Bundessozialgericht, Urteil vom 19.09.2019, Az. B 12 KR 21/19 R

12. Senat | REWIS RS 2019, 3425

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Versicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer von Familiengesellschaften - Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbstständigen Tätigkeit - Minderheitsgesellschafter - schuldrechtliche Stimmrechtsvereinbarungen - kein Vertrauensschutz in die sog "Kopf-und-Seele"-Rechtsprechung - Verjährung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge nur auf Einrede


Leitsatz

1. Im Hinblick auf die Versicherungspflicht der Geschäftsführer von Familiengesellschaften besteht kein Vertrauensschutz in die sogenannte Kopf-und-Seele-Rechtsprechung.

2. Die Verjährung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge ist nur auf Einrede zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des [X.] vom 25. April 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 49 788,91 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende GmbH wendet sich gegen eine Beitragsnachforderung der beklagten [X.] über 49 788,91 Euro für den Zeitraum 1.1.2009 bis 31.12.2012 wegen Versicherungspflicht ihres zu 1. beigeladenen GmbH-Geschäftsführers in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

2

[X.] war ursprünglich Inhaber eines Einzelunternehmens für Haus-technik und entschloss sich zum Jahreswechsel 2007/2008 zur Aufspaltung der damaligen Einzelfirma. Als Betriebsunternehmen wurde die klagende GmbH gegründet. Die Betriebsmittel blieben im Eigentum des [X.] als Einzelunternehmer, der seinerseits die Anlagegegenstände an die GmbH vermietete. Gründungsgesellschafter der klagenden GmbH waren der Beigeladene zu 1. und sein Vater. Von dem Stammkapital der Klägerin in Höhe von 25 000 Euro übernahm der Vater einen Anteil von [X.] und der Beigeladene zu 1. einen Anteil von [X.] (Gesellschaftsvertrag vom 21.12.2007). Beide Gesellschafter wurden zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. [X.] waren nach dem Gesellschaftsvertrag mit einfacher Stimmenmehrheit zu treffen. Aufgrund einer am [X.] privatschriftlich abgeschlossenen Stimmrechtsvereinbarung sollte jeder Gesellschafter über die Hälfte der Stimmrechte verfügen.

3

Für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erhielt der Beigeladene zu 1. ein monatliches Festgehalt von 3700 Euro brutto, das auch im Falle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt wurde.

4

Aufgrund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.12.2012 setzte die Beklagte eine Beitragsnachforderung zur [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung in einer Gesamthöhe von 49 788,91 Euro fest; der Beigeladene zu 1. sei bei der klagenden GmbH beschäftigt (Bescheid vom 10.2.2015, Widerspruchsbescheid vom 12.5.2015).

5

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des [X.] vom 6.12.2017; Beschluss des L[X.] vom 25.4.2018). Das L[X.] hat zur Begründung ausgeführt, der Beigeladene zu 1. halte nur eine Minderheit der Gesellschaftsanteile und verfüge über keine Sperrminorität. Die privatschriftlich vereinbarte isolierte Übertragung von Stimmrechten im Umfang von [X.] vom Vater auf den Beigeladenen zu 1. sei auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet, bei einem [X.] den sozialversicherungsrechtlichen Status als Selbstständiger zu begründen. Die sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung könne für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs 1 [X.]B IV nicht zu Gunsten der Klägerin herangezogen werden. Jedenfalls der für Statusentscheidungen zuständige 12. Senat des B[X.] orientiere sich nicht mehr an dieser Rechtsprechung. Der Hauptgesellschafter habe im Übrigen gerade davon Abstand genommen, dem Beigeladenen zu 1. umfassend "freie Hand" zu lassen, auch wenn dieser im Tagesgeschäft über erhebliche Entscheidungsfreiräume verfügt haben möge. Der Beigeladene zu 1. habe in seiner maßgeblichen Eigenschaft als Geschäftsführer auch kein relevantes unternehmerisches Risiko getragen. Ihm sei die vereinbarte monatliche Festvergütung gewiss gewesen. Da ein Verfahren nach § 7a [X.]B IV nicht eingeleitet worden sei, fehle eine tragfähige Grundlage für eine Inanspruchnahme von Vertrauensschutz.

6

Die klagende GmbH rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 7 Abs 1 [X.]B IV iVm Art 20 Abs 3 [X.]. Der Beigeladene zu 1. sei nach der bis 29.8.2012 vorliegenden einhelligen Rechtsprechung und der Erlasslage der Beklagten eindeutig als selbstständig anzusehen gewesen und könne sich insoweit auf Vertrauensschutz berufen. Diese Rechtsprechung sei nicht auf das Leistungsrecht begrenzt gewesen, wobei der [X.] im Leistungs- und Beitragsrecht auch nicht unterschiedlich sei. Darüber hinaus sei das Gebot eines fairen Verfahrens und das Recht auf Gehör verletzt, da das L[X.] ohne Einverständnis der Klägerin ohne mündliche Verhandlung entschieden habe.

7

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des [X.] vom 25. April 2018 und das Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2015 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]).

I. Der angefochtene Beschluss ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Der von der [X.]lägerin gerügte Verstoß gegen § 153 Abs 4 [X.] liegt nicht vor. Nach § 153 Abs 4 [X.] kann das [X.] außer im Falle einer erstinstanzlichen Entscheidung durch Gerichtsbescheid die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Hier ist die [X.]lägerin ordnungsgemäß angehört worden. Eine Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ist nicht erforderlich (Fock in Breitkreuz/Fichte, [X.], 2. Aufl 2014, § 153 Rd[X.] 23). Auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass das [X.] sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte. Seiner Entscheidung, nach § 153 Abs 4 [X.] vorzugehen, lagen weder sachfremde Erwägungen noch eine grobe Fehleinschätzung zugrunde (vgl [X.]-1500 § 153 [X.]; [X.]-1500 § 153 [X.]; [X.]-1500 § 153 [X.] Rd[X.]; [X.]-1500 § 153 [X.] Rd[X.] 9). Die rechtskundig vertretene [X.]lägerin hatte im erstinstanzlichen Verfahren in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, ihren Standpunkt durch ihren Prozessbevollmächtigten sowie ihren - seinerzeit anwesenden - Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer darzulegen. Im Berufungsverfahren mussten weitere Tatsachenfragen in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden. Im Wesentlichen wurde im Berufungsverfahren der erstinstanzliche Vortrag schriftsätzlich wiederholt und präzisiert. Auch ist nach dem Rechtsstandpunkt des [X.] nicht von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auszugehen. Es hat seine Entscheidung vielmehr unter anderem tragend darauf gestützt, dass ohne Durchführung eines Anfrageverfahrens nach § 7a [X.] keine tragfähige Grundlage für Vertrauensschutz bestehe, und konsequenterweise auch die Revision nicht zugelassen (dazu, dass in diesem Fall von tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auszugehen wäre, B[X.] Urteil vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - juris; Sommer in [X.]/[X.], [X.], 1. Aufl 2014, § 153 Rd[X.] 31).

II. Das [X.] hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] auch in der Sache zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10.2.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.5.2015 ist rechtmäßig und verletzt die [X.]lägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs 1 Satz 2 [X.]). Der Beigeladene zu 1. unterlag im Streitzeitraum (1.1.2009 bis 31.12.2012) in seiner Tätigkeit bei der [X.]lägerin der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung und die Beklagte hat deshalb zu Recht eine Beitragsnachforderung gegen die [X.]lägerin festgesetzt.

Der Beigeladene zu 1. war im Streitzeitraum als Geschäftsführer bei der [X.]lägerin beschäftigt und damit versicherungspflichtig in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung (dazu 1.). Die [X.]lägerin kann sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in eine anderslautende Rechtsprechung des B[X.] oder eine entgegenstehende Verwaltungspraxis der Beklagten berufen (dazu 2. und 3.). Da weder nach den Feststellungen des [X.] noch den von diesem in Bezug genommenen Verwaltungsakten Anhaltspunkte bestehen, dass die [X.]lägerin vor dem streitgegenständlichen [X.] Betriebsprüfungen unterzogen wurde, kann sie sich insoweit auch von vornherein nicht auf einen dahingehenden Bestands- oder Vertrauensschutz berufen (dazu 4.). [X.] kann, ob die Beitragsnachforderung teilweise verjährt war, da Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 [X.] nur auf Einrede beachtlich ist und die [X.]lägerin eine solche Einrede nicht erhoben hat (dazu 5.).

1. Im streitigen [X.]raum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 1 Satz 1 [X.] 1 [X.]B VI, § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III). Der Beigeladene zu 1. war in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der [X.]lägerin beschäftigt.

a) Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 [X.] die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die hierfür vom [X.] entwickelten [X.] (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 4.6.2019 - [X.] R 11/18 R - , zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei Geschäftsführern einer GmbH aber in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem [X.]svertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] [X.]R 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 18 ff und B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] R 5/16 R - juris Rd[X.] 13 ff).

b) Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus (B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] [X.]R 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 20; B[X.] Urteil vom 18.12.2001 - [X.] [X.]R 10/01 R - [X.] 3-2400 § 7 [X.]). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als [X.]er am [X.]apital der [X.] beteiligt, sind der Umfang der [X.]apitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die [X.] ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein [X.]er-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner [X.]apitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine [X.]erstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die [X.]erversammlung die Geschicke der [X.] bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem [X.]er gegeben, der [X.] der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese [X.]apitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er [X.] der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren [X.]apitalbeteiligung nach dem [X.]svertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige [X.]er-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von [X.] haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der [X.]erversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl B[X.] Urteil vom 11.11.2015 - [X.] R 2/14 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.] mwN; B[X.] Urteil vom 11.11.2015 - [X.] [X.]R 10/14 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.] mwN; B[X.] Urteil vom 29.6.2016 - [X.] R 5/14 R - juris Rd[X.] 39 ff; B[X.] Urteil vom 24.9.1992 - 7 [X.] - [X.] 3-4100 § 168 [X.]; B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] [X.]R 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 21).

Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit [X.] Verhalten der Beteiligten ist hingegen nicht maßgeblich. Dies wäre mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen [X.]en, während im Fall eines [X.] die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (B[X.] Urteil vom 29.7.2015 - [X.] [X.]R 23/13 R - B[X.]E 119, 216 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 29 f mwN; B[X.] Urteil vom 29.8.2012 - [X.] [X.]R 25/10 R - B[X.]E 111, 257 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 32; B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] [X.]R 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 20).

c) Gemessen daran war der zu 1. beigeladene Geschäftsführer beschäftigt. Er ist mit einer Beteiligung von [X.] am Stammkapital der [X.] und verfügt über keine echte Sperrminorität. Die zwischen dem Beigeladenen zu 1. und seinem Vater nur schuldrechtlich abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarung, nach der jeder [X.]er über die Hälfte der Stimmrechte verfügen sollte, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den [X.]er-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der [X.] bestimmen oder ihm nicht genehme Weisungen der [X.]erversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. [X.] (vgl hierzu B[X.] Urteil vom 11.11.2015 - [X.] [X.]R 13/14 R - B[X.]E 120, 59 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 25) oder Veto-Rechte (vgl hierzu B[X.] Urteil vom 11.11.2015 - [X.] [X.]R 10/14 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.]), die außerhalb des [X.]svertrages nur schuldrechtlich eingeräumt und damit zumindest außerordentlich kündbar sind, sind unabhängig von ihrer gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem [X.]svertrag ergebenden [X.] nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (B[X.] Urteil vom 11.11.2015 - [X.] [X.]R 13/14 R - B[X.]E 120, 59 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 25 mwN; zuletzt B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] [X.]R 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 22).

d) Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt. Dieser Vertrag enthält typische Regelungen eines Arbeitsvertrages. So hatte der Beigeladene zu 1. unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens Anspruch auf eine monatliche feste Vergütung und auf Entgeltfortzahlung im Falle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit.

e) Selbst wenn - worauf das Revisionsvorbringen der [X.]lägerin hindeutet - die gesellschaftsrechtliche Gestaltung vorliegend aus Gründen der Steuerersparnis gewählt wurde, ändert dies nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht. Die von der [X.]lägerin bzw ihren [X.]ern gewählte [X.]onstruktion ist rechtswirksam, weshalb sich die [X.]lägerin an ihr festhalten lassen muss.

2. Die [X.]lägerin kann auch keinen Vertrauensschutz nach Art 20 Abs 3 [X.] aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung beanspruchen. Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren [X.] zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in [X.] gibt es nicht.

a) Im Grundsatz besteht nach der Rechtsprechung des [X.] kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Höchstrichterliche Rechtsprechung schafft kein Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Eine Rechtsprechungsänderung ist unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. [X.] in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen. Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen, wenn im konkreten Einzelfall nach einer Gesamtwürdigung besondere Umstände für ein über die allgemeinen Grundsätze hinausgehendes besonderes Vertrauen bestehen, wobei Dispositionen in Erwartung einer bestimmten richterlichen Entscheidung für sich gesehen grundsätzlich nicht ausreichend sind ([X.] Nichtannahmebeschluss vom 5.11.2015 - 1 BvR 1667/15 - juris Rd[X.] 12, 25 mwN; B[X.] Urteil vom 16.12.2015 - [X.] R 11/14 R - B[X.]E 120, 209 = [X.] 4-2400 § 28p [X.], Rd[X.] 30 ff; zum Ausschluss der rückwirkenden Anwendung einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Nachteil des Arbeitgebers im Beitragsrecht vgl B[X.] Urteil vom 18.11.1980 - 12 R[X.] 59/79 - B[X.]E 51, 31, 36 ff = [X.] 2200 § 1399 [X.] ff = juris Rd[X.] 23 ff).

b) In Bezug auf das Mitgliedschafts- und Beitragsrecht der Sozialversicherung bestand keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, nach der die Tätigkeit des zu 1. beigeladenen Geschäftsführers als nicht versicherungspflichtig und damit beitragsfrei zu beurteilen gewesen wäre.

aa) Zwar haben insbesondere die für das Recht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung zuständigen [X.]e des B[X.] sich für das jeweilige Leistungsrecht in der Vergangenheit auf die sog "[X.]opf und Seele"-Rechtsprechung gestützt. Danach konnte eine rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse überlagert sein und eine selbstständige Tätigkeit etwa vorliegen, wenn ein Geschäftsführer aufgrund seiner Stellung in der Familie die Geschäfte der [X.] wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken führte und die Ordnung des Betriebes prägte, er "[X.]opf und Seele" des Unternehmens war oder er - wirtschaftlich gesehen - seine Tätigkeit nicht wie für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübte (vgl etwa B[X.] Urteil vom 23.9.1982 - 10 [X.] - [X.] 2100 § 7 [X.] S 6; B[X.] Urteil vom 29.10.1986 - 7 [X.]; B[X.] Urteil vom 8.12.1987 - 7 [X.] - juris Rd[X.] 31; B[X.] Urteil vom 11.2.1993 - 7 [X.] - juris Rd[X.] 23 ff; B[X.] Urteil vom 14.12.1999 - [X.] U 48/98 R - juris Rd[X.] 21; B[X.] Urteil vom 28.1.1992 - 11 [X.] - US[X.] 9201; im konkreten Fall abgelehnt: B[X.] Urteil vom 10.5.2007 - B 7a [X.] 8/06 R - juris; umgekehrt allerdings : B[X.] Urteil vom [X.] - 7 [X.] - B[X.]E 70, 81 = [X.] 3-4100 § 104 [X.] 8). Daraus lässt sich aber für die [X.]lägerin kein Vertrauensschutz herleiten.

bb) Die "[X.]opf und Seele"-Rechtsprechung war stets eine Erscheinungsform der höchstrichterlichen einzelfallbezogenen Auslegung und Anwendung des Typusbegriffs der Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist bei der Auslegung und Anwendung von § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] angesichts der Vielzahl denkbarer Fallkonstellationen eine eindeutige Vorhersehbarkeit des Ergebnisses ausgeschlossen, da die versicherten Personen ausgehend vom Normalfall in der Form eines Typus beschrieben sind. Es ist dabei nicht erforderlich, dass stets sämtliche als idealtypisch erkannten Merkmale vorliegen, diese können vielmehr in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien. Entscheidend ist jeweils ihre Verbindung, die Intensität und die Häufigkeit ihres Auftretens im konkreten Einzelfall. Maßgeblich ist das Gesamtbild (zum Ganzen [X.] [X.]ammerbeschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - [X.] 3-2400 § 7 [X.] 11 S 27 f = juris Rd[X.]). Das B[X.] hat zur [X.]onkretisierung des Begriffs der abhängigen Beschäftigung im Laufe der [X.] zahlreiche Indizien entwickelt, die für oder gegen abhängige Beschäftigung sprechen. Hierzu zählt auch die mögliche Bedeutung familienhafter Rücksichtnahme, wobei die "[X.]opf und Seele"-Rechtsprechung insbesondere der Leistungssenate sich aus einer Reihe von Einzelaspekten zusammensetzte, die in die Gesamtabwägung einbezogen wurden. Erforderlich waren über das Vorliegen familiärer Verbindungen hinaus stets weitere tatsächliche [X.]riterien (vgl etwa B[X.] Urteil vom 23.9.1982 - 10 [X.] - [X.] 2100 § 7 [X.] S 5 = juris Rd[X.] 21: Unternehmensgeschichte, [X.]sgründung aus rein steuerlichen oder haftungsrechtlichen Gründen; B[X.] Urteil vom 11.1.1989 - 7 [X.] - juris Rd[X.] 41: besonderer Sachverstand oder Branchenkenntnisse; B[X.] Urteil vom 28.1.1992 - 11 [X.] - juris Rd[X.] 31: Interessenlage innerhalb der [X.] nach dem "Gedanken der ehelichen [X.]" gleichgerichtet; B[X.] Urteil vom 8.12.1987 - 7 [X.]: Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg). Einen Leit- oder Obersatz, nach dem bei familiären Bindungen regelmäßig keine Beschäftigung des Geschäftsführers vorgelegen hätte, hat das B[X.] nie gebildet (vgl auch [X.], [X.], 341, 344; beispielhaft dazu, dass dieses Verständnis auch in der Literatur bestand, [X.], GmbH-St[X.]006, 176).

cc) Hinzu kommt, dass der für das Mitgliedschafts- und Beitragsrecht der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zuständige 12. [X.] des B[X.] seine Rechtsprechung zur Gewichtung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen bereits deutlich vor dem streitbefangenen [X.] präzisiert hatte. Für [X.] hat er bereits 2001 offengelassen, ob es von dem Grundsatz, dass Fremdgeschäftsführer wegen fehlender Rechtsmacht versicherungspflichtig beschäftigt sind, Ausnahmen gibt (B[X.] Urteil vom 18.12.2001 - [X.] [X.]R 10/01 R - [X.] 3-2400 § 7 [X.] 20 S 82 = juris Rd[X.] 20). Ab 2006 hat er die Bedeutung der vertraglich eingeräumten Rechtsmacht betont. Er hat klargestellt, dass eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung der nur formellen Vereinbarung nur vorgeht, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Der [X.] hat insoweit ausdrücklich klargestellt, dass es nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht, die Wirkungen eines aus steuer- bzw haftungsrechtlichen Gründen abgeschlossenen wirksamen Vertrages nach Maßgabe der Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (B[X.] Urteil vom 25.1.2006 - [X.] [X.]R 30/04 R - juris Rd[X.] 22; B[X.] Urteil vom 24.1.2007 - [X.] [X.]R 31/06 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.] 20).

dd) Darüber hinaus ist der Beschäftigungsbegriff seit jeher kontextabhängig und bereichsspezifisch ausgelegt worden (so ausdrücklich B[X.] Urteil vom 29.7.2015 - [X.] [X.]R 23/13 R - B[X.]E 119, 216 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 32; vgl bereits B[X.] Beschluss vom 11.12.1973 - [X.] 1/73 - B[X.]E 37, 10, 12 ff = [X.] [X.]2 zu § 1259 [X.] ff = juris Rd[X.] 21 ff zum Begriff des "versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses"). Insbesondere für das Leistungsverhältnis in der Arbeitslosenversicherung findet ein besonderer leistungsrechtlicher Begriff der Beschäftigung Verwendung (vgl B[X.] Urteil vom 28.9.1993 - 11 [X.] - B[X.]E 73, 126, 127 ff = [X.] 3-4100 § 101 [X.] 5 S 13 f mwN; aus Sicht des Versicherungs- und Beitragsrechts vgl B[X.] Urteil vom 4.6.2009 - [X.] [X.]R 31/07 R - [X.] 4-2400 § 7a [X.] 3 Rd[X.] 11; B[X.] Urteil vom 4.6.2009 - [X.] R 6/08 R - US[X.] 2009-72 = juris Rd[X.] 15). Diese Unterschiede zwischen dem versicherungsrechtlichen und dem leistungsrechtlichen [X.] hat der Gesetzgeber mit § 7a Abs 1 Satz 2 [X.], § 336 [X.]B III (idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954) aufgegriffen. Der erkennende [X.] hat nur vereinzelt - soweit ersichtlich [X.] - auf die "[X.]opf und Seele"-Rechtsprechung zurückgegriffen (vgl B[X.] Urteil vom 23.6.1994 - 12 R[X.] 72/92 - juris Rd[X.] 18; zur Frage, ab wie vielen Entscheidungen von einer "ständigen" oder "gefestigten" Rechtsprechung ausgegangen werden kann: [X.], Rechtsprechungsänderung und Rückanknüpfung, 2005, [X.] ff).

c) Schließlich ist, ohne dass dies aber einer abschließenden Entscheidung bedürfte, ausgehend von den Beteiligten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen und daher für den [X.] bindenden (§ 163 [X.]) Feststellungen des [X.] ohnehin fraglich, ob die [X.]lägerin und der Beigeladene zu 1. sich überhaupt mit Erfolg auf die "[X.]opf und Seele"-Rechtsprechung hätten berufen können. Dagegen, dass der Beigeladene zu 1. "[X.]opf und Seele" des klägerischen Unternehmens war, spricht vielmehr die Feststellung des [X.], dass der Beigeladene zu 1. zwar im Tagesgeschäft über erhebliche Entscheidungsfreiräume verfügt haben möge, der Hauptgesellschafter im Übrigen aber gerade davon Abstand genommen habe, ihm umfassend "freie Hand" zu lassen. Er habe selbst als Geschäftsführer aktiv im Unternehmen mitgewirkt.

3. Auch besteht kein Vertrauensschutz aufgrund einer vermeintlich geänderten Verwaltungspraxis der Beklagten. Die Beitragspflichtigen dürfen zwar nicht für eine zurückliegende [X.] mit einer Beitragsnachforderung überrascht werden, die in Widerspruch steht zu dem vorangegangenen Verhalten der Verwaltung, auf deren Rechtmäßigkeit sie vertraut haben und vertrauen durften (vgl B[X.] Urteil vom 27.9.1983 - 12 R[X.] 10/82 - B[X.]E 55, 297 = [X.] 5375 § 2 [X.] 1). Eine vertrauensstiftende gesicherte Rechtspraxis liegt aber gerade nicht vor, wenn - wie hier - eine Rechtsfrage nicht abschließend geklärt ist. Auch erweckten die Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger nie den Anschein, bei [X.] griffe automatisch die "[X.]opf und Seele"-Rechtsprechung, sondern sie wiesen auf die Notwendigkeit individueller Prüfung hin. Nach Anlage 3 des Rundschreibens über die Statusfeststellung von Erwerbstätigen vom [X.] war, wenn dem Geschäftsführer gesellschaftsvertraglich kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der [X.] eingeräumt war, "in allen anderen Fällen" jeweils individuell zu prüfen, ob ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege.

Eine Selbstbindung aufgrund einer früheren Verwaltungspraxis kann im Übrigen nur im Rahmen eines der Verwaltung eingeräumten [X.] oder Ermessens eintreten. § 7 Abs 1 [X.] räumt den Behörden aber bereits keinen derartigen Spielraum bei der Beurteilung der Frage ein, ob eine Beschäftigung vorliegt oder nicht (vgl Segebrecht in jurisP[X.]-[X.], 3. Aufl 2016, § 7 Rd[X.]). Im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Vorgaben kann keine Selbstbindung der Verwaltung entstehen (Sachs in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2018, § 40 Rd[X.] 103 und 156; [X.]ischel in [X.], [X.], Stand 15.5.2019, Art 3 Rd[X.] 112); einen aus Art 3 Abs 1 [X.] abzuleitenden Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" gibt es nicht (vgl [X.] Nichtannahmebeschluss vom [X.] - 1 BvR 1627/95 - juris Rd[X.] 52; [X.] Beschluss vom 26.9.2007 - [X.]/06 - [X.]E 219, 245). [X.] kann insoweit, ob für die Annahme von Vertrauensschutz stets eine [X.] Feststellung in einem Verfahren der Clearing- oder Einzugsstelle herbeigeführt worden sein müsste.

4. Die [X.]lägerin kann sich auch nicht auf Bestands- oder Vertrauensschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen berufen (zur Fortentwicklung der diesbezüglichen Rechtsprechung des [X.]s vgl ausführlich Urteil vom selben Tag - [X.] [X.]R 25/18 R, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen). Es bestehen bereits keine Anhaltspunkte, dass die im Dezember 2007 gegründete [X.]lägerin vor dem streitgegenständlichen [X.] einer Betriebsprüfung unterzogen worden wäre.

5. Auf Grundlage der Feststellungen des [X.] ist nicht auszuschließen, dass die streitbefangene Beitragsnachforderung bei Erlass des angefochtenen Bescheids teilweise verjährt war. Ob dies der Fall ist, kann jedoch offenbleiben, denn die Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 [X.] ist nur auf Einrede beachtlich (dazu ). Eine entsprechende Einrede hat die [X.]lägerin aber nicht erhoben (dazu ).

a) Dass die Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 [X.] nicht von Amts wegen, sondern nur auf eine entsprechende Einrede zu beachten ist, folgt aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck (dazu ), Systematik (dazu ) und Entstehungsgeschichte (dazu ) insbesondere des § 25 Abs 2 Satz 1 [X.] (offen noch B[X.] Urteil vom 13.8.1996 - 12 R[X.] 76/94 - [X.] 3-2400 § 25 [X.]; zu einer Sonderkonstellation vgl B[X.] Urteil vom 25.10.1990 - 12 R[X.] 27/89 - B[X.]E 67, 290 = [X.] 3-2400 § 25 [X.] 2: "hier von Amts wegen zu beachten").

aa) Nach § 25 Abs 2 Satz 1 [X.] gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des [X.] sinngemäß. Die Wirkung der Verjährung regelt das [X.] in § 214 (so schon die amtliche Überschrift). Gemäß § 214 Abs 1 [X.] ist der Schuldner nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Dieses Recht kann er ausüben, indem er sich auf die Einrede der Verjährung beruft, er muss es aber nicht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach § 25 Abs 2 [X.] die Vorschriften des [X.] bloß "sinngemäß" gelten (so aber die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger, vgl [X.] 1982, 681, 684 f; nach Fallgruppen differenzierend: [X.] in [X.], Stand [X.], § 25 [X.] Rd[X.] ff; wie hier Segebrecht in [X.]/Voelzke, jurisP[X.]-[X.], 3. Aufl 2016, § 25 Rd[X.]1, die darauf abstellt, dass das [X.] "auch bezogen auf die Wirkung der Verjährung […] 'seinem Sinn nach' [und nicht umgekehrt im Sinne des Sozialrechts] angewandt werden soll[e]"; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand Juni 2019, [X.] § 25 Rd[X.]: "uneingeschränkte Bezugnahme auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts"; im Ausgangspunkt ebenso auch [X.]reikebohm, [X.], 3. Aufl 2018, § 25 Rd[X.] 11). Zwar mag das Gesetz mit der Anordnung der bloß sinngemäßen Geltung der Vorschriften des [X.] Raum für eine Berücksichtigung etwaiger sozialversicherungsrechtlicher Besonderheiten lassen. Dass und ggf welche sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten aber gerade der Ausgestaltung der Verjährung als Einrede entgegenstünden, ist nicht ersichtlich. Insbesondere verfängt es nicht, insoweit auf die besondere Schutzwürdigkeit der Versicherten zu verweisen. Vielmehr sieht auch das [X.] bestimmte Personenkreise als besonders schutzwürdig an (vgl nur das Verbraucherschutzrecht, § 13 [X.]), ohne dass § 214 [X.] insoweit aber eine Ausnahme enthielte. Auch zählte die klagende GmbH als Arbeitgeberin gerade nicht zu diesem besonders schutzwürdigen Personenkreis (vgl auch [X.], aaO, Rd[X.] 19, der - unter Verweis auf B[X.] Urteil vom 24.3.1983 - 1 RA 71/82 - davon ausgeht, dass im Verhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Arbeitgeber die Verjährung nur auf Einrede zu beachten sei). Demnach gebieten weder Sinn und Zweck der Verjährung an sich noch Sinn und Zweck der [X.]lausel über die bloß sinngemäße Anwendung eine abweichende Beurteilung.

bb) Neben § 25 Abs 2 Satz 1 [X.] verweist das [X.]B noch in anderen - wortgleich formulierten - Bestimmungen ua wegen der Wirkung von Verjährungsvorschriften auf das [X.], namentlich in § 45 Abs 2 [X.]B I für die Verjährung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, § 113 Abs 2 [X.]B X für die Verjährung von Erstattungsansprüchen zwischen Sozialleistungsträgern sowie § 111 Abs 2 [X.]B XII für die Verjährung von [X.]ostenerstattungsansprüchen zwischen [X.]. Für § 45 Abs 2 [X.]B I ist geklärt, dass die Verjährung jeweils nur auf Einrede beachtlich ist (B[X.] Urteil vom [X.] - B 7 [X.] 64/99 R - B[X.]E 86, 182 = [X.] 3-1200 § 45 [X.] 9). Zu § 113 Abs 2 [X.]B X nimmt sogar die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Vorgängervorschrift des heutigen § 214 [X.] (= § 222 [X.] aF) Bezug (BT-Drucks 9/95 S 27, dort zu § 119: "Danach kann der Leistungsträger nach Ablauf der Verjährungsfrist die Erstattung verweigern, aber auch den Anspruch noch erfüllen […]"; dazu auch [X.]/[X.], jurisP[X.]-[X.]B X, 2. Aufl 2017, § 113 Rd[X.] 44 f; zur Beachtlichkeit der Verjährung nur auf Einrede insoweit [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 28.9.2011 - L 5 [X.]R 2152/10 - Juris Rd[X.]6; vgl auch B[X.] Urteil vom [X.] - 6 R[X.]a 9/89 - B[X.]E 69, 158 = [X.] 3-1300 § 113 [X.] 1, das die Missbräuchlichkeit der Erhebung der [X.] prüft, worauf es nicht ankäme, wenn es der Erhebung der [X.] von vorneherein nicht bedürfte). Auch zu § 111 Abs 2 [X.]B XII geht die [X.]ommentarliteratur, soweit ersichtlich einhellig, davon aus, dass die Verjährung nur auf Einrede zu beachten ist ([X.] in [X.]/Eicher/[X.], jurisP[X.]-[X.]B XII, 2. Aufl 2014, § 111 Rd[X.] 25 f; [X.] in Grube/[X.], [X.]B XII, 6. Aufl 2018, § 111 Rd[X.] 4).

cc) Zur Vorgängervorschrift des § 29 RVO hat das B[X.] zwar noch entschieden, dass die Verjährung von Amts wegen zu beachten ist (B[X.] Urteil vom 30.4.1968 - 3 R[X.] 48/65 - B[X.]E 28, 61 = [X.] [X.] 15 zu § 29 RVO), allerdings enthielt § 29 RVO auch noch keine ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschriften des [X.] ua zur Wirkung der Verjährung (dazu [X.], aaO, Rd[X.]).

b) Die [X.]lägerin hat die Einrede der Verjährung weder vor noch im Revisionsverfahren erhoben. Insoweit kann dahinstehen, ob die Einrede im Revisionsverfahren überhaupt noch wirksam erhoben werden kann, wenn sie vorher noch nicht vorgebracht worden ist (vgl dazu B[X.] Urteil vom 30.1.1958 - 4 RJ 270/56 - juris Rd[X.] 18).

III. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.] iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.] iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 G[X.]G.

Meta

B 12 KR 21/19 R

19.09.2019

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Osnabrück, 6. Dezember 2017, Az: S 47 R 340/15, Urteil

§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 7a SGB 4, § 25 Abs 1 S 1 SGB 4, § 25 Abs 2 S 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 214 BGB, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.09.2019, Az. B 12 KR 21/19 R (REWIS RS 2019, 3425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3425

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 12 R 9/19 R (Bundessozialgericht)


B 12 R 7/19 R (Bundessozialgericht)


B 12 R 25/18 R (Bundessozialgericht)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer einer Familiengesellschaft - kein Vertrauensschutz in die sogenannte Kopf-und Seele-Rechtsprechung …


B 12 R 1/15 R (Bundessozialgericht)


B 12 R 5/16 R (Bundessozialgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1667/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.