenn er zu dem genannten Zeitpunkt diese Voraussetzung nicht er-füllt, etwa weil er außerdem einer weiteren Tätigkeit nachgeht.
[X.], Urteil vom 24. Oktober 2005 - [X.]/04 - [X.]

LG Ulm - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2005 durch [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 11. Februar 2004 wird auf Kosten der [X.]n zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die familiär geprägte [X.] hat die klagende GmbH (Klä-gerin zu 2) als Komplementärin. An ihr sind neben weiteren Personen der Klä-ger zu 1 und der [X.] zu 1 sowie dessen Mutter, die [X.] zu 2, [X.]. Durch [X.]erbeschluss vom 25. März 1994 wurde - neben dem Kläger zu 1 - der [X.] zu 1 zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellt. Weiter heißt es in dem Beschluss: "Stellt der Geschäftsführer [X.] ([X.]r zu 1) ab dem 31.12.1996 nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung, so schei-det er als Geschäftsführer aus der [X.] (Klägerin zu 2) aus; insoweit ist seine Bestellung zum [X.] befristet." 1 - 3 - Hintergrund dieser Regelung war, dass der [X.] zu 1 als [X.] der [X.] tätig war und ihm die Möglichkeit eröffnet werden sollte, sein Engagement in der anderen [X.] nicht abrupt, sondern mit einer längeren Übergangsfrist zu beenden. Dementsprechend wurde dem [X.]n zu 1 in dem Geschäftsführerdienstvertrag die Befugnis eingeräumt, seine bis-lang ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer der [X.] bis zum 31. Dezember 1996 in eingeschränktem Umfang fortzusetzen. Tatsächlich nahm der [X.] zu 1 über diesen Zeitpunkt hinaus bis Februar 2003 die Funktion des Geschäftsführers der [X.] wahr. Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass der [X.] zu 1 nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin zu 2 ist. Das [X.] hat der - erstinstanzlich abgewiesenen - Klage auf die Berufung der Kläger stattgegeben. Mit ihrer - von dem [X.]at zugelassenen - Revision verfolgen die [X.]n ihren Klageabweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision der [X.]n ist nicht begründet. I. Das [X.] (ZIP 2004, 951), das die Feststellungsklage als zulässig erachtet, meint, der [X.] zu 1 sei nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin zu 2. Der [X.] zu 1 sei unter der auflösenden Bedingung zum [X.] der Klägerin zu 2 bestellt worden, ihr ab dem 31. Dezember 1996 seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Diese Bedingung sei zwi-schenzeitlich eingetreten, weil der [X.] zu 1 seine Tätigkeit bei der [X.] nicht aufgegeben habe. Die Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung unterliege keinen Wirksamkeitsbedenken, weil sie die Rechtsstellung Dritter nicht beeinträchtige. 2 3 4 5 - 4 - [X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Feststellungsklage für zuläs-sig gehalten. a) Ob der [X.] zu 1 infolge des Eintritts einer auflösenden Bedin-gung sein Geschäftsführeramt bei der Klägerin zu 2 verloren hat, kann nur im Rahmen einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geklärt werden. Eine Anfechtung des [X.] vom 25. März 1994 über die Bestellung des [X.] zu 1 zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 kommt nicht in Betracht, weil die Parteien übereinstimmend von der Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgehen und ihr Streit allein dessen inhaltliche Tragweite betrifft (vgl. [X.].Urt. v. 1. März 1999 - [X.], [X.], 656 = [X.], 796). b) Die Feststellungsklage der Klägerin zu 2 ist gegen den [X.]n zu 1 ohne weiteres zulässig, weil sie ein rechtliches Interesse an der verbindlichen Klärung hat, ob der [X.] zu 1 noch ihr Geschäftsführungs- und Vertre-tungsorgan ist (vgl. [X.].Urt. v. 20. Juni 2005 - [X.], [X.], 1365 f. zum umgekehrten Fall der Feststellungsklage des Geschäftsführers). [X.] bestehen ebenfalls nicht, soweit die Feststellung im Verhältnis des [X.] zu 1 zu den [X.]n zu 1 und 2 als [X.]er der Klägerin zu 2 begehrt wird. Da für die Rechtsbeziehungen der [X.]er von erheb-licher Bedeutung ist, wer das Amt des Geschäftsführers innehat, kann diese Frage auch im Verhältnis der [X.]er zueinander durch eine Feststel-lungsklage geklärt werden ([X.] 121, 257 f. m.w.Nachw.), zumal sich das Problem der Rechtskrafterstreckung des Urteils auf die GmbH ([X.] aaO) wegen der Beteiligung der Klägerin zu 2 am vorliegenden Rechtsstreit nicht stellt. Wegen des gleich gelagerten [X.] begegnet die [X.] 7 8 9 - 5 - keit der Feststellungsklage auch im Verhältnis der Klägerin zu 2 zu der [X.] zu 2 keinen Bedenken. c) Die Klägerin zu 2 wird im vorliegenden Rechtsstreit zutreffend durch ihren Geschäftsführer, den Kläger zu 1, vertreten. Solange die [X.] nicht von ihrer Befugnis nach § 46 Nr. 8 2. Alternative GmbHG Gebrauch macht, kann sie im Rechtsstreit gegen einen früheren Geschäftsführer durch die amtierenden Geschäftsführer vertreten werden ([X.].Urt. v. 24. Februar 1992 - [X.], [X.], 760 = [X.], 731). 2. Auch in der Sache ist dem Berufungsgericht zu folgen, dass der unter einer auflösenden Bedingung zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellte [X.] zu 1 dieses Amt mit Eintritt der Bedingung verloren hat. a) Der [X.] zu 1 ist unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 BGB) zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 berufen worden, weil er als [X.] ausscheiden sollte, sofern er der GmbH "ab dem 31. Dezember 1996 nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung" stellt. Durch diese Gestaltung wurde eine Befristung mit einer Bedingung kom-biniert, weil die auflösende Bedingung erst nach einem bestimmten Zeitablauf Rechtswirkungen zeitigen sollte. Eine solche Regelung ist rechtlich nicht zu be-anstanden ([X.], BGB 2003, § 163 Rdn. 4). Die Bestellung des [X.] zu 1 als Geschäftsführer der Klägerin zu 2 sollte nach Maßgabe des [X.] vom 25. März 1994 - ungeachtet seiner tatsächli-chen Arbeitsleistung - bis zum 31. Dezember 1996 fortdauern, sodann aber er-löschen, falls der [X.] zu 1 der Klägerin zu 2 nicht seine volle Arbeitskraft widmet. Die auflösende Bedingung ist eingetreten, weil der [X.] zu 1 seine Tätigkeit als Geschäftsführer der [X.] bis in das [X.] fortgesetzt 10 11 12 13 - 6 - hat. Dabei kann dahinstehen, ob die auflösende Bedingung bereits am 1. Januar 1997 oder - wie das Berufungsgericht, das von einer Fristverlänge-rung ausgeht, meint - am 30. Juni bzw. 25. August 1998 eingetreten ist. b) Die Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedin-gung ist entgegen der Auffassung der Revision zulässig. Das Schrifttum lehnt eine in dieser Weise gestaltete Bestellung des Geschäftsführers überwiegend mit der Begründung als unzulässig ab, die Rechtssicherheit erfordere, dass für jedermann deutlich sei, welche Person die im öffentlichen Interesse stehenden Pflichten aus §§ 41, 43 Abs. 3, 64 GmbHG zu erfüllen habe ([X.]/ [X.] in: [X.], GmbHG 16. Aufl. § 6 Rdn. 25; [X.]/ [X.], GmbHG 9. Aufl. § 6 Rdn. 27; [X.]/[X.], GmbHG 5. Aufl. § 6 Rdn. 34; [X.]/[X.], GmbHG 2002 § 6 Rdn. 83; [X.]/ [X.], GmbHG 4. Aufl. § 6 Rdn. 29; [X.]/[X.] in: [X.] 3 2. Aufl. § 42 Rdn. 39). Dies überzeugt den [X.]at nicht. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit der Gegenauffassung die Bestellung eines Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung zulässig ([X.]/ [X.] aaO § 38 Rdn. 40; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG 17. Aufl. § 38 Rdn. 38 b; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 38 Rdn. 39), weil dadurch Belange der Rechtssicherheit nicht in stärkerem Maße als bei einer anderen Form der A[X.]erufung berührt werden. aa) § 158 BGB sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung abhängig zu machen. Mit Hilfe einer Bedingung können die rechtsgeschäftlich Handelnden für spätere Entwicklungen durch eine darauf abgestimmte Rege-lung Vorsorge treffen. Die Bedingung ist danach ein wichtiges Instrument der Vertragsgestaltung. Den mit der Vereinbarung einer Bedingung verbundenen 14 15 - 7 - Schwebezustand und die sich daraus ergebenden Unwägbarkeiten nimmt der Gesetzgeber grundsätzlich in Kauf. Lediglich bestimmte Rechtsgeschäfte ([X.]: Auflassung, § 925 Abs. 2 BGB; Eheschließung, § 1311 Satz 2 BGB) und die Ausübung von Gestaltungsrechten (Beispiel: § 388 Satz 2 BGB) hat der Gesetzgeber der Verknüpfung mit einer Bedingung entzogen. Die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH wird erst mit der Annahme des [X.]; sie gehört nicht zu den "[X.]" Rechtsgeschäften und kann daher an eine auflösende Bedingung geknüpft werden. [X.]) Die auflösend bedingte Bestellung eines Geschäftsführers ist nicht deswegen mit besonderen Unsicherheitsfaktoren behaftet, weil die Frage, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht, kontrovers beurteilt werden kann. Auch in anderen Fällen kann die A[X.]erufung eines Geschäftsführers mit [X.] rechtlichen Zweifeln behaftet sein: Kann der Geschäftsführer wegen einer entsprechenden Satzungsgestaltung nach § 38 Abs. 2 GmbHG nur aus wichti-gem Grund a[X.]erufen werden, kommt es häufig zu gegensätzlichen Beurteilun-gen, ob der dem Geschäftsführer gemachte Vorwurf seinem Schweregrad nach eine sofortige A[X.]erufung rechtfertigt (vgl. etwa die Nachweise bei [X.]/[X.] aaO § 38 Rdn. 43-53) oder fehlerfrei festgestellt worden ist (vgl. [X.].Urt. v. 20. Februar 1995 - [X.], [X.], 560, 562 = [X.], 709). Ebenso können Unstimmigkeiten entstehen, ob sich die zunächst befristete Be-stellung verlängert hat und deshalb nur durch einen Widerruf beendet werden kann. Nicht anders verhält es sich bei der Prüfung, ob die Organstellung des Geschäftsführers wegen Amtsunfähigkeit entfallen ist (vgl. [X.] 115, 78, 80), ob eine wirksame Amtsniederlegung stattgefunden hat (vgl. [X.] 121, 257, 260) oder ob mit der Beendigung des Dienstvertrages der Verlust der Organ-stellung einhergeht (vgl. [X.] 112, 103, 115). Diese Beispiele rechtlicher Zweifelsfälle bei der A[X.]erufung eines Geschäftsführers veranschaulichen, 16 - 8 - dass die Unsicherheit des Bedingungseintritts der Bestellung eines [X.]s unter einer auflösenden Bedingung nicht entgegensteht. cc) Gläubigerschutzbelange wie auch die berechtigten Interessen der [X.] verbieten ebenfalls nicht die Bestellung unter einer auflösenden Bedingung. Wird der Geschäftsführer nach Eintritt der Bedingung rechtsge-schäftlich tätig, kann der redliche Geschäftsverkehr auf die Eintragung in das Handelsregister (§ 15 HGB) und die danach fortbestehende Vertretungsmacht vertrauen, zumal eine Bedingung nicht eintragungsfähig ist ([X.], [X.]. § 158 Rdn. 34). Schließlich unterliegt der nach [X.] tätig bleibende "faktische" Geschäftsführer dem Pflichtenkreis eines ordentlichen Geschäftsführers und haftet etwa bei einer Missachtung der Insolvenzantragspflicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG; vgl. [X.].Urt. v. 11. Juli 2005 - [X.], [X.], 1550 und v. 27. Juni 2005 - [X.], [X.], 1414). [X.] Gehrlein
Strohn [X.] 17 - 9 - Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.09.2003 - 10 O 30/03 KfH - [X.], Entscheidung vom 11.02.2004 - 14 U 58/03 -

Meta

II ZR 55/04

24.10.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2005, Az. II ZR 55/04 (REWIS RS 2005, 1201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1201

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