28. Senat | REWIS RS 2011, 730
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Markenbeschwerdeverfahren – „Teufels- (Bildbestandteil) / Teufels Küche“ – keine Verwechslungsgefahr – aufwändiger Bildbestandteil
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 55 777
hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2011 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und den Richter Schwarz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Der Widersprechende hat gegen die am 22.02.2008 veröffentlichte Eintragung der am 24.08.2007 angemeldeten, für
geschützten Marke Nr. 307 55 777
beschränkt auf die Waren der Klassen 29 und 30 Widerspruch eingelegt aus seiner am 23.06.2000 angemeldeten und seit 20.10.2000 für
eingetragenen Marke Nr. 300 47 071
[X.]s Küche.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Hierauf hat der Widersprechende Benutzungsunterlagen eingereicht.
Die Markenstelle für Klasse 29 des [X.] hat mit Beschluss vom 20.02.2009 den Widerspruch und mit Beschluss vom [X.] die hiergegen eingelegte Erinnerung des Widersprechenden zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt:
Unabhängig davon, ob der Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht habe, bestehe bereits wegen fehlender Markenähnlichkeit für den Verkehr keine Gefahr von Verwechslungen. Da die sich gegenüberstehenden Marken teilweise zur Kennzeichnung identischer und nahe stehender Waren bestimmt seien und die Widerspruchsmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft habe, sei angesichts der zwischen der [X.] bzw. -ähnlichkeit, Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Markenähnlichkeit bestehenden Wechselwirkung zwar ein erheblicher Abstand der Marken erforderlich, den die jüngere Marke aber einhalte. In ihrer Gesamtheit unterschieden sich die gegenüberstehenden Marken schon durch das zusätzliche Wortelement "Küche" in der Widerspruchsmarke sowie durch den Bildbestandteil in der jüngeren Marke in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht deutlich voneinander. Im Gegensatz zur Auffassung des Widersprechenden bestehe auch keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr wegen des in beiden Vergleichsmarken enthaltenen Wortes "[X.]s". Eine mittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 a. E. [X.] komme ebenfalls nicht in Betracht.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er erachtet die rechtserhaltende Benutzung seiner Marke für glaubhaft gemacht. Angesichts der teils identischen, teils ähnlichen beidseits beanspruchten Waren und des „zumindest“ normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke bestehe eine Verwechslungsgefahr. Da der Begriff „Küche“ in der Widerspruchsmarke für die aus dem Bereich der Lebensmittel kommenden Waren beschreibend sei, so dass die Widerspruchsmarke allein durch „[X.]“ geprägt sei, stünden sich nur die identischen Wortelemente „[X.]“ gegenüber, so dass die beiden Marken als ähnlich anzusehen seien.
Der Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 29 des [X.] vom 20.02.2009 und [X.] aufzuheben und die Marke Nr. 307 55 777 wegen des Widerspruchs aus der eingetragenen Marke Nr. 300 47 071 für die Waren der Klassen 29 und 30 zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die wesentlichen Gründe im angefochtenen Beschluss, die sie für richtig erachtet und denen hinzuzufügen die Beschwerdebegründung keinen Anlass gebe. Darüber hinaus wiederholt sie ihre Nichtbenutzungseinrede.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft. Der Widersprechende hat hierbei neue Benutzungsunterlagen eingereicht, welche die Markeninhaberin als verspätet gerügt hat.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch wegen mangelnder Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen.
Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und [X.] oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 19] - [X.]/[X.]; [X.], 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - [X.] plc; [X.], 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/[X.]; [X.], 318, 319 [Rz. 21] - [X.]/Autec).
Nach diesen Grundsätzen ist ungeachtet der Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke bereits wegen der fehlenden hinreichenden Markenähnlichkeit selbst für identisch beanspruchte Waren und unter Zugrundelegung normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat und was auch zwischen den Beteiligten außer Streit steht, werden beide Marken für eng ähnliche, teils sogar identische Waren beansprucht und ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Angesichts dessen ist eine Verwechslungsgefahr auf dem Gebiet identisch beanspruchter Waren nach der oben genannten [X.] nur ausgeschlossen, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen unähnlich oder allenfalls nur sehr entfernt ähnlich sind. Dies ist allerdings der Fall.
Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der Erinnerung von nicht nur unmaßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 605 – [X.]; [X.], 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, so stark überwiegen, dass die betreffenden Verkehrskreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl. 2011, § 9 Rn. 178 m. w. N.). Dabei sind ihre Übereinstimmungen oder Abweichungen im Bild, im Klang und in der Bedeutung umfassend zu ermitteln, wobei berücksichtigt werden kann, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. [X.] [X.], 413, 415 [Rn. 28] - [X.]/[X.]). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. [X.] a. a. O. [Rn. 21 f.] - [X.]/[X.]), kann aber im Einzelfall ausreichen (vgl. [X.] a. a. O. [Rn. 21] - [X.]/[X.]; [X.], 182, 185 - Quick; GRUR 1979, 853, 854 [X.]; [X.], 367, 368 - alpi/[X.]; [X.], 110, 112 - dipa/dib; [X.], 550, 551 - ac-pharma; GRUR 1999, 241, 243 - Lions), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. [X.] a. a. O. [Rn. 35] - [X.]/[X.]).
Auf der Grundlage dieser Vorgaben liegt kein Grad der Markenähnlichkeit vor.
Nach ihren Gesamteindruck, auf den bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken grundsätzlich unabhängig vom [X.] abzustellen ist (vgl. [X.] GRUR 1998, 397, 390 [X.]. 23 - Sabèl/[X.]; [X.], 1043, 1044 [Rz. 28 f.] - [X.]; [X.], 413, 414 [Rn. 19] - [X.]/[X.]; [X.], 233 f. - Rausch/[X.]), unterscheiden sich beide Marken in visueller Hinsicht schon durch den aufwändigen Bildbestandteil in der angegriffenen Marke, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet.
Soweit der Widersprechende meint, eine enge Zeichenähnlichkeit daraus herleiten zu können, dass beide Marken jeweils allein durch den Wortbestandteil „[X.]“ geprägt würden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar kommt eine Markenähnlichkeit trotz Unterschieden im Gesamteindruck auch in Betracht, wenn Bestandteile einer komplexen Marke, die Bestandteilen der gegenüberstehenden Marke entsprechen, den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck dominieren (vgl. [X.] [X.], 1042, 1044 [Rz. 30] - [X.] LIFE; BGH [X.], 859, 860 f. [Rz. 18] - Malteserkreuz) oder prägen (vgl. BGH [X.], 60 [X.] 17 - coccodrillo). Vorliegend ist aber schon fraglich, ob der Verkehr die jüngere Marke in optischer oder akustischer Hinsicht allein als durch den Wortbestandteil „[X.]“ geprägt erachtet und sie jedenfalls bei einer klanglichen Wiedergabe hierauf verkürzt. Denn es spricht viel dafür, dass der Verkehr diesen Wortbestandteil als die Genitivform des Begriffs „[X.]“ deutet und ihn infolge des angeschlossenen [X.] am Wortende zwangsläufig nur als einen Teil eines zusammengesetzten Begriffs ansieht. Der zweite Teil ist mangels eines weiteren Wortes nur dem aufwändig gestalteten Bild zu entnehmen, das einen Kochtopf erkennen lässt, so dass der Verkehr der Marke insgesamt den Aussagegehalt „[X.]Topf“ entnimmt. Erst recht ist fraglich, ob bei der optischen Wahrnehmung eine Prägung der jüngeren Marke durch den Wortbestandteil nicht allein deshalb ausscheidet, weil der Bildbestandteil das in deutlich verkleinerter Schrift gehaltene Wort „[X.]“ so stark überwiegt, dass der Verkehr die jüngere Marke bei der optischen Wahrnehmung allein als vom Bild geprägt erachtet (vgl. zur Prägung durch Bildbestandteile [X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl. 2011, § 9 Rn. 393 ff.). Dies bedarf allerdings keiner Vertiefung, weil selbst dann, wenn eine Prägung der jüngeren Marke durch das Wort „[X.]“ unterstellt wird, jedenfalls eine Prägung des Wortes „[X.]s“ bei der Widerspruchsmarke ausscheidet. In dieser sind nämlich die beiden Begriffe „[X.]s“ und „Küche“ zu einem untrennbaren Gesamtbegriff verschmolzen. Ob, wie der Widersprechende geltend macht, der Begriff „Küche“ für die beanspruchten Waren möglicherweise beschreibend ist, kann dabei dahinstehen, weil der Verkehr selbst dann, wenn er in dem Begriff „Küche“ einen beschreibenden Sinngehalt erkennen würde, die [X.] wegen ihrer grammatikalischen Konstruktion stets nur als untrennbare Einheit auffassen wird, was der Annahme einer Prägung der Widerspruchsmarke allein durch den Begriff „[X.]“ entgegen steht. Sieht der Verkehr aber die Widerspruchsmarke nicht allein durch den Bestandteil „[X.]“ geprägt an, sondern nimmt er sie nur in ihrer Gesamtheit wahr und gibt sie auch nur so wieder, wird er sie selbst dann ohne Mühe hinreichend auseinander halten können, wenn er - was aus denselben Gründen allerdings weniger wahrscheinlich ist - bei der Betrachtung der jüngeren Marke nur deren Wortbestandteil wahrnehmen sollte.
Aus denselben Gründen scheidet auch eine klangliche Ähnlichkeit beider Marken aus, so dass der nach der Rechtsprechung des [X.] sich stellenden weiteren Frage, welche Bedeutung die klangliche Wiedergabe von Marken auf dem hier interessierenden Warensektor für die Bestimmung des Grades der Zeichenähnlichkeit zukommt (vgl. [X.] RIW, 775, 776[Rz. 27] -
Wegen des erkennbaren Gesamtbegriffs in der Widerspruchsmarke scheidet auch die Annahme einer Markenähnlichkeit in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz [X.] aus. Auch sind sonstige Anhaltspunkte für eine assoziative Verwechslungsgefahr i. S. d. vorgenannten Vorschrift, insbesondere infolge einer benutzten Zeichenserie des Widersprechenden, weder von diesem vorgetragen noch anderweitig erkennbar.
Da somit im Ergebnis die Markenstelle den Widerspruch zutreffend mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen hat, war der hiergegen eingelegten Beschwerde des Widersprechenden der Erfolg zu versagen.
Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]).
Meta
07.12.2011
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.12.2011, Az. 28 W (pat) 88/10 (REWIS RS 2011, 730)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 730
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