Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2005, Az. IV ZR 296/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5301

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL [X.]

Verkündet am:

26. Januar 2005

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein _____________________

BGB § 2197

Ein Alleinerbe oder alleiniger Vorerbe kann zugleich [X.] sein, wenn sich die [X.]vollstreckung auf die sofortige Erfüllung eines Vermächtnisses beschränkt und das Nachlaßgericht bei groben Pflichtverstößen einen anderen [X.]vollstrecker bestimmen kann.

[X.], Urteil vom 26. Januar 2005 - [X.] - OLG München

LG München I

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 18. September 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als [X.]vollstreckerin Ersatz für [X.], die die beklagte Bank aus dem Nachlaß des 1992 gestorbenen Erblassers auf dessen [X.] übertragen hat. Die Parteien streiten [X.], ob diese Leistung an den Berechtigten und damit schuldbefreiend erfolgt sei.

In dem notariellen Testament war der [X.] als alleiniger, nicht be-freiter Vorerbe eingesetzt worden. Nacherben sollten bei seinem Tod sei-ne Kinder werden. Allerdings sollte nach dem Wortlaut des [X.] nur das Einfamilienhaus des Erblassers der Vor- und Nacherbfolge un-terliegen; der Erblasser wandte deshalb seinem [X.] den gesamten üb-rigen Nachlaß als Vorausvermächtnis zu, soweit er nicht im folgenden - 3 -

dessen ältestem Kind vermächtnisweise zugedacht war. Dieser Enkel-tochter vermachte der Erblasser unter anderem ein Zweifamilienwohn-haus sowie festverzinsliche Wertpapiere im Nominalwert von 125.000 DM. Der Erblasser ordnete [X.]vollstreckung an, [X.] seinen [X.] zum [X.]vollstrecker und benannte Ersatz-testamentsvollstrecker. Bei Ausfall aller von ihm als [X.]voll-strecker vorgesehener Personen sollte das Nachlaßgericht den [X.] bestimmen. Weiter heißt es:
"Aufgabe des [X.]vollstreckers ist es, das ange-ordnete Vermächtnis zu erfüllen und die meiner [X.]...zugewandten [X.] zu verwalten, bis sie das 25. Lebensjahr vollendet hat."

Der Erblasser gab dem [X.]vollstrecker ferner Anweisun-gen zur Verwaltung; unter anderem sollte das der Enkelin zugewandte Geldvermögen zur Tilgung der auf dem vermachten Grundstück lasten-den Verbindlichkeiten sowie zur Bezahlung der Erbschaftssteuer ver-wendet und im übrigen zu bestmöglichen Bedingungen für die [X.] angelegt werden. Der Erblasser befreite den [X.]vollstrecker von den Beschränkungen des § 181 BGB und ordnete an, daß er über seine Tätigkeit Buch zu führen habe.

Die Enkeltochter war beim Erbfall erst elf Jahre alt. Ausweislich des Protokolls über die [X.]eröffnung erklärte der [X.] des [X.], er nehme das Amt des [X.]vollstreckers an; als dessen Aufgaben nennt das Protokoll die Erfüllung des angeordneten Vermächt-nisses sowie die Verwaltung der zugewandten [X.], bis die [X.] das 25. Lebensjahr vollendet habe. - 4 -

[X.] veranlaßte der [X.] des Erblassers die beklagte Bank unter Vorlage des notariellen [X.] und des [X.], die Wertpapiere des Erblassers einschließlich des der Vermächt-nisnehmerin zugedachten Anteils auf sein eigenes Depot zu übertragen.

1997 wurde der [X.] des Erblassers auf Antrag der [X.] aus dem Amt des [X.]vollstreckers entlassen, weil er den seiner Verwaltung unterstehenden Grundbesitz mit Grundschulden belastet und die [X.] für eigene Zwecke verbraucht habe. In dem Entlassungsbeschluß wies das Nachlaßgericht die [X.], Ansprüche der Vermächtnisnehmerin auf Übertragung der ver-machten Gegenstände würden erst mit deren Vollendung des 25. Le-bensjahres fällig. Vielmehr hätten diese Ansprüche sofort nach dem [X.] erfüllt werden müssen, damit die für die Begünstigte angeordnete Vermächtnisvollstreckung habe einsetzen können. Später ernannte das Nachlaßgericht die Klägerin als [X.]vollstreckerin für die Erfül-lung sowie für die Verwaltung der angeordneten Vermächtnisse.

Mit der Klage nimmt sie die Bank auf Zahlung des dem [X.] entsprechenden Betrages in Anspruch. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg. - 5 -

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht nur gemäß Nr. 5 der [X.] geleistet, sondern der [X.] des Erblassers sei als [X.]vollstrecker im Jahre 1993 auch berechtigt gewesen, die Leistung der Beklagten mit Erfüllungswirkung (§ 362 BGB) anzunehmen. Er sei im Testament sowohl zum Erbentesta-mentsvollstrecker zur Erfüllung des Vermächtnisses als auch zum Ver-mächtnistestamentsvollstrecker zur Verwaltung des Vermächtnisses bis zum 25. Lebensjahr der Begünstigten berufen worden. Wie sich aus dem Protokoll über die [X.]eröffnung ergebe, habe der [X.] des [X.] das Amt in beide Richtungen wirksam angenommen und deshalb den der [X.]vollstreckung unterliegenden Nachlaß in Besitz [X.] dürfen. Da er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ge-wesen sei, sei er berechtigt gewesen, die Überweisung aus dem [X.] des Erblassers auf ein eigenes Depot zu veranlassen.

Der Einwand der Klägerin, gegenüber der Beklagten sei der [X.] des Erblassers nicht als [X.], sondern als [X.] aufgetreten, ein Alleinerbe könne aber nicht wirksam gleichzeitig auch [X.] sein, greife nicht durch. Wie die Auslegung des [X.] deutlich ergebe, sei die An-ordnung einer Erbentestamentsvollstreckung über die [X.] hier ausnahmsweise auch neben der Stellung als Alleinerbe sinnvoll und damit wirksam. [X.]vollstreckung auch zu Lasten des Erben sei nicht etwa nur für den Fall angeordnet worden, daß der Allein-erbe die Erbschaft ausschlage. Vielmehr habe der Erblasser eine [X.] der Vermögenstransaktionen erreichen wollen. Darauf weise die im Testament angeordnete Buchführungspflicht bezüg-- 6 -

lich der Gegenstände des Vermächtnisses hin. Der [X.] habe sich als [X.]vollstrecker im Hinblick auf die Vermächtnisgegenstände die unterschiedliche Interessenlage gegenüber den ihm sonst letztwillig hin-terlassenen Werten bewußt machen sollen. Außerdem stehe der [X.] unter der Aufsicht des [X.]. Eigengläubi-ger des Erben könnten nicht in die der [X.]vollstreckung unterlie-genden Gegenstände vollstrecken.

Zwar werde [X.]vollstreckung üblicherweise angeordnet, um den Erben in seiner Verfügungsmacht zu beschränken. Hier sei es dem Erblasser dagegen nur darum gegangen, dem [X.], dem als Allein-erben die Funktion des [X.]s verliehen werden konnte, zusätzlich das Recht zu verschaffen, den [X.] aus der Erbschaft heraus auf die Vermächtnisnehmerin zu übertragen. Die Ansicht der Klägerin, für die Herausgabe des Vermächt-nisgegenstands an den [X.] habe es der Bestellung eines weiteren [X.]vollstreckers bedurft, finde im Te-stament keine Stütze und sei auch im Hinblick darauf nicht sinnvoll, daß der vom Erben herauszugebende [X.] sogleich [X.] diesem in seiner Eigenschaft als Vermächtnisvollstrecker herauszu-geben gewesen wäre.

2. Dem hält die Revision entgegen, nach ganz herrschender [X.] könne der Alleinerbe und auch der alleinige nicht befreite [X.] nicht zugleich [X.]vollstrecker sein. Denn der Erbe sei Herr des Nachlasses und zur schrankenlosen Verfügung darüber berechtigt. Deshalb sei es sinnlos, ihm als [X.]vollstrecker an demselben Nachlaß bloße Verwaltungsrechte einzuräumen, die doch nur als Be-- 7 -

schränkung der Rechte des Erben gedacht seien (§ 2306 BGB; vgl. [X.], 177 f.; 163, 57, 58 f.; BayObLG [X.] 2002, 24, 25; [X.]/[X.]/ [X.], BGB § 2197 Rdn. 32 f. m.w.[X.]; a.[X.], [X.] 1998, 321 ff.). Im übrigen habe das Berufungsgericht außer [X.] gelassen, daß im notariellen Testament des Erblassers [X.] vorgesehen seien. Darin sei ein Anhaltspunkt dafür zu finden, daß der [X.], wenn er das Erbe antrete, nach den Vorstellungen des Erblassers nicht befugt gewesen sei, zugleich als [X.]vollstrecker für die Übertragung der Vermächtnisgegenstände aus dem Nachlaß auf die Vermächtnisnehmerin zu sorgen. Er habe die Vermächtnisse aber auch als Erbe nicht erfüllen können, weil insoweit [X.]vollstreckung angeordnet worden sei.

3. Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr ist das Berufungsgericht mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der [X.] des Erblassers im Jahre 1993 als [X.]vollstrecker für den Erben die Leistung der Beklag-ten mit schuldbefreiender Wirkung entgegennehmen konnte.

a) Nach dem Wortlaut des notariellen [X.] war sowohl für die Vermächtnisvollstreckung als auch für die Erbentestamentsvollstrek-kung nur eine Person als [X.]vollstrecker ausersehen, nämlich zunächst der [X.] des Erblassers und alleinige Vorerbe. Der Erblasser hat zwar [X.] bestimmt. Sie sollten aber nur bei einem "Ausfall" der vorrangig Berufenen ernannt werden, wie insbeson-dere aus dem testamentarischen Ersuchen an das Nachlaßgericht ge-mäß § 2200 Abs. 1 BGB hervorgeht. Danach ist die Auffassung des [X.], dem Testament sei kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß im Fall einer Annahme der Erbschaft durch den [X.] des Erblassers von - 8 -

vornherein ein [X.] für die zu Lasten des [X.]n vorgesehene [X.]vollstreckung habe bestellt werden sollen, nicht zu beanstanden.

b) Daß der alleinige Erbe oder Vorerbe die Funktion der [X.] nach § 2223 BGB ausüben kann, entspricht [X.] Meinung. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist auch, daß dieselbe Person in bezug auf einen [X.] gleichzeitig [X.]vollstrecker für den Erben und (zur Verwaltung des vermachten Gegenstands) auch für den Vermächtnisnehmer sein kann ([X.], Urteil vom 29. April 1954 - [X.]/53 - [X.] § 2203 Nr. 1). Das läßt indessen offen, ob auch der Alleinerbe oder alleinige Vorerbe [X.]vollstrecker über den eigenen Nachlaß sein kann. Diese Frage ist hier zu bejahen.

aa) Von dem Grundsatz der Unvereinbarkeit, den die Revision [X.], werden Ausnahmen in Fällen zugelassen, in denen diese [X.] nicht sinnlos erscheint: Bereits das [X.] hat die Be-stellung mehrerer Miterben zu gemeinschaftlichen [X.]vollstrek-kern mit Rücksicht darauf für zulässig gehalten, daß an die Stelle des [X.] nach §§ 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 745 BGB eine Entscheidung des [X.] nach § 2224 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt und der Erblasser die Verwaltung anders als in der Erbengemeinschaft durch Zuweisung besonderer Wirkungskreise regeln könne ([X.], 57, 58 f.). Weiterhin ist die Bestimmung von Erben zu [X.]voll-streckern über die Erbschaft im Hinblick auf Kontrollmöglichkeiten des [X.] deshalb für zulässig gehalten worden, weil es den [X.] als [X.]vollstrecker bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, - 9 -

insbesondere grober Pflichtverletzung oder Unfähigkeit, auf Antrag ande-rer Beteiligter entlassen (§ 2227 BGB) und - wenn die gesetzlichen Vor-aussetzungen dafür gegeben sind - durch einen anderen [X.]-vollstrecker ersetzen kann (BayObLG [X.] 2002, 24, 25).

[X.]) Danach hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß die Bestimmung eines alleinigen Erben oder Vorerben zum [X.]-vollstrecker auch dann zulässig und wirksam ist, wenn sich dessen Auf-gabe auf den sofortigen Vollzug bestimmter Vermächtnisse zu Lasten der Erbschaft und im Interesse des Begünstigten beschränkt und bei groben Pflichtverstößen des Erben ein anderer als [X.]vollstrek-ker an seine Stelle tritt. In einem solchen Fall, wie er hier gegeben ist, geht es nicht etwa um eine sinnlose Verdoppelung bereits bestehender Befugnisse des Erben. Vielmehr wird seine nur schuldrechtliche Ver-pflichtung, die Vermächtnisse zu erfüllen (§ 2174 BGB), verstärkt, indem ihm die dingliche Verfügungsbefugnis als Erbe über die [X.] entzogen wird (§§ 2208 Abs. 1 Satz 2, 2211 BGB). In diese Gegenstände können Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlaß-gläubigern gehören, nicht vollstrecken (§ 2214 BGB). Insbesondere steht die Verpflichtung des Erben als [X.]vollstrecker, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB), unter der Kontrolle des [X.]. Es kann nicht nur den Erben nach § 2227 BGB aus seinem Amt als [X.]vollstrecker entlassen, sondern vor allem, weil dies hier im Testament vorgesehen ist, einen Er-satztestamentsvollstrecker bestimmen oder einen nach § 2200 BGB aus-gewählten [X.]vollstrecker einsetzen. Ein Erbe, der die ihm [X.] Verpflichtungen nicht erfüllt, muß also damit rechnen, unter die [X.]vollstreckung eines anderen zu geraten. Im Hinblick auf diese - 10 -

Sanktion liegt in der Bestimmung des Erben oder Vorerben zum [X.] eine nicht nur formale Einschränkung seiner [X.]. Es fehlt in Fällen wie dem vorliegenden also gerade nicht an der für die [X.]vollstreckung charakteristischen Beschränkung der Erbenrechte. Solche Fälle werden mithin von dem Grundsatz, der al-leinige Erbe könne nicht zum [X.]vollstrecker berufen werden, nicht erfaßt.

c) Rechte der Nacherben werden nicht beeinträchtigt, wenn die Ernennung des Vorerben zum [X.]vollstrecker nur den Zweck hat, einen wie hier ohnehin fälligen Anspruch gegen den Vorerben aus § 2174 BGB zu erfüllen (vgl. [X.] 2001, 808, 809 f.; OLG Düsseldorf [X.] 2003, 296 f. m. Anm. [X.]; [X.]/[X.]/Litzenburger, BGB § 2113 Rdn. 22; alle m.w.[X.]). Mithin kommt es nicht auf die Frage an, ob ein Vorerbe auch dann wirksam zum [X.] - 11 -

berufen werden kann, wenn er den Zeitpunkt oder den Umfang der Erfül-lung des Vermächtnisses nach seinem Ermessen bestimmen und da-durch in einen Interessenkonflikt zum Vermächtnisnehmer oder auch zu den Nacherben geraten kann.

[X.] [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZR 296/03

26.01.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2005, Az. IV ZR 296/03 (REWIS RS 2005, 5301)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5301

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